BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/14021 21. Wahlperiode 21.08.18 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Dirk Nockemann und Dr. Alexander Wolf (AfD) vom 13.08.18 und Antwort des Senats Betr.: Kostenentwicklung des Schutzes jüdischer Einrichtungen in Hamburg (II) Die Gewährleistung der ungestörten Religionsausübung ist verankert im deutschen Grundgesetzt. Trotzdem stehen jüdische Einrichtungen wie Synagogen in Deutschland unter permanentem Schutz.1 Die AfD-Fraktion ist in Sorge um jüdisches Leben in Deutschland. Dass diese Sorge berechtigt ist, zeigt unter anderem der Fall von drei Palästinensern, die Molotowcocktails auf eine Synagoge in Wuppertal warfen. Das Gericht wertete diesen Angriff als Versuch schwerer Brandstiftung, konnte aber keinen Akt von Antisemitismus feststellen.2 Das Verlangen nach Schutz ist seitens der jüdischen Gemeinde hoch und mit den steigenden Flüchtlingszahlen aus muslimisch geprägten Ländern noch mehr gestiegen. „Die sind etwas besorgt, die Gemeindemitglieder wegen der Zuwanderung, die wir jetzt haben.“, sagt Ingomar Dorner, der Sicherheitsbeauftragte des Zentralrats der Juden.3 In der Antwort zur Drs. 21/13618 verweist der Senat auf die Drs. 21/9096, gemäß der die Hamburger Polizei an zwei jüdischen Einrichtungen durchgängig vor Ort Objektschutzmaßnahmen durchführt. Anders als in Berlin4, wo die jüdische Gemeinde seit dem Jahr 2000 freiwillig Leistungen für eigenes Sicherheitspersonal erhält, subventioniert der Hamburger Senat keine zusätzlichen privaten Sicherheitsmaßnahmen.5 Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Der Senat hat über die erfragten Sachverhalte zuletzt im Juli 2018 mit Drs. 21/13618 berichtet. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Hat sich die Anzahl von jüdischen Einrichtungen, die beschützt werden müssen, seit Juli 2017 erhöht? Falls ja, um wie viele? Nein. Im Übrigen siehe Drs. 21/13618. 1 https://www.deutschlandfunkkultur.de/juedische-einrichtungen-beduerfnis-nach-mehrschutz .1079.de.html?dram:article_id=350017. 2 https://www.tagesspiegel.de/politik/antisemitismus-in-deutschland-wie-kann-ein-anschlagauf -eine-synagoge-nicht-judenfeindlich-sein/19572812.html 3 https://www.deutschlandfunkkultur.de/juedische-einrichtungen-beduerfnis-nach-mehrschutz .1079.de.html?dram:article_id=350017 4 http://pardok.parlament-berlin.de/starweb/adis/citat/VT/17/SchrAnfr/s17-17976.pdf. 5 https://www.buergerschaft-hh.de/parldok/dokument/57855/.pdf. Drucksache 21/14021 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 2. Die Durchführung von Objektschutzmaßnahmen basiert auf Gefährdungsbewertungen . In welchen zeitlichen Abständen werden diese Gefährdungsbewertungen für jüdische Einrichtungen in Hamburg durchgeführt ? Gefährdungsbewertungen erfolgen in einem fortlaufenden Prozess. Das Landeskriminalamt (LKA) steht im Kontakt mit den von Objektschutzmaßnahmen betroffenen Einrichtungen und Personen sowie mit den Objektschutzkräften. Informationen aus Straftaten und sonstigen Ereignissen, von anderen Dienststellen und Behörden sowie aus öffentlichen Quellen werden verarbeitet und bewertet. Sofern sich aus dieser Bewertung Veränderungen ergeben, werden gegebenenfalls erforderliche Maßnahmen eingeleitet . a. Hat sich diese Bewertung seit 2014 verändert? Nein. b. Falls ja, inwiefern? Entfällt. 3. Weshalb subventioniert der Hamburger Senat keine zusätzlichen privaten Sicherheitsmaßnahmen für jüdische Einrichtungen? a. Ist eine Unterstützung von den jüdischen Einrichtungen erbeten worden? Falls ja, wann? Die von der Polizei im Rahmen ihrer Zuständigkeit für den Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung getroffenen Maßnahmen des Objektschutzes für Einrichtungen der Gemeinde sind der Gefährdungslage angepasst und ausreichend. Jedoch nimmt der gemeindliche Wachschutz darüber hinausgehende Aufgaben wahr, die ihrer Natur nach nicht zu den Aufgaben staatlicher Organe gehören (zum Beispiel Einlass- und Postkontrolle), aber eine sinnvolle Ergänzung des staatlichen Objektschutzes darstellen. Nachdem die Gemeinde sich im Oktober 2016 an die zuständige Behörde gewandt und um eine Beteiligung an den Kosten des gemeindlichen Wachschutzes gebeten hat, hat die zuständige Behörde der Gemeinde eine Beteiligung an den Kosten des Wachschutzes ab Oktober 2018 in Aussicht gestellt. Für 2018 wurde ein entsprechender Zuwendungsantrag am 1. August 2018 eingereicht, aber noch nicht beschieden. Für 2019 liegt noch kein Zuwendungsantrag vor. 4. Wie viele Angriffe auf jüdische Einrichtungen in Hamburg gab es? Bitte für die Jahre 2014 bis 2018 Aufklärungsquote, Art und Motivation der Straftat aufschlüsseln. Zu den Bedingungen und Grenzen der Erfassung der erfragten Sachverhalte siehe Drs. 21/13618. Zur Ergänzung der dort ausgewiesenen „Fallzahlen „Hasskriminalität antisemitisch 2014 – 2018, Stand 29.06.2018“ werden nachfolgend die aktualisierten Fallzahlen und Aufklärungsquote für das Jahr 2018 mitgeteilt. Die vorliegend ausgewiesene Teilmenge ist identisch mit der in Drs. 21/14020 ausgewiesenen Teilmenge „Politisch motivierte Kriminalität/antisemitisch“. Jahr 2018* Fallzahlen „PMK/Hasskriminalität antisemitisch“ 38 Aufklärungsquote 18,4% * Stand: 16. August 2018 Die nachfolgende Tabelle weist die erfragte Art der im Kriminalpolizeilichen Meldedienst Politisch motivierte Kriminalität (KPMD-PMK) registrierten antisemitisch motivierten Straftaten für den erfragten Zeitraum 2014 – 2018 aus. Die Angaben für 2018 sind vorläufig. Jahr 2014 2015 2016 2017 2018* § 130 StGB Volksverhetzung 15 16 21 32 12 § 123 StGB Hausfriedensbruch - - - 1 - Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/14021 3 Jahr 2014 2015 2016 2017 2018* § 86a StGB Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen 5 6 5 3 7 § 185 StGB Beleidigung 8 2 2 6 - § 303 StGB Sachbeschädigung 3 3 3 - 18 § 303b StGB Computersabotage - - 1 - - § 304 StGB Gemeinschädliche Sachbeschädigung - - 1 1 - § 189 StGB Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener - - 1 - - § 223 StGB Körperverletzung 1 - 1 - 1 § 126 StGB Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten - 2 - - - § 241 Bedrohung 1 - - 1 - § 242 StGB Diebstahl - 1 - - - § 166 StGB Beschimpfung von Bekenntnissen, Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen 1 - - - - § 168 Störung der Totenruhe 1 - - - - Gesamt 35 30 35 44 38 * Stand: 16.08.2018. Ergänzend zu der Antwort des Senats auf die entsprechende Frage zu der Zuordnung antisemitischer Straftaten zu Phänomenbereichen in Drs. 21/13537 (Stand 25. Juni 2018) werden nachfolgend die Angaben für das Jahr 2014 ergänzt sowie für das Jahr 2018 aktualisiert (Stand 16. August 2018). Die Angaben für das laufende Jahr sind vorläufig, im Übrigen siehe Drs. 21/13537. Antisemitische Straftaten 2014 2018* gesamt 35 38 davon PMK-links- - 1 davon PMK-rechts- 29 18 davon PMK-sonstige/nicht zuzuordnen- 3 19 davon PMAK 3 entfällt davon PMK-ausländische Ideologie- entfällt - davon PMK-religiöse Ideologie- entfällt - * Stichtag: 16. 08. 2018 a. Wie viele Tatverdächtige wurden wegen antisemitischer Straftaten festgenommen? Wie in Frage 4. aufschlüsseln. Siehe Drs. 21/14020. Die dort hilfsweise ausgewiesenen Daten lagen in der für die Beantwortung einer Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit für den vorliegend erfragten veränderten Zeitraum nicht vor. 5. Wie viele sicherheitsrelevante Vorkommnisse hat die Stadt Hamburg in Bezug auf Einrichtungen und Veranstaltungen jüdischen Lebens registriert ? Wie in Frage 4. aufschlüsseln. Die statistische Erfassung von Straftaten der Politisch motivierten Kriminalität (PMK) erfolgt gemäß des bundeseinheitlichen Kriminalpolizeilichen Meldedienstes Politisch motivierte Kriminalität (KPMD-PMK). Recherchen zu Straftaten der PMK erfolgen mittels bundeseinheitlicher Katalogwerte. Im KPMD-PMK ist die Bezeichnung „Einrichtungen und Veranstaltungen jüdischen Lebens“ kein feststehender Katalogwert; darüber hinaus ist der Terminus „sicherheitsrelevantes Vorkommnis“ keine definierte Begrifflichkeit. Die erfragten Daten sind daher nicht recherchierbar. Im Übrigen siehe Antwort zu 4.