BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/14072 21. Wahlperiode 24.08.18 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Franziska Rath und Dennis Gladiator (CDU) vom 16.08.18 und Antwort des Senats Betr.: Schutzquote bei Asylbewerbern bei nur noch rund 30 Prozent, doch warum bleiben die Zahlen der Rückführungen und freiwilligen Ausreisen so niedrig? Drs. 21/13796 ist zu entnehmen, dass im Juni 2018 immerhin 371 Asylverfahren beschieden wurden. Die Schutzquote lag bei nur noch 31,5 Prozent. Da also nicht einmal mehr ein Drittel der Asylbewerber einen positiven Bescheid erhält, stellt sich die Frage, wann und wie die anderen Personen ausreisen, da sie ihr Aufenthaltsrecht in Deutschland verlieren. Obwohl die CDU-Fraktion den Senat bereits mehrfach zu diesem Thema befragt hat, hat sie bisher allerdings keine befriedigende Antwort erhalten. Blickt man auf die in der ersten Hälfte des Jahres 2018 bisher realisierten Rückführungen, dann stellt man fest, dass bisher 614 Personen zurückgeführt wurden. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: 1. Wie viele Asylbewerber erhielten im Jahr 2018 bisher insgesamt keinen positiven Asylbescheid? 2. Aus welchen Ländern stammen die Personen, die im Jahr 2018 bisher keinen positiven Asylbescheid erhielten? Siehe Drs. 21/12037, 21/12359, 21/12704, 21/13055, 21/13588, 21/13796 und 21/14071. 3. Aus welchen Ländern stammen die Personen, die im Jahr 2018 zurückgeführt wurden? Siehe Drs. 21/12538 und 21/14063. Seitdem zusätzlich: Libanon. 4. In welche Länder erfolgten die Rückführungen, die bisher im Jahr 2018 erfolgt sind? Siehe Drs. 21/12538 und 21/14063. Seitdem zusätzlich: Libanon. 5. Wie viele freiwillige Ausreisen sind bisher im Jahr 2018 erfolgt? Bitte zusätzlich nach Monaten aufschlüsseln. Siehe Drs. 21/12037, 21/12359, 21/12704, 21/13055, 21/13466, 21/13796 und 21/14071. 6. Aus welchen Ländern stammen die Personen, die bisher im Jahr 2018 freiwillig ausgereist sind? Die Personen stammen aus folgenden Ländern: Afghanistan, Ägypten, Albanien, Algerien, Armenien, Bangladesch, Bosnien und Herzegowina, Brasilien, China, Côte d’Ivoire, Ecuador, Eritrea, Gambia, Georgien, Ghana, Guinea, Honduras, Indien, Indonesien, Irak, Iran, Kolumbien, Kosovo, Libyen, Mali, Mazedonien (ehemalige ju- Drucksache 21/14072 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 goslawische Republik), Moldau, Montenegro, Nepal, Niger, Nigeria, Peru, Philippinen, Polen, Rumänien, Russische Föderation, Saudi-Arabien, Senegal, Serbien, Somalia, Syrien, Thailand, Togo, Tunesien, Türkei, Ukraine, ungeklärt, Vereinigte Staaten von Amerika und Vietnam. 7. Wie ist der genaue Ablauf nach Abschluss eines Asylverfahrens ohne einen positiven Bescheid? Wann informiert welche Stelle welche andere Stelle und innerhalb welches Zeitrahmens werden von welchen Stellen dann welche Maßnahmen ergriffen? Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) übersendet der zuständigen Ausländerbehörde eine Abschrift des entsprechenden Bescheids und gegebenenfalls eine Mitteilung, ob eine Klage eingereicht wurde. Die Zustellung an die Antragsteller erfolgt nach den Vorgaben des § 10 Asylgesetz. Im Falle einer ablehnenden Entscheidung lädt die Ausländerbehörde die betroffene Person grundsätzlich zur Aushändigung des Bescheids ein und erläutert, unter Zuhilfenahme von Dolmetschern, die Entscheidung des BAMF sowie die zur Verfügung stehenden Rechtsmittel und führt ein Beratungsgespräch zur freiwilligen Ausreise durch. Erklärt die Person, freiwillig ausreisen zu wollen, wird gegebenenfalls entsprechende Unterstützung geleistet. Nach Eintreten der Bestands- beziehungsweise Rechtskraft der Entscheidung übersendet das BAMF der Ausländerbehörde eine entsprechende Mitteilung. Sofern die bestehende Aufenthaltsgestattung nicht ohnehin innerhalb der nächsten zwei Wochen ausläuft, wird die betroffene Person von der Ausländerbehörde vorgeladen. Das weitere Vorgehen hängt vom jeweiligen Einzelfall ab. Bei einer freiwilligen Ausreise sind weitere Maßnahmen der Ausländerbehörde nicht notwendig. Erfolgt keine freiwillige Ausreise, werden Maßnahmen der Aufenthaltsbeendigung geprüft. Kann eine Rückführung nicht unmittelbar durchgeführt werden, ist der Person eine Duldung gemäß § 60a Aufenthaltsgesetz (AufenthG) auszustellen. Das weitere Vorgehen hängt auch hier vom jeweiligen Duldungsanlass ab. 8. Warum ist die Zahl der Ausreisepflichtigen seit Monaten konstant niedrig , obwohl die Zahl der Personen steigt, die keinen positiven Asylbescheid erhalten? Ein negativer Bescheid durch das BAMF führt erst dann zu einer Ausreisepflicht, wenn die Entscheidung bestands- beziehungsweise rechtskräftig wird. Auch danach ist die mit einer Ablehnung grundsätzlich verbundene Ausreisepflicht nicht unbedingt vollziehbar . So können fehlende Reisepapiere ein tatsächliches Rückführungshindernis darstellen, das zunächst beseitigt werden muss. Darüber hinaus können auch rechtliche Gründe daran hindern, die Ausreisepflicht tatsächlich durchzusetzen, zum Beispiel wenn die Person nach einem negativen Bescheid eine Ausbildung aufgenommen hat. Da weiterhin nur eine Duldungserteilung rechtlich zulässig ist, bleibt die Person formal ausreisepflichtig. Darüber hinaus kann auch formal ausreisepflichtigen Personen bei Vorliegen aller gesetzlichen Voraussetzungen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, beispielsweise nach §§ 25 Absatz 5, 28 AufenthaltsG. 9. Wie viele Personen, die im Jahr 2018 bisher keinen positiven Asylbescheid erhalten haben, haben Rechtsmittel dagegen eingelegt? Siehe Drs. 21/12037, 21/12359, 21/12704, 21/13055, 21/13466, 21/13796 und 21/14071. 10. Welchen Aufenthaltsstatus hat eine Person, die Rechtsmittel einlegt? Die Person behält ihren aktuellen Rechtsstatus bis zum rechtskräftigen Abschluss des jeweiligen Verfahrens bei. Personen mit einer Aufenthaltsgestattung zur Durchführung eines Asylverfahrens sind somit weiterhin Inhaber einer Aufenthaltsgestattung. 11. Im April 2017 nahm das bundesweite „Zentrum für die Unterstützung zur Rückkehr“ (ZUR) seinen Betrieb auf. In Drs. 21/8508 betonte der Senat, dass Hamburg im Vergleich zu den meisten Ländern einen überproportionalen Beitrag beim Aufbau des Zentrums geleistet habe. a) Wie viele Mitarbeiter/VZÄ stellt Hamburg aktuell dem ZUR zur Verfügung ? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/14072 3 Das Einwohner-Zentralamt stellt eine Mitarbeiterin mit 1,0 Vollzeitäquivalenten (VZÄ), das Amt für Innere Verwaltung und Planung einen Mitarbeiter mit 1,0 VZÄ. b) Inwieweit liefert das ZUR den Ländern Unterstützung? c) Inwiefern nutzt Hamburg aktuell die Angebote des ZUR? d) Ist Hamburg mit den Unterstützungsangeboten zufrieden oder gibt es Verbesserungswünsche? Wenn es Verbesserungswünsche gibt, welche sind es? Das Zentrum zur Unterstützung der Rückkehr (ZUR) unterstützt bei der Abstimmung zwischen Bund und Ländern zu Rückkehr- und Rückführungsfragen, siehe auch Drs. 21/8508. Es bereitet Bund-Länder-Gremien vor und ist eine Einrichtung, die sowohl ministerielle als auch operative Aufgaben- und Problemstellungen mithilfe der Länder und Bundesbehörden aufbereitet und einer Lösung zuführen soll. Hamburg nutzt dieses Angebot insbesondere bei der Vorbereitung von Rückführungsmaßnahmen, bei der Beschaffung von Passersatzpapieren und bei der Suche nach Abschiebungshaftplätzen im Bundesgebiet. Darüber hinaus erfolgt im ZUR die Bearbeitung von herausgehobenen Einzelfällen, zum Beispiel bei Gefährdern oder ausreisepflichtigen Intensivtätern . Es werden Strategien zur freiwilligen Rückkehr entwickelt; in erster Linie bei der Umsetzung einer flächendeckenden Informationsvermittlung sowie Rückkehrförderung auf nationaler Ebene. Die Datenbereinigung im Ausländerzentralregister wird gefördert. Das Angebot des ZUR erweitert dabei die Möglichkeiten der einzelnen Ausländerbehörden . e) Ist geplant, die Angebote des ZUR zu erweitern, damit die Unterstützung für die Ländern verbessert werden kann? Wenn ja, was ist geplant? Wenn nein, warum nicht? Die Tätigkeit im ZUR ist nunmehr verstetigt. Perspektivisch will das ZUR die Rückführungskoordination , zum Beispiel bei der Organisation von Sammelrückführungen, Initiativen für Rückführungsmaßnahmen (bundeslandübergreifende Koordinierung der Zuführung an die Bundespolizei), übernehmen. 12. Mit welchen anderen bundesweiten Einrichtungen arbeitet der Senat inwiefern bei den Rückführungen, aber auch bei der freiwilligen Ausreise zusammen? Wo gibt es jeweils welche Schwierigkeiten bei der Zusammenarbeit ? Staatliche und nicht staatliche Rückkehrberatungsstellen arbeiten bei freiwilligen Ausreisen primär mit der International Organization for Migration – The UN Migration Agency (IOM) und dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) als bundesweite Einrichtungen eng zusammen. Darüber hinaus findet eine Zusammenarbeit auf internationaler Ebene mit internationalen Hilfsorganisationen, wie beispielsweise der Caritas, der Arbeiterwohlfahrt und dem Deutschen Roten Kreuz in den entsprechenden Herkunftsländern statt. Da alle Akteure das gemeinsame Ziel verfolgen, die freiwillige Rückkehr zu fördern, freiwilligen Rückkehrern/-innen eine humane Rückkehr zu ermöglichen, „Pull-Effekte“ zu vermeiden und einen Beitrag zur nachhaltigen Reintegration von Menschen in ihrer Heimat zu leisten, wird die Zusammenarbeit als positiv bewertet. 13. Was sind aus Sicht des Senats aktuell die größten Herausforderungen bei der Rückführung, aber auch bei der freiwilligen Ausreise abgelehnter Asylbewerber? Bei welchen Herkunftsländern gibt es jeweils welche besonderen Probleme? Die Möglichkeiten der tatsächlichen Rückführung werden von einer Reihe von Faktoren bestimmt. Ein ganz wesentlicher Faktor sind die herkunftslandbezogenen Umstände, die bei den tatsächlichen Möglichkeiten der Rückführung wirksam sind und auf die die Ausländerbehörden keinen eigenen Einfluss haben. Hierbei geht es in erster Linie um die Zusammenarbeit mit den Herkunftsländern bei der Feststellung unklarer Identitäten, der Anerkennung von Personen als eigene Staatsangehörige, der Drucksache 21/14072 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Ausstellung von Passersatzpapieren, nur kurzen zeitlichen Gültigkeiten von Passersatzpapieren , aber auch um Restriktionen bei der operativen Rückführung wie zum Beispiel eine Beschränkung von Rückführungen auf Linienflüge oder Forderungen nach Einhalten bestimmter Voranmeldezeiten. Aber auch die Möglichkeiten für notwendige Flugbegleitungen durch die Bundespolizei gehören zu diesen Faktoren. Darüber hinaus sind in der ausländerrechtlichen Praxis Vorbringungen von Personen, deren Schutzersuchen abgelehnt wurde, die sich aber auf andere relevante Bleibegründe berufen, entsprechend den gesetzlichen Vorschriften und der dazu ergangenen Rechtsprechung zu prüfen und zu bescheiden. Die dazu ergehenden ausländerrechtlichen Entscheidungen können dann regelmäßig im Rechtswegverfahren weiter überprüft werden. Dabei ist zu beachten, dass die mit der Ablehnung eines Schutzantrages zunächst grundsätzlich verbundene Ausreisepflicht dann nicht durchgesetzt werden kann, wenn andere ausländerrechtlich einschlägige Regelungen einer Rückführung dennoch entgegenstehen. Die dazu bestehenden bundesgesetzlichen Regelungen halten die Fiktion einer Ausreisepflicht teilweise auch in den Fällen aufrecht, in denen rechtliche Gründe der Durchsetzung dieser Ausreisepflicht tatsächlich entgegenstehen . Wesentlich erscheint es, die Information in den Herkunftsländern über die Bedingungen in Deutschland zu verbessern, um die vielfach mit unrealistischen Vorstellungen zu den Aufnahme- und Lebensbedingungen verbundene Migration nach Deutschland zu reduzieren. Darüber hinaus ist die Steigerung der Ausreisemotivation von Personen , für die eine Schutzbedürftigkeit nicht festgestellt wurde, eine Herausforderung. Daher sind alle Maßnahmen, die zügig zu qualifizierten abschließenden Entscheidungen führen und Maßnahmen, die die Ankunfts- und Aufnahmesituation im Herkunftsland unterstützen ohne „Pull-Effekte“ auszulösen, sinnvoll.