BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/14092 21. Wahlperiode 24.08.18 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Daniel Oetzel (FDP) vom 17.08.18 und Antwort des Senats Betr.: Förderung von Fanarbeit/Nationales Konzept Sport und Sicherheit Bereits in der 19. und 20. Wahlperiode hat sich die Bürgerschaft mit der Umsetzung des Nationalen Konzeptes Sport und Sicherheit befasst (19/6779 und 20/618). Gelingende und gute Fanarbeit ist ein wichtiger Faktor für die Prävention von Gewalt im Sport. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Im Jahr 1991 hat die Ständige Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder (IMK) zur Verbesserung der Sicherheit bei Sportveranstaltungen ein gemeinsames Handeln aller Beteiligten als erforderlich festgestellt. Als Ergebnis der weiteren Befassung hat die IMK 1993 das Nationale Konzept Sport und Sicherheit (NKSS) verabschiedet. Das Konzept enthält Empfehlungen zu den Handlungsfeldern Fanbetreuung im Rahmen von Sozialarbeit, Stadionordnung, Stadionverbote, Ordnungsdienste , Stadionsicherheit und zur Zusammenarbeit aller Beteiligten. Im Jahr 2012 wurde das NKSS fortgeschrieben und um die Bereiche Fanreiseverkehr, Dialog und Kommunikation sowie einheitliches und abgestimmtes Verhalten der Polizeien erweitert . Die Polizei ist im Nationalen Ausschuss Sport und Sicherheit (NASS) durch die jeweilige Leitung der Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS) vertreten und neben unterschiedlichen Ministerien und Institutionen ein Netzwerkpartner. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Welche Maßnahmen zur Umsetzung, Fortschreibung und inhaltlichen Weiterentwicklung des Nationalen Konzepts Sport und Sicherheit sind in Hamburg ergriffen worden? Die Umsetzung, Fortschreibung und inhaltliche Weiterentwicklung des NKSS erfolgt auf Ebene der IMK. In Hamburg finden unter Leitung des Sportstaatsrates der Behörde für Inneres und Sport regelmäßig Sitzungen des Örtlichen Ausschusses Sport und Sicherheit (ÖASS) statt, in welchen grundsätzliche und anlassbezogene sicherheitsrelevante Themen mit den Beteiligten besprochen werden. Teilnehmer des Hamburger ÖASS sind, angelehnt an die Empfehlungen des NKSS, Vertreter der Polizei Hamburg , Feuerwehr Hamburg, Bundespolizei, Fußballbundesligisten, Fanprojekte, öffentlicher Nahverkehr, Behörden und Bezirksämter der Stadt, Handelskammer und der organisierte Sport. Der Ausschuss tagt mindestens einmal im Jahr. Über die Sitzungen des ÖASS hinaus finden Informations- und Gesprächsrunden mit Vereinsvertretern (unter anderem HSV und FC St. Pauli) und den Fanbeauftragten der Vereine statt. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. Drucksache 21/14092 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 2. Welche präventiven und sicherheitsrelevanten Maßnahmen werden in der kommenden Bundesligasaison im Vorwege von sogenannten Hochrisikospielen getroffen – insbesondere auch bei Derbys zwischen dem HSV und dem FC St. Pauli? Was wird getan, um friedliche Perspektiven bei diesen Spielen aufzuzeigen? Spiele mit erhöhtem Risiko sind Spiele, bei denen aufgrund allgemeiner Erfahrung oder aktueller Erkenntnisse die hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass eine besondere Gefahrenlage eintreten wird (§ 32 Richtlinien zur Verbesserung der Sicherheit bei Bundesspielen des Deutschen Fußball-Bundes). Präventive und sicherheitsrelevante Maßnahmen werden im Zusammenspiel verschiedener Akteure – insbesondere den Teilnehmern des ÖASS – ergriffen. Neben der Landespolizei sind in enger Abstimmung die Bundespolizei, aber auch die DB-Sicherheit, der Hamburger Verkehrsverbund, private Sicherheitsdienste und andere tätig. Die Fanprojekte setzen sich für eine friedliche Gestaltung der Fanaktivitäten ein. Im Übrigen siehe Antworten zu 1. und 3. Maßnahmen der Polizei Hamburg im Sinne der Fragestellung sind insbesondere: Durchführen von Gefährderansprachen und Versenden von Gefährderanschreiben , Veranlassen von Meldeauflagen, Initiieren von Bereichsbetretungs- und Aufenthaltsverboten sowie deren Überwachung , Anregen von Stadionverboten, Verbot des Ausschanks von Alkohol im Stadion, strikte Trennung gewaltbereiter Fanszenen bei der An- und Abreise. Im Rahmen einer zwischen der Polizei und den Vereinen abgestimmten Kommunikation wird versucht, deeskalierend auf die Gesamtstimmung Einfluss zu nehmen und den sportlichen Aspekt in den Vordergrund zu rücken. In den jeweiligen Sicherheitsbesprechungen mit den Vereinen werden neben den polizeilichen Maßnahmen darüber hinaus weitere Maßnahmen zur Vermeidung von Auseinandersetzungen besprochen . Hierzu zählen unter anderem: Begrenzung des Verkaufs der Eintrittskarten sowohl für Steh- als auch Sitzplatzbereiche der Gäste, strikte Trennung der Anhänger in den Zuschauerbereichen, Einrichten und Freihalten sogenannter Pufferblöcke (Freiblöcke zwischen Gastund Heimbereich), Verstärkung des Ordnungsdienstes, insbesondere an den Zu- und Ausgängen der Zuschauerbereiche und Durchführen verstärkter Personenkontrollen. Daneben werden einzelfallbezogen weitere einsatztaktische Maßnahmen ergriffen. 3. Wie ist die Arbeit der Fanprojekte in Hamburg ausgerichtet? In welchem Maße werden die verschiedenen Fanprojekte erreicht? Wie kann die Fanarbeit gerade auch mit problematischen Fangruppen ausgebaut werden? Zuständig für die Arbeit der Fanprojekte ist der Verein Jugend und Sport e.V. (http://jugend-sport.de/). Der Verein ist Trägerverein zweier sozialpädagogischer Projekte : das HSV Fanprojekt und der FC St. Pauli-Fanladen. Beide Fan-Projekte arbeiten nach dem Konzept der aufsuchenden und zielgruppenorientierten Jugendsozialarbeit und sehen sich als Lobby der Fans und Vermittler zwischen Fanclubs, Vereinen und anderen Institutionen. Die Projekte nehmen sich der Probleme im Fußball wie Gewalt, Extremismus, Rassismus, Sexismus und Alkoholkonsum an. Die positiven Potenziale der Fans sollen geweckt und gefördert werden. Es werden Maßnahmen zu Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/14092 3 Gewaltprävention, Suchtprävention und Selbstkompetenz ergriffen und Werte vermittelt . Grundlegend ist hierbei der Gedanke, dass die Zugehörigkeit als Fan eines Vereins identitäts- und sinnstiftend ist. Die Selbstregulierungskräfte innerhalb der Fanszenen sollen auch durch Übertragen von Eigenverantwortung auf die Fanclubs positiv verstärkt werden. Der Verein Jugend und Sport e.V. wird unter anderem gefördert durch die Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration und koordiniert die gesamten Fanarbeiten. Er ist Mitglied in der bundesweiten Koordinierungsstelle Fanprojekte (KOS), https://www.kos-fanprojekte.de/. Der Verein berichtet regelhaft gegenüber dem ÖASS. 4. Wie ist die Zusammenarbeit mit der Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS) organisiert? Unter Federführung der Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS) werden bundesweite Fachtagungen mit den Landesinformationsstellen Sporteinsätze (LIS), den Einsatzleitern und den Szenenkundigen Beamten durchgeführt. Darüber hinaus erfolgt über die ZIS ein Informationsaustausch über die Lageerkenntnisse im Vorfeld von Spielen sowie über die getroffenen Feststellungen bei den Spielen: Zu relevanten Ereignissen (beispielsweise Fußball-Bundesligabegegnungen) werden durch die Polizei Hamburg/LIS Voraus- und Verlaufsmeldungen in den Polizeilichen Informationsaustausch Sportveranstaltungen (PIAS) eingestellt. Die vor dem Ereignis zu fertigenden Vorausmeldungen beinhalten Einschätzungen zum Verlauf, welche anhand der bisherigen Lageerkenntnisse und Erfahrungen getätigt wurden. Die Informationen sind unterschiedlich belastbar und umfassen neben dem Fanverhältnis auch die erwartete Anzahl von Besuchern und Fans beider Vereine. Im Anschluss an das Ereignis wird der Verlaufsbericht gefertigt, welcher mit gesicherten Erkenntnissen in PIAS eingeht und als Erfahrungswert für die Lagebeurteilung bei zukünftigen Ereignissen dient.