BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/14163 21. Wahlperiode 31.08.18 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten André Trepoll (CDU) vom 24.08.18 und Antwort des Senats Betr.: RAF-Vergangenheit in Hamburg In den frühen 1970er-Jahren galt das „rote“ Hamburg als eine der Hochburgen der Rote Armee Fraktion (RAF) und als logistischer Stützpunkt mit konspirativen Wohnungen und einer relativ großen Unterstützerszene. Mehrere RAF-Terroristen haben zeitweise in Hamburg gelebt und die Stadt terrorisiert. Im Oktober 1971 wurde der Polizist Norbert Schmid, Vater von zwei Kindern, in Poppenbüttel erschossen, als er drei Verdächtige überprüfen wollte. Die in der Nähe verhaftete Bonner Studentin Margrit Schiller entpuppte sich als Mitglied der Baader-Meinhof-Gruppe. Später wurde in unmittelbarer Nähe eine Wohnung entdeckt, die den Tätern als Unterschlupf gedient hatte. Am 19. Mai 1972 explodierten drei Sprengsätze im Hamburger Verlagsgebäude des Axel-Springer-Verlags. Drei weitere Bomben konnten später entschärft werden. 17 Menschen wurden dabei verletzt, zwei davon schwer. Auch in den nachfolgenden Jahren haben immer wieder Terroristen und Anhänger der RAF Hamburg aufgesucht und sich in der Stadt aufgehalten. Hamburg wird immer mit der Geschichte der RAF eng verbunden bleiben. Auch heute leiden noch viele Opfer und deren Verwandte, Angehörige und Freunde unter den Gräueltaten. Der Aufarbeitung der extremistischen Vergangenheit ist wichtig und muss konsequent erfolgen. Dies gilt auch für das Unterstützernetzwerk der RAF in Hamburg. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die Angaben zu den Fragen 1. und 2. beruhen auf einer aus Anlass der Beantwortung dieser Schriftlichen Kleinen Anfrage bei den Behörden und Ämtern durchgeführten Abfrage. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie wurde und wird die Vergangenheit der RAF in Hamburg aufgearbeitet ? 2. Gibt oder gab es von der Stadt organisierte Veröffentlichungen (beispielsweise Broschüren, Ausstellungen oder Internetangebote), die über die RAF-Geschichte in Hamburg informieren? Wenn ja, welche sind/waren dies? Wenn nein, warum nicht? Die Landeszentrale für politische Bildung (LZ) hat in ihrem Informationsladen folgende Publikation vorrätig: Drucksache 21/14163 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Petra Terhoeven: Die Rote Armee Fraktion. München 2017 sowie folgende Publikationen, die das Thema RAF tangieren: Ingo Juchler: 1968 in Deutschland – Schauplätze der Revolte. Berlin-Brandenburg 2018 Michael Sontheimer/Peter Wensierski: Berlin, Stadt der Revolte. Berlin 2018 Die LZ hat darüber hinaus folgende Publikationen herausgegeben, die das Thema RAF mit behandeln: Helmut Bilstein/Sepp Binder: Innere Sicherheit. Hamburg 1976 Helmut Hohlbein: Politischer Extremismus. Links- und Rechtsextremismus in der Bundesrepublik Deutschland. Hamburg 1985 Im Polizeimuseum werden zu nachstehenden Themenkomplexen Exponate mit Bezug zur RAF ausgestellt: „Lebensrettendes Merkbuch“: In der Ausstellung des Polizeimuseums wird der Schusswaffengebrauch einer RAF-Terroristin (Christine Dorothea K.) vom Januar 1978 gegen zwei Hamburger Polizeibeamte am Winterhuder Marktplatz thematisiert. Dem Einschreiten der Polizeibeamten vorausgegangen war die Meldung einer Apothekenangestellten über die Vorlage eines gefälschten Rezepts. Der angeschossene Beamte überlebte den Schuss aus einer großkalibrigen Pistole gegen den Brustkorb, weil in der Brusttasche seiner Lederjacke seine Merkbücher steckten. „Fahndungsmittel“: Ein historisches RAF-Fahndungsplakat ist in der Ausstellung vorhanden , diverse Fahndungskarten (DIN A 4) befinden sich in der Sammlung des Museums. Weitere hamburgische Aufarbeitungen der Vergangenheit der RAF sind dem Senat nicht bekannt. 3. Inwiefern wird die RAF-Geschichte an den Hamburger Schulen thematisiert beziehungsweise ist Bestandteil der aktuellen Lehrpläne? In welchen Fächern und Jahrgängen ist die RAF-Geschichte verbindlicher Bestandteil des Unterrichts? Die Hamburger Bildungspläne sind grundlegend kompetenzorientiert. Sie enthalten daher zumeist nur in sehr begrenztem Umfang inhaltliche Konkretisierungen beziehungsweise detaillierte Vorgaben einzelner zu unterrichtender Themen. Diese vorzunehmen , ist Aufgabe der Einzelschulen im Rahmen ihrer Selbstverantwortung und erfolgt in der Regel mithilfe der schulinternen Fachcurricula, welche die schulischen Fachkonferenzen entlang der verbindlichen Rahmenplanvorgaben erarbeiten. Dessen ungeachtet kann die „RAF-Vergangenheit in Hamburg“ zum Beispiel im Geschichtsunterricht im Rahmen des Durchgangs durch die Geschichte der beiden deutschen Staaten nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs behandelt werden, die regelhaft in den Jahrgangsstufen 9 beziehungsweise 10 sowie in der gymnasialen Oberstufe thematisiert wird. 4. Konnte durch die „Regelanfrage“ beim Verfassungsschutz im Rahmen des sogenannten Radikalenerlasses von 1972 durch die Einstellungsbehörden sichergestellt werden, dass mögliche Unterstützer der RAF nicht in der öffentlichen Verwaltung und in öffentlichen Unternehmen eingestellt wurden? 5. Gab oder gibt es Untersuchungen über mögliche Unterstützer der RAF in der hamburgischen Verwaltung oder in öffentlichen Unternehmen? Wenn ja, mit welchen Ergebnissen? Wenn nein, warum nicht? 6. Gibt es ehemalige Unterstützer der RAF, die noch immer im öffentlichen Dienst der Freien und Hansestadt Hamburg angestellt oder verbeamtet sind? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/14163 3 Wenn ja, wie viele und in welchen Behörden? Wenn nein, wie kann der Senat dieses ausschließen? Hierzu liegen dem Senat keine aktuellen Erkenntnisse vor. Im Übrigen siehe Drs. 20/10210.