BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/14179 21. Wahlperiode 04.09.18 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Christiane Blömeke (GRÜNE) vom 27.08.18 und Antwort des Senats Betr.: Suizidprävention in Hamburg In Deutschland sind jährlich rund 10.000 Todesfälle auf einen vollendeten Suizid zurückzuführen. Schätzungen gehen davon aus, dass die Zahl der Suizidversuche etwa zehnmal so hoch liegt. Studien der letzten Jahre belegen , dass durch Suizid Verstorbene zu über 90 Prozent psychisch erkrankt und zu über 80 Prozent bis zum Zeitpunkt ihres Todes bezüglich ihrer psychischen Krankheit nicht behandelt worden sind. Gleichzeitig gibt es in Deutschland mindestens 100.000 Suizidversuche im Jahr, wo die Menschen zumindest Kontakte mit dem Versorgungssystem haben. Bei Sicherstellung einer angemessenen Diagnose und Behandlung besteht also großes Potenzial , Suizide zu reduzieren. Um Suizidalität entgegenzuwirken, benötigen Menschen in psychischen Krisen eine niedrigschwellige und schnelle Hilfe. Mit Blick auf die Ausprägung von Suizidalität in der Bevölkerung lässt sich feststellen, dass deutlich mehr Männer als Frauen betroffen sind. Altersgruppen , in denen Suizidversuche gehäuft vorkommen, sind die der 45- bis 60- Jährigen und der 70- bis 80-Jährigen. Bestimmte Lebensphasen wie der Wechsel von der Erwerbsphase in den Ruhestand und das hohe Alter verbunden mit Krankheit oder Pflegebedürftigkeit sind demnach besonders sensibel und können suizidale Tendenzen hervorrufen oder verstärken. Hinzu kommen Kinder, deren Eltern an einer psychischen Erkrankung leiden. Diese Kinder haben durch ihre familiäre Situation ein erhöhtes Risiko, selbst psychische Störungen zu entwickeln. In der Altersgruppe der 15- bis 29- Jährigen stellt der Suizid eine der häufigsten Todesursachen dar. Der Suizid steht an zweiter Stelle der Todesursachen junger Männer zwischen 18 und 25 Jahren. Eine qualitativ hochwertige medizinische und/oder psychologische Versorgung insbesondere der Risikogruppen für Suizidalität sowie die Förderung der psychischen Gesundheit der Bevölkerung insgesamt haben einen hohen Stellenwert, um psychische Widerstandsfähigkeit (Resilienz) zu stärken und so Suizide zu verhindern. Eine zentrale Voraussetzung dafür ist ein suizidpräventives gesellschaftliches Klima, das psychische Belastungen und suizidale Tendenzen enttabuisiert. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Beratung und Unterstützung bei verschiedenen psychosozialen Problemlagen und psychischen Belastungen leisten die Stadt Hamburg, aber insbesondere die Akteure des Gesundheitswesens auf den Gebieten der Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik beziehungsweise Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie Drucksache 21/14179 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 sowie der Sozialpsychiatrie. Diese Angebote können hier nicht vollständig dargestellt werden. Sie werden mit unterschiedlicher Zielsetzungen angeboten und stehen je nach Problemlage spezifischen Altersgruppen zur Verfügung. Sie leisten im Rahmen von psychischer Stabilisierung auch Beiträge zur Prävention von Suizidalität. Dazu gehören Angebote der Selbsthilfe, die über die Kontakt- und Informationsstellen für Selbsthilfegruppen (KISS) erreichbar sind. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie hat sich die Anzahl der durch Suizid Verstorbenen in Hamburg in den letzten zehn Jahren entwickelt? Daten für das Jahr 2016 stehen voraussichtlich ab Ende Oktober zur Verfügung. Suizide in Hamburg in den Jahren 2006 bis 2015 Jahr Suizide insgesamt 2006 217 2007 244 2008 189 2009 219 2010 219 2011 235 2012 223 2013 205 2014 214 2015 208 Quelle: Statistikamt Nord, Todesursachenstatistik 2. Welche präventiven Angebote gibt es in Hamburg für Suizidgefährdete? 3. Auf welche Zielgruppen sind die Angebote zugeschnitten? Angebote für suizidgefährdete Menschen sind in dem von der Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz veröffentlichten Informationsflyer „Wo suizidgefährdete Menschen in Hamburg Hilfe finden“ dargestellt (www.hamburg.de/contentblob/ 2916908/bc2f5501e38ebf971cb2ffbead92e469/data/download-suizidfaltblatt.pdf). Dort sind auch die Sozialpsychiatrischen Dienste (SpD) der bezirklichen Gesundheitsämter aufgeführt, die für Erwachsene ab 18 Jahre zuständig sind, und die jugendpsychiatrischen Dienste (JpD) für Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre. Zudem sind auf der Webseite der DGS (Deutsche Gesellschaft für Suizidprävention) verschiedene spezifische Beratungs- und Behandlungsangebote für Suizidgefährdete in Hamburg und anderen Bundesländern aufgeführt. Einen Überblick über Angebote, die bei psychischen Krisen unterstützen, gibt die Seite des PsycheNet (www.psychenet.de/de/hilfe-finden/schnelle-hilfe/ krisenanlaufstellen.html). Im Bereich Arbeitsmarktpolitik bieten derzeit vier Träger (finanziert durch Zuwendungen der für Arbeit zuständigen Behörde) psychosoziale Beratung als kommunale Leistung gemäß § 16a Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) an (in Hamburg sogenannte Lebenslagenberatung). Die Lebenslagenberatung zielt auf die Bearbeitung und den Abbau von psychosozialen Problemlagen, welche die Vermittlung in Arbeit behindern und die nicht auf einem diagnostizierten Krankheitsbild beruhen. Darüber hinaus bietet die Hamburger Arbeit (HA, finanziert durch Zuwendungen der für Arbeit zuständigen Behörde) als zusätzliche kommunale Leistung Gesundheitsberatung an. Die individuelle Gesundheitsberatung und die Gesundheitskurse dienen der allgemeinen psychosozialen Stabilisierung und können deshalb als präventiver Ansatz verstanden werden. Zudem bietet sie Orientierung im Versorgungssystem an und vermittelt an weiterführende Hilfen. Bei den Beratungsgesprächen können psychologische Probleme angesprochen, psychische Belastungen sowie Suizidgefährdung Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/14179 3 erkannt werden. In diesen Fällen erfolgt gegebenenfalls eine sofortige Vermittlung an andere psychotherapeutische Fachpersonen und -angebote, wie zum Beispiel dem Sozialpsychiatrischen Dienst, der ambulanten Sozialpsychiatrie oder der ambulanten oder stationären Psychotherapie. Die Gesundheitsberatung ist zugeschnitten auf Leistungsempfängerinnen und -empfänger nach SGB II. Die HA bietet (ebenfalls finanziert durch Zuwendungen der für Arbeit zuständigen Behörde) für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer von Arbeitsgelegenheiten (§ 16d SGB II) daneben aufsuchende Sozialberatung an, bei der persönliche Probleme und verschiedene Lebenslagen besprochen und gegebenenfalls Suizidgefährdung erkannt werden kann. In diesen Fällen geht die Betreuung in der Regel in die Gesundheitsberatung der HA über, die gegebenenfalls an oben genannte andere psychotherapeutische Fachpersonen und -angebote vermittelt. Die Lebenslagenberatung gemäß § 16a SGB II ist zugeschnitten auf Leistungsempfängerinnen und -empfänger nach SGB II, Jugendliche, denen absehbar SGB-II-Leistungsbezug droht, Selbstständige, die regelhaft monatsweise im Leistungsbezug sind, Arbeitslose im Rechtskreis SGB III, die vor einem Übergang in SGB II stehen. Die Ratsuchenden können die Beratungsstelle , unabhängig vom Wohnsitz, frei wählen. Es gibt darüber hinaus zwei weitere beratende Angebote im Bereich Arbeitsmarktpolitik , und zwar das Projekt „Catch up“ (Europäischer Sozialfonds) sowie das ausschließlich mit Landesmitteln finanzierte Projekt Personenindividuelles Coaching für Menschen mit Behinderung und psychischer Erkrankung vom Träger ARINET (Arbeits- Integrations-Netzwerk GmbH) (im Folgenden: „PiCo“). Das Programm Catch up richtet sich an nicht schulpflichtige junge Erwachsene von 18 bis 25 Jahre im System der Hamburger Jugendberufsagentur mit integrationshemmenden psychischen Auffälligkeiten (zum Beispiel psychische Probleme, Drogenkonsum , gravierende Probleme im familiären beziehungsweise in ihrem sozialen Umfeld). Das Programm „PiCo“ richtet sich an Menschen in Hamburg, die Leistungen nach dem SGB II beziehen und eine anerkannte Schwerbehinderung/Gleichstellung aufgrund einer psychischen Behinderung oder eine anerkannte Behinderung aufweisen, die psychische Beeinträchtigungen zur Folge haben (ohne dass eine Schwerbehinderung /Gleichstellung vorliegt) oder einen Schwerbehindertenausweis beantragt haben oder nachweislich kontinuierlich in psychiatrischer Behandlung sind. Zu den Kernaufgaben der professionellen Beratung der Einrichtungen des Opferschutzes gehört insbesondere die psychische und psychosoziale Stabilisierung (Drs. 20/10994). Auch dies kann als präventiver Ansatz verstanden werden. Zu den Zielgruppen des Opferschutzes, siehe Drs. 20/10994. Präventive Maßnahmen im Handlungsfeld Schule setzen bei der Qualifizierung der schulischen Fachkräfte an. Entsprechende Fortbildungen haben zum Ziel, Lehrkräfte und weitere pädagogische Fachkräfte der Schulen für psychische Belastungen bei Kindern und Jugendlichen zu sensibilisieren, ihre professionelle Handlungssicherheit zu stärken, „auffällige“ Schülerinnen und Schüler frühzeitig anzusprechen und in das schulische Hilfesystem zu „vermitteln“. Das Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung (LI) bietet neben der spezifischen Ausbildung und Weiterqualifizierung der Beratungslehrkräfte beziehungsweise Fachkräfte im schulischen Beratungsdienst regelhaft Fortbildungen zur psychischen Gesundheit von Schülerinnen und Schülern an (siehe https://li.hamburg.de/contentblob/9916872/70dc996586e51d59fbba28d4913550bc/ data/pdf-uebersicht-fb-hj-1-2018-2019.pdf).In diesem Rahmen wird auch auf das Thema „Suizidgefährdung“ eingegangen. Bewährt haben sich Fortbildungen mit dem Verein „Irre menschlich e.V.“ zur psychischen Gesundheit als Unterrichtsthema (siehe http://www.irremenschlich.de/) und mit dem Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten Klaus Wilting zu „Kinder psychisch kranker Eltern“. Auf der regelhaft im LI stattfindenden Messe „Pakt für Prävention – Gesundheitsförderung an Hamburger Schulen“ (nächster Termin 03.04.2019) ist das Projekt U25 vertreten – Online Suizidprävention – Onlineberatung für Jugendliche in Krisen und bei Suizidgefahr . Auch auf Fachveranstaltungen zum Thema „Traumatisierung“ wird auf Suizidprävention eingegangen. Mit Kooperationspartnern wird am 01.11.2018 im LI die Drucksache 21/14179 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Ausstellung „Scherben im Kopf“ (Traumatisierung und Flucht) eröffnet, Inhalte werden in einer Veranstaltungsreihe vertieft. Neu etabliert werden soll das Programm Mind- Matters, das am 26.09.2018 mit Prof. Paulus vorgestellt wird. MindMatters integriert die Förderung der psychischen Gesundheit in ein umfassendes Konzept zur Schulund Qualitätsentwicklung. Das Programm fördert Achtsamkeit mit sich und anderen, lehrt Respekt und Toleranz im Schulalltag und stärkt die Widerstandsfähigkeit der Schülerinnen und Schüler. MindMatters ist ein umfassendes Präventionsprogramm für allgemein- und berufsbildende Schulen mit den Jahrgangsstufen 1 bis 13. Es richtet sich an Schülerinnen und Schüler, Lehrkräfte, Schulleitungen, nicht unterrichtendes Personal, Eltern sowie das schulische Umfeld. Auf der Internetseite des LI erhalten Lehrkräfte und sonstige schulische pädagogische Fachkräfte Informationen zur psychischen Gesundheit von Schülerinnen und Schülern (siehe http://li.hamburg.de/psychische-gesundheit/). Dort finden sich auch Hinweise zum Thema „Suizid“ (siehe https://li.hamburg.de/contentblob/4071048/ a73591204e0c7c2ff9047218a4cd0b33/data/pdf-liste-anlaufstellensuizidpraevention .pdf). Im Unterricht wird regelhaft altersangemessen auf Unterstützungsangebote für schwierige Situationen hingewiesen. Dabei gibt es zum einen das schulinterne Hilfesystem (Beratungslehrkräfte, der schulische Beratungsdienst, Fachkräfte der Regionalen Bildungs- und Beratungszentren sowie des Beratungs- und Unterstützungszentrums berufliche Schulen, Schulärztinnen und -ärzte, Kinderschutzfachkräfte) und zum anderen anonymisierte Angebote. Der Hamburger Jugendserver des Jugendinformationszentrums (JIZ) bietet unter der Rubrik „Rat & Hilfe“ Unterstützungsangebote in belastenden Situationen an. Dort ist auch das Thema „Suizid“ gelistet (siehe http://www.jugendserverhamburg .de/?tid=175). Für Jugendliche ist das Faltblatt „Papierhandy“ mit Notfallnummern hilfreich (siehe http://www.jugendserver-hamburg.de/?bid=2373). Es kann in Klassensätzen von Hamburger Schulen bestellt werden. Informationen für Jugendliche und Jungerwachsene werden im Projekt „Landungsbrücke – Übergänge meistern“ erstellt und finden sich auf folgender Internetseite http://hag-landungsbruecke.de/. Im Übrigen werden an den Schulen Kinder und Jugendliche über das Beratungsangebot durch die bundesweite anonyme Beratung „Nummer gegen Kummer“ informiert (siehe https://www.nummergegenkummer.de/). Im Rahmen der Umsetzung der curricularen Vorgaben des Aufgabengebietes Gesundheitsförderung werden Themen zum psychosozialen Wohlbefinden und zum Umgang mit schwierigen Situationen regelhaft im Unterricht bearbeitet. Die Einzelschule als selbstverantwortete Schule entscheidet, inwieweit sie dabei mit außerschulischen Partnern zusammen arbeitet. So haben die Projekte von Irre menschlich e.V. an den Schulen unter anderem das Ziel, Schülerinnen und Schüler zu ermutigen, frühzeitig professionelle Hilfen in Anspruch zu nehmen, wenn sie psychisch belastet sind sowie einen Beitrag zur gesellschaftlichen Entstigmatisierung von psychischen Erkrankungen zu leisten (siehe http://www.irremenschlich.de/projekte/schulen). Dieses wird auch für Schülerinnen und Schüler mit Beeinträchtigungen angeboten. Beispielhaft kann hier die Projektwoche im Berufsbildungswerk Hamburg im Dezember 2017 (siehe http://www.irremenschlich.de/aktuell/132-fachwoche-psychischegesundheit -im-berufsbildungswerk-hamburg-berufliche-schule-eidelstedt) genannt werden. Viele weiterführende Schulen besuchen den jährlich stattfindenden Fachtag für Lerngruppen „Psychiatrie macht Schule“ im Universitätsklinikum Hamburg- Eppendorf (siehe http://www.irremenschlich.de/aktuell/131-psychiatrie-macht-schuletag -der-offenen-tuer-fuer-schueler-innen-im-uke-mittwoch-12-juli-20179). Im Rahmen des Modellprojektes „Landungsbrücke – Übergänge meistern“ der Hamburgischen Arbeitsgemeinschaft für Gesundheitsförderung (HAG, siehe http://haglandungsbruecke .de/) wurden Module zur Stärkung der psychischen Gesundheit von Schülerinnen und Schülern im Übergang von der Schule in die Berufsvorbereitung oder ins Studium für zwei Zielgruppen erprobt: Schülerinnen und Schüler in Produkti- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/14179 5 onsschulen sowie Studierende. Zurzeit wird geprüft, was davon auch auf andere Schulen übertragbar ist. 4. Welche Angebote können in akuten psychischen Krisen niedrigschwellig und schnell aufgesucht beziehungsweise genutzt werden? Menschen in psychiatrischen Krisensituationen stehen grundsätzlich die Regelangebote der ambulanten (und stationären) gesundheitlichen Notfallversorgung aller Krankenhäuser in Hamburg zur Verfügung. Die psychiatrischen und kinder- und jugendpsychiatrischen Abteilungen der Krankenhäuser sind 24 Stunden täglich erreichbar. Alle psychiatrischen Abteilungen verfügen über eine Institutsambulanz, deren Versorgungsschwerpunkt auch die Krisenintervention umfasst. Der ärztliche Notfalldienst der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg (KVH) ist zu jeder Tages- und Nachtzeit zu erreichen. Patientinnen und Patienten haben hier verschiedene Möglichkeiten (telefonische Beratung, Besuch einer Ärztin oder eines Arztes vor Ort), ärztliche Hilfe zu erreichen. Die Telefonseelsorge hat für die Beratung in seelischen Krisen eine täglich 24 Stunden besetzte gebührenfreie Hotline eingerichtet. Erste Hilfe in akuten sozialen Krisen von Kindern und Jugendlichen leistet der Kinderund Jugendnotdienst täglich 24 Stunden. Die Sozialpsychiatrischen Dienste (SpD) stehen tagsüber (Montag – Freitag 8 – 16 Uhr) unter anderem für die Krisenintervention in psychiatrischen Notfällen zur Verfügung , gleiches gilt für die jugendpsychiatrischen Dienste (JpD) und den Jugendpsychiatrischen und -psychologischen Dienst (JPPD) bei Kindern in Maßnahmen der teilstationären Jugendhilfe. Der bezirkliche JpD beziehungsweise SpD berät und unterstützt Menschen in akuten psychischen Krisen, dazu gehört auch latente und akute Suizidalität. Suizidalität ist multifaktoriell bedingt. Zum präventiven Ansatz des Gesundheitsamtes gehört daher die Beratung und Unterstützung bei psychischen Erkrankungen, Entwicklungsstörungen, Verhaltensauffälligkeiten, seelischen Problemen und drohender oder offenbarer geistiger, seelischer und mehrfacher Behinderung . Die Angebote der multiprofessionellen Teams sind kostenlos und umfassen Diagnostik , Beratung, Vermittlung und Koordination von individuellen Hilfen und Unterstützung in akuten Krisen. In diesem Zusammenhang können auch sehr kurzfristig Hausbesuche durchgeführt werden. Diese Angebote richten sich auch an Angehörige, Menschen aus dem sozialen Umfeld sowie andere professionelle Helfer. Die Träger der Lebenslagenberatung (siehe auch Antwort zu 2. und 3.) bieten offene und telefonische Beratung für Krisensituationen sowie teilweise Gruppenangebote an. Darüber hinaus umfassen die Angebote der Ambulanten Sozialpsychiatrie (ASP) circa 120 Begegnungsstätten in Hamburg, die niedrigschwellig, das heißt ohne vorheriges Bewilligungsverfahren aufgesucht werden können. Für die Gruppe der Geflüchteten siehe Drs. 21/14069, Drs. 21/11526, Drs. 21/10899 und Drs. 21/10146. Außerhalb der Öffnungszeiten gibt es für besonders akut Gefährdete einen Psychiatrischen Notdienst, der über die örtliche Polizei angefordert werden kann. Der „Therapieführer“ mit dem kompletten Therapieangebot für psychisch Kranke und der „Beratungsführer“ der DAJEB (Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Jugend- und Eheberatung) informieren über die entsprechenden Hilfeangebote. Die Angebote richten sich zum Teil speziell an Suizidgefährdete, größtenteils aber an alle Menschen mit einer psychischen Erkrankung/ Symptomatik über 18 Jahre. 5. Welchen Beitrag leisten Angebote der psychosozialen Beratung am Arbeitsplatz in Hamburg zur Suizidprävention? Zu den Aufgaben des Integrationsamtes der Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration gehören auch der Kündigungsschutz und die begleitende Hilfe im Arbeitsleben für schwerbehinderte Menschen. In diesem Zusammenhang leisten die Angebote der psychosozialen Beratung am beziehungsweise in Bezug auf den Arbeitsplatz auch einen Beitrag zur Suizidprävention. Darüber hinaus kann das Integrationsamt bei Bedarf den Informationsfachdienst (IFD) Hamburg beauftragen, der der Sicherung und Drucksache 21/14179 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 6 Stabilisierung von Arbeitsverhältnissen für Beschäftigte mit Schwerbehinderung (oder Gleichstellung) in Hamburg und als Ansprechpartner für alle Akteure dient. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des IFD verfügen auch über Fachkompetenzen bei psychischen Erkrankungen und bieten unter anderem sowohl regelmäßige Einzelberatungen als auch Intervention im Krisenfall an. Die Anlaufstelle Perspektive Arbeit und Gesundheit (PAG) ist ein niedrigschwelliges und kostenloses Angebot der Primärprävention. Sie unterstützt (insbesondere) psychisch belastete Beschäftigte darin, ihre berufliche Situation zu verbessern und ihre Beschäftigungsfähigkeit zu erhalten. Sie berät darüber hinaus auch Führungskräfte und Betriebe, psychisch belastende Arbeitsbedingungen zu erkennen und zu reduzieren . 6. Welche präventiven Beratungsangebote gibt es in Hamburg für Jugendliche und junge Erwachsene unter 25 Jahren zur Stabilisierung bei psychischen Krisen? In allen sieben Hamburger Bezirken gibt es – organisatorisch angebunden an die jeweiligen Gesundheitsämter – den Jugendpsychiatrischen Dienst (JpD). Der JpD begutachtet Säuglinge, Klein- und Schulkinder, Jugendliche und berät sie, deren Eltern und Bezugspersonen und bietet Prävention, Diagnostik, Behandlung bei Entwicklungsverzögerungen , Behinderungen und Maßnahmen im Rahmen der Eingliederungshilfe an. Er leistet außerdem Information, Beratung und Unterstützung bei Entwicklungsstörungen, Verhaltensauffälligkeiten, seelischen Problemen, psychischen und psychosomatischen Erkrankungen sowie Beratung und Unterstützung von Kindern und Jugendlichen in akuten psychischen Krisen. In Hamburg gibt es darüber hinaus zahlreiche Erziehungsberatungsstellen bei öffentlichen und freien Trägern. Sie beraten Familien, Kinder und Jugendliche bei Problemen in der Familie und unterstützen Eltern in allen Erziehungsfragen und bei Verhaltensauffälligkeiten von Kindern. Sie bieten Orientierungs- und Informationsgespräche, Krisenintervention bei akuten Problemen, Kurzberatungen ebenso wie längerfristige Unterstützung sowie Therapien. Je nach Bedarf der Region und der Zielgruppen ergeben sich unterschiedliche Angebotsschwerpunkte. Ebenfalls stehen die Beratungsangebote der Allgemeinen Sozialen Dienste in den Bezirken als erste Anlaufstellen im Krisenfall zur Verfügung. Dort wird im Regelfall eine Ersteinschätzung vorgenommen und an entsprechende Stellen vermittelt, die auf spezielle Problemlagen spezialisiert sind. Auch die Regionalen Bildungs- und Beratungszentren (ReBBZ) stehen als externe Beratungsstellen für die Schulen der Region – für Eltern, Lehrerinnen und Lehrer, Schülerinnen und Schüler – für präventive Beratungsangebote zur Verfügung. Unterstützung für Kinder und Jugendliche bieten außerdem die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Kinder- und Jugendtelefons der Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz e.V. („Nummer gegen Kummer“). Das Kinder- und Jugendtelefon ist ein leicht erreichbares Beratungsangebot für Kinder und Jugendliche, die sich anonym und ohne Vermittlung von Erwachsenen an eine kompetente Beratung wenden können . Melden sich Betroffene in psychischen Krisensituationen beziehungsweise akuten Notlagen, erfolgt neben dem aufmerksamen Zuhören eine gemeinsame Suche nach Lösungswegen. Dazu kann auch die Ermutigung gehören, eine weitergehende Beratung und Betreuung durch spezialisierte Beratungseinrichtungen aufzusuchen. Zur Betreuung von jungen Geflüchteten siehe Drs. 21/12234. 7. Welche unterstützenden Online-Beratungsangebote gibt es zur Stabilisierung bei psychischen Krisen? Welche Zielgruppen werden damit erreicht? Onlineberatungen bei psychischen Krisen mit folgenden Zielgruppen bieten unter anderem die Seiten: Erwachsene www.das-beratungsnetz.de Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/14179 7 www.christliche-onlineberatung.de an. Onlineberatung der Diakonie Hamburg: www.evangelische-beratung.info/beratungszentrum-hamburg Erwachsene und Jugendliche Die Bundeskonferenz Erziehungsberatung bietet bundesweit in ihren zwei Beratungsportalen „Jugendberatung“ www.jugend.bke-beratung.de und „Elternberatung“ www.eltern.bke-beratung.de zielgruppenspezifische Onlineberatung bei psychischen Krisen im offenen Chat, im Gruppenchat oder in der Einzelberatung an. Alle Bundesländer beteiligen sich an der Finanzierung des Angebots. http://hag-landungsbruecke.de/ Kinder und Jugendliche http://www.u25-hamburg.de/ www.caritas.de/hilfeundberatung/onlineberatung/kinderjugendelternfamilie/kinderundju gendliche 8. Welche Maßnahmen zur Aufklärung und Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen und der damit gegebenenfalls verbundenen Suizidalität hat der Senat in den letzten fünf Jahren ergriffen? Das Projekt psychenet – Hamburger Netz psychische Gesundheit, das von 2011 bis 2015 durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) am UKE gefördert wurde, hat Materialien zur Aufklärung über psychische Erkrankungen im Rahmen einer Medienkampagne erstellt, die weiterhin zur Verfügung stehen (www.psychenet.de/de/ueber-uns/das-projekt-psychenet.html).