BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/14191 21. Wahlperiode 04.09.18 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Detlef Ehlebracht (AfD) vom 29.08.18 und Antwort des Senats Betr.: Verwahrlosung der Stadt – Verunstaltete Verteilerkästen Die vom Senat lethargisch hingenommene Verwahrlosung unserer Stadt lässt sich an den zahlreichen Graffiti und Wildplakatierungen, im Sinne von unerlaubtem Anbringen von Plakaten oder Aufklebern, in der Stadt festmachen . Beliebtes Ziel sind dabei die sogenannten Verteilerkästen von Post, Telekom und eventuell noch anderen Unternehmen. Dies vorausgeschickt, frage ich den Senat: Hamburg ist eine saubere Stadt und durch viele Maßnahmen, die vom Hamburger Senat auf den Weg gebracht worden sind (siehe unten), arbeiten die zuständigen Stellen daran, Verschmutzungen einzudämmen und dafür zu sorgen, dass Verwahrlosungen nicht entstehen (siehe hierzu auch die Drs. 21/9699, 21/12656 und 21/13572). Die zuständigen Stellen können Verschmutzungen direkt allerdings nur auf den in ihrer Verantwortung stehenden Flächen und Gebäuden bekämpfen. Die vom Fragesteller benannten Verteilerkästen stehen zwar häufig auf öffentlichem Grund, sind jedoch im Eigentum des jeweiligen Versorgers und in der Verantwortung von unabhängig agierenden Unternehmen. Damit obliegt zunächst ihnen die Pflege, Gewährleistung der Verkehrssicherheit und Beseitigung von Verschmutzungen. Mit Wirkung vom 1. Januar 2018 hat der Senat der Stadtreinigung Hamburg (SRH) die Steuerungsverantwortung für die Stadtsauberkeit übertragen. Das beinhaltet, dass die SRH sich auch um Verschmutzungsmeldungen kümmert, wenn die Beseitigung der Verschmutzung nicht Aufgabe der SRH ist. Dazu wurde eine zentrale Anlaufstelle eingerichtet . Bei bekannten Verschmutzungsfällen informiert die SRH die zuständige Stelle oder das verantwortliche Unternehmen und verfolgt die Bearbeitung bis zur endgültigen Erledigung durch die verantwortliche Stelle. Damit hat der Senat eine weitere Maßnahme vorgenommen, um Verschmutzungen – auch außerhalb seiner regulären Verantwortung – einzudämmen. Zu den dem Senat bekannten rund 25.000 Verteilerkästen im Sinne dieser Anfrage werden Verteiler beziehungsweise Schaltschränke von Stromnetz Hamburg GmbH (SNH), Netzwerkschränke der Deutschen Telekom, Schaltschränke für Lichtsignalanlagen von Hamburg Verkehrsanlagen GmbH (HHVA) sowie sogenannte Brief- und Postablagekästen der Deutschen Post AG (Deutsche Post) gezählt. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen auf der Grundlage von Auskünften der Hamburg Verkehrsanlagen GmbH (HHVA), Stromnetz Hamburg GmbH (SNH), Deutsche Post AG (Deutsche Post), Deutsche Telekom Technik GmbH (Deutsche Telekom) und der Stadtreinigung Hamburg (SRH) wie folgt: 1. Wie viele Verteilerkästen gibt es im Hamburger Stadtgebiet? 2. Wer ist beziehungsweise sind der oder die Eigentümer von wie vielen Verteilerkästen im Hamburger Stadtgebiet? Drucksache 21/14191 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Es gibt insgesamt circa 25.300 Verteilerkästen im Stadtgebiet der Freien und Hansestadt Hamburg (FHH). Davon entfallen laut Angaben der Unternehmen als Eigentümer : circa 3.000 auf die Deutsche Post, circa 7.300 auf die Deutsche Telekom, circa 13.300 Verteilerschränke, Schaltschränke und Trennschränke auf die SNH, circa 1.700 Schaltschränke für Lichtsignalanlagen (LSA) im Zuständigkeitsbereich der HHVA (Eigentümer ist die FHH). 3. Ist es richtig davon auszugehen, dass für die Gestaltung, Pflege und Instandsetzung der Verteilerkästen der jeweilige Eigentümer verantwortlich ist? Ja. Für die Instandhaltung der LSA-Schaltschränke ist die HHVA, beauftragt durch die FHH, zuständig. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 4. Gibt es seitens des Senats, einer Untergliederung oder sonstigen Institution Vorgaben, wie insbesondere Gestaltung und Pflege der Verteilerkästen im Einzelnen zu erfolgen haben? Ja. 5. Wie viele dieser Verteilerkästen sind aktuell durch willkürliche Bemalungen oder Beklebungen verunstaltet? Wie lautet die Summe für die vergangenen fünf Jahre, summiert pro Jahr und Eigentümer? Von der zuständigen Behörde werden keine entsprechenden Daten erhoben. Die Unternehmen Deutsche Post, Deutsche Telekom und SNH haben auf Nachfrage angegeben, dass keine statistische Erfassung erfolge. Die HHVA geht von rund 1.000 Meldungen pro Jahr aus und gibt an, in den letzten sechs Wochen 120 Fälle gemeldet bekommen zu haben. 6. Wie erfährt das verantwortliche Unternehmen von Verunstaltungen eines Verteilerkastens? 7. Gibt es eine (zentrale) Anlaufstelle pro Unternehmen oder eine zentrale Anlaufstelle über alle Unternehmen hinweg für aufmerksame Bürger, um Verunstaltungen dieser Art zu melden? ^ Wenn ja, wie lautet diese beziehungsweise lauten diese? Die Unternehmen erfahren auf unterschiedlichen Wegen von Verunstaltungen. So wurden zum einen im Rahmen der Sauberkeitsoffensive der SRH Vereinbarungen mit Versorgungsunternehmen (unter anderem der Telekom Technik GmbH und der Deutsche Post AG) abgeschlossen, in denen sich diese zur Mitverantwortung verpflichten. Die Mitverantwortung besteht aus der Einhaltung festgelegter Meldewege und Fristen und bei Nichteinhaltung aus der Übernahme der Kosten für eine Reinigung durch die SRH. Dazu wurde eine zentrale Meldestelle für Verunreinigungen und wilde Müllablagerungen eingerichtet. Über die „Hotline Saubere Stadt“ unter der Rufnummer 040/2576-11 der Stadtreinigung Hamburg können Verschmutzungsmeldungen gemeldet werden. Zudem können Verunreinigungen mitgeteilt werden: durch die App der SRH („SauberAPP“) mit Foto der Verunreinigung https://www.stadtreinigung.hamburg/privatkunden/app/index.html, über das Kontaktformular auf der SRH-Internetseite, per E-Mail über info@stadtreinigung.hamburg. Außerdem können die Wegewarte der Bezirke sich bei festgestellten Verunreinigungen an eine Kontaktadresse der Verteilerkästen von Deutscher Post und Telekom wenden. Nach Auskunft der SNH gelangen Informationen auch direkt von Kundinnen und Kunden und von der SRH an die Unternehmen. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/14191 3 Nach Auskunft der HHVA erlangt das Unternehmen Kenntnis von Verunreinigungen durch eigens durchgeführte Inspektionen, durch Meldungen von Bürgerinnen und Bürgern, durch den „Melde-Michel“ (https://www.hamburg.de/melde-michel/) der FHH und durch Meldungen der Stadtreinigung. 8. Wie viele externe und wie viele interne Meldungen gibt es über verunstaltete Verteilerkästen? Bitte für die vergangenen fünf Jahre summiert pro Jahr und verantwortlichem Unternehmen angeben. Von den Behörden werden keine entsprechenden Daten erhoben. Die Unternehmen Deutsche Post, Deutsche Telekom machen keine Angaben hierzu beziehungsweise geben an, dass keine statistische Erfassung erfolgt. Nach Auskunft der SNH gab es im ersten Halbjahr 2018 rund 60 externe Meldungen, für die Jahre bis 2017 aber keine entsprechende Statistik, die geführt wurde. Die HHVA meldet circa 1.000 interne Meldungen und circa 60 externe Meldungen pro Jahr. Im Übrigen siehe Antwort zu 10. 9. Gibt es einen Prozess pro Unternehmen, nach dem diese Meldungen abgearbeitet werden und wenn ja, wie sieht der aus mit welcher Zielund Fristsetzung? Wenn nicht, warum nicht? Bei der Deutschen Post und der Telekom sind unternehmensinterne Prozesse vorhanden , die nicht weiter ausgeführt wurden. Beschmutzte oder wildplakatierte Brief-/ Postablagekästen sollen laut Vertrag (PAK-Verträge 2008/2014) „alsbald“ gesäubert werden. Beschädigte Kästen sind innerhalb einer Woche zu beseitigen. Nach Angaben der SNH wird unverzüglich ein Dienstleister mit der Reinigung beauftragt. Die HHVA beauftragt den Nachunternehmer mit Bekanntwerden der Meldung, mit dem Ziel einer Reinigung binnen zwei Tagen. 10. Gibt es Verteilerkästen im Stadtgebiet, die mit Zustimmung des verantwortlichen Unternehmens durch Bemalung anders gestaltet wurden? Wenn ja, bitten wir um Nennung einiger Beispiele. Die SNH nennt folgende Beispiele: o Feiningerstraße (Kabelverteilerschrank 63334) o Paul-Klee-Straße (Kabelverteilerschrank 66294) o Kandinskyallee (Kabelverteilerschrank 65260) Im Oktober des Jahres 2017 sind in Abstimmung mit der Deutschen Post folgende Kästen künstlerisch gestaltet worden: o Große Holl 47, Ecke Kleine Holl zwei Postkästen o Große Holl 70, Ecke Kandinskyallee ein Postkasten o Mümmelmannsberg 65, Ecke Kirchnerweg ein Postkasten o Große Holl/Lietbargredder zwei Postkästen o Havighorster Redder/Ecke Oskar-Schlemmer Straße ein Postkasten o Godenwind/Ecke Steinbeker Hauptstraße ein Postkasten o Godenwind/Ecke Münterweg ein Postkasten o Godenwind/Ecke Gustav-Klimt-Weg ein Postkasten erfolgte eine Abstimmung hinsichtlich Motiv und Gestaltung in Abstimmung mit dem für die Verteilerkästen verantwortlichen Unternehmen ? Es gibt vertragliche Vorgaben, dass die Darstellungen keine politischen, diskriminierenden oder sexistischen Inhalte enthalten dürfen. gab es Anforderungen an die zu verwendenden Farben? Drucksache 21/14191 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Nein. gibt es darüber hinaus feste Kriterien seitens des Unternehmens, hinsichtlich des Bemalens der Gestaltung von Verteilerkästen, wenn dieses in Abstimmung erfolgt? Ja. 11. Wenn Verteilerkästen ohne Genehmigung des verantwortlichen Unternehmens bemalt oder beklebt wurden, wird dieses dann als Sachbeschädigung nach § 303 StGB eingestuft? Wenn nicht, als was betrachtet das Unternehmen die nicht genehmigte Bemalung oder Wildplakatierung dann? Wenn doch, wird diese in jedem Fall zur Anzeige gebracht? Ja. Sachbeschädigungen werden, in Abhängigkeit der Umstände des jeweiligen Einzelfalles , zur Anzeige gebracht. 12. Auf zahlreichen Verteilerkästen steht sinngemäß der Hinweis, dass das Anbringen von Plakaten, in diesem Zusammenhang ist wohl auch das Anbringen von Aufklebern zu verstehen, untersagt ist und zulasten des Verursachers kostenpflichtig entfernt wird. Wie viele Fälle hat es in den letzten fünf Jahren bis heute gegeben, summiert pro Jahr und Unternehmen , in denen ein Verursacher die Kosten für eine solche Entfernung übernehmen musste? Von der zuständigen Behörde werden keine entsprechenden Daten erhoben. Die Unternehmen Deutsche Post, Deutsche Telekom und SNH haben auf Nachfrage angegeben, dass keine statistische Erfassung erfolge. 13. Unabhängig von der Einschätzung, um was es sich bei der willkürlichen Bemalung oder Beklebung der Verteilerkästen handelt, was wird wann von welchem Unternehmen unternommen, um die Bemalung beziehungsweise Wildplakatierung wieder zu entfernen? Siehe Antwort zu 9. 14. Gab es in den vergangenen fünf Jahren eine wie auch immer geartete Initiative des Senats, mit oder ohne Zusammenarbeit mit den Eigentümern , die zum Ziel hatte, die Verunstaltung der Verteilerkästen zu verhindern , zu beseitigen oder zumindest zu reduzieren? Wenn ja, welcher Art waren diese, welche konkreten Maßnahmen umfassten diese, unter welchem Mitteleinsatz fanden diese statt? Der Bezirk Hamburg-Harburg verweist auf eine Aktion auf dem Harburger Rathausplatz im Jahr 2017, bei der sechs Verteilerkästen von einem Künstler zu den Themen „Historisches Harburg“ und „Pflanzen“ bemalt wurden. Im Übrigen siehe Antworten zu 6. und 7., zu. 9., zu 10. sowie Vorbemerkung. 15. Wie viel Personal/Mittel wendet das für die Verteilerkästen verantwortliche Unternehmen auf, um (nicht genehmigte) Bemalungen und Wildplakatierungen von Verteilerkästen wieder zu entfernen? Bitte pro Jahr summiert für die letzten fünf Jahre pro Unternehmen darstellen. Für die Deutsche Post und Deutsche Telekom siehe Antwort zu 5. SNH gibt an, dass diese Arbeiten von einem externen Dienstleister ausgeführt werden und bis zum Jahr 2017 dafür durchschnittlich jährliche Kosten in Höhe von circa 10.000 Euro angefallen sind. Die HHVA teilt mit, dass aufgrund vertraglicher Regelungen mit einem Nachunternehmer keine Kosten für die HHVA beziehungsweise die FHH entstehen. 16. An wie vielen Verteilerkästen wurden in den vergangenen fünf Jahren Bemalungen entfernt? Bitte pro Jahr und pro Unternehmen summiert angeben. Deutsche Post und Deutsche Telekom verweisen auf Antwort zu 5. SNH teilt mit, dass bis 2017 jährlich circa 50 Entfernungen beauftragt wurden. Zudem vermietet auch Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/14191 5 SNH einen Anteil ihrer Verteilerschränke für Werbezwecke. Das anmietende Unternehmen verpflichtet sich dabei, eine festgelegte Stückzahl der Verteilerschränke im Fall von Verunreinigungen umgehend zu reinigen. Die HHVA teilt mit, dass in den vergangenen fünf Jahren circa 5.000 Schaltschränke gereinigt wurden. Im Übrigen siehe Antwort zu 5. 17. Gibt es infolge willkürlicher Bemalungen auch Schäden an den Verteilerkästen , zum Beispiel verklebte Schließmechanismen, angegriffenes Material durch aggressive Lacke/Farben oder anderes? Ja. 18. Hat es in der Vergangenheit (Werbe-)Aktionen gegeben, initiiert durch das oder die verantwortliche/n Unternehmen, in welchen dazu aufgerufen wurde, Verteilerkästen in Abstimmung mit dem jeweiligen Unternehmen zu bemalen? Wenn ja, wann, wie oft, wo, unter welchem Motto beziehungsweise mit welcher Zielsetzung durch welches Unternehmen? Ja. Deutsche Post und Deutsche Telekom haben sich mit einer gezielten künstlerischen Gestaltung von Kästen gegenüber aufgeschlossen gezeigt. Die Deutsche Telekom hat circa 1.000 Telekom-Verteilerkästen in Hamburg durch entsprechende Aktionen , in der Regel auf Anfrage von Partnern wie Schulen, Kindergärten, et cetera gestalten lassen. Im Übrigen siehe Antwort zu 14. 19. Waren diese Aktionen aus Sicht des verantwortlichen Unternehmens erfolgreich? Bitte mit Begründung beantworten. Ja, da diese gestalteten Kästen nicht erneut besprüht wurden und auch Beschmierungen und Beklebungen stark zurückgegangen sind.