BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/14252 21. Wahlperiode 11.09.18 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Birgit Stöver (CDU) vom 05.09.18 und Antwort des Senats Betr.: Wichtige Hilfe in schwierigen Lebenslagen – Situation der Kurzzeitpflege in Hamburg Für pflegebedürftige Menschen, die nur vorübergehend auf eine vollumfängliche pflegerische Versorgung angewiesen sind, und ihre Angehörigen gibt es die Möglichkeit der sogenannten Kurzzeitpflege. Hintergründe können der Übergang nach einem Krankenhausaufenthalt, eine Krisensituation bei der häuslichen Pflege oder eine Wohnungsrenovierung sein. Die entsprechenden Kurzzeitpflegeplätze werden entweder in speziellen Kurzzeitpflegeeinrichtungen (= „solitäre Kurzzeitpflege“) oder in regulären Pflegeheimen in Form sogenannter eingestreuter Plätze bereitgestellt. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: In Hamburg wird Kurzzeitpflege entweder in zwei spezialisierten Kurzzeitpflegeeinrichtungen als sogenannte solitäre Kurzzeitpflege mit fester Kapazitätsfestlegung gemäß Versorgungsvertrag oder vorübergehend auf variierenden Plätzen der vollstationären Pflegeeinrichtungen im Rahmen der Gesamtkapazität als sogenannte eingestreute Kurzzeitpflege angeboten. Für die eingestreute Kurzzeitpflege gibt es keine feststehende Platzzahl und keine Pflegepersonalzuordnung. Die tatsächliche Nutzung ist dem Senat nicht bekannt, da gegenüber dem Senat keine Meldepflicht für die Einrichtungsträger besteht. Deshalb beziehen sich die nachfolgenden Antworten vielfach nur auf die solitäre Kurzzeitpflege, für die aufgrund der besonderen Investitionskostenförderung durch die Freie und Hansestadt Hamburg entsprechende Daten vorliegen. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie viele Kurzzeitpflegeplätze gibt es aktuell in Hamburg und wie verteilen sich diese auf Kurzzeitpflegeeinrichtungen (= „solitäre Pflege“) und auf vollstationäre Pflegeeinrichtungen („eingestreute Plätze“)? Bitte für Hamburg insgesamt angeben und nach Bezirken aufschlüsseln. 2. Wie viele Kurzzeitpflegeeinrichtungen mit jeweils wie vielen Kurzzeitpflegeplätzen gibt es aktuell in Hamburg? Bitte für Hamburg insgesamt angeben und nach Bezirken aufschlüsseln. Aktuell gibt es in Hamburg zwei solitäre Kurzzeitpflegeeinrichtungen mit insgesamt 52 Plätzen, davon eine mit 14 Plätzen im Bezirk Hamburg-Mitte und eine mit 38 Plätzen im Bezirk Wandsbek. Darüber hinaus haben circa 90 Prozent der vollstationären Pflegeeinrichtungen eine Vereinbarung mit den Kostenträgern über das Angebot der eingestreuten Kurzzeitpflege geschlossen. Diese sieht vor, dass jede Einrichtung bis zu 10 Prozent ihrer Gesamtkapazität für die Kurzzeitpflege nutzen kann, das heißt, das Drucksache 21/14252 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 potenzielle Angebot in Hamburg umfasst derzeit im gesamten Stadtgebiet bis zu 1.500 Plätze. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 3. Wie viele der aktuell in Hamburg vorgehaltenen Kurzzeitpflegeplätze befinden sich in Einbett- und wie viele in Zweibett- oder Mehrbettzimmern ? Bitte für Hamburg insgesamt angeben und nach Bezirken aufschlüsseln . In den beiden in der Antwort zu 1. und 2. genannten solitären Kurzzeitpflegeeinrichtungen werden insgesamt 38 Plätze in Einzel- und 14 Plätze in Doppelzimmern angeboten , davon 14 Plätze in Einzelzimmern im Bezirk Hamburg-Mitte und im Bezirk Wandsbek 24 Plätze in Einzel- und 14 Plätze in Doppelzimmern. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 4. Inwiefern gelten in Hamburg Regelungen, die eine Vorhaltung einer bestimmten Anzahl an Einbett- und/oder Zweibett-/Mehrbettzimmern vorschreiben? Gemäß § 6 Absatz 1 und § 15 Absatz 2 der Wohn- und Betreuungsbauverordnung (WBBauVO) sind in Wohneinrichtungen und Einrichtungen der Kurzzeitpflege für die Nutzerinnen und Nutzer Einzelzimmer vorzuhalten. Um den Wünschen der Nutzerinnen und Nutzer nach räumlicher Nähe Rechnung zu tragen, kann ein Teil der Einzelzimmer so gestaltet werden, dass jeweils zwei nebeneinander liegende Zimmer zu einer Nutzungseinheit zusammengeschlossen und von zwei Personen genutzt werden können. Für Gebäude und Gebäudeteile von Wohneinrichtungen und Einrichtungen der Kurzzeitpflege, die vor Inkrafttreten der WBBauVO in Betrieb genommen oder von der zuständigen Bauaufsichtsbehörde genehmigt wurden, gilt nach § 19 Absatz 4 WBBauVO ein Bestandsschutz. 5. Wie hat sich die Zahl der Kurzzeitpflegeplätze in Hamburg seit 2011 entwickelt? Bitte jeweils zum Stichtag 1.1. jahresweise aufschlüsseln und für Hamburg insgesamt sowie für die einzelnen Bezirke angeben. Bis zum Jahr 2011 wurden in den beiden in der Antwort zu 1. und 2. genannten solitären Einrichtungen insgesamt 68 Plätze angeboten, davon 13 Plätze im Bezirk Hamburg -Mitte und 55 Plätze im Bezirk Wandsbek. Ab 2012 waren es insgesamt noch 65 Plätze, davon 20 Plätze im Bezirk Hamburg-Mitte und 45 Plätze im Bezirk Wandsbek. Seit 2013 sind es unverändert insgesamt 52 Plätze, davon 14 Plätzen im Bezirk Hamburg -Mitte und 38 Plätzen im Bezirk Wandsbek. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 6. Wie hat sich die Auslastung der Kurzzeitpflegeplätze in Hamburg seit 2011 entwickelt? Bitte jahresweise aufschlüsseln und für Hamburg insgesamt sowie für die einzelnen Bezirke angeben. Daten zur Auslastung für die solitäre Kurzzeitpflege liegen seit 2013 vor und sind in der nachstehenden Übersicht erfasst. Da die Auslastungen einzelner Einrichtungen Geschäftsgeheimnisse darstellen, wird nur der Wert für Hamburg insgesamt angegeben . Auslastung der solitären Kurzzeitpflegeeinrichtungen (in %) 2013 73,20 2014 92,20 2015 85,90 2016 89,75 2017 85,50 Zur eingestreuten Kurzzeitpflege siehe Vorbemerkung. 7. Wie hat sich die Zahl der Kurzzeitpflegeeinrichtungen in Hamburg seit 2011 entwickelt? Bitte jeweils zum Stichtag 1.1. jahresweise aufschlüsseln und für Hamburg insgesamt sowie für die einzelnen Bezirke angeben . Siehe Antwort zu 5. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/14252 3 8. Wie viele Anträge auf Kurzzeitpflege beziehungsweise auf einen Kurzzeitpflegeplatz wurden seit 2011 in Hamburg gestellt? Wie viele dieser Anträge wurden positiv und wie viele negativ beschieden? Bitte jahresweise aufschlüsseln und für Hamburg insgesamt sowie für die einzelnen Bezirke angeben. Anträge von Pflegebedürftigen auf Kurzzeitpflege werden bei der jeweiligen Pflegekassen gestellt. Die Beantwortung der Frage ist nach übereinstimmender Auskunft der Pflegekassenverbände nicht möglich. Diese Zahlen liegen den Verbänden nicht vor und müssen bei den Mitgliedskassen abgefragt werden. Auch dort liegen die Zahlen nicht routinemäßig vor, sondern es müsste eine gesonderte Auswertung erfolgen. Die Pflegekassen sind überwiegend bundesweit aktiv; ob eine Auswertung speziell für Hamburgerinnen und Hamburger möglich ist, ist unklar. 9. In welchen Bezirken gibt es nach Einschätzung des Senats beziehungsweise der zuständigen aktuell eine Unterversorgung an Kurzzeitpflegeplätzen ? Inwiefern gilt dies gegebenenfalls für die betroffenen Bezirke in Gänze oder nur für bestimmte Stadtteile? 10. Wie wird sich der Bedarf an Kurzzeitpflegeplätzen in Hamburg nach Einschätzung der zuständigen Behörde a) bis zum Ende der laufenden Wahlperiode, b) in den kommenden fünf Jahren entwickeln? 11. Wie wird sich die Zahl der Kurzzeitpflegeplätze in Hamburg nach Einschätzung der zuständigen Behörde a) bis zum Ende der laufenden Wahlperiode, b) in den kommenden fünf Jahren entwickeln? Der Senat hat mit der Rahmenplanung zu pflegerischen Versorgungsstruktur bis 2020 den Bestand an Kurzzeitplätzen festgestellt, das Angebot bewertet und eine Aussage zur voraussichtlichen Entwicklung zum Zeitpunkt der Erstellung der Rahmenplanung im Jahr 2015 getroffen. Nach der Pflegestatistik hat die Zahl der Nutzer und Nutzerinnen der Kurzzeitpflege von 2011 bis 2015 zugenommen. Eine Differenzierung nach Bezirken wurde nicht durchgeführt, weil die Inanspruchnahme nicht an Bezirksgrenzen gebunden ist. Prognostiziert war insgesamt eine Zunahme der pflegebedürftigen Menschen, die zu Hause leben. Damit wurde angenommen, dass auch die Zahl der potenziellen Kurzzeitpflegenutzer steigen werde. Die Freie und Hansestadt Hamburg fördert weiterhin die Investitionskosten, um das Angebot der solitären Kurzzeitplätze zu erhalten. Im Rahmen der Erstellung der Rahmenplanung bis 2025, die Ende des Jahres 2019 vorgelegt wird, wird die zuständige Behörde die Bedarfe analysieren und auf die Entwicklung und Prognose in der Kurzzeitpflege eingehen. 12. Wie viele Pflegekräfte sind aktuell gemäß des Personalschlüssels in Hamburg vorzuhalten? Bitte für Hamburg insgesamt angeben und nach Bezirken aufschlüsseln. 13. Wie bewertet der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde die aktuelle Personalsituation im Bereich der Kurzzeitpflege in Hamburg? Die Personalschlüssel in Abhängigkeit vom Pflegegrad für die einzelnen Pflegeeinrichtungen werden nach § 18 Rahmenvertrag über die vollstationäre pflegerische Versorgung gemäß § 75 SGB XI für die Freie und Hansestadt Hamburg in der Vergütungsvereinbarungausgewiesen (Leistungs- und Qualitätsmerkmale als Anlage zur Vergütungsvereinbarung ). Diese Personalvorgabe gilt auch für die Kurzzeitpflege auf eingestreuten Plätzen. Für die solitäre Kurzzeitpflege gelten verbesserte pflegegradunabhängige einrichtungsspezifische Personalvorgaben. Da der zuständigen Behörde keine Informationen über die aktuelle Auslastung und Bewohnerstruktur der vollstationä- Drucksache 21/14252 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 ren Pflegeeinrichtungen vorliegen, kann keine konkrete Angabe über die Pflegekräfte in der Kurzzeitpflegeversorgung gemacht werden. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 14. Wie viele Beschwerden bezüglich der Pflege in Kurzzeitpflegeplätzen wurden seit 2011 bei der Wohn-Pflege-Aufsicht (WPA) und beim Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) eingereicht? Bitte jahresweise und nach Bezirken aufschlüsseln. Beschwerden über die Betreuung auf eingestreuten Plätzen in der Kurzzeitpflege werden von der WPA nicht in allen Bezirken gesondert erfasst. Bezirksamt (WPA) 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Hamburg-Mitte (Angaben nur zu sol. Kurzzeitpflege) 0 0 0 0 0 0 3 0 Altona 0 0 0 0 0 1 1 0 Eimsbüttel keine gesonderte Erfassung Hamburg-Nord keine gesonderte Erfassung Wandsbek 0 0 0 0 0 0 1 0 Bergedorf 0 1 0 0 0 0 1 0 Harburg Fehlanzeige Der MDK Nord führt keine Statistiken zu den nachgefragten Sachverhalten. Insbesondere aber besteht nach Auskunft des MDK Nord keine Möglichkeit, Fragen nach „Mängeln“ zu den „eingestreuten“ Kurzzeitpflegeplätzen zu beantworten, da diese im Rahmen von Einrichtungsprüfungen nach §114 SGB XI im Falle der Stichprobenziehung wie „vollstationäre" Plätze bewertet werden. Auch können Beschwerden, die gegebenenfalls eine Pflegeeinrichtung mit „eingestreuten" Kurzzeitpflegeplätzen betreffen, in der Regel nicht ausreichend sicher dahin gehend differenziert werden, ob die Beschwerde sich auf einen Kurzzeitpflegeplatz bezieht. Lediglich drei Beschwerden (aus 2017) können eindeutig der Versorgung in der Kurzzeitpflege zugeordnet werden. Damit ist sinnvoll auch eine bezirksweise Aufgliederung von Beschwerden/ Auffälligkeiten nicht möglich. Nach Auffassung des MDK Nord wäre dies auch aus Gründen des Sozialdatenschutzes nicht möglich. Bezüglich des angefragten Zeitraumes zurück bis ins Jahr 2011 stellt der MDK Nord fest, dass der MDK Nord nicht verpflichtet ist, Daten überhaupt zu speichern. Sofern er es dennoch tut, besteht eine Löschfrist von fünf Jahren, sodass allein deswegen keine Angaben zu dem gewünschten Zeitraum möglich wären. Bei den zwei in Hamburg bestehenden solitären Kurzzeitpflegeeinrichtungen liegen dem MDK Nord bisher keine Beschwerden vor. 15. Wie viele Mängel welcher Art wurden seit 2015 bezüglich der Kurzzeitpflege beziehungsweise den Kurzzeitpflegeplätzen in Hamburg von der WPA beziehungsweise dem MDK festgestellt? Bitte jahresweise und nach Bezirken aufschlüsseln. Von der WPA des Bezirksamts Hamburg-Mitte wurde im Jahr 2017 ein Mangel in der solitären Kurzzeitpflege festgestellt. Die Beschwerden über die Betreuung auf eingestreuten Plätzen in der Kurzzeitpflege werden nicht gesondert erfasst. Von der WPA des Bezirksamtes Altona wurden in den Jahren 2016 und 2017 folgende Mängel festgestellt: 2016 ein Mangel in der Einbeziehung der Biografie, 2017 ein Mangel in der Pflege. In Bergedorf, Harburg und Wandsbek sind von der Wohn-Pflege-Aufsicht bezüglich der Kurzzeitpflege keine Mängel festgestellt worden. Für den MDK Nord siehe auch Antwort zu 14. 16. Wie genau und nach welchen Kriterien erfolgt die Vergütung der Kurzzeitpflegeplätze in Hamburg? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/14252 5 Die Vergütung der Kurzzeitpflege erfolgt – unabhängig von der Kostenträgerschaft – gemäß der §§ 82, 84, 85 und 87 SGB XI und der Landesrahmenverträge nach § 75 SGB XI für die teil- und vollstationäre Pflege in Hamburg. Dabei basieren die Pflegesätze bei der eingestreuten Kurzzeitpflege gemäß Pflegegrad – bei der solitären Kurzzeitpflege pflegegradunabhängig – auf den vertraglich vereinbarten Personalvorgaben für die jeweilige Pflegeeinrichtung (siehe auch Antwort zu 12. und 13.) sowie einheitlich für Unterkunft und Verpflegung. Bei gemäß § 82 Absatz 3 SGB XI geförderten Einrichtungen, wie unter anderem bei der solitären Kurzzeitpflege, erteilt die zuständige Landesbehörde einen Bescheid über die allen Pflegebedürftigen in Rechnung zu stellenden Investitionskosten. Bei gemäß § 82 Absatz 4 SGB XI nicht geförderten Einrichtungen können diese ihre betriebsnotwendigen Investitionsaufwendungen ohne Landeszustimmung in Rechnung stellen. Mit dem Träger der Sozialhilfe können die Einrichtungen Vereinbarungen nach § 75 Absatz 5 SGB XII über die Investitionskostenhöhe im Falle von Sozialhilfebedürftigkeit vereinbaren.