BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/14281 21. Wahlperiode 18.09.18 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Ludwig Flocken (fraktionslos) vom 10.09.18 und Antwort des Senats Betr.: Verletzte bei Mittwochsdemonstration in Hamburg Am 26.8.2018 hat in Chemnitz mutmaßlich ein erheblich vorbestrafter abgelehnter Asylbewerber einen Menschen mit 25 Messerstichen ermordet und zwei weitere schwer verletzt; dies geschah aus einer Gruppe von zehn Gleichgesinnten, von denen der mutmaßliche Haupttäter und eine andere Person verhaftet sind, nach einem weiteren wird gefahndet, die anderen sind unbekannt. Am selben und am folgenden Tage kam es zu Kundgebungen, die in einem linksextremen Blog als „Hetzjagd“ auf Ausländer dargestellt wurden. Die Bundesregierung übernahm diese Formulierung und sprach zudem im Stile des Strafgesetzbuches der DDR und der Diktion des Staatsratsvorsitzenden Honecker von „Zusammenrottungen“. In staatlichen und privaten Medien wurde diese Wortwahl übernommen, wodurch die öffentliche Meinung manipuliert wurde und dem Ansehen Deutschlands im Ausland schwerer Schaden entstand. Die „Hetzjagden“ wurden dementiert von der zahlreich anwesenden Lokalpresse, unbeteiligten Zeugen, dem Sprecher des Generalstaatsanwaltes und dem Ministerpräsidenten, zuletzt auch vom Präsidenten des Verfassungsschutzes. Die Bundeskanzlerin vermied den weiteren Gebrauch des Wortes, wollte sich aber für die Falschdarstellung nicht entschuldigen, sondern die Debatte beenden. Viele Medien blieben bei ihrer Darstellung und auch aus dem Präsidium der Hamburgischen Bürgerschaft wurde am 5.9.18 sowohl von „Hetzjagden“ als auch von „Zusammenrottungen “ gesprochen. Dies alles mag dazu beigetragen haben, dass sich etwa zehnmal so viele Menschen bei den Gegendemonstrationen einfanden als bei den Montagsdemonstrationen im Frühjahr. Bekanntlich traten sowohl linksextremistische Gewalttäter als auch harmlose Menschen auf. Wieder kam es zu Hassausbrüchen und Angriffen auf Demonstranten. Berichte in der Presse waren unergiebig. 1. Wie viele Demonstranten sind verletzt worden? 2. Welcher Art sind die Verletzungen (stumpf/scharf/Spuren von Waffengebrauch /Kopf/Rumpf/Gliedmaßen/SHT/Frakturen/ambulante oder stationäre Behandlung/Spätfolgen zu erwarten)? Nach den der Polizei bisher vorliegenden Erkenntnissen wurden im Rahmen der Demonstrationen zwei Teilnehmer der Demonstration unter dem Tenor „Merkel-mussweg !“ verletzt. Eine Person stürzte nach einem Schlag auf den Hinterkopf zu Boden und erlitt dadurch eine Kopfplatzwunde sowie Schürfwunden. Die zweite Person erlitt durch Schläge Hämatome und Schürfwunden im Gesicht. Drucksache 21/14281 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 In einem Fall ist das Institut für Rechtsmedizin für eine Begutachtung der Verletzungen durch den Geschädigten aufgesucht worden; das Ergebnis liegt der Polizei noch nicht vor. Die Polizei konnte bisher einen Tatverdächtigen ermitteln. 3. Wurde auf wehrlose/auf dem Boden liegende Personen eingetreten oder eingeprügelt? Geschahen die Angriffe hinterrücks, in Überzahl oder gegen nicht Wehrhafte? Siehe Antwort zu 1. und 2. Darüber hinausgehende Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung liegen der Polizei derzeit nicht vor. 4. Geschahen die Angriffe vor, während oder nach der Demonstration? Ein Vorfall ereignete sich vor und einer im Anschluss an die Demonstration zum Tenor „Merkel-muss-weg!“. 5. Sind die Täter der Polizei bekannt? Siehe Antwort zu 1. und 2. 6. Wurden die Täter verhaftet? Nein. 7. Wird nach Tätern gefahndet? Die Polizei trifft alle erforderlichen Maßnahmen zur Aufklärung von Straftaten. 8. Wird wegen versuchten Tötungsdelikten ermittelt? Haben linke Frauen einen am Boden liegenden Rechten vor weiteren, möglicherweise tödlichen Tritten geschützt? Nein; in den in der Antwort zu 1. und 2. geschilderten Sachverhalten ermittelt die Polizei wegen schwerer beziehungsweise gefährlicher Körperverletzung. Im Übrigen liegen der Polizei Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung nicht vor. 9. Wird den Verletzten ein Selbstverschulden vorgehalten, zum Beispiel Entfernen aus einer schützenden Gruppe oder das Versäumnis, Angriffe von hinten rechtzeitig bemerkt und abgewehrt zu haben? 10. Welche Erkenntnisse hat der Senat zu der Frage, ob die Täter durch die Bundesregierung, die Medien, die Verlautbarungen des Hamburgischen Verfassungsschutzes oder durch Hamburger Politiker motiviert wurden? Falls keine Erkenntnisse vorliegen: sind diese Fragen Gegenstand der Ermittlungen? Falls nein: warum nicht? Die Sachverhalte sind Gegenstand derzeit noch laufender Ermittlungsverfahren der Polizei. Die Ermittlungen beziehen sich auf für die zugrundeliegende Tat relevante Tatumstände. Um einen möglichen Ermittlungserfolg nicht zu gefährden, sieht die Polizei daher von Angaben im Sinne der Fragestellung ab. 11. Ist dem Senat ein Hamburger Journalist bekannt, der linksextremistische Gewalt gegen friedlich demonstrierende Rechte in jedem Fall ablehnt? Falls ja: Wer ist das? Hiermit hat sich der Senat nicht befasst. Dem parlamentarischen Fragerecht korrespondiert ein Anspruch auf Auskünfte, nicht aber auf meinungsbildende Stellungnahmen (vergleiche ThürVerfGH, Urteil vom 19.12.2008 – 35/07 –, juris Rn. 177), von denen der Senat deshalb auch im vorliegenden Fall absieht. 12. Haben der Senat oder die Regierungsfraktionen sich von den Übergriffen distanziert? Der Senat achtet das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit in all seinen Ausprägungen . Die Ausübung von Gewalt außerhalb des den staatlichen Organen zustehenden Rahmens wird ungeachtet der Motive verurteilt. Die Sicherheitsbehörden gewährleis- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/14281 3 ten die friedliche Ausübung des Grundrechts und verfolgen in Zusammenhang mit Demonstrationsgeschehen stehende Straftaten konsequent, so wie dies bei anderen Delikten auch geschieht.