BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/1429 21. Wahlperiode 08.09.15 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Stephan Jersch (DIE LINKE) vom 31.08.15 und Antwort des Senats Betr.: Rassehundeliste Hamburg hat nach tragischen Beißvorfällen eines der restriktivsten, wenn nicht das restriktivste, Hundegesetz Deutschlands. Mit der Einführung der sogenannten Rassehundeliste wurden in Hamburg Hunde in drei Kategorien eingeteilt: Kategorie 1: Hunde, die per Rasse immer als gefährlich gelten („...wird die Eigenschaft als gefährliche Hunde stets vermutet“), Kategorie 2: Hunde, die mit situativ unangemessenem oder ausgeprägtem Aggressionsverhalten eingestuft werden sowie Kategorie 3: Hunde , die aufgrund ihrer Rasse als gefährlich gelten, jedoch mit einem Wesenstest freigestellt werden können. Während der Landtag Schleswig-Holsteins vor der Sommerpause die dort bisher vorhandene Rassehundeliste abgeschafft hat, baut Hamburg nach wie vor auf diese Liste. Zur Dokumentation wird dazu jährlich eine Statistik der Beißvorfälle veröffentlicht, deren Datenbasis in weiten Teilen wenig Aussagekraft hat. In der jährlichen Beißstatistik, die seit 2012 veröffentlicht wird, werden Hunderassen beziehungsweise Mischlingsrassen aufgeführt, sofern sie an Beißvorfällen beteiligt waren. Hunderassen, die nicht an Beißvorfällen beteiligt waren, fehlen in der Statistik und führen, neben der sehr groben und nicht aussagekräftigen Ursacheneinteilung, zu einem unvollständigen Bild. Ich frage den Senat: Die im Zusammenhang mit der Umsetzung des Hamburgischen Hundegesetzes relevanten Daten werden zentral mit einem EDV-Verfahren (BACom) im Zentralen Register (Hunderegister) erfasst. Einzelne Fragen dieser Schriftlichen Kleinen Anfrage sind mit den dort vorhandenen Datensätzen nicht zu beantworten. Eine manuelle Auswertung der zusätzlich in Papierform hinterlegten Informationen ist nur mittels Durchsicht mehrerer Tausend Einzelfallakten möglich. Dies ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Hinzu kommt, dass Altfälle (Abmeldungen) nach fünf Jahren vernichtet werden und somit keine entsprechenden Daten aus den Jahren 2006 bis 2009 vorhanden sind. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Welcher Altersgruppe gehörten die in der „Beißstatistik“ aufgeführten Hunde an? Sind vor allem Hunde unterhalb eines Alters von neun Monaten der Kategorien 1 und 3 mitaufgeführt? Wenn ja: Drucksache 21/1429 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 a. Welchen Anteil an den Beißvorfällen hat die Gruppe von Hunden unterhalb von neun Monaten Alter? Bitte für die einzelnen Rassen aufführen. Wenn nein: b. Wie gehen Hunde bis zu einem Alter von neun Monaten in die Statistik ein? Siehe Vorbemerkung. 2. Wie viele Hunde der Kategorie 1 und Kategorie 3 werden in Hamburg gehalten (beziehungsweise sind hier gemeldet)? Bitte nach Rassen und für die Jahre 2012, 2013 und 2014 aufschlüsseln. Anmeldungen Hunderegister seit 2006 Kategorie 1 Stand 7.5.2013 Stand 4.3.2014 Stand 9.2.2015 für Kalenderjahr 2012 2013 2014 American Pit Bull Terrier 6 6 7 American Pit Bull Terrier-Mischling 1 2 4 American Staffordshire Terrier 35 36 36 American Staffordshire Terrier-Mischling 36 37 33 Bullterrier 29 26 25 Bullterrier-Mischling 17 17 17 Staffordshire Bullterrier 9 10 11 Staffordshire Bullterrier-Mischling 4 4 6 Kategorie 3 Bullmastiff 10 12 13 Bullmastiff-Mischling 9 9 9 Dogo Argentino 17 19 18 Dogo Argentino-Mischling 19 18 19 Dogue de Bordeaux 50 58 60 Dogue de Bordeaux-Mischling 0 0 0 Fila Brasileiro 3 3 3 Kangal 25 27 25 Kangal-Mischling 6 7 8 Kaukasischer Ovtcharka 4 5 5 Kaukasischer Ovtcharka-Mischling 0 0 1 Mastiff 7 7 6 Mastiff-Mischling 2 2 2 Mastín Español 0 1 1 Mastino Napoletano 6 6 6 Mastino Napoletano-Mischling 1 1 1 Rottweiler 290 292 291 Rottweiler-Mischling 69 70 69 Tosa Inu 0 0 0 3. Welche Hunde in Hamburg sind derzeit in die Kategorie 2 eingestuft? Bitte nach Rasse und Anzahl und Grund für die Einstufung aufführen. 4. Nach § 15 des Hamburgischen Gesetzes über das Halten und Führen von Hunden kann eine Erlaubnis zum Halten von Kategorie-1-Hunden auf Antrag erteilt werden. Wie viele Erlaubnisse sind seit 2006 erteilt worden? Bitte nach Jahr der Erlaubnis und Hunderasse spezifizieren. a. Welche der Erlaubnisse wurden auf welchen Zeitraum befristet? 5. Wie viele Anträge zum Halten „gefährlicher Hunde“ wurden seit 2006 abgelehnt? Bitte nach den Ablehnungsgründen gemäß § 15 (1) aufteilen, die betroffene Kategorie und das Antragsjahr anführen. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/1429 3 Siehe Vorbemerkung. 6. Wie viele Wesenstests anderer Bundesländer wurden in Hamburg seit 2006 anerkannt? Bitte ebenfalls die Anzahl der beantragten Anerkennungen , die der Nichtanerkennungen und der Gründe der Nichtanerkennung angeben. Siehe Vorbemerkung. Im Übrigen werden diese Daten nicht gesondert statistisch erfasst. 7. Wie viele Wesenstests wurden seit 2006 in Hamburg durchgeführt? Bitte nach Hundekategorie und Testergebnis aufführen. Kat. – 1 Kat. – 2 Kat. – 3 Jahre bestan-den nicht bestanden bestanden nicht bestanden Bestanden nicht bestanden Wesenstests gesamt 2006 24 8 3 4 10 9 58 2007 25 7 3 5 10 4 54 2008 26 4 0 1 8 2 41 2009 32 5 3 5 2 2 49 2010 37 11 1 1 5 1 56 2011 33 4 1 1 6 0 45 2012 21 3 0 0 3 1 28 2013 23 1 1 0 4 0 29 2014 16 1 2 0 3 0 22 2015* 10 0 0 0 1 1 12 *In 2015 bis zum Stichtag 30. Juni 2015 8. Welchen Einschränkungen unterliegen Reisende mit Kategorie-1- und 3- Hunden, die zum Beispiel auf der Durchreise aus Niedersachsen über Hamburg fahren? Das Hundegesetz regelt in § 22 Absatz 3 Ausnahmen für Hundehalter, deren mitgeführte Hunde nicht länger als zwei Monate in Hamburg gehalten werden hinsichtlich der Kennzeichnung, Registrierung und Versicherung für die Haltung von Hunden und der Erlaubnispflicht für gefährliche Hunde. Für das Halten und Führen gefährlicher Hunde gelten die Pflichten gemäß § 17 (insbesondere Leine und Maulkorb sowie Halsband oder Brustgeschirr, Halten und Führen durch geeignete Personen). 9. Wie viele Hunde wurden aufgrund des Hamburgischen Hundegesetzes ihren Halterinnen oder Haltern entzogen? Bitte nach Jahr des Entzugs, Rasse und Ort der Verbringung aufteilen. Siehe Vorbemerkung. 10. Wie viele Hunde wurden infolge des Hamburgischen Hundegesetzes seit 2006 getötet? Bitte nach Jahr der Tötung, Grund der Tötung und Rasse spezifizieren. Eine rassespezifische Auswertung ist aus den vorliegenden Daten nicht möglich, da sie lediglich die Kategorie der Hunde enthalten. Jahre Hunde gesamt Kat. – 1 Kat. – 2 Kat. – 3 Grund der Tötung 2006 22 9 3 10 § 23 Abs. 11 Hundegesetz (unter Berücksichtigung der Belange des Tierschutzgesetzes) 2007 33 14 8 11 2008 12 8 1 3 2009 12 4 6 2 2010 12 8 3 1 2011 6 6 0 0 2012 5 4 1 0 2013 1 0 0 1 2014 0 2015* 0 Drucksache 21/1429 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 * In 2015 bis zum Stichtag 30. Juni 2015 11. Wie viele Kategoriehunde (Kategorie1, 2 und 3) wurden seit 2006 weitervermittelt ? Bitte nach Kategorie, Jahr der Vermittlung und Bundesland , in das vermittelt wurde, aufteilen. 2006 (36 Hunde) 2007 (72 Hunde) 2008 (16 Hunde) Kategorie Anzahl Land Kategorie Anzahl Land Kategorie Anzahl Land 1 14 Brandenburg 1 44 Brandenburg 1 5 Niedersachsen 1 6 SchleswigHolstein 1 6 Niedersachsen 1 2 SchleswigHolstein 1 2 Hamburg 1 6 SchleswigHolstein 1 1 MecklenburgVorpommern 1 1 Niedersachsen 1 1 NRW 3 3 Hamburg 2 5 Brandenburg 3 10 Brandenburg 3 2 Niedersachsen 2 1 SchleswigHolstein 3 3 SchleswigHolstein 3 3 SchleswigHolstein 3 3 Brandenburg 3 2 Niedersachsen 3 3 SchleswigHolstein 3 1 Niedersachsen 2009 (30 Hunde) 2010 (38 Hunde) 2011 (58 Hunde) Kategorie Anzahl Land Kategorie Anzahl Land Kategorie Anzahl Land 1 1 Hamburg 1 1 Hamburg 1 2 Hamburg 1 14 Niedersachsen 1 22 Niedersachsen 1 29 Niedersachsen 1 7 SchleswigHolstein 1 4 SchleswigHolstein 1 5 SchleswigHolstein 1 3 Mecklenburg - Vorpommern 1 3 NRW 1 13 MecklenburgVorpommern 1 1 BadenWürttemberg 1 1 Mecklenburg - Vorpommern 1 1 RheinlandPfalz 3 1 Hamburg 3 5 Niedersachsen 2 1 Niedersachsen 3 1 SchleswigHolstein 3 2 SchleswigHolstein 2 1 NRW 3 2 Niedersachsen 3 1 Hamburg 3 3 Niedersachsen 3 1 SchleswigHolstein 3 1 MecklenburgVorpommern 2012 (45 Hunde) 2013 (48 Hunde) 2014 (43 Hunde) Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/1429 5 Kategorie Anzahl Land Kategorie Anzahl Land Kategorie Anzahl Land 1 1 Hamburg 1 1 Hessen 1 22 Niedersachsen 1 21 Niedersachsen 1 22 Niedersachsen 1 7 SchleswigHolstein 1 9 SchleswigHolstein 1 12 SchleswigHolstein 1 8 NRW 1 6 Mecklenburg - Vorpommern 1 3 Mecklenburg - Vorpommern 1 1 Hessen 1 3 NRW 1 5 NRW 1 1 Berlin 3 2 Niedersachsen 3 1 Niedersachsen 3 1 Niedersachsen 3 3 SchleswigHolstein 3 2 SchleswigHolstein 3 3 SchleswigHolstein 3 2 Mecklenburg - Vorpommern 2015* (17 Hunde) Kategorie Anzahl Land 1 1 Hessen 1 5 Niedersachsen 1 5 SchleswigHolstein 1 2 Mecklenburg - Vorpommern 3 1 Hamburg 3 2 SchleswigHolstein 3 1 Mecklenburg - Vorpommern * In 2015 bis zum Stichtag 30. Juni 2015 a. Gab es nach der Vermittlung Beißvorfälle, in die diese Hunde verwickelt waren? Wenn ja: Wie viele Vorfälle gab es und welche Vermittlungen waren davon betroffen? Da gefährliche Hunde in der Regel in andere Länder vermittelt werden, gibt es darüber keine Erkenntnisse, im Übrigen siehe Vorbemerkung. 12. Wie viele Abgänge von Hunden der Kategorien 1, 2 und 3 wurden durch Abmeldung durch die Halterinnen und Halter verzeichnet? Bitte für die Jahre ab 2006 aufführen nach Rasse des Hundes und Grund der Abmeldung. Der Grund der Abmeldung wird nicht erfasst, er gehört im Übrigen nicht zu den in § 24 Hundegesetz aufgeführten Datensätzen. Mit den jährlichen Datenlieferungen aus dem Hunderegister wurden erstmals für 2010 auch die seit 2006 erfolgten Abmeldungen insgesamt je Hunderasse einbezogen. Nachfolgend die Meldedaten, die zu den angegebenen Zeitpunkten übermittelt wurden : Drucksache 21/1429 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 6 Abmeldungen Hunderegister Kategorie 1 Stand 30.3.2011 Stand 1.3.2012 Stand 7.5.2013 Stand 4.3.2014 Stand 9.2.2015 für Kalenderjahr 2010 2011 2012 2013 2014 American Pit Bull Terrier 7 9 13 15 15 American Pit Bull Terrier-Mischling 3 4 4 5 5 American Staffordshire Terrier 9 17 22 25 30 American Staffordshire Terrier-Mischling 15 1 28 34 43 Bullterrier 10 14 17 21 25 Bullterrier-Mischling 7 9 10 12 12 Staffordshire Bullterrier 6 6 6 6 7 Staffordshire Bullterrier -Mischling 1 1 2 2 2 Kategorie 3 Bullmastiff 3 4 4 4 7 Bullmastiff-Mischling 1 1 1 1 1 Dogo Argentino 4 5 5 5 6 Dogo Argentino-Mischling 5 6 7 8 8 Dogue de Bordeaux 9 11 11 12 15 Fila Brasileiro 0 0 0 0 0 Kangal 0 0 9 10 15 Kangal-Mischling 4 5 6 6 6 Kaukasischer Ovtcharka 5 5 3 4 5 Kaukasischer OvtcharkaMischling 0 3 0 0 0 Mastiff 3 0 5 5 6 Mastiff-Mischling 0 5 1 1 1 Mastín Español 0 0 0 0 0 Mastino Napoletano 4 4 4 5 5 Mastino Napoletano-Mischling 0 0 0 0 0 Rottweiler 113 131 154 179 192 Rottweiler-Mischling 15 16 22 24 27 Tosa Inu 0 1 1 1 1 13. Wie beurteilt der Senat den neuen Ansatz in Schleswig-Holstein, verstärkt die Hundehalter und Hundehalterinnen in den Fokus zur Verhinderung von Beißvorfällen zu stellen? Hamburg hat seit Inkrafttreten des Hundegesetzes bei Hundehalterinnen beziehungsweise Hundehaltern eine besondere Verantwortung zur Vermeidung von Beißvorfällen gesehen. Nach erfolgreich abgelegter Prüfung können Hundehalterinnen beziehungsweise Hundehalter von der generellen Leinenpflicht für ihren Hund befreit werden . Bei gefährlichen Hunden jedoch kann insbesondere in einem Stadtstaat mit enger Wohndichte wie Hamburg die vorrangige Verantwortung für die gesundheitliche Unversehrtheit der Bevölkerung nicht auf diese verlagert werden. Im Übrigen siehe Drs. 20/5193. 14. Wie beurteilt der Senat die neue rechtliche Lage nach der Abschaffung der Rassehundeliste in Schleswig-Holstein? Sieht der Senat durch die nunmehr gesetzliche Insellösung der Freien und Hansestadt Hamburg einen Handlungsbedarf? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/1429 7 Sowohl der Bundesgesetzgeber als auch 14 Landesregierungen halten an den bisher geltenden Rasselisten fest. Im Übrigen siehe Drs. 20/5193. In Hamburg hat sich seit Einführung der Rasseliste im Jahr 2006 die Zahl der Beißvorfälle verringert, sodass kein Handlungsbedarf besteht.