BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/14294 21. Wahlperiode 18.09.18 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Heike Sudmann (DIE LINKE) vom 10.09.18 und Antwort des Senats Betr.: Kosten für das Bahnhofsprojekt am Diebsteich Die Kostensteigerungen bei dem Projekt S-Bahn-Station Elbbrücken von 35 Millionen Euro bei Vertragsabschluss in 2014 auf jetzt 57 Millionen Euro, also um 62 Prozent, für ein ungleich einfacheres und kleineres Bauprojekt als es der geplante Bahnhofsneubau am Diebsteich ist, lassen – auch nach den Erfahrungen mit anderen DB-AG-Bauprojekten (Stuttgart 21) – eine ähnliche Kostenentwicklung für Diebsteich erwarten. Die Mehrkosten für Stuttgart 21 sowie den S-Bahnhof Elbbrücken zahlen die Steuerzahler/-innen. Das Diebsteich -Projekt wird zu mehr als 80 Prozent aus Steuergeldern bezahlt, die DB AG hat verkündet, „Kosten seien nicht Gegenstand der Planfeststellung“. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Das Hamburgische Oberverwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 15. August 2018 (1 Es 1/18.P) die aufschiebende Wirkung der Klage einer anerkannten Umweltvereinigung gegen den Planfeststellungsbeschluss zu der Verlegung des bestehenden Fernbahnhofs Hamburg-Altona angeordnet. Damit dürfen die Arbeiten zur Vollziehung des angegriffenen Planfeststellungsbeschlusses nicht fortgeführt werden. Durch diese Entscheidung stehen insbesondere im Folgenden genannte zeitliche Angaben unter Vorbehalt. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen auf der Grundlage von Auskünften der DB AG wie folgt: 1. Für das Diebsteich-Projekt werden rein für die bahnseitigen Baumaßnahmen Kosten von 360 Millionen Euro genannt. a) Welche Baumaßnahmen im Einzelnen umfasst dieser Rahmen? Der Kostenrahmen bezieht sich auf die planfestgestellten Eisenbahnbetriebsanlagen. b) Auf welche Kostenbasis bezieht sich die Angabe? c) Wie gliedert sich der Betrag in Kosten, die die DB AG trägt und Kosten , die aus der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung (LUFV) bezahlt werden? d) Liegt eine detaillierte Aufgliederung dieser Kosten vor? Falls nein, warum nicht? e) Existiert ein Kosten-Zeitplan, wie er bei Großprojekten dieser Art üblich ist? f) Welcher Anteil der vorgenannten Gesamtkosten ist derzeit schon mit Ausschreibungsergebnissen unterlegt? Drucksache 21/14294 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 g) Gibt es nach dem Vorliegen erster Ausschreibungsergebnisse Hinweise , dass dieser Kostenrahmen überschritten wird? Wenn ja, in welcher Höhe? Siehe Drs. 21/6714. Im Übrigen liegen der zuständigen Behörde keine Angaben vor. h) Wie ist die Kostentragungsvereinbarung zwischen DB AG und Senat bei Kostenüberschreitungen? Siehe Drs. 21/6714. Im Übrigen sieht die zuständige Behörde zur Wahrung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Vertragspartner sowie Dritter am Projekt Beteiligter in ständiger Praxis davon ab, zu Kosten beziehungsweise Preisen von Grundstückskaufverträgen Stellung zu beziehen. Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass diesem Grundstückskaufvertrag ein Vergabeverfahren vorangegangen ist. § 5 Absatz 2 Vergabeverordnung (VgV) verpflichtet den öffentlichen Auftraggeber, sämtliche hiermit in Zusammenhang stehenden Informationen auch nach Abschluss des Vergabeverfahrens vertraulich zu behandeln. Schriftliche Erklärungen der Vertragspartner beziehungsweise Dritter, die abweichend hiervon eine Veröffentlichung der Informationen ausdrücklich erlauben würden, liegen nicht vor. 2. Durch die Anlage eines neuen Bahnhofs kommen auf die Freie und Hansestadt Hamburg hohe Kosten für die straßenseitige Zuwegung und die ansprechende Gestaltung des Bahnhofsvorplatzes zu. a) Mit welchen Kosten wird gerechnet für die erforderlichen Straßenbaumaßnahmen ? Es ist mit 6,35 Millionen Euro einschließlich Varianz und Kostensteigerung gemäß Drs. 20/6208 Kostenstabiles Bauen zu rechnen. b) Mit welchen Kosten wird gerechnet für die Gestaltung eins „großstädtischen Bahnhofsumfeldes“? Die Flächen des Bahnhofsvorplatzes werden überwiegend mit einer Tiefgarage unterbaute private Flächen und damit kostenseitig Teil des Investorenprojektes. Nur der der Empfangshalle direkt vorgelagerte Platzbereich wird öffentlich. Für die Gesamtfläche des Vorplatzes ist ein freiraumplanerisches Gutachterverfahren in Vorbereitung, die Kosten für die Herstellung des Vorplatzes sind von dem Ergebnis abhängig. c) Wie verteilen sich die Kosten auf die einzelnen Haushaltsjahre? Die in der Antwort zu a) genannte Summe teilt sich wie folgt auf: 2019: 0,9 Millionen Euro 2020: 1,2 Millionen Euro 2021: 1,5 Millionen Euro 2022: 0,2 Millionen Euro 2023: 1,55 Millionen Euro 2024: 1,0 Millionen Euro 3. Das Diebsteich-Projekt ist durch das komplexe Zusammenwirken von vier Hauptparteien gekennzeichnet (DB Netz AG, DB Station&Service AG, Freie und Hansestadt Hamburg und private Investoren). Dies führt zu zahlreichen schwierig zu beherrschenden Schnittstellen. a) Der Diebsteichtunnel ist gleichzeitig Bahnsteigzugang wie auch öffentlicher Verbindungsweg zwischen den westlich und östlich des Bahnhofs gelegenen Wohnquartieren, somit öffentlicher Weg. Ist die Freie und Hansestadt Hamburg Verpflichtungen eingegangen, der DB Netz AG einen Teil der Kosten für Bau und Betrieb des Tunnels zu erstatten? Nein. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/14294 3 b) Die Freie und Hansestadt Hamburg hat im Rahmen der Planfeststellung aufwändigere Bahnsteigdächer durchgesetzt, deren Mehrkosten die DB AG nicht übernehmen will. Wie hoch sind die Mehrkosten und welche Kostenübernahmeverpflichtungen ist die Freie und Hansestadt Hamburg dabei eingegangen? Welchen Einfluss hat die Überwälzung der Mehrkosten auf die Stationsgebühren und damit auf den Zuschussbedarf im Regional- und S-Bahn-Verkehr? Siehe Vertrag über die Planung, Realisierung und Finanzierung der Infrastrukturerweiterung an dem neu zu errichtenden Bahnhof Hamburg-Altona, http://daten.transparenz.hamburg.de/Dataport.HmbTG.ZS.Webservice.GetRessource 100/GetRessource100.svc/35d1392b-c962-479e-8f5f-7de31e7669dc/Akte_743.6121- 300_002.pdf. c) Die zwei geplanten Hochhaustürme beherbergen sowohl Dienststellen und technische Anlagen der DB AG als auch die öffentliche Bahnhofshalle, die gleichzeitig öffentlicher Durchgangsweg auch für Nichtbahnkunden/-innen ist. Ergeben sich aus dieser Situation Kostentragungsverpflichtungen (Bau- und Betriebskosten für die Freie und Hansestadt Hamburg)? Wenn ja, in welcher Höhe? Nein. 4. Die Freie und Hansestadt Hamburg hat im Rahmen des Grundstücksvertrages mit der DB AG die Bahngrundstücke einschließlich aufstehender Bahnanlagen erworben und hat sich verpflichtet, die Bahnsteige, Gleise, elektrischen Anlagen et cetera auf eigene Kosten abzureißen und die hochgradig verseuchten Böden zu dekontaminieren. Daraus ergeben sich erhebliche Kostenrisiken. a) Wie hoch beziffert die Freie und Hansestadt Hamburg die Abrisskosten für die alten Bahnanlagen? b) Mit welchen Kosten für die Dekontaminierung wird gerechnet? c) Wann rechnet die Freie und Hansestadt Hamburg mit der Erteilung des Baurechts für die freigewordenen Grundstücke? d) Inwieweit sieht die Freie und Hansestadt Hamburg den Vertrag mit der DB AG als vorteilhaft an, obwohl die öffentliche Hand in erheblichem Volumen nicht zuverlässig vorhersehbare Kostenrisiken übernimmt ? Die Fragen 4. a) bis d) werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet: Siehe Kaufvertrag mit der DB AG im Transparenzportal: http://daten. transparenz.hamburg.de/Dataport.HmbTG.ZS.Webservice.GetRessource100/ GetRessource100.svc/ca0e03af-12e0-4355-919b-483c1300198d/Akte_FB4.1.01.200- 212_0027.pdf. Im Übrigen sieht der Senat zur Wahrung seiner Verhandlungsposition und der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse von Vertragspartnern grundsätzlich in ständiger Praxis davon ab, zu Einzelheiten von Immobilienankäufen Stellung zu nehmen. 5. Der Planfeststellungsbeschluss vom 29.12.2017 verpflichtet die DB Netz AG, eine neue Autoreisezugverladeanlage zu errichten. Ein Standort dafür steht noch nicht fest. Ein separates Planfeststellungsverfahren muss dafür durchgeführt werden. a) Mit welchen Kosten ist – grob geschätzt – für den Neubau der Autoreisezuganlage zu rechnen? Die Planungen sind noch nicht abgeschlossen. Die Kosten sind deshalb noch nicht abschließend ermittelt worden. Drucksache 21/14294 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 b) Wer trägt diese Kosten? Ob und gegebenenfalls in welchem Umfange eine Finanzierung der Verladeanlage für Autoreisezüge auf der Grundlage der geltenden Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung zwischen dem Bund, der DB Netz AG, der DB Station & Service AG und der DB Energie GmbH in Betracht kommt, ist noch nicht ermittelt worden. Im Übrigen trägt die DB AG die Kosten. 6. Es gibt einen Alternativvorschlag von der Bürgerinitiative Prellbock. Dieser sieht eine Modernisierung des Fern- und Regionalbahnhofs Altona an Ort und Stelle unter Neuordnung des Gleisvorfeldes vor – wodurch schnellstmöglich die Flächen für den Wohnungsbau frei werden – und die Schaffung neuer Bahnsteigzugänge von einem zu sanierenden Lessingtunnel aus. Ist der Senat bereit, die Gesamtkosten des DB-Bahnhofsprojektes Diebsteich (einschließlich des von der öffentlichen Hand zu tragenden Kostenanteils) und des Alternativvorschlages der Bürgerinitiative Prellbock Altona im Rahmen des standardisierten Kosten-Nutzen- Bewertungsverfahrens, wie es für Bundesverkehrswegeplanprojekte üblich ist, durch eine/n neutrale/n Experten/-in überprüfen zu lassen? Falls ja, bis wann soll die Überprüfung abgeschlossen sein? Falls nein, weshalb nicht? Die Verlagerung des Bahnhofs Altona ist vom Bund und der DB AG als Erhaltungsmaßnahme eingestuft und daher keine Maßnahme des Bundesverkehrswegeplans. Die Abwägung zwischen Sanierung der Altanlagen und Neubau an anderer Stelle mit der entsprechenden Entscheidung, den Fernbahnhof als Durchgangsbahnhof nach Norden zu verlegen, ist vom Bund und der bundeseigenen DB AG getroffen worden. Aufgrund fehlender eigener Zuständigkeit für die Verlagerung des Fernbahnhofs beabsichtigt der Senat nicht, eine standardisierte Nutzen-Kosten-Untersuchung nachträglich durchzuführen.