BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/14311 21. Wahlperiode 18.09.18 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein vom 11.09.18 und Antwort des Senats Betr.: Elektronischer Rechtsverkehr: Welche Probleme sind noch nicht gelöst? Am 03.09.2018 ist der Zugang zum besonderen elektronischen Anwaltspostfach (beA) freigeschaltet worden. Rechtsanwältinnen sowie Rechtsanwälte unterliegen nun wieder einer „passiven Nutzungspflicht“. Ab Januar 2018 soll die Hamburger Justiz den Elektronischen Rechtsverkehr flächendeckend nutzen.1 Die digitale Kommunikation zwischen Behörden, Justiz und der Anwaltschaft ist sehr wichtig, um einen reibungslosen Rechtsverkehr im Sinne der Beteiligten sowie der Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der elektronische Rechtsverkehr ist in der Hamburger Justiz entsprechend der gesetzlichen Verpflichtungen seit 01.01.2018 vollständig eröffnet. Elektronische Einreichungen sind seitdem bundesweit einheitlich über De-Mail und über das OSCIbasierte „Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach“ (EGVP) möglich. Diese Übermittlungswege erlauben es den Verfahrensbeteiligten, auch mit ihren sogenannten besonderen elektronischen Postfächern (zum Beispiel dem „besonderen elektronischen Anwaltspostfach“, kurz „beA“) am elektronischen Rechtsverkehr teilzunehmen, sofern die hierfür durch die verantwortlichen Kammern bereitgestellten Softwareprodukte einsatzfähig sind. Das von der Bundesrechtsanwaltskammer für die Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr bereitgestellte beA ist zur Behebung von Sicherheitsmängeln im Zeitraum vom 23.12.2017 bis zum 02.09.2018 abgeschaltet worden. Über die oben genannten weiteren zum elektronischen Rechtsverkehr zugelassenen Übermittlungswege standen den Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten während des Zeitraums der Außerbetriebnahme jedoch alternative Lösungen zur Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr zur Verfügung. Die bundesweite Kommunikationsinfrastruktur für den elektronischen Rechtsverkehr war daher für die Justiz sowie für alle übrigen Verfahrensbeteiligten auch während des Ausfalls des beAs weiterhin einsatzfähig. Nach Behebung der betriebsverhindernden Schwachstellen durch die von der Bundesrechtsanwaltskammer beauftragten Dienstleister ist das beA nun seit 03.09.2018 wieder in Betrieb. Elektronische Einreichungen der Anwaltschaft über das beA sind seitdem wieder möglich. Ebenso sind elektronische Zustellungen der Gerichte an das beA möglich. 1 Pressemitteilung der Justizbehörde vom 29.12.2017: https://www.hamburg.de/justizbehoerde/ pressemeldungen/10171918/2017-12-29-jb-elektronischer-rechtsverkehr-ab-2018/ (Zugriff: 05.09.2018). Drucksache 21/14311 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie funktioniert der elektronische Rechtsverkehr mit den Gerichten? Siehe Vorbemerkung und Drs. 21/5350, 21/6068, 21/7182 und 21/11531. a. Welche Maßnahmen zur Vorbereitung auf die digitale Kommunikation mit den Rechtsanwältinnen sowie Rechtsanwälten über das beA wurden an den Gerichten und der Staatsanwaltschaft durchgeführt? (Bitte nach Amtsgerichten, Landgericht, Oberlandesgericht, Verwaltungsgericht , Oberverwaltungsgericht, Sozialgericht, Landessozialgericht , Arbeitsgericht, Landesarbeitsgericht und Staatsanwaltschaft gegliedert darstellen.) Alle Gerichte und Staatsanwaltschaften haben entsprechend ihrer gesetzlichen Verpflichtung den elektronischen Rechtsverkehr eröffnet. Der hierfür erforderliche Prozess umfasste die Bereitstellung der elektronischen Poststelle inklusive der dazu erforderlichen Hard- und Software, die Anpassung der Geschäftsprozesse und die Fortbildung der jeweils betroffenen Beschäftigtengruppen (siehe Antwort zu 1. c.). Der bereitgestellte Zugang ist ebenfalls für die elektronische Kommunikation mit den Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten verwendbar, die das beA nutzen. Im Übrigen siehe Drs. 21/5350, 21/6068, 21/7182 und 21/11531. b. Gibt es Probleme zwischen Gerichten, der Staatsanwaltschaft und der Anwaltschaft bei der Versendung oder beim Empfangen von Dokumenten, die digital versendet wurden? Wenn ja, wie oft, wo konkret und aus welchen Gründen? Wenn ja, was wurde vonseiten des Senats unternommen, um diese Probleme zu beheben? Seit Wiederinbetriebnahme des beA kam es in Bayern, Schleswig-Holstein, Berlin, Hamburg und Baden-Württemberg vereinzelt zu Problemen bei der Validierung sogenannter strukturierter Datensätze (XJustiz-Dateien). Das Problem hat derzeit keine wesentlichen Auswirkungen auf den Betrieb. Die Fehlerbilder wurden dem länderübergreifenden EGVP-Projektbüro mitgeteilt, welches (gegebenenfalls auch in Abstimmung mit der Bundesrechtsanwaltskammer) für die Lösung solcher Problemfälle zuständig ist. c. Wurden Fortbildungsmaßnahmen zur Vorbereitung auf die Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs an Hamburger Gerichten und der Staatsanwaltschaft durchgeführt? Wenn ja, wann und wie oft? Wenn nein, warum nicht? (Bitte nach Amtsgerichten, Landgericht, Oberlandesgericht, Verwaltungsgericht , Oberverwaltungsgericht, Sozialgericht, Landessozialgericht , Arbeitsgericht, Landesarbeitsgericht und Staatsanwaltschaft gegliedert darstellen.) In allen Gerichten und bei den Staatsanwaltschaften wurden die jeweils betroffenen Beschäftigtengruppen individuell geschult, eingewiesen oder informiert bei der Eröffnung des elektronischen Rechtsverkehrs, sofern der elektronische Rechtsverkehr zu diesem Zeitpunkt bereits zugelassen war: bei der erstmaligen Bereitstellung des beAs, bei relevanten gesetzlichen Änderungen wie zum 01.01.2018, bei der erfolgten Wiederaufnahme des beA-Betriebes. d. Warum sind die amtsgerichtlichen Eildienste nicht im Rahmen des elektronischen Rechtsverkehrs erreichbar? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/14311 3 Elektronische Eingänge werden auch für den amtsgerichtlichen Eildienst während der regulären Dienstzeiten der gemeinsamen Annahmestelle beziehungsweise Poststelle gesichtet. Außerhalb der regulären Dienstzeiten muss die elektronische Erreichbarkeit noch an die besonderen Bedingungen des Eildienstes angepasst werden. Der Bereitschaftsdienst in Strafsachen außerhalb der allgemeinen Dienststunden (sogenannte Nachtbereitschaft) ist dabei ohnehin ein telefonischer Bereitschaftsdienst und betrifft nicht die Kommunikation mit Rechtsanwälten über das beA. 2. Wie funktioniert der elektronische Rechtsverkehr mit den Hamburger Behörden? Der elektronische Rechtsverkehr zwischen Anwälten und Behörden mittels des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs ist in § 32a Absatz 4 StPO beziehungsweise in § 110c OWiG i.V.m. § 32a Absatz 4 StPO bundesgesetzlich geregelt. Er basiert für die hiervon erfassten Behörden auf den gleichen technologischen und organisatorischen Rahmenbedingungen wie der elektronische Rechtsverkehr mit den Gerichten. a. Welche Maßnahmen zur Vorbereitung auf die digitale Kommunikation mit den Rechtsanwältinnen sowie Rechtsanwälten über das beA wurden an den Hamburger Behörden durchgeführt? (Bitte nach Senatskanzlei, Justizbehörde, Behörde für Schule und Berufsbildung, BWVI, BASFI, Behörde für Wissenschaft, Forschung und Gleichstellung, Finanzbehörde, Behörde für Kultur und Medien, Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen, Innenbehörde, Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz, Behörde für Umwelt und Energie gegliedert darstellen.) In den genannten Behörden (bei der Behörde für Inneres und Sport durch die Polizei und für die Finanzbehörde durch die Steuerverwaltung) sind den gesetzlichen Verpflichtungen entsprechend elektronische Postfächer eingerichtet worden. b. Gibt es Probleme zwischen den Hamburger Behörden und der Anwaltschaft bei der Versendung und beim Empfangen von Dokumenten , die digital versendet wurden? Wenn ja, wie oft, wo konkret und aus welchen Gründen? Wenn ja, was wurde vonseiten des Senats unternommen, um diese Probleme zu beheben? (Bitte nach Senatskanzlei, Justizbehörde, Behörde für Schule und Berufsbildung, BWVI, BASFI, Behörde für Wissenschaft, Forschung und Gleichstellung, Finanzbehörde, Behörde für Kultur und Medien, Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen, Innenbehörde, Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz, Behörde für Umwelt und Energie darstellen.) Im Bereich der Steuerverwaltung konnte in vier Fällen ein über das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) eingegangener Datensatz nicht automatisch zugeordnet werden, da die Schnittstelle unzutreffend gewählt wurde. Angesichts des geringen Aufkommens sind keine Maßnahmen zu ergreifen. c. Wurden Fortbildungsmaßnahmen zur Vorbereitung auf die Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Hamburger Behörden zur Vorbereitung auf den elektronischen Rechtsverkehr durchgeführt? Wenn ja, wann und wie oft? Wenn nein, warum nicht? (Bitte nach Senatskanzlei, Justizbehörde, Behörde für Schule und Berufsbildung, BWVI, BASFI, Behörde für Wissenschaft, Forschung und Gleichstellung, Finanzbehörde, Behörde für Kultur und Medien, Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen, Innenbehörde, Behörde Drucksache 21/14311 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 für Gesundheit und Verbraucherschutz, Behörde für Umwelt und Energie darstellen.) Bei der Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration, der Behörde für Umwelt und Energie, der Justizbehörde, der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen sowie der Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz sind die betreffenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Zuge der Bereitstellung der elektronischen Postfächer eingewiesen beziehungsweise informiert worden. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Hamburger Finanzämtern wurden im Rahmen einer Präsentation über die Einführung beziehungsweise die Ausweitung des elektronischen Rechtsverkehrs informiert. Im Übrigen wurde eine Fortbildungsmaßnahme mangels tatsächlicher Nutzung bisher nicht für notwendig gehalten. Im Übrigen wurden bisher keine Fortbildungsmaßnahmen durchgeführt, da dies (durch die aktiv Beteiligten) nicht als notwendig angesehen wurde beziehungsweise bisher auch kein Anwendungsbedarf bestand (sehr kleiner Anwenderkreis, keine oder kaum elektronische Eingänge über das beA).