BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/14334 21. Wahlperiode 18.09.18 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dennis Thering (CDU) vom 12.09.18 und Antwort des Senats Betr.: Treffen sich ein Landesbetrieb und seine Mutterbehörde – Sagt der eine: Es gibt einen dramatischen Verfall der Brücken in Hamburg. Sagt die andere: Es gibt keinen dramatischen Verfall der Brücken in Hamburg . Fragt die Opposition: Wer hat recht? Antwortet der Senat: Sag ich nicht. Der Brückeneinsturz in Genua Mitte August mit über 40 Todesopfern hat die Bedeutung des baulichen Zustandes dieser besonderen Bauwerke auf tragische Weise vor Augen geführt. Mit Drs. 21/13828 hatte die CDU bereits zwei Wochen vorher den Sanierungsbedarf der Brücken in Hamburg erfragt. Die vom Senat in seiner Antwort vorgelegten Zahlen zeichnen kein positives Bild. Waren 2014 noch 44,87 Prozent (= 140.000 m2 von 312.000 m2) der Brücken(-flächen) in Hamburg sanierungsbedürftig (= Zustandsnote 2,5 und höher), sind es aktuell 49,54 Prozent. Der Zustand der Brücken in Hamburg hat sich in der laufenden Wahlperiode also eindeutig verschlechtert. Dass der Senat selbst für das Jahr 2020 lediglich anpeilt, dass dann immer noch nur 48,47 Prozent der Brücken(-flächen) in Hamburg einen solch hohen Sanierungsbedarf aufweisen sollen, ist schwer nachvollziehbar. Gleiches gilt für den Umstand, dass diese Mammutaufgabe planerisch von zurzeit gerade einmal 42 Vollzeitkräften beim Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG), der Hamburg Port Authority (HPA) und der Hamburger Hochbahn AG (HOCHBAHN) gemeistert werden soll. Noch irritierender war das Hickhack zu diesem Thema zwischen einem Vertreter des LSBG auf der einen Seite und dem Staatsrat für Verkehr der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation (BWVI) auf der anderen Seite in der letzten Sitzung des Verkehrsausschusses der Hamburgischen Bürgerschaft . Anlass des Disputs war die Frage aus Reihen der CDU-Fraktion, warum laut Kennzahl 8 auf Seite 43 die Brückenfläche mit der besonders miserablen Zustandsnote 3,0-4,0 im Plan 2019 gegenüber dem Ist 2017 um rund 19 Prozent steigen soll. Ein LSBG-Mitarbeiter äußerte daraufhin, dass es in Hamburg einen dramatischen Verfall der Brücken gäbe. Im selben Moment intervenierte der besagte Staatsrat und verneinte die soeben getätigte Aussage des LSBG-Mitarbeiters. Hierdurch entstand für die Anwesenden ein extrem verwirrender Eindruck. Dieser wurde durch die Senatsantwort auf eine aktuelle CDU-Anfrage (Drs. 21/14213) noch weiter verstärkt. So beantwortet der Senat beispielsweise Frage 1. nach dem Zeitraum 2014 – 2018 mit Daten, die nur bis 2017 reichen . Außerdem ersetzt der Senat den unter anderem dem Haushaltsplan zugrundeliegenden Terminus „Brückenfläche“ durch den Begriff „Hamburger Brücken“, was je nach angewandtem Statistikverfahren erhebliche Unter- Drucksache 21/14334 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 schiede ergibt. Darüber hinaus wimmelt es in der Vorbemerkung des Senats sowie in dessen Antworten auf die Fragen 2. und 3. nur so von nichtssagenden Substantiven und Nullsätzen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Obwohl in Frage 1. aus Drs. 21/14213 bezugnehmend auf die bereits mit Drs. 21/13828 erfragten Daten nach der Entwicklung der Brückenfläche mit der Zustandsnote 2,5 und höher im Zeitraum 2014 – 2018 gefragt wird, antwortet der Senat irreführend: „Die mittlere Zustandsnote aller Hamburger Brücken hat sich von in den Jahren 2014 bis 2017 von 2,23 auf 2,3 verändert.“ a) Warum lässt der Senat in seiner Antwort das Jahr 2018 aus und verfälscht damit die mit Drs. 21/13828 erfragte und in Drs. 21/14213 hinterfragte Entwicklung des Zeitraums 2014 bis Juli 2018? Da das Jahr 2018 noch nicht abgeschlossen ist, ist eine Aussage zu einem Jahreswert 2018 derzeit nicht möglich. Die Antwort entsprach dem aktuell vorliegenden Datenbestand. Im Übrigen siehe 21/14213. b) Inwiefern unterscheidet sich der vom Senat verwendete Terminus „Hamburger Brücken“ inhaltlich von der Brückenfläche (in Quadratmetern ) in Hamburg? Die Bezeichnung Hamburger Brücken bezieht sich auf die Anzahl aller Hamburger Brücken. Die Brückenfläche bezieht sich auf die nach der „Anweisung Straßeninformationsbank für Ingenieurbauten, Teilsystem Bauwerksdaten (ASB-Ing)“ errechnete zugehörige Brückenfläche der Bauwerke. c) Was genau ist die „mittlere Zustandsnote“ und nach welcher statistischen Methode wird diese berechnet? Die mittlere Zustandsnote ist das arithmetische Mittel der nach DIN 1076 und ASB-Ing ermittelten Zustandsnoten aller zugehörigen Brückenbauwerke. d) Inwiefern unterscheidet sich die mittlere Zustandsnote „aller Hamburger Brücken“ von der mittleren Zustandsnote der gesamten Brückenfläche in Hamburg? Siehe Drs. 21/13828 und 21/14213. e) Trifft es zu, dass bei Verwendung von „Hamburger Brücken“ als Grundlage für eine statistische Berechnung jede Brücke, unabhängig von ihrer Brückenfläche, als ein Wert in die Berechnung einfließt und somit viele kleinere Brücken mit nicht ganz so schlechten Werten den Gesamtwert positiv „verfälschen“, wohingegen bei Verwendung von der gesamten Brückenfläche Brücken in schlechtem Zustand und mit viel Brückenfläche ein realistischerer Bild erzeugen ? Siehe Antworten zu 1. b) bis 1. d). 2. Frage 2. aus Drs. 21/14213, inwiefern es unterschiedliche Bewertungen im LSBG und der BWVI hinsichtlich des baulichen Zustandes der Brücken in Hamburg und der entsprechenden Entwicklung seit 2014 gibt, umschifft der Senat mit einem plumpen semantischen Trick, indem er den Begriff „Bewertung“ gezielt umdeutet und antwortet: „Die Bewertung des Bauwerkszustandes der konstruktiven Ingenieurbauwerke erfolgt nach den Bundesrichtlinien für die Erhaltung von Ingenieurbauwerken , hier der Richtlinie zur einheitlichen Erfassung, Bewertung , Aufzeichnung und Auswertung von Ergebnissen der Bauwerksprüfungen nach DIN 1076 (RI-EBW-PRÜF) in Hamburg einheitlich.“ Jedem Leser der Ausgangsfrage, außer anscheinend dem/denen im Senat, ist aber klar, dass der Fragesteller mit „Bewertung“ nicht den Pro- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/14334 3 zess der Datenerhebung und Datenauswertung bei Bauwerksprüfungen an sich gemeint hat, sondern die Interpretation und Bewertung der Ergebnisse, die aus diesem Prozess resultieren und mit Drs. 21/13828 erfragt wurden. Von daher: Inwiefern gibt es unterschiedliche Interpretationen beziehungsweise Bewertungen im LSBG und der BWVI hinsichtlich der Ergebnisse der Bauwerksprüfungen, die die Grundlage der Daten zum baulichen Zustand der Brücken in Hamburg und der entsprechenden Entwicklung seit 2014 bilden? Sowohl die zuständige Behörde als auch der Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG) bewerten den Bauwerkszustand nach einheitlichen Kriterien, da dieser ein wesentliches Kriterium zur Durchführung des systematischen Erhaltungsmanagements für Infrastrukturanlagen (vergleiche Drs. 21/13592) ist.