BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/14353 21. Wahlperiode 21.09.18 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Heike Sudmann (DIE LINKE) vom 13.09.18 und Antwort des Senats Betr.: Bewohnerparken St. Pauli/Altona-Altstadt – Wo bleiben die kleinen, inhaberbetriebenen Einzelhandelsgeschäfte? Seit dem 3. September 2018 gilt in weiten Teilen von St. Pauli und in Teilen von Altona-Altstadt eine Parkscheinpflicht. Bewohner/-innen mit Parkausweis müssen keine Parkgebühr zahlen, auch nicht bei Überschreitung der Höchstparkdauer von drei Stunden. In der Drs. 21/12288 führte der Senat aus, „dass es sich beim Stadtteil St. Pauli um einen der touristischen Hauptanziehungspunkte Hamburgs handelt, sodass hier im Parkraum ein Nutzungskonflikt zwischen Touristen und anderen Verkehrsteilnehmern besteht.“ Zu den anderen Verkehrsteilnehmern/- innen gehören zweifelsohne auch die kleinen Gewerbetreibenden und inhaberbetriebenen Einzelhandelsgeschäfte, die die Nahversorgung der Bevölkerung sicherstellen. Wie jetzt den Medien zu entnehmen ist, erhalten diese jedoch anders als die Bewohner/-innen auf St. Pauli keine Parkausweise. In Anbetracht der Tatsache, dass der Stadtteil St. Pauli sich in den letzten Jahrzehnten erheblich gewandelt hat, Aufschickung und Gentrifizierung die Mieten auch für Gewerbetreibende in die Höhe schießen lassen, sollte der Senat alles unternehmen, um eine Verdrängung der kleinen, inhaberbetriebenen Einzelhandelsgeschäfte zu verhindern. Zusätzliche Jahresausgaben für die Anmietung von Stellplätzen in drei- bis vierstelliger Höhe sind für viele Betriebe nicht zu verkraften. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Gemäß § 45 Absatz 1b Nummer 2a der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) sind nur die Bewohner selbst bevorrechtigt, Parkausweise zu erhalten. In der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung (VwV-StVO) zu § 45, Absatz 1 bis 1e, X., Nummer 7 wird konkretisiert, dass einen Anspruch auf Erteilung hat, wer in dem Bereich meldebehördlich registriert ist und dort tatsächlich wohnt. „Park-Sonderregelungen “ für Handwerker und Gewerbetreibende kennt die StVO in diesem Zusammenhang nicht und beinhaltet daher auch keine Regelungen beziehungsweise Aussagen zur örtlichen Infrastruktur zum Beispiel in Form des Einzelhandels. Da die Bewohnerparkgebiete in Hamburg jedoch im Mischprinzip bewirtschaftet werden, bleibt die Erreichbarkeit des Einzelhandels erhalten (siehe hierzu Drs. 20/7125). Es ist zudem zu erwarten, dass die Zahl freier Parkplätze für Kurzzeitparker beziehungsweise Kunden während der Geschäftszeiten steigen wird. Die Straßenverkehrsbehörden können nach § 46 StVO in bestimmten Einzelfällen Ausnahmen zum Beispiel von den Halt- und Parkverboten genehmigen. Dabei spielt die betriebliche Notwendigkeit zum Parken eines Fahrzeuges in unmittelbarer Nähe zum Betrieb bei gleichzeitig fehlenden Alternativen eine wichtige Rolle. Der Landesbe- Drucksache 21/14353 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 trieb Verkehr (LBV) ist für die Erteilung von beantragten Ausnahmegenehmigungen für Gewerbetreibende zum Parken in Bewohnerparkzonen zuständig. Die Bewirtschaftung im Mischprinzip gewährleistet überdies, dass im Bewohnerparkgebiet das Halten zum Be- und Entladen zulässig ist und die Möglichkeit des Parkens im öffentlichen Straßenraum auch für Betriebsfahrzeuge besteht. Gegenstand der Prüfung für die Ausnahmegenehmigung ist daher allein die Frage der Befreiung von der Zahlung der Parkgebühren und/oder der Einhaltung der Höchstparkdauer. Hierbei handelt es sich stets um eine Einzelfallprüfung. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Ausnahmegenehmigungen für Gewerbetreibende werden laut Informationen des „Landesbetrieb Verkehr“ (LBV) im Einzelfall anhand verschiedener Punkte geprüft (vergleiche https://www.hamburg.de/lbv-parken/ 5887160/ausnahmegenehmigungen-gewerbetreibende/). a. Kann ein Betriebsablauf inhaberbetriebener Einzelhandelsgeschäfte mit Anlieferung von Ware vor Geschäftsöffnung im Firmenfahrzeug, Lagerung von Ware tagsüber im Firmenahrzeug, bis sie im Ladengeschäft gebraucht wird beziehungsweise Platz vorhanden ist, verschiedentlichen Auslieferungsfahrten von Waren am Tage, mit Abtransport von Ware nach Geschäftsschluss ein wichtiges Kriterium oder gar alleiniges Kriterium für eine Ausnahmegemehmigung sein? Falls nein, weshalb nicht? b. Nach welchen Kriterien wird die Menge der zu transportierenden Gegenstände/Produkte beurteilt, zum Beispiel bei Obst und Gemüse ; bei anderen Lebensmitteln; bei Blumen oder bei Getränken? c. In welcher Entfernung werden die nächsten ohne Ausnahmegenehmigung nutzbaren Parkmöglichkeiten als zumutbar angesehen? Bitte sowohl in Wegelänge als auch in Wegezeit (zu Fuß) angeben. Bei jeder Ausnahmegenehmigung wird anhand der folgenden Kriterien geprüft: Wie gestaltet sich der Betriebsablauf? Welche Gegenstände/Produkte werden in welcher Menge transportiert? Wie häufig müssen Transporte durchgeführt werden? Wie weit sind die nächsten auch ohne Ausnahmegenehmigung nutzbaren Parkmöglichkeiten entfernt? Ist die Anmietung eines Kfz-Stellplatzes zumutbar? Wurde sich um eine Anmietung einer Parkmöglichkeit bemüht (zum Beispiel Parkhaus )? Dabei wird die Menge der zu transportierenden Gegenstände/Produkte mit der vom Antragsteller angegebenen Häufigkeit der An- und Abfahrten sowie der Entfernung der nächsten nutzbaren Parkmöglichkeiten ins Verhältnis gesetzt. d. Welche Rolle spielt die Belegung beziehungsweise Auslastung der frei nutzbaren Parkmöglichkeiten? Fehlende verfügbare Parkmöglichkeiten werden bei der Prüfung berücksichtigt. e. Welche ohne Ausnahmegenehmigung nutzbaren Parkmöglichkeiten befinden sich aus Sicht des LBV/BIS in zumutbarer Entfernung von der Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/14353 3 i. Paul-Roosen-Straße, Abschnitt zwischen Große Freiheit und Talstraße? ii. Paul-Roosen-Straße/Clemens-Schultz-Straße, Abschnitt zwischen Talstraße und Detlev-Bremer Straße? Siehe Antwort zu Fragen 1. a. – c. f. Nach welchen Kriterien wird die Zumutbarkeit der Anmietung eines Kfz-Stellplatzes beurteilt (Umsatz, Gewinn, Steuern, ...)? Die Zumutbarkeit wird im Rahmen der Gesamtabwägung der unter Fragen 1. a. – c. benannten Kriterien geprüft. 2. Welche Rolle spielt bei der Prüfung der Ausnahmegenehmigung der Beitrag zur Nahversorgung der Bevölkerung – und dadurch die Reduzierung von Autoverkehren –, der durch das jeweilige inhaberbetriebene Einzelhandelsgeschäft erbracht wird? Die Genehmigung richtet sich nach den Vorgaben der StVO. Im Übrigen siehe Vorbemerkung . 3. Laut „Hamburger Abendblatt“ vom 01.08.2014, Seite 8 gibt es eine Drucksache der Innenbehörde vom 18. Juni 2013 zum Anwohner-/ Bewohnerparken. Daraus zitiert wird vom „Hamburger Abendblatt“ unter anderem: „Das Anwohnerparken, heute Bewohnerparken, wurde vom Gesetzgeber eingeführt, um die Steuerung einer geordneten verkehrlichen und sozialen städtebaulichen Entwicklung zu ermöglichen. Ziel der Bevorrechtigung von Bewohnern beim Parken in innerstädtischen Quartieren war und ist es insbesondere, deren Verdrängung aus innerstädtischen Wohnquartieren bzw. Abwanderung in das Stadtumland entgegenzuwirken ." Die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung setze voraus, "dass gewichtige Gründe vorliegen, die das öffentliche Interesse an der Einhaltung des angeordneten Verbots überwiegen.“ a. Um welche Drucksache handelt es sich und wo ist sie öffentlich zugänglich (zum Beispiel Transparenzportal)? b. Stimmt der Senat mir zu, dass zum Schutz vor Verdrängung beziehungsweise Abwanderung der Bewohner/-innen auch der Erhalt kleiner inhaberbetriebener Einzelhandelsgeschäfte gehört? Falls ja, welche Auswirkung hat das auf die Prüfung von Ausnahmegenehmigungen ? Falls nein, weshalb nicht? c. Ist der Schutz vor Verdrängung beziehungsweise Abwanderung kleiner inhaberbetriebener Einzelhandelsgeschäfte ein gewichtiger Grund für eine Ausnahmegenehmigung? Falls nein, weshalb nicht? Der Senat sieht in ständiger Praxis davon ab, zu Presseberichten Stellung zu nehmen . Im Übrigen siehe Vorbemerkung.