BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/14355 21. Wahlperiode 21.09.18 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Christiane Schneider (DIE LINKE) vom 13.09.18 und Antwort des Senats Betr.: Abschiebehaft am Flughafen Hamburg (III) Seit 2017 werden im Ausreisegewahrsam am Flughafen Hamburg auch Abschiebehaftgefangene inhaftiert. Nachdem der Senat ein Abschiebehaftvollzugsgesetz auf den Weg gebracht hat, wird nun seit dem 13.04.2018 auch offiziell die Abschiebehaft auf dem Gelände des Ausreisegewahrsams vollzogen. Aktuell befinden sich die Strukturen im Ausreisegewahrsam und in der Abschiebehaft am Flughafen Hamburg noch im Aufbau, sodass bestimmte Strukturen (zum Beispiel die Sozialberatung oder die Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung) noch nicht hergestellt sind. Dieser Zustand stellt für die dort inhaftierten Personen eine besondere Härte dar. Im Anschluss an meine Anfragen Drs. 21/13759 und Drs. 21/12536 ergeben sich daher weitere Fragen . Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Nach Auskunft des Senates auf meine letzte Anfrage (Drs. 21/13759) wurden seit dem 13.04.2018 wurden fünf Gefangene im „besonders gesicherten Haftraum“ untergebracht. Die Unterbringungsdauer reichte dabei von 59 Minuten bis zu vier Stunden und 25 Minuten. Gemäß § 9 Absatz 4 AHaftVollzG ist bei der Unterbringung eines Gefangenen unverzüglich ein/eine Arzt/Ärztin zu beteiligen. a. Wie viel Zeit verging in den Fällen jeweils, bis ein/eine Arzt/Ärztin beteiligt wurde und aus welchen Gründen war (möglicherweise) eine frühzeitigere Beteiligung nicht möglich? b. Wie sah die konkrete Beteiligung jeweils aus? Bei dem besonders gesicherten Haftraum handelt es sich um einen Haftraum, in dem Gefangene untergebracht werden, die Gewalt gegen sich selbst oder andere ausüben oder die akut suizidgefährdet sind. Es befinden sich im Gegensatz zum gewöhnlichen Haftraum dort keinerlei bewegliche Einrichtungsgegenstände, damit der Gefangene keinerlei Möglichkeit bekommt, sich selber oder Bedienstete mit beschädigten oder zweckentfremdeten Einrichtungsgegenständen zu gefährden. In diesem Raum sind zudem Vorrichtungen angebracht, mit deren Hilfe der Gefangene fixiert werden kann. Eine Fixierung findet zum Eigen- und Fremdschutz statt und wird so kurz wie möglich durchgeführt. In der Rückführungseinrichtung ist kein Arzt ständig vor Ort. Die in der Drs. 21/13759 geschilderten Fälle lagen im Zeitraum von 13. April 2018 bis 10. Juli 2018. Akuter notärztlicher Behandlungsbedarf bestand in diesen Fällen nicht. Die erbetenen Angaben sind nachfolgenden Erläuterungen zu den einzelnen Vorfällen (Vorfall 1 bis 5) zu entnehmen: Drucksache 21/14355 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Vorfall 1: Die Beteiligung eines Arztes erfolgte sechsunddreißig Minuten nach Beendigung der Eigensicherung nach einem Fluchtversuch. Der Arzt führte die Untersuchung innerhalb von einhundertzwanzig Minuten nach der Benachrichtigung durch. Vorfall 2 und Vorfall 3 (betreffen eine Person): Bei diesem Vorfall erfolgte zunächst keine sofortige Benachrichtigung des Arztes, da sich der Betroffene nach Beendigung der unmittelbaren Gefahrenabwehrmaßnahmen sofort wieder beruhigt hatte und eine Beendigung der besonderen Unterbringung bevorstand. Nach Lösung der Fixierung zeigte jedoch der Häftling erneut aggressives Verhalten, sodass er erneut fixiert werden musste (die erneute Fixierung wurde dabei als Vorfall drei erfasst). Der Arzt wurde daraufhin sofort telefonisch benachrichtigt und führte die Untersuchung vor Ort nach einhundertachtzig Minuten durch. Vorfall 4: Es erfolgte eine sofortige telefonische Benachrichtigung des Arztes nach der Fixierung und Unterbringung im besonders gesicherten Haftraum. Der Arzt führte die Untersuchung nach sechzig Minuten vor Ort durch. Vorfall 5: Im Zusammenhang mit der Körperverletzung eines anderen Mithäftlings wurde der betreffende Insasse zur konkreten Gefahrenabwehr und Klärung des Sachverhaltes in dem besonders gesicherten Haftraum untergebracht und fixiert und anschließend wieder in eine gewöhnliche Haftzelle verlegt. Eine Information des Arztes erfolgte dabei nicht. c. Welche Entscheidung (zum Beispiel Beendigung der Unterbringung, Veranlassung weitere Maßnahmen et cetera) hat ein/eine Arzt/ Ärztin jeweils getroffen? Vorfall 1: Beendigung der Fixierung und Unterbringung im besonders gesicherten Haftraum. Vorfall 2 und Vorfall 3: Beendigung der Fixierung und Unterbringung im besonders gesicherten Haftraum. Vorfall 4: Weiterer Verbleib und Fixierung des Betroffenen, da dieser die Einnahme von notwendigen Medikamenten verweigerte. Vorfall 5: Siehe Antwort zu Frage 1. a. (Vorfall 5). 2. In wie vielen Fällen wurden seit dem Zeitpunkt der letzten Anfrage Gefangene in einem „besonders gesicherten Haftraum“ untergebracht? a. Wie viele Gefangene wurden dort untergebracht? Seit dem Zeitpunkt der letzten Anfrage bis einschließlich 13.09.2018 wurde eine Person im besonders gesicherten Haftraum untergebracht. b. Für wie lange wurden die Gefangenen dort jeweils untergebracht? Der Gefangene wurde dort einhundertsiebzig Minuten untergebracht. c. Wie viel Zeit verging in den Fällen jeweils, bis ein/eine Arzt/Ärztin beteiligt wurde und aus welchen Gründen war (möglicherweise) eine frühzeitigere Beteiligung nicht möglich? d. Wie sah die konkrete Beteiligung jeweils aus? Zum Zeitpunkt der Aufnahme des Häftlings wurde der zuständige Arzt zur Durchführung der Eingangsuntersuchung zeitgleich telefonisch informiert. e. Welche Entscheidung (zum Beispiel Beendigung der Unterbringung, Veranlassung weiterer Maßnahmen et cetera) hat ein/eine Arzt/ Ärztin jeweils getroffen? Vor dem Eintreffen des Arztes wurde die Unterbringung in dem besonders gesichertem Haftraum bereits beendet, da sich der Häftling mittlerweile beruhigt hatte und sich kooperativ zeigte. f. Was waren jeweils die wesentlichen die Gründe für die Annahme, dass aufgrund des Verhaltens oder des Zustandes der Gefangenen davon auszugehen ist, dass ein erhöhtes Maß die Gefahr eines Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/14355 3 Entweichens, von Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen oder der Selbstverletzung besteht? Die Person hatte bei der Festnahme massiven körperlichen Widerstand geleistet und sich später selbstverletzt. 3. Nach Auskunft des Senates auf meine letzte Anfrage (Drs. 21/13759) wurden seit dem 13.04.2018 in fünf Fällen drei Gefangene fixiert. Die Fixierungsdauer betrug zwischen sechs Minuten und 230 Minuten. Gemäß § 9 Absatz 6 AHaftVollzG ist bei der Fixierung von Gefangenen unverzüglich ärztliches Personal hinzuzuziehen, dass über die Fortdauer der Fixierung zu entscheidet. a. Wie viel Zeit verging in den Fällen jeweils, bis ärztliches Personal hinzugezogen wurde und aus welchen Gründen war (möglicherweise ) eine frühzeitigere Hinzuziehung nicht möglich? b. Wie sah die konkrete Hinzuziehung aus? Hatte das ärztliche Personal jeweils persönlichen Kontakt zu den Gefangenen? c. Welche Entscheidung (zum Beispiel Beendigung der Fixierung, Veranlassung weitere Maßnahmen et cetera) hat das das ärztliche Personal jeweils getroffen? Siehe Antwort zu Fragen 1. a. und 1. b. 4. In wie vielen Fällen wurden seit dem Zeitpunkt der letzten Anfrage Gefangene fixiert? a. Wie viele Gefangene wurden fixiert? Keine. b. Für wie lange wurden die Gefangenen jeweils fixiert? c. Wie viel Zeit verging in den Fällen jeweils, bis ärztliches Personal hinzugezogen wurde und aus welchen Gründen war (möglicherweise ) eine frühzeitigere Hinzuziehung nicht möglich? d. Welche Entscheidung (zum Beispiel Beendigung der Fixierung, Veranlassung weiterer Maßnahmen et cetera) hat das ärztliche Personal jeweils getroffen? e. Was waren jeweils die wesentlichen die Gründe für die Annahme, dass eine unmittelbar drohende Selbst- oder Fremdgefährdung vorliegt ? Entfällt. 5. Gemäß § 11 Absatz 2 AHaftVollzG werden Gefangene durch Sozialarbeiter /-innen betreut. Ausweislich der Antwort des Senates auf meine Anfrage Drs. 21/13759 ist eine Sozialberatung mit je zwei Stellen zu je 19,5 Wochenstunden vorgesehen. Darüber hinaus seien die Planungen noch nicht abgeschlossen. a. Aus welchen Gründen sind derzeit die Stellen zur Sozialberatung nicht besetzt und wann ist mit der Aufnahmen der Sozialberatung zu rechnen? b. Wie soll die Sozialberatung thematisch ausgerichtet sein, welchen Zweck verfolgt sie und welche Möglichkeiten zur konkreten Unterstützung der Gefangenen stehen zur Verfügung? c. Sind die Planungen für das weitere Betreuungsangebot mittlerweile abgeschlossen? Wenn ja, mit welchem Ergebnis? Wenn nein, warum nicht und wann werden die Planungen abgeschlossen sein? Drucksache 21/14355 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 d. Auf welche Weise wird sichergestellt, dass die bereits dort inhaftierten Gefangenen Zugang zur Betreuung durch Sozialarbeiter/-innen erhalten? e. Inwieweit steht nach Auffassung des Senats die gegenwärtige Situation ohne eine soziale Betreuung der Gefangenen im Einklang mit den Anforderungen aus dem AHaftVollzG? Gegenwärtig findet noch die Abstimmung der Leistungsbeschreibung für die Sozialberatung in der Rückführungseinrichtung mit f & w fördern und wohnen AöR statt. Die Aufnahme der Sozialberatung wird voraussichtlich in sechs Monaten erfolgen. Im Rahmen der Sozialberatung sollen Erstgespräche zur Orientierung in der Einrichtung und ihren speziellen Gegebenheiten geführt werden. Auch sollen Fragen, die sich aus der Inhaftierung ergeben (zum Beispiel Kleidung, hinterlassene Habe) beantwortet werden. Des Weiteren soll Hilfestellung bei der Kontaktaufnahme zur eigenen Familie, der Kontaktaufnahme zu externen Stellen (zum Beispiel Kleiderkammern , medizinische Versorgung) sowie bei der Kontaktaufnahme und der Kontaktpflege zu Behörden gegeben werden. Dies soll in enger Rückkopplung mit den zuständigen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der Ausländerabteilung des Einwohner- Zentralamtes umgesetzt werden. Zudem sollen die Gefangenen bei der Freizeitgestaltung unterstützt werden. Die Erstberatung und weitere Beratungen werden derzeit noch durch Mitarbeiter der Rückführungseinrichtung durchgeführt. 6. Ausweislich der Antwort des Senates auf meine Anfrage Drs. 21/12536 sind an Sicherheitspersonal acht bis zehn Personen pro Schicht eingesetzt , die auf 16 pro Schicht aufgestockt werden sollen. a. Gibt es neben dem externen Sicherheitspersonal auch internes Sicherheitspersonal? Wenn ja, wie viele und welcher Art? Es gibt jeweils pro Schicht drei Sachbearbeiter mit hoheitlichen Aufgaben. b. Durch welche Firma wird das externe Sicherheitspersonal beschäftigt ? Das externe Sicherheitspersonal wird durch die Firma WEKO gestellt. 7. Wie viele Personen des externen Sicherheitsdienstes arbeiten aktuell insgesamt und pro Schicht auf dem Gelände des Ausreisegewahrsams? Zum aktuellen Zeitpunkt arbeiten acht Personen pro Schicht in der Rückführungseinrichtung . 8. Welche Tätigkeiten werden durch das externe Sicherheitspersonal ausgeführt ? Bitte einzelne Tätigkeiten konkret benennen. Folgende Tätigkeiten werden durch das externe Sicherheitspersonal ausgeführt: Aufgaben im Pförtnerdienst/Videoüberwachung (Zutrittskontrolle zur Rückführungseinrichtung , Überwachung des Zufahrtsbereiches zur Rückführungseinrichtung und des Innenhofes, Auskunftserteilung an Besucher/Lieferanten und Fremdfirmen , Durchsuchung der Besucher und der persönlichen Habe, Begleitung der Besucher zum Wachbüro, Arbeiten am Videoüberwachungsplatz, Beaufsichtigung der Bewohner in den Haft-, Besucher- und Gemeinschaftsräumen (Kontrolle und Durchsetzung der Einhaltung der Hausordnung im Innenbereich, Information der diensthabenden Sachbearbeiter bei Auffälligkeiten und besonderen Vorkommnissen, Brandwache, Waschmaschinendienst, Prüfung der Räumlichkeiten in Bezug auf sicherheitsrelevante Mängel, Information der Polizei und Feuerwehr bei sicherheitsrelevanten Vorfällen, Ersthelfertätigkeit), Durchführung von regelmäßigen Streifengängen (Außenhautkontrolle, Prüfung der Zaunanlage, Fenster, Türen et cetera, Kontrolle und Durchsetzung der Einhaltung Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/14355 5 der Hausordnung im Außenbereich, Information der Polizei und Feuerwehr bei sicherheitsrelevanten Vorfällen, Kontrolle der Flucht- und Rettungswege), Bewachung der Insassen im Außenbereich der Rückführungseinrichtung, Berichts- und Meldewesen (Führen des Wachbuches, Erstattungen von Meldungen an den diensthabenden Sachbearbeiter), Unterstützung der diensthabenden Sachbearbeiter durch Begleitung der Insassen zum Flughafen, zu Ärzten und Krankenhäusern et cetera. 9. Gibt es Tätigkeiten, deren Durchführung dem externen Sicherheitspersonal explizit untersagt ist? Untersagt ist die Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben. Dazu gehören zum Beispiel die Anordnung einer Fixierung und Unterbringung in einem besonderen Haftraum. 10. In welcher (arbeits-)rechtlichen Beziehung steht das Personal des externen Sicherheitsdienstes zur Freien und Hansestadt Hamburg? Das beauftragte Sicherheitsunternehmen WEKO steht in einer Auftragnehmer- Auftraggeber-Beziehung zur Freien und Hansestadt Hamburg, vertreten durch das Einwohner-Zentralamt. 11. In welcher Höhe wird das externe Sicherheitspersonal entlohnt und unterfallen sie einer tarifvertraglichen Regelung? Wenn ja, welcher? Die Vergütung erfolgt nach dem Lohntarifvertrag für Sicherheitsdienstleistungen in Hamburg vom 15. Dezember 2016, gültig ab 1. Januar 2017 bis 31. Dezember 2018. Dieser Vertrag wurde zwischen den Tarifgemeinschaften des BDSW Bundesverband der Sicherheitswirtschaft, Landesgruppe Hamburg und dem Fachverband Aviation im BDSW einerseits und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, vertreten durch die Landesbezirksleitung andererseits, geschlossen. 12. Welche Anforderungen existieren hinsichtlich der Ausbildung und Qualifikation des externen Sicherheitspersonals? a. Sind spezifische Qualifikationen, Zertifikate, Schulungen oder Ähnliches notwendig? Wenn ja, welche? Notwendig sind die Grundausbildung zur Sicherheitsfachkraft (gemäß § 34a Gewerbeordnung ) die durch das Bestehen der Sachkundeprüfung vor der Industrie- und Handelskammer (IHK) abschließt. Die IHK-Weiterbildung zur Werkschutzfachkraft sowie die Waffensachkundeprüfung können von den WEKO-Mitarbeitern auf freiwilliger Basis abgelegt werden. An allen Standorten des Einwohner-Zentralamtes besitzen die Mitarbeiter von WEKO als Mindestanforderung die Grundausbildung zur Sicherheitsfachkraft. b. Werden spezifische Schulungen für das externe Sicherheitspersonal im Ausreisegewahrsam beziehungsweise in der Abschiebehaft durch die Freie und Hansestadt Hamburg angeboten? Wenn ja, welche? Nein. c. Inwieweit findet eine Sicherheitsüberprüfung des externen Sicherheitspersonals statt? Eine Sicherheitsüberprüfung des externen Sicherheitspersonals findet analog zu der Überprüfung der externen Sicherheitskräfte in den Erstaufnahmeeinrichtungen statt. Diese beinhaltet unter anderem die regelmäßige Abfrage sicherheitsrelevanter Erkenntnisse beim Landesamt für Verfassungsschutz und der Polizei. 13. Werden neben dem Vollzug des Ausreisegewahrsams beziehungsweise der Abschiebehaft und den damit verbundenen Maßnahmen weitere Drucksache 21/14355 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 6 polizeiliche Maßnahmen (zum Beispiel Identitätsfeststellungen, Durchsuchungen von ausländischen Personen) durchgeführt? Wenn ja, welche? Nein, es werden keine weiteren polizeilichen Maßnahmen durchgeführt.