BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/14369 21. Wahlperiode 21.09.18 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Alexander Wolf (AfD) vom 13.09.18 und Antwort des Senats Betr.: Broschüre – Was tun gegen Antisemitismus Die Bundeskanzlerin Angela Merkel beklagt neue Formen des Antisemitismus : „Wir haben jetzt auch neue Phänomene, indem wir Flüchtlinge haben oder Menschen arabischen Ursprungs, die wieder eine andere Form von Antisemitismus ins Land bringen.“1 Wie der deutsche Rechtsstaat darauf reagiert, zeigt das Urteil gegen den Geflüchteten syrisch-palästinensischer Herkunft Knaan Al S., der für seinen antisemitischen Übergriff auf einen Israeli zu vier Wochen Arrest und einem Besuch in der Gedenkstätte „Haus der Wannseekonferenz“ verurteilt wurde. Sigmount Königsberg, Antisemitismusbeauftragte der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, nennt das Urteil einen „schlechten Witz“.2 Bildung soll ein wichtiges Mittel in der Bekämpfung von Antisemitismus sein. Zweifel an dieser Maßnahme zeigt der Fall von Mendel Gurewitz, Rabbiner der jüdischen Gemeinde in Offenbach. 2013 wurde Herr Gurewitz von einer Gruppe Jugendlicher mit arabischem Aussehen3 angegriffen und beleidigt. Nach diesem ersten Vorfall war es in der Synagoge zu einer Aussprache zwischen Tätern und Herrn Gurewitz gekommen. Die Täter entschuldigten sich und Herr Gurewitz zog seine Anzeige zurück. Trotzdem kam es in diesem Jahr wieder zu einem Vorfall unter Beteiligung desselben Täters. In der öffentlichen Sitzung des Ausschusses für Soziales, Arbeit und Integration vom 7. Dezember 2017 wurde die Broschüre „Baustein zum Einsatz in der politischen Bildung: Was tun gegen Antisemitismus?! Anregungen zu einer Pädagogik gegen Judenfeindschaft im 21. Jahrhundert“ vom „Mobilen Beratungsteam gegen Rechtextremismus“ (MBT Hamburg) des Trägers Arbeit und Leben Hamburg vorgestellt.4 Die Darstellung der Methoden und Arbeitsformen in einigen der für den Unterricht konzipierten Module lassen erhebliche Zweifel an deren Brauchbarkeit zu. Anbei ein paar Auszüge. 1) Im Modul „Antisemitische Wahrnehmung des Nahostkonflikts“ sollen Auszüge aus der Charta der Hamas erläutert werden, um die Frage zu erörtern, ob ein Frieden im Nahen Osten mit der Hamas möglich sei. 1 https://www.zeit.de/politik/deutschland/2018-04/judenfeindlichkeit-deutschland-angela-merkelantisemitismus 2 https://www.welt.de/vermischtes/article178240038/Urteil-gegen-Kippa-Schlaeger-Vier- Wochen-Arrest-fuer-die-Juedische-Gemeinde-ein-schlechter-Witz.html. 3 https://www.juedische-allgemeine.de/article/view/id/32196. 4 https://www.buergerschaft-hh.de/parldok/dokument/60833/ protokoll_der_oeffentlichen_sitzung_des_ausschusses_fuer_soziales_arbeit_und_ integration.pdf. Drucksache 21/14369 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Dass die Präambel5 mit dem Text, dass „Israel existiert und wird weiter existieren, bis der Islam es ausgelöscht hat, so wie er schon andere Länder vorher ausgelöscht hat“, nicht in der Broschüre angeführt wird, verharmlost die extremistische, fundamentalistisch-islamische Ideologie der Hamas. 2) Das Modul „Die pogromartigen Ausschreitungen im britischen Mandatsgebiet Palästina 1929“6: Ungeeignet für Gruppen, die durch die neu gewonnene Erkenntnis, dass Araber auch Täter, nicht nur Opfer sind, in ihrem Selbstbild gestört werden könnten. 3) Das Modul „Ein Selbstmordattentäter in Tel Aviv“ sei besonders für Gruppen geeignet, „die Selbstmordattentate als verständliche Reaktion auf den (Nahost)Konflikt ansehen.“7 Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Senat beantwortet die Fragen teilweise auf Grundlage von Auskünften des Herausgebers Arbeit und Leben DGB/Volkshochschule Hamburg e.V. wie folgt: 1. Wie viel hat die Erstellung der Broschüre „Was tun gegen Antisemitismus ?! Anregungen zu einer Pädagogik gegen Judenfeindschaft im 21. Jahrhundert“ gekostet? 2. Aus welchen Mitteln wurde die Broschüre finanziert? Die Erstellung der Broschüre kostete 5.520,63 Euro. Sie wurde über die Förderrichtlinie zum Landesprogramm „Hamburg – Stadt mit Courage – Landesprogramm zur Förderung demokratischer Kultur, Vorbeugung und Bekämpfung von Rechtsextremismus “ von der Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration (BASFI) finanziert . Zur Förderrichtlinie siehe https://www.hamburg.de/landesprogramm/4304158/ foerderrichtlinie/. 3. Wie lange hat die Ausarbeitung der Broschüre gedauert? Die Broschüre wurde innerhalb von zehn Wochen ausgearbeitet. 4. Welche Experten waren daran beteiligt? Zu Quellentexten, Literaturverzeichnis und Kooperationspartnern siehe Broschüre, https://hamburg.arbeitundleben.de/img/daten/D291676298.pdf. 5. In wie vielen Maßnahmen wurde die Broschüre bereits eingesetzt? Die Broschüre wird grundsätzlich als Arbeitsmaterial für unterschiedliche Bildungsformate mit unterschiedlichen Zielgruppen eingesetzt. Eine statistische Erfassung des Einsatzes durch den Träger erfolgt nicht. 6. Wie stellt der Senat sicher, dass bestimmte Aussagen in der Broschüre zur Hamas nicht im Sinne einer Legitimation missverstanden werden? In der Broschüre getroffene Aussagen belegen die Herausgeber mit entsprechenden Quellentexten oder Literaturangaben. Es wird im Text zudem explizit benannt, dass sich der Antisemitismus der Hamas belegen lässt. Im Übrigen siehe Antwort zu 6. 7. Hat es in der Vergangenheit bereits Kritik am Inhalt der Broschüre gegeben ? Falls ja, wann und inwiefern? Nein. 5 http://embassies.gov.il/berlin/AboutIsrael/the-middle-east/naherostendokumente/ Die%20radikalislamische%20Terrororganisation%20Hamas.pdf. 6 Ebenda, Seite 26. 7 Ebenda, Seite 28. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/14369 3 8. Hat es im Rahmen der Ausarbeitung der Broschüre eine Kooperation mit jüdischen Institutionen gegeben? Falls ja, welche? Siehe Antwort zu 5. 9. Hat es in der Vergangenheit bereits ähnliche Broschüren gegeben wie zum Beispiel für Muslimfeindlichkeit oder Homophobie? Das Mobile Beratungsteam gegen Rechtsextremismus hat verschiedene Bildungsbausteine veröffentlicht, siehe https://hamburg.arbeitundleben.de/pb/mbt/downloads.