BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/14372 21. Wahlperiode 21.09.18 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Michael Kruse und Dr. Kurt Duwe (FDP) vom 13.09.18 und Antwort des Senats Betr.: Fernwärmenetzrückkauf – Überhöhter Kaufpreis als genehmigungspflichtige Beihilfe nach EU-Recht? Aufgrund des den Unternehmenswert erheblich übersteigenden Mindestkaufpreises stellt der Rückkauf des Fernwärmenetzes eine genehmigungspflichtige Beihilfe im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) dar. Nach Artikel 107 Absatz 1 AEUV erfüllt eine Maßnahme den Beihilfetatbestand, wenn sie (1) ein bestimmtes Unternehmen oder Produktionszweig begünstigt, (2) aus staatlichen Mitteln finanziert wird, (3) den Wettbewerb verfälscht oder zu verfälschen droht und (4) eine Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels darstellt. Beihilfen sind grundsätzlich verboten und müssen deshalb vor ihrer Gewährung bei der Europäischen Kommission angemeldet werden (Notifizierung ). Die Kommission prüft dann, ob eine Genehmigungsvorschrift greift, auf deren Grundlage sie die Beihilfe genehmigen kann. Für diese Genehmigung spielen die von Umweltsenator Jens Kerstan (GRÜNE) ins Spiel gebrachten, weichen „Mehrwert-Faktoren“ ebenso wie zum Beispiel mögliche Synergieeffekte keine Rolle. Mithin besteht die Gefahr, dass ein Rückkauf des Fernwärmenetzes zu einem den gutachterlich ermittelten, objektivierten Unternehmenswert übersteigenden Preis als unzulässige Beihilfe eingestuft wird. Ein solcher Beihilfeverstoß kann durch die EU-Kommission mit Strafzahlungen oder der Auflage der Rückabwicklung belegt werden. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Bei dem Erwerb einer Unternehmensbeteiligung durch die öffentliche Hand sind die beihilferechtlichen Anforderungen zu beachten. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen, teilweise aufgrund von Auskünften der HGV Hamburger Gesellschaft für Vermögens- und Beteiligungsmanagement mbH (HGV), wie folgt: 1. Wurde die Frage der beihilferechtlichen Zulässigkeit durch den Senat beziehungsweise Dienststellen der Freien und Hansestadt Hamburg (FHH), die HGV Hamburger Gesellschaft für Vermögens- und Beteiligungsmanagement mbH (HGV), andere öffentliche Unternehmen oder eine andere Instanz geprüft oder ist eine solche Prüfung beauftragt worden ? a. Wenn ja, wann ist diese Prüfung in welcher Weise und mit welchem Ergebnis erfolgt? Wann erfolgte der entsprechende Auftrag hierzu auf wessen Weisung hin? Drucksache 21/14372 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 b. Welcher Unternehmenswert wurde bei der Prüfung angesetzt? Handelt es sich ausschließlich um einen objektivierten oder auch um einen subjektiven Unternehmenswert? 2. Ist das Ergebnis der Prüfung eindeutig? Wenn ja, wie fällt es aus? Wenn nein, welche Unsicherheiten bestehen? Die Frage der beihilferechtlichen Zulässigkeit der Ausübung der Call-Option Fernwärme ist Gegenstand von noch laufenden, teilweise mit externem Sachverstand unterstützten Untersuchungen durch die beteiligten Behörden, die noch nicht abgeschlossen sind. 3. Welche beihilferechtlichen Risiken bestehen beim Rückkauf des Fernwärmenetzes aus Sicht des Senats respektive der mit der Prüfung befassten Dienststellen und sonstigen Instanzen? Siehe Antwort zu 1. bis 2. Grundsätzlich gilt, dass Beihilfen gemäß Artikel 108 Absatz 3 Satz 1 AEUV in der Regel vor ihrer Gewährung bei der Europäischen Kommission anzumelden und von ihr zu genehmigen sind (sogenannte Notifikations- oder Notifizierungspflicht ). Bis zur abschließenden Entscheidung der Kommission gilt das sogenannte Durchführungsverbot des Artikels 108 Absatz 3 Satz 3 AEUV, das nach höchstrichterlicher Rechtsprechung als Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB gewertet wird. Dies hätte zur Folge, dass die einer Beihilfe zugrunde liegenden privatrechtlichen Verträge im Falle einer fehlenden Genehmigung nichtig wären und gegebenenfalls rückabgewickelt werden müssten. Inwieweit diese beihilferechtlichen Risiken mit welchen Konsequenzen bei Ausübung der Call-Option Fernwärme bestehen, ist Gegenstand der laufenden, noch nicht abgeschlossenen Untersuchungen.