BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/14473 21. Wahlperiode 23.10.18 Große Anfrage der Abgeordneten Dennis Gladiator, Jörg Hamann, Joachim Lenders, Franziska Rath, Karl-Heinz Warnholz (CDU) und Fraktion vom 27.09.18 und Antwort des Senats Betr.: „Gruppe Lampedusa“ Es sind inzwischen über fünf Jahre vergangen seitdem der gemeinhin als „Gruppe Lampedusa“ bekannte Personenkreis im Frühjahr 2013 über Libyen und Italien nach Hamburg einreiste. Die Anzahl der Personen, die zu dieser Gruppe gehören, ist, laut der zuständigen Behörde, nunmehr von 73 (Stand 9. März 2015, siehe Drs. 21/47) auf 102 Personen (Stand 23. Januar 2018, siehe Drs. 21/11669) gewachsen. Nach Auskunft des Senats stammt die Mehrheit dieser Gruppe aus Ghana, einem seit 1993 sicheren Herkunftsstaat . Bereits am 12. Juni 2013 sagte der damalige Innensenator Neumann in der Bürgerschaft: „Zusammenfassend kann ich also feststellen, dass erstens die Rechtslage völlig eindeutig ist und zweitens die Perspektive nur die Ausreise nach Italien sein kann.“ Inzwischen ist die Personengruppe jedoch im Besitz von Duldungen nach § 60a Absatz 2 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) oder Fiktionsbescheinigungen nach § 81 Absatz 3 Satz 2 AufenthG (Drs. 21/8203). Ebenfalls seit über fünf Jahren besteht das Informationszelt der „Gruppe Lampedusa“ am Steindamm. Bei diesem Zelt handelt es sich um eine Dauerversammlung gemäß dem Artikel 8 Grundgesetz (Drs. 21/1289). Dementsprechend fällt das Zelt auch unter den besonderen Schutz des Grundgesetzes . Der Versammlungscharakter entfällt allerdings, wenn Menschen in diesem Zelt schlafen. Dazu sagte Polizeisprecher Timo Zill: „Wenn das Zelt als Symbol genutzt wird, ist es versammlungsimmanent, wenn aber Menschen darin nächtigen, ist es ein Zelt auf einem Gehweg und fällt nicht unter den Schutz der Versammlungsfreiheit“ (https://www.abendblatt.de/hamburg/ article212859799/Lampedusa-Zelt-soll-ein-offener-Pavillon-werden.html). Es wurde jedoch häufiger beobachtet, dass im Zelt Menschen schliefen, sodass die Versammlungsbehörde zuletzt am 31.8.2018 entsprechende Auflagen verhängte. Demnach darf im Zelt keine „Infrastruktur zum Schlafen“ bereitgestellt werden. Jedoch wurden bei einer Razzia am 6.9.2018 im Zelt verschiedene Schlafsachen, darunter Isomatten, Matratzen und Schlafsäcke, von der Polizei sichergestellt. Wegen Verstoßes gegen Behördenauflagen wurde Strafanzeige gestellt (http://www.taz.de/Druck-auf-Lampedusa- Gruppe/!5533938/). Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Drucksache 21/14473 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 1. Wie viele Personen zählt die zuständige Behörde aktuell zur „Gruppe Lampedusa“ und wie viele wurden davon erkennungsdienstlich behandelt ? Aktuell sind von der Ausländerbehörde 101 Personen als Mitglieder der sogenannten Gruppe Lampedusa erfasst. Die Differenz von einer Person zu Drs. 21/11669 (102 Personen) beruht auf einem Behördenversehen zum Zeitpunkt der Erstellung der Drs. 21/11669. In 99 Fällen erfolgte eine erkennungsdienstliche Behandlung. Bei zwei Personen handelt es sich um in Hamburg geborene Kinder. 2. Welche Staatsangehörigkeiten haben die betreffenden Personen? Staatsangehörigkeit Anzahl Bangladesch 1 Benin 1 Burkina Faso 1 Cote D`Ivoire 5 Ghana 53 Guinea 1 Guinea-Bissau 1 Kamerun 2 Liberia 1 Mali 7 Mauretanien 1 Niger 7 Nigeria 15 Senegal 1 Sudan 1 Togo 3 3. Wie viele Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis wurden gestellt und wie wurden diese jeweils beschieden? Sofern erforderliche Stellungnahmen des Bundesamtes noch nicht vorliegen, wann wurden diese angefordert? Insgesamt wurden 101 Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gestellt. Davon haben 51 Personen eine Aufenthaltserlaubnis erhalten: 17 Personen gemäß § 18 Absatz 3 Aufenthaltsgesetz (AufenthG), zwölf Personen gemäß § 23a AufenthG, neun Personen gemäß § 25 Absatz 3 AufenthG, sechs Personen gemäß § 25 Absatz 5 AufenthG und sieben Personen gemäß § 28 Absatz 1 AufenthG. Eine Person ist im Besitz eines Dokuments gemäß § 5 FreizügigkeitsG. Bei 45 Personen wurde der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis abgelehnt. Bei vier Personen ist der Antrag noch offen. Davon steht in einem Fall die Stellungnahme des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) noch aus. Der Eingang der Anfrage wurde Mitte 2015 bestätigt. Ende 2017 wurde das BAMF erinnert, bislang erfolgte keine Reaktion. 4. Bei wie vielen der betreffenden Personen wurde wann a. eine Ausreisepflicht festgestellt? In allen Fällen der Ablehnung der beantragten Aufenthaltserlaubnis (45 Personen) wurde die Ausreisepflicht festgestellt. Dies erfolgte zum: 10.10.2014, 03.03.2015, 21.05.2015, 22.07.2015, 24.10.2016, 07.11.2016, 09.11.2016, 02.12.2016, 15.12.2016, 30.12.2016, 04.01.2017, 20.01.2017, 28.03.2017, 13.04.2017, 18.05.2017, 29.05.2017, 02.06.2017, 19.06.2017, 12.07.2017, 18.07.2017, 11.08.2017, 14.08.2017, 15.08.2017, 08.09.2017, 08.09.2017, 12.09.2017, 13.09.2017, 15.09.2017, 15.09.2017, 08.11.2017, 16.11.2017, 27.11.2017, 07.12.2017, 07.12.2017, 07.12.2017, 23.03.2018, 31.05.2018, 05.07.2018, 27.07.2018, 31.07.2018, 10.08.2018, 20.09.2018, 21.09.2018, 21.09.2018, 21.09.2018. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/14473 3 b. eine Abschiebung angedroht? In fünf Fällen wurde die Abschiebung angedroht. Dies erfolgte zum: 24.10.2016, 07.11.2016, 09.11.2016, 04.01.2017 und 15.09.2017. c. eine Abschiebung angeordnet? d. eine Abschiebung vollzogen? Eine Abschiebung wurde bisher weder angeordnet noch vollzogen. 5. Sind weiterhin alle Personen der „Gruppe Lampedusa“ entweder im Besitz einer Duldung gemäß § 60a Absatz 2 S. 1 AufenthG oder einer Fiktionsbescheinigung nach § 81 Absatz 3 S. 2 AufenthG? Falls nein, wie viele Personen sind dies nicht und welchen aufenthaltsrechtlichen Status haben diese dann? a. Gemäß § 60 a Absatz 2 S. 1 AufenthG wird eine Duldung dann erteilt, wenn die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist. Wie viele Personen haben eine Duldung wegen Unmöglichkeit der Abschiebung aus tatsächlichen Gründen erhalten und was beinhalten diese tatsächlichen Gründe konkret? b. Wie viele Personen haben eine Duldung wegen Unmöglichkeit der Abschiebung aus rechtlichen Gründen erhalten und was beinhalten diese rechtlichen Gründe konkret? c. Wie viele Personen sind im Besitz einer Fiktionsbescheinigung? 39 Personen sind im Besitz einer Duldung gemäß § 60a Absatz 2 AufenthG aus rechtlichen Gründen: Bei 33 Personen ist das Widerspruchs- beziehungsweise Klageverfahren beim Verwaltungsgericht noch nicht abgeschlossen, eine Person hat eine Eingabe eingereicht, eine Person wird aufgrund der Aufnahme einer qualifizierten Berufsausbildung gemäß § 60a Absatz 2 Satz 4 AufenthG geduldet („3+2-Regelung“), eine Person wird aufgrund der Teilnahme an einer Berufs-Einstiegsqualifizierung (EQ) geduldet, bei einer Person ist die Frist für das Einlegen von Rechtsmitteln noch nicht abgelaufen, bei einer Person ist das Beteiligungsverfahren der Sicherheitsbehörden vor Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis noch nicht abgeschlossen und bei einer Person fehlt die nach § 72 Absatz 2 AufenthG erforderliche Stellungnahme des BAMF (siehe Antwort zu 3). Sieben Personen sind im Besitz einer Fiktionsbescheinigung nach § 81 Absatz 3 Satz 2 AufenthG. Drei Personen sind ausgereist. Davon hält sich eine Person nach Erkenntnissen der Ausländerbehörde Hamburg wieder in Deutschland auf. Sie ist im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis der Ausländerbehörde Bremen. Duldungen gemäß § 60a Absatz 2 Satz 1 AufenthG aus tatsächlichen Gründen wurden nicht erteilt. 6. Existiert das Informationszelt der „Gruppe Lampedusa“ am Steindamm noch? Ja. a. Ist der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde nach wie vor der Ansicht, bei dem als Wetterschutz dienenden Zelt beziehungsweise bei den Veranstaltungen am und im Zelt handele es sich um eine Versammlung gemäß Artikel 8 GG? Ja. b. Inwiefern wirkt sich das erneute Schlafen im Zelt beziehungsweise das Bereitstellen einer Infrastruktur zum Schlafen auf den Versammlungscharakter des Zeltes aus? Die Bereitstellung einer Infrastruktur zum Schlafen stellt einen Verstoß gegen die Auflage der Polizei dar, wonach eine Infrastruktur zum Schlafen untersagt ist. Im Übrigen siehe Antwort zu 6. a.