BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/14474 21. Wahlperiode 05.10.18 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Richard Seelmaecker (CDU) vom 27.09.18 und Antwort des Senats Betr.: Erhaltungsverordnung in Fuhlsbüttel Am 1. Dezember 2000 wurde vom zuständigen Bezirksamt Hamburg-Nord gemäß § 172 Absatz 1 S. 1 Nummer 1 BauGB die Verordnung über die Erhaltung baulicher Anlagen in Fuhlsbüttel (Farnstraße/Wacholderweg) erlassen. In dieser ist folgendes geregelt: „Zur Erhaltung der städtebaulichen Eigenart des Gebietes auf Grund seiner städtebaulichen Gestalt bedürfen in dem in Absatz 1 bezeichneten Gebiet der Rückbau, die Änderung, die Nutzungsänderung oder die Errichtung baulicher Anlagen der Genehmigung, und zwar auch dann, wenn nach der Baufreistellungsverordnung vom 5. Januar 1988 (Hamburgisches Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 1), zuletzt geändert am 21. Januar 1997 (Hamburgisches Gesetz- und Verordnungsblatt Seiten 10, 11), in der jeweils geltenden Fassung eine Genehmigung nicht erforderlich ist. Die Genehmigung zum Rückbau, zur Änderung oder zur Nutzungsänderung darf nur versagt werden, wenn die bauliche Anlage allein oder im Zusammenhang mit anderen baulichen Anlagen das Ortsbild oder die Stadtgestalt prägt oder sonst von städtebaulicher, insbesondere geschichtlicher oder künstlerischer Bedeutung ist. Die Genehmigung zur Errichtung der baulichen Anlage darf nur versagt werden, wenn die städtebauliche Gestalt des Gebiets durch die beabsichtigte bauliche Anlage beeinträchtigt wird.“ In der Begründung zur Verordnung heißt es „Der Erhaltungsbereich umfasst im Wesentlichen Stadterweiterungen im Hamburger Norden, welche in der Zeit von ca. 1910 bis ca. 1935 erschlossen und durchgeführt worden sind. Noch heute ist das Erscheinungsbild der ursprünglichen Ansiedlung bis auf wenige Ausnahmen vollständig erhalten. Dabei handelt es sich vorwiegend um ehemals vorstädtische Villen mit überwiegend hochwertiger Gestaltung der einzelnen Gebäude. Die besondere Gestaltungsqualität, die das Ortsund Landschaftsbild prägt, beruht auf einer harmonischen Gestaltung, die sowohl den Stadtgrundriss, die Architektur aber auch die Gestaltung der Privatgärten und der öffentlichen Anlagen beinhaltet. Dieses Gestaltungsbild umfasst überwiegend auch Vorgärten, Hecken, Mauern, Zäune und andere der jeweiligen Bauzeit entsprechende Einfriedigungen. (…)“ Für Vorgärten wird in den „Stil- und Gestaltungsmerkmalen im Erhaltungsgebiet Fuhlsbüttel Farnstraße Wachholderweg“ des Bezirksamtes Hamburg Nord beispielsweise ausgeführt, es sind „aufwendig und repräsentativ angelegt, gepflegt begrünte Vorgärten mit filigranem Stabzaun auf kleinen Mauern als Einfriedung “ prägend und zu erhalten beziehungsweise herzustellen. Weiter heißt es „Der Vorgarten soll von baulichen Anlagen freigehalten werden.“ Parkplätze auf Privatgrundstücken gehören nicht dazu. Fenster sollen „ein-bis dreiflügelig angelegt“ werden, „die Kämpfer liegen meistens auf gleicher Höhe. Einzig bei dreiflügeligen Fenstern sind teilweise versetzte Kämpferhöhen vorhanden.“ Dazu passt eine durchgehende, über zwei Etagen verlaufende Drucksache 21/14474 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Fensterfront – auch im rückwärtigen Bereich – nicht, zumal die städtebauliche Erhaltungsverordnung nicht nur das äußere Erscheinungsbild der jeweiligen Straßenseite, sondern des gesamten Ensembles im Focus hat. Ausführlich wird die Gartengestaltung von Hausgärten geregelt. Es heißt: „Eine weitere wichtige Zielsetzung der städtebaulichen Erhaltensverordnung ist der Erhalt, bzw. die Wiederherstellung der rückwärtigen Hausgärten. Gartenbereiche sind so wenig wie möglich durch Terrassenflächen und Wegeführungen zu versiegeln … Gartenhäuser oder Abstellräume sind nicht zulässig. Die Ausgliederung von Abstellräumen stellt eine milieuschädigende Intensivierung der Nutzung dar und wirkt sich milieuschädigend auf die städtebaulichen Erhaltungsgebiete aus …“ Die Verordnung nach § 172 Absatz 1 S. 1 Nummer 1 BauGB dient der Erhaltung der städtebaulichen Eigenart eines Gebiets. Zur Erreichung dieses Ziels wird ein Genehmigungsvorbehalt für den Rückbau, die Änderung, die Nutzungsänderung sowie für die Errichtung baulicher Anlagen begründet. Durch sie wird die Erhaltungswürdigkeit des Gebiets festgestellt und die Genehmigungsbedürftigkeit baulicher Veränderungen nach § 172 Absatz 3 BauGB begründet. Die Genehmigung zur Errichtung der baulichen Anlage darf danach versagt werden, wenn die städtebauliche Gestalt des Gebiets durch die beabsichtigte bauliche Anlage beeinträchtigt wird. Jüngst soll indes eine Genehmigung für ein Bauvorhaben als Anbau am Haupthaus sowie eines weiteren Gebäudes im rückwärtigen Gartenbereich des Grundstücks Farnstraße 34 und mit zusätzlichem Stellplatz auf dem Grundstück erteilt worden sein, dessen Fläche nicht nur überdimensioniert sei, sondern das auch von der Gestaltung und der geplanten Ausführung her den Schluss höherwertiger Nutzung, bis hin zu Wohnzwecken, nahe legt. Genau diese Nachverdichtung soll in den Gärten nach der städtebaulichen Erhaltensverordnung jedoch ausgeschlossen werden. Die vereinzelt auf Nachbargrundstücken vorhandenen kleineren Bauten stellen ehemalige Hühnerställe dar, die lediglich Bestandsschutz genießen. Auch die in zwei Fällen vorhandenen Garagen auf den Grundstücken befinden sich direkt am jeweiligen Haus und sind aus den früheren Hühnerställen, die sämtlich aus der Zeit weit vor der Schaffung der Erhaltensverordnung stammen, hervorgegangen . Im hinteren Gartenbereich finden sich gerade keine solchen Bauten . Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Wurde die Verordnung über die Erhaltung baulicher Anlagen in Fuhlsbüttel (Farnstraße /Wacholderweg) vom 1. Dezember 2000 aufgehoben? Falls ja, wann, durch wen und warum? Nein. 2. Falls die Erhaltungsverordnung weiterhin besteht, welche Bedeutung wird ihr heutzutage von der zuständigen Stelle beigemessen? Die Verordnung nach § 172 Absatz 1 S. 1 Nummer 1 Baugesetzbuch (BauGB) dient der Erhaltung der städtebaulichen Eigenart des Gebiets. 3. Wie wird für die Einhaltung der Inhalte der städtebaulichen Erhaltungsverordnung Sorge getragen? Zur Einhaltung der städtebaulichen Eigenart wird ein Genehmigungsvorbehalt für den Rückbau, die Änderung, die Nutzungsänderung sowie für die Errichtung baulicher Anlagen im Geltungsbereich der Verordnung begründet. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/14474 3 4. Wie viele Genehmigungen auf Errichtung baulicher Anlagen wurden im Gebiet der Erhaltungsverordnung seit dem Jahre 2015 jährlich beantragt ? Jahr Anzahl Verfahren 2016 8 Genehmigungen, 1 negativer Vorbescheid 2017 5 Genehmigungen, 1 Ablehnung 2018 1 Genehmigung a. Wie viele Genehmigungen wurden erteilt? Es wurden 14 Genehmigungen erteilt. b. Wie viele Genehmigungen wurden versagt? Ein Antrag wurde abgelehnt und ein Vorbescheidsantrag wurde negativ beantwortet. c. Bei wie vielen dieser Genehmigungen hat sich die genehmigende Stelle über das ablehnende Fachvotum aus dem eigenen Hause zur Einhaltung der städtebaulichen Erhaltungsverordnung hinweggesetzt und jeweils warum? Siehe Antwort zu 4. b. 5. Aus welchen Gründen und unter Bezugnahme auf welche konkreten gleichartig gelagerten Fälle wurde hier eine Genehmigung erteilt? Entfällt. 6. Die Verordnung beruht auf dem Umstand, dass die Bezirkspolitik vor Erlass der Verordnung zu der Auffassung gelangte, das Gebiet sei umfassend zu schützen. a. Wurde die zuständige Bezirksversammlung oder ihr Stadtentwicklungsausschuss in das Genehmigungsverfahren einbezogen? Falls ja, wann und wie? Falls nein, warum nicht? b. Wurde der zuständige Bauprüfausschuss in das Genehmigungsverfahren mit einbezogen? Falls ja, wann und wie? Falls nein, warum nicht? Nein. Baugenehmigungsverfahren werden grundsätzlich in den jeweils zuständigen Unterausschüssen Bau der Regionalausschüsse vorgestellt. Der Unterausschuss Bau wurde nicht beteiligt, weil es sich um ein Vorhaben handelt, das nicht von städtebaulicher Bedeutung ist und die Genehmigung keiner Befreiungen bedurfte. 7. Wie wird durch wen sichergestellt, dass eine einzelne – den Zielsetzungen der städtebaulichen Erhaltungsverordnung zuwiderlaufende – erteilte Genehmigung und im Zweifel Bebauung nicht ein Präzedenzfall für die Schaffung weiterer Ansprüche auf Ausnahmegenehmigungen im betroffenen Gebiet bei künftigen Bauvorhaben auf den übrigen Grundstücken geschaffen wird? Jedes einzelne Bauvorhaben wird in Hinsicht auf den Bestand und die Anforderungen der Erhaltungsverordnung untersucht.