BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/14501 21. Wahlperiode 09.10.18 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Detlef Ehlebracht und Peter Lorkowski (AfD) vom 01.10.18 und Antwort des Senats Betr.: Parkplätze für Lkws Alle Studien zur Entwicklung des Güterfernverkehrs sind sich einig: Die Zulassungen neuer Lkws wird bis 2030 dramatisch ansteigen.1 Auch zeigen wissenschaftlich fundierte Ergebnisse Lösungen auf, wie sich Technik und Zulassungsprobleme optimieren lassen.2 Unbeachtet bleibt die Zukunft des Fahrers: Welche Verbesserungen sind ihm zugedacht mit Blick auf sichere und ausreichende Parkplätze, ihre Ausstattung mit Duschanlagen und Restaurants ? Wenig Beachtung finden die Folgen eines gnadenlosen Preiskampfes und der fehlenden Bereitschaft, mehr Geld in den Transport und seine Infrastruktur zu stecken. Deutschland ist aufgrund seiner geografischen Lage ein Transitland, aber auch der Teil eines Kontinents, wo sich Niedriglöhner aus Osteuropa, vor allem Polen und zunehmend Rumänen und Bulgaren, mit „normal Entlohnten“ des Westens treffen. Auch viele deutsche Speditionen haben inzwischen ihre Fahrzeuge in diesen Ländern angemeldet, um sich eine weitere günstige Position im Wettbewerb zu sichern. Die hier beschriebenen Tatsachen beschreiben auch die Bedürfnislage hinsichtlich der Ausweitung zukünftiger Lkw-Parkplätze. Regelhaft müssen Lkw-Fahrer einen Rastplatz ansteuern, um ihre Ruhezeiten einzuhalten. Diese verbringen sie in der Kabine ihres Lkw. Rastplätze, zum Beispiel an der Autobahn Wilhelmsburg sind sehr schnell belegt beziehungsweise überbelegt und führen dazu, dass viele Lkw-Fahrer keinen geeigneten Stellplatz finden und oft nur noch die Chance haben, sich in das Halteverbot zu stellen. Wie es anders geht, zeigen Vorbilder wie Rotterdam, wo Lkw-Fahrer ein gebührenpflichtiges Truckparking-System mit zeitgemäßer Sicherheits- und Hygieneausstattung vorfinden. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) hat sich mit dem Aktionsplan Güterverkehr und Logistik – Logistikinitiative für Deutschland zum Ziel gesetzt, mehr Parkflächen für Lkws an Bundesautobahnen zu schaffen. Durch ausreichende Lkw-Parkstände sollen eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen (Einhaltung der Ruhezeiten) und eine Erhöhung der Verkehrssicherheit erreicht werden. Die bedarfsorientierte Umsetzung erfolgt auf den Rastanlagen im gesamten Bundesauto- 1 https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Pressemitteilungen/2014/044-dobrindtverkehrsprognose 2030.html. 2 https://www.dlr.de/Portaldata/1/Resources/portal_news/newsarchiv2010_3/Shell_Lkw_ Studie_FIN_17042010.pdf. Drucksache 21/14501 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 bahnnetz. Ergänzend sollen Flächen neben den Bundesautobahnen (Autohöfe) genutzt werden. Hamburg unterstützt den Bund bei der Wahrnehmung dieser Aufgabe . Hamburg ist, insbesondere durch den Hamburger Hafen, ein Logistik-Standort mit einer sehr hohen und steigenden Lkw-Frequenz. Allein den Hamburger Hafen befahren täglich 8.000 – 10.000 Lkws, um Container anzuliefern und abzuholen. Hinzu kommen die Lkw-Transitverkehre auf der Nord-Süd-Achse, die durch den Großraum Hamburg fließen und jährlich steigen. Hamburg verfolgt die Entwicklung im Lkw- Verkehr mit sehr großer Aufmerksamkeit. Ein Schwerpunkt der Verkehrspolitik, insbesondere im Hafen, liegt daher auf der Verlagerung der Güter auf die Bahn und das Binnenschiff. Hier ist der Hamburger Hafen über größere Distanzen sehr erfolgreich. Doch auch die verträgliche Abwicklung des fließenden und ruhenden Lkw-Verkehrs ist ein wichtiges Ziel des Senats. Zur Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten sowie zur Steigerung der Verkehrssicherheit sind in der Region zahlreiche Maßnahmen ergriffen worden. Im Netz der Bundesfernstraßen werden zum Beispiel die Rastanlagen ausoder neugebaut. Insbesondere die Tank- und Rastanlage Elbmarsch, die sich im Planverfahren befindet, wird den Transitverkehr auf der Magistrale A 1 zugutekommen und die heutige Überlastungssituation entspannen. Weiterhin wird die Nutzung und Weiterentwicklung von Telematik den Parksuchverkehr deutlich vermindern. Darüber hinaus befinden sich zahlreiche Lkw-Abstellmöglichkeiten auf privaten Flächen. Die vorhandenen Lkw-Stellplätze reichen, besonders in den Abend- und Nachtzeiten, nicht vollumfänglich aus. Tagsüber gibt es in der Regel viele freie Parkstände. Zudem sind in diesem Zusammenhang die Lenk- und Ruhezeiten der Lkw-Fahrerrinnen und -Fahrer zu beachten sowie das Ausweichen von Lkw-Suchverkehren in Wohngebiete zu verhindern. Die Hamburg Port Autority AöR (HPA) und die zuständige Behörde arbeiten kontinuierlich an der Optimierung der Parkplatzmöglichkeiten: Im Hamburger Hafen wurden und werden von der HPA weitere Lkw-Stellplätze geschaffen. Über die „DIVA Tafeln“ der HPA auf den Haupthafenrouten werden noch freie Lkw-Stellplätze im Hafengebiet angezeigt und somit die Transparenz erhöht. Im Rahmen der ITS-Strategie arbeitet die zuständige Behörde gemeinsam mit der Logistik-Initiative Hamburg an einem Projekt „Intelligentes Parken LKW“, das alle vorhandenen Parkbuchungssysteme bündeln, klassifizieren und Buchungen der angebotenen Flächen ermöglichen soll. Darüber hinaus gibt es konkrete Ausbauabsichten im Bereich der Tank- und Rastanlage Harburger Berge West. Der Planungs- und Genehmigungsprozess für die Erweiterung der Rastanlage befindet sich in Vorbereitung. Es sollen zusätzlich 53 Stellplätze geschaffen werden. Im Einzugsgebiet Hamburg soll an der A 1 die Rastanlage Elbmarsch entstehen. Das Planfeststellungsverfahren wird von Niedersachsen durchgeführt. Hamburg hat keinen Einfluss auf das Verfahren. Es sollen 255 Stellplätze neu geschaffen werden. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie viele verkehrsrechtlich ausgewiesene Lkw-Stellplätze bestehen zum Stichtag 01.10.2018 in Hamburg? In Hamburg gibt es derzeit zwei Rastanlagen an der BAB 1 (Stillhorn) und der BAB 7 (Harburger Berge) sowie sechs Autohöfe. Insgesamt stehen hier 573 verkehrsrechtlich ausgewiesene Stellplätze für Lkws zur Verfügung. In Gewerbegebieten und im Hafen werden Parkstreifen und Seitenstreifen, die für Lkw-Parken vorgesehen sind, mit einer Mindestbreite von 2,55 m hergestellt oder markiert. Eine Beschilderung, die es ausschließlich Lkws erlaubt, dort zu parken, wird nicht angeordnet, um auch für andere Fahrzeugarten Parkflächen zur Verfügung zu stellen. In welchem Umfang noch weitere Lkw-Parkplätze als die oben benannten beschildert sind, wird statistisch nicht erfasst. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/14501 3 1.1 Wie viele sind davon gebührenpflichtig? Es sind 490 Stellplätze gebührenpflichtig. 1.2 An welchen Standorten werden Gebühren erhoben? Die Stellplätze auf den Autohöfen sind gebührenpflichtig. 2. Wie viele Autohöfe existieren in Hamburg? 2.1 Wer ist Betreiber der jeweiligen Autohöfe? Es existieren sechs Autohöfe in Hamburg: Aral-Autohof, euroShell Autohof, Tankpark Moorfleet, Autohof Hamburg Hafen, Autohof Altenwerder, TOTAL-Autohof. 2.2 Wie viele Lkw-Stellplätze sind auf den Autohöfen vorhanden? Siehe Antwort zu 1.1. 2.3 Welche Einrichtungs- und Hygienestandards gelten bei der Errichtung neuer Autohöfe mit Lkw-Stellplätzen? Bei der Einrichtung neuer Autohöfe sind die Anforderungen nach den öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu erfüllen: Anforderungen nach bauordnungsrechtlichen Vorschriften , nach arbeitsstättenrechtlichen Vorschriften, nach gaststättenrechtlichen Vorschriften , nach abfallrechtlichen Vorschriften und nach lebensmittelrechtlichen Vorschriften. 3. Wie viele verkehrsrechtlich ausgewiesene Lkw-Stellplätze konnten in den letzten fünf Jahren für den Verkehr freigegeben werden? Bitte nach Standort und Jahr sowie nach der Anzahl der Stellplätze unterteilen. Keine. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 4. Wie viele verkehrsrechtlich ausgewiesene Lkw-Stellplätze entfielen im selben Zeitraum und standen der vorgesehenen Nutzung nicht mehr zur Verfügung? Bitte nach Standort und Jahr sowie nach der Anzahl der Stellplätze unterteilen. Es sind im Jahr 2014 am Parkplatz Aluminiumstraße zwölf Lkw-Stellplätze wegen des Baus einer Tankstelle inklusive Serviceeinrichtung weggefallen. 5. Gibt es Sicherheitsparkplätze für besondere Frachten in Hamburg? Falls ja: wie viele und wo? Im Hafengebiet gibt es keine Sicherheitsparkplätze für besondere Frachten. Darüber hinaus liegen dem Senat keine Erhebungen vor. 5.1 Sind (weitere) Sicherheitsparkplätze geplant? Falls ja: wo? Zurzeit gibt es bei der HPA keine konkreten Planungen. 6. Wie viele neue Lkw-Stellplätze befinden sich derzeit im Genehmigungsverfahren ? Siehe Vorbemerkung und Antwort zu 1. 7. Welcher Anteil an verkehrsrechtlich ausgewiesenen Lkw-Stellplätzen fällt aufgrund von Sperrungen oder Zweckentfremdungen durchschnittlich aus der Nutzung heraus? Statistische Daten im Sinne der Fragestellungen werden von der Polizei nicht erhoben . Für die Beantwortung wäre eine Durchsicht sämtlicher Straßenakten der Straßenverkehrsbehörden an den Polizeikommissariaten erforderlich. Die Auswertung aller aktuell 8.659 Straßenakten ist in der für die Beantwortung Parlamentarischer Anfragen zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Im Übrigen siehe Antwort zu 1. 8. Wie bewertet der Senat die derzeitige Parksituation für Lkw-Fahrer in Hamburg? Drucksache 21/14501 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 8.1 Mit wie vielen fehlenden Parkgelegenheiten rechnet der Senat mittelfristig ? Das Anwachsen des Straßengüterverkehrs geht einher mit erheblichen Anstrengungen , den Logistikverkehr in Hamburg zu optimieren, um temporäre Abstellvorgänge auf öffentlichem Grund zu minimieren. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 9. Welche Auswirkungen hinsichtlich des Lkw-Verkehrs in Hamburg erwartet der Senat nach der Fertigstellung der A24? Kapazitätsverändernde Baumaßnahmen an der A 24 werden nicht durchgeführt. Die zuständige Behörde geht davon aus, dass hier die A 26 gemeint ist. Mit der Fertigstellung der A 26 bis zur A 1 wird die Anbindung des Hamburger Hafens an das Netz der Autobahnen spürbar verbessert und Stadtstraßen von Kfz-Verkehr, insbesondere von Lkw-Verkehren, entlastet. 10. Welche Auswirkungen hinsichtlich des Lkw-Verkehrs in Hamburg erwartet der Senat nach der Fertigstellung der Fehmarnbeltquerung? In der der Planfeststellung 2016 beiliegenden Verkehrsprognose für eine Feste Fehmarnbeltquerung (FFBQ) aus dem Jahr 2014 entwickelt sich das Verkehrsaufkommen am Fehmarnbelt wie folgt: Angaben in Kfz/d 2011 2030 (mit FFBQ) 2030 (ohne FFBQ) Pkw 4.285 10.321 6.318 Bus 84 100 74 Lkw 1.003 1.737 1.581 Kraftfahrzeuge, insgesamt 5.372 12.158 7.973 Der oben dargestellte Verkehrszuwachs an der FFBQ erreicht Hamburg nur zum Teil und kann auf dem vorhandenen Netz der Bundesautobahnen ohne spürbare Einbußen in der Verkehrsqualität abgewickelt werden. 11. Gibt es konkrete Ausbauziele des Senats, um die angespannte Parkplatzsituation zu entschärfen? Falls ja: Wie stellen sich diese kurzfristig, mittelfristig und langfristig dar? Siehe Vorbemerkung. 12. Wie steht der Senat zu alternativen Lösungen wie Lkw-Parkhäusern oder digitalen Ansätzen wie dem Intelligent Truck Parking?3 Bitte begründen. Die angesprochene telematische Bewirtschaftung findet bereits modellhaft durch die HPA Anwendung. Die so gewonnenen Erkenntnisse werden für weitere Projekte zur Umsetzung von Lkw-Vorstauflächen, aber auch in Projekten zur Verbesserung der Übernachtungsplätze verwendet. Für das Industriegebiet Billbrook, welches vor allem auch mit einer oftmals ungeordneten Übernacht-Parkraumnutzung durch in der Regel auf ihre Abfertigung wartende Lkws umzugehen hat, wird aktuell eine Machbarkeitsstudie erstellt. Diese Machbarkeitsstudie soll sowohl die baulichen Voraussetzungen für eine solche Anlage ermitteln als auch einen wirtschaftlichen Rahmen festsetzen. Falls diese Machbarkeitsstudie zu dem Ergebnis kommt, dass eine Umsetzung auf einer hierfür identifizierten städtischen Flächen am Rand des Industriegebietes technisch und wirtschaftlich möglich ist, ist von einer zeitnahen Ausschreibung zur Umsetzung dieses Projektes auszugehen. 3 https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Artikel/DG/mfund-projekte/lkw-parken-alseuropaeischer -datendienst-mfund-itp.html. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/14501 5 Lkw-Parkhäuser bieten einen geringeren Flächenverbrauch. Aus Sicht der HPA sind sie schwierig zu realisieren, da sie wegen der hohen Anforderungen an die Statik im Bau sehr teuer sind. 12.1 Setzt die Freie und Hansestadt Hamburg sogenannte V2I-Systeme beziehungsweise anderweitige telematische Systeme zur Parkraumbewirtschaftung ein?4 Falls ja: an welchen Standorten? Nein. 12.2 Werden sogenannte Mischnutzungen in Hamburg zugelassen, die eine nächtliche Nutzung von Pkw-Parkflächen durch Lkw erlauben? Falls ja: an welchen Standorten? Nein. 13. Die Anzahl neu zugelassener Lkw hat im Jahre 2017 die Marke von 300.000 Fahrzeugen überschritten und markierte damit den höchsten Stand der letzten zehn Jahre.5 Einem Gutachten zufolge wird der Lkw- Verkehr in Hamburg deutlich ansteigen.6 Vor diesem Hintergrund fragen wir: Wie bewertet der Senat das Verhältnis zwischen der Zunahme des Lkw- Verkehrs und dem Angebot an Lkw-Stellplätzen in den letzten zehn Jahren ? Hat die Freie und Hansestadt Hamburg in diesem Zeitraum ausreichende Maßnahmen zur Bedarfsdeckung von öffentlichen Lkw-Stellplätzen ergriffen? Siehe Vorbemerkung. 4 https://www.forschungsinformationssystem.de/?478003. 5 https://www.kba.de/DE/Statistik/Fahrzeuge/Neuzulassungen/Groessenklassen/n_ grossenklassen_lkw_zeitreihe.html. 6 https://www.abendblatt.de/hamburg/article214282409/Lkw-Verkehr-nimmt-in-Hamburgdrastisch -zu-Luft-sauberer.html.