BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/14503 21. Wahlperiode 09.10.18 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Deniz Celik (DIE LINKE) vom 01.10.18 und Antwort des Senats Betr.: Was liegt dem Senat am Schutz der Gesundheit am Arbeitsplatz? Im Winter des Jahres 2019 wird der Haushalt der Freien und Hansestadt Hamburg beschlossen. In der Pressemitteilung vom 13. Juni 2018 des Senats lautet es, dass die Mittel für gesundheitsorientierten Arbeitsschutz deutlich erhöht werden. Zudem lautet es im Vorwort zu Einzelplan 5 des Haushaltsplan-Entwurfs 2019/2020: „Wir stärken den Arbeitsschutz und tragen damit zu einer nachhaltigen und fachkraftsichernden Entwicklung des Hamburger Arbeitsmarktes bei.“ Nach Zahlen der Barmer-Krankenkasse sind in Hamburg überdurchschnittlich auf gesamt Deutschland bezogen viele Arbeitnehmer/-innen von Burn-out, Depressionen oder weiteren psychischen Krankheiten betroffen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Dem Arbeitsschutz und insbesondere dem Arbeitsschutz bei psychischen Belastungen wird durch den Senat hohe Priorität eingeräumt. Dies bildet sich nicht allein haushalterisch ab. So wurden verschiedene Initiativen ergriffen, die sich mit Beratungsangeboten an Unternehmen und Betroffene gewandt haben und schließlich in die Einrichtung der Anlaufstelle Perspektive Arbeit und Gesundheit (PAG) Gemeinsam durch die Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz und die Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration mündeten. Darüber hinaus hat Hamburg im Jahre 2013 erfolgreich eine Bundesratsinitiative für eine Rechtsverordnung zur Gefährdungsbeurteilung ergriffen (BR.-Drs. 315/13 vom 03.05.2013, siehe www.bundesrat.de), die allerdings noch nicht von der Bundesregierung umgesetzt wurde. Die zuständige Behörde verfolgt diesen Punkt weiter in der nächsten Arbeits- und Sozialministerkonferenz am 5./6. Dezember 2018. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wo bildet sich im Haushaltsplan-Entwurf 2019/2020 ab, dass der Arbeitsschutz gestärkt wird? Bitte mit Angabe der haushalterischen Mittel , die es im Vergleich zu 2017 und 2018 pro Jahr ab 2019 mehr gibt, sowie Angabe des Produkts, der Produktnummer, Kennzahl, VZÄ oder sonstiger Benennung im Haushaltsplan-Entwurf. Die haushalterische Stärkung des Arbeitsschutzes im Vergleich zu den Jahren 2017 und 2018 bildet sich an folgenden Stellen im Haushaltsplan-Entwurf 2019/2020 ab: Ziff. 4.3.2.1.1 Vorwort der Produktgruppe 258.01 Verbraucherschutz Ziff 4.3.2.1.4 Kennzahlen der Produktgruppe 258.01 Verbraucherschutz; hier: Kennzahl B_258_01_214 14. Bearbeitete Anfragen/Anzeigen/Anträge auf dem Gebiet des Arbeits- und Gesundheitsschutzes Drucksache 21/14503 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Ziff. 4.3.2.1.5 Kosten und Erlöse der Produktgruppe 258.01 Verbraucherschutz; hier: Produkt Arbeitsschutz Ziff. 4.3.2.1.6 Vollzeitäquivalente der Produktgruppe 258.01 Verbraucherschutz Ziff. 4.3.3 Investitionen des Aufgabenbereichs 258 Verbraucherschutz Zur Entwicklung der Kostenermächtigungen für den Arbeitsschutz siehe Antwort zu 2. 2. Welche Gesamtausgaben sind für den Bereich Arbeitsschutz ab 2019 bis 2022 geplant und welche gab es für den Hamburger Haushalt 2017/2018? Bitte insgesamt angeben und nach Jahren aufschlüsseln. Es sind folgende Kostenermächtigungen für die Jahre 2017 und 2018 veranschlagt: 2017: 6.864.000 Euro 2018: 7.049.000 Euro Bezüglich der Veranschlagungen für die Jahre 2019 bis 2022 wird auf die Drs. 21/14390 verwiesen. 3. Welche verbindlichen Instrumente zur Messung psychischer Belastungen am Arbeitsplatz für alle Betriebe und Unternehmen in ganz Hamburg gibt es gegenwärtig? a. Welche Gremien, Konzepte, Leitfäden sind daran beteiligt? Bitte Instrumente, Konzepte oder Leitfäden im Wortlaut anhängen. b. Wenn keine, warum nicht und bis wann werden sie entwickelt? Es gibt in Deutschland keine verbindlichen Instrumente zur Messung psychischer Belastungen. Das Arbeitsschutzgesetz gibt das Ziel vor und legt in untergesetzlichen Regelwerken Gestaltungsgrundsätze fest. Unternehmen und Betriebe nutzen zur Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen im Wesentlichen Informationsschriften des Bundes, der Länder und der Unfallversicherungsträger mit Gestaltungshinweisen und Instrumenten. Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie (GDA): Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen https://www.gda-psyche.de/DE/Handlungshilfen/Gefaehrdungsbeurteilung/ inhalt.html GDA Psyche Bericht: Instrumente und Verfahren zur Gefährdung psychischer Belastung https://www.gda-psyche.de/SharedDocs/Publikationen/DE/instrumente-undverfahren -zur-gefaehrdungsbeurteilung-psychischerbelastung .pdf?__blob=publicationFile&v=2 Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV): Gefährdungsbeurteilung Psychischer Belastung – ein Einstieg (IGA Report 2013) https://publikationen.dguv.de/dguv/pdf/10002/iag-report-2013-01.pdf Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA): Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung https://www.baua.de/DE/Themen/Arbeitsgestaltung-im-Betrieb/Psychische- Belastung/Gefaehrdungsbeurteilung/Gefaehrdungsbeurteilung_node.html Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik (LASI): Integration psychischer Belastungen in die Aufsichts- und Beratungspraxis der Arbeitsschutzbehörden der Länder https://lasi-info.com/uploads/media/lv52_01.pdf Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/14503 3 4. Mit welchen Mitteln aus dem Hamburger Haushalt wird die neue Anlaufstelle für Betriebe und Beschäftigte: Perspektive Arbeit und Gesundheit (PAG) planmäßig ab 2019 gefördert? Bitte aufschlüsseln nach Jahr, Personal in VZÄ, Fachqualifikation und Sachmitteln. Gemäß Haushaltsplan-Entwurf ist beabsichtigt, die Anlaufstelle PAG ab 2019 mit 174.435,24 Euro (Höhe der Zuwendung 2017 und 2018 im Rahmen der Modellförderung ) zu fördern. Davon beträgt der Sachkostenanteil 34.453,22 Euro. Die Stellenanteile und Qualifikationen (Wissenschaftliches Personal: Psychologe/in, Soziologe/in) ergeben sich aus der nachstehenden Tabelle. Bezeichnung Stellenanteile Wissenschaftlicher Mitarbeiter 0,5 Wissenschaftliche Mitarbeiterin 0,75 Wissenschaftliche Mitarbeiterin 0,75 Verwaltungsangestellte Assistenz und Empfang 0,5 5. Wie häufig werden die Beratungsangebote der neuen Anlaufstelle Perspektive Arbeit und Gesundheit (PAG) seit der Gründung 2016 angenommen ? Bitte die Anzahl der Kontakte aufschlüsseln nach Betrieben, Beschäftigten und Jahren. Nach dem Zwischenbericht zur Evaluation des Zentralinstituts für Arbeitsmedizin und Maritime Medizin (ZfAM, September 2017) haben von Januar 2016 bis Mai 2017 insgesamt 820 Beratungskontakte stattgefunden. Ratsuchende Unternehmensvertretungen verzeichnen 245 Beratungskontakte, was einem Durchschnitt von etwa zwei (2,2) Kontakten entspricht. Die Beratungskontakte mit Beschäftigten belaufen sich auf 575 mit einem Durchschnittswert von knapp drei Kontakten (2,8) pro Ratsuchenden. Von den betrieblichen Akteuren stammen 56 Prozent aus Großunternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten, ein weiteres Viertel aus mittleren Betrieben mit 50-249 Beschäftigten . Die Verteilung nach Branchen lässt sich dem Zwischenbericht (S. 10) entnehmen: https://www.hamburg.de/contentblob/10120390/ae18a94d849ff45665b77c8ae42885d 2/data/zwischenbericht-pag.pdf. 6. Gibt es neben der neuen Anlaufstelle für Betriebe und Beschäftigte Perspektive Arbeit und Gesundheit (PAG) noch planmäßig oder aktuell weitere Initiativen oder Maßnahmen zum Abbau psychischer Belastungen am Arbeitsplatz? a. Wenn es weitere Initiativen oder Maßnahmen gibt, welche? Bitte angeben nach Bezeichnung der Initiative beziehungsweise des Instruments und jährlicher Höhe der finanziellen Mittel im geplanten Hamburger Haushalt ab 2019. b. Wenn nein, warum nicht? Maßnahmen zum Abbau psychischer Belastungen werden vom Amt für Arbeitsschutz in der Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz und den Arbeitsschutzbehörden der Länder seit 2013 im Rahmen der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA) mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales und den Unfallversicherungsträgern im Arbeitsprogramm „Psyche“ durchgeführt. In den Jahren 2015 – 2017 hat das Amt für Arbeitsschutz mit der Handelskammer ein Projekt „Starte jetzt – Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung“ durchgeführt. Die Aktivitäten sind Bestandteil der regulären Aufsicht und Beratung des Amtes für Arbeitsschutz der Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz. Insoweit sind diese im Haushaltsplan nicht gesondert ausgewiesen. 7. Wo ist das Evaluationsergebnis der Anlaufstelle PAG zu finden? Bitte das Evaluationsergebnis der Anlaufstelle PAG im Wortlaut anhängen oder Link mit URL zur Quelle mit Wortlaut angeben. Der Endbericht zur Evaluation wird im November 2018 vorliegen und veröffentlicht. Der Zwischenbericht ist veröffentlicht unter folgenden Links: Drucksache 21/14503 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 https://www.hamburg.de/arbeitsschutz/4664724/beratungsstelle-pag/, https://www.hamburg.de/contentblob/10120390/ae18a94d849ff45665b77c8ae42885d 2/data/zwischenbericht-pag.pdf. 8. Wann wurde das Hamburger Aufsichtskonzept „ABS – Aufsicht, Beratung , Systemüberwachung“ zuletzt und aufgrund welcher Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt angepasst? Bitte mit Datum angeben und Fundstelle . Das Hamburger Aufsichtskonzept ist im Februar 2016 angepasst worden. https://www.hamburg.de/aufsichtskonzept-arbeitsschutz/. Hierbei wurde das Rahmenkonzept der Länder „Überwachungs- und Beratungstätigkeit der Arbeitsschutzbehörden der Länder – Grundsätze und Standards“ (LV 1) konkretisiert und für Hamburg umgesetzt. Die risikoorientierte Auswahl der Betriebe ist angepasst worden. Auch die Veränderung der Arbeitswelt wurde berücksichtigt. Die Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie (GDA) und die Systemkontrolle sind wesentlicher Bestandteil des Konzeptes. 9. Wie viele Arbeitsunfälle hat es seit 2011 in Hamburg gegeben? Wie viele davon endeten tödlich? Bitte nach Jahren, Branchen, kleinen, mittleren und Großunternehmen aufschlüsseln. Das Amt für Arbeitsschutz der Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz erhält keine regelhaften Informationen über Arbeitsunfälle. Das Unfallgeschehen insgesamt, aufgeschlüsselt nach Branchen und Berufsgenossenschaften, ist in den Jahresberichten „Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit“ der Bundesanstalt für Arbeit (BAuA) abgebildet. Eine Zuordnung zu den Ländern ist nicht vorhanden. Siehe dazu beispielhaft : https://www.baua.de/DE/Angebote/Publikationen/Berichte/Suga-2014.html. 10. In wie vielen Betrieben hat das Amt für Arbeitsschutz seit 2013 die Arbeitsschutzorganisation geprüft? Welche Mängel wurden festgestellt? Bitte aufschlüsseln nach Jahren, Branchen, kleinen, mittleren und Großunternehmen . a. In wie vielen Betrieben wurde eine mangelnde Gefährdungsbeurteilung festgestellt? b. In wie vielen Betrieben wurde eine fehlende Gefährdungsbeurteilung festgestellt? c. In wie vielen Betrieben wurde eine mangelnde Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen festgestellt? d. In wie vielen Betrieben wurde eine fehlende Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen festgestellt? Aufgrund der Einführung eines neuen elektronischen Erfassungssystems in der Abteilung Arbeitnehmerschutz liegen ab Juni 2014 nachstehende Daten vor: 01.06 2014 bis 31.12.2014 Kleine Unternehmen < 50 Mittlere Unternehmen 50 - 249 Große Unternehmen > 249 Gesamt Überprüfung Arbeitsschutzorganisation 139 43 7 189 Gefährdungsbeurteilung nicht angemessen 16 5 3 24 Gefährdungsbeurteilung nicht durchgeführt 29 9 0 38 2015 Klein Unternehmen <50 Mittlere Unternehmen 50 - 249 Große Unternehmen >249 Gesamt Überprüfung Arbeitsschutzorganisation 376 110 27 513 Gefährdungsbeurteilung 79 43 4 126 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/14503 5 nicht angemessen Gefährdungsbeurteilung nicht durchgeführt 55 6 1 62 2016 Klein Unternehmen <50 Mittlere Unternehmen 50 - 249 Große Unternehmen >249 Gesamt Überprüfung Arbeitsschutzorganisation 372 139 45 556 Gefährdungsbeurteilung nicht angemessen 103 37 11 151 Gefährdungsbeurteilung nicht durchgeführt 38 9 1 48 2017 Klein Unternehmen <50 Mittlere Unternehmen 50 - 249 Große Unternehmen >249 Gesamt Überprüfung Arbeitsschutzorganisation 377 117 56 550 Gefährdungsbeurteilung nicht angemessen 103 42 20 165 Gefährdungsbeurteilung nicht durchgeführt 17 6 3 26 01.01.2018 bis 30.09.2018 Klein Unternehmen <50 Mittlere Unternehmen 50 - 249 Große Unternehmen >249 Gesamt Überprüfung Arbeitsschutzorganisation 348 83 28 459 Gefährdungsbeurteilung nicht angemessen 112 30 8 150 Gefährdungsbeurteilung nicht durchgeführt 85 11 1 97 Eine nachträgliche Aufschlüsselung der Zahlen für 2013 und der ersten Jahreshälfte 2014 ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Gleiches gilt für die weitere Aufschlüsselung der Jahre 2015 bis 2018 in der geforderten Weise. Insgesamt wäre es dafür erforderlich, circa 3.000 Betriebsakten händisch auszuwerten.