BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/14584 21. Wahlperiode 19.10.18 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dennis Gladiator (CDU) vom 11.10.18 und Antwort des Senats Betr.: Übernehmen aus der Türkei gesteuerte Sicherheitskräfte in Deutschland hoheitliche Aufgaben? Ein Verbund in Deutschland lebender Türken nennt sich angeblich „Team Yörükoglu Europa“, suche die Nähe zum türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan und nehme dessen Sicherheitsinteressen in seinem Auftrag in Deutschland wahr, unter anderem während des G20-Gifels in Hamburg, als Wahlbeobachter der türkischen Parlamentswahlen im Juni und bei der Eröffnung einer Moschee Ende September in Köln-Ehrenfeld, wo Filmaufnahmen eine Straßenabsperrung durch Zivilisten zeigen. Ein Organisator der Gruppe soll in Hamburg leben, wegen unerlaubten Waffenbesitzes vorbestraft sein, mit den vom Hamburger Verfassungsschutz beobachteten türkischen Rechtsradikalen („Graue Wölfe“) sympathisieren und dennoch ohne Akkreditierung Zugang zum geschütztem Bereich des Hamburger Flughafens gehabt haben. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: In der Vorbemerkung des Fragestellers wird Presseberichterstattung referiert, die den zuständigen Behörden bekannt ist. Des Weiteren werden drei Ereignisse thematisiert, von denen das letztgenannte ausschließlich in die Zuständigkeit der Behörden des Landes Nordrhein-Westfalen fällt. Das Team Yörükoglu ist dem Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) Hamburg als der Adalet ve Kalkınma Partisi (AKP) nahe Organisation bekannt, die vereinzelt Kontakte zur Ülkücü-Bewegung aufweist. Weder die AKP noch ihr nahestehende Vereinigungen sind Beobachtungsobjekte des LfV Hamburg. Das LfV Hamburg gibt in ständiger Praxis keine Auskünfte zu Einzelpersonen. Im Übrigen siehe Verfassungsschutzbericht 2017: https://www.hamburg.de/contentblob/11448332/ e4be65121f430993b37e3f9a50928f89/data/vsb-2017-pressefassung.pdf. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Was ist dem Senat beziehungsweise der zuständigen Behörde über Tätigkeiten und Personen eines „Teams Yörükoglu Europa“ bekannt? Siehe Vorbemerkung. 2. Gibt es Anzeichen, dass Präsident Erdogan versucht, Personen zur Wahrnehmung seiner Sicherheitsinteressen in Deutschland anzuwerben ? Wenn ja, in welcher Form? Wenn nein, wie erklären sich Bilder von Zivilpersonen, die Absperrungen von Straßen vornehmen? Drucksache 21/14584 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 3. Sind die Verflechtungen der Gruppe „Yörükoglu“ mit dem türkischen Staat beziehungsweise seinem Präsidenten in organisatorischer und finanzieller Hinsicht untersucht worden? Wenn ja, wann, von wem und mit welchem Ergebnis? Wenn nein, wieso nicht? Den Hamburger Sicherheitsbehörden liegen derartige Erkenntnisse nicht vor. Absperrungen durch Zivilpersonen sind in Hamburg im erfragten Kontext nicht erfolgt. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 4. Wurde der angebliche Aufenthalt eines angeblich vorbestraften Mitglieds der Gruppe „Yörükoglu“ im Hochsicherheitsbereich des Hamburger Flughafens untersucht? Wenn ja, wann, von wem, wie ist der Vorfall zu erklären und mit welchen Untersuchungsergebnissen? Wenn nein, wieso nicht, obwohl davon Fotos verbreitet werden? Der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation (BWVI) und der FHG lagen bisher keine Informationen über einen Aufenthalt eines Mitglieds der Gruppe „Yörükoglu“ im G20-Sonderbereich vor. Luftsicherheitsrechtlich gibt es einen Sicherheitsbereich und darin einen weiteren sogenannten sensiblen Teil des Sicherheitsbereiches. Vor Eintritt in diesen sensiblen Teil des Sicherheitsbereichs müssen grundsätzlich alle Personen und gegebenenfalls Fahrzeuge im Hinblick auf das Mitführen unzulässiger Gegenstände kontrolliert werden . Die Bundespolizei ist gemäß § 5 Luftsicherheitsgesetz zuständig für die Durchsuchung von Passagieren sowie des Gepäcks. Die Durchführung der Zugangskontrollen für alle anderen Personen, die den Sicherheitsbereich betreten wollen, obliegt dem Flughafenbetreiber. Für Personen, die sich nur gelegentlich im Sicherheitsbereich eines Flughafens aufhalten, ist eine Zuverlässigkeitsüberprüfung gemäß § 7 Luftsicherheitsgesetz , für die unter anderem Auskünfte aus dem Bundeszentralregister eingeholt werden, nicht erforderlich. Dies gilt ebenso für Fluggäste. Die FHG hat für den G20-Gipfel temporär im sensiblen Teil des Sicherheitsbereiches einen „G20-Sonderbereich“ eingerichtet, der baulich beziehungsweise durch personelle Maßnahmen vom übrigen sensiblen Teil des Flughafens getrennt und gegen ein unbefugtes Betreten oder Verlassen gesichert war. Zum G20-Sonderbereich war der Zugang mit einem G20-Ausweis möglich, der von der Ausweisstelle des Flughafens für Externe ausgestellt wurde. Voraussetzung war, dass die Person auf einer entsprechenden Namensliste stand, die durch das Auswärtige Amt an die FHG gegeben wurde. Welchen Personen im Rahmen des G20-Gipfels ein solcher Ausweis ausgestellt worden ist, ist nicht mehr nachvollziehbar, da die FHG keine Rechtsgrundlage hatte, um diese personenbezogenen Daten über den Anlass hinaus aufzubewahren. Die Datenbank für das G20-Ausweissystem wurde daher nach Ablauf eines Jahres gelöscht. Hamburger Behörden oder die FHG haben in diesem Kontext keine Akkreditierungen vorgenommen. Der Zutritt in den G20-Sonderbereich erfolgte für diesen Personenkreis nur nach einer Zugangskontrolle und Durchsuchung der Person, der mitgeführten Gegenstände und gegebenenfalls der Fahrzeuge. Zuständig für diese Kontrollen waren sowohl die FHG als auch die Bundespolizei im Bereich des sogenannten General Aviation Terminal (GAT) des Flughafens. Der G20-Sonderbereich konnte von den G20-Teilnehmerinnen und -Teilnehmern nicht in Richtung des regulären Sicherheitsbereiches des Flughafens verlassen werden. Ein Verstoß gegen die Anforderungen des festgelegten Verfahrens oder ein Versuch, den Sonderbereich ohne Zugangskontrolle zu betreten, ist der zuständigen Behörde nicht bekannt. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/14584 3 5. Besteht nach Ansicht der zuständigen Behörden die Gefahr, dass durch Aktivitäten der Gruppe „Yörükoglu“ oder vergleichbarer Zusammenschlüsse ein türkischer Einfluss bis hin zu einem militanten türkischen Nationalismus über die Grenzen nach Deutschland ausgedehnt wird? Wenn ja, welche Maßnahmen werden von wem konkret dagegen ergriffen ? Wenn nein, wieso nicht? Das parlamentarische Fragerecht umfasst einen Anspruch auf Auskünfte, nicht jedoch auf meinungsbildende Stellungnahmen (vergleiche ThürVerfGH, Urteil vom 19.12.2008 – 35/07 –, juris Rn. 177), von denen der Senat deshalb auch im vorliegenden Fall absieht. Im Übrigen siehe Antwort zu 4 und Vorbemerkung.