BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/14628 21. Wahlperiode 23.10.18 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Heike Sudmann (DIE LINKE) vom 15.10.18 und Antwort des Senats Betr.: Verkehrsbeschränkende Maßnahmen zum Schutz vor Lärm und Abgasen – Wie ist der Stand der Dinge? Seit der Großen Anfrage Drs. 21/8446 der Fraktion DIE LINKE sind mittlerweile rund 18 Monate vergangen. Bereits zum damaligen Zeitpunkt warteten rund 400 Menschen, die von starkem Verkehrslärm und/oder verkehrsbedingten Schadstoffemissionen in Hamburg betroffen sind, seit mehr als einem Jahr darauf, dass die Freie und Hansestadt Hamburg tätig wird und sie schnellstmöglich vor schädlichen Verkehrsemissionen schützt. Nach rund zweieinhalb Jahren Wartezeit ist davon auszugehen, dass die zuständigen Behörden die entsprechenden Anträge geprüft und, sofern Grenz- beziehungsweise Richtwerte überschritten werden, Maßnahmen zum Schutz der Wohnbevölkerung ergriffen haben. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die Anordnung von verkehrsbeschränkenden Maßnahmen setzt eine Einzelfallprüfung und den Nachweis der Erforderlichkeit, Geeignetheit und Angemessenheit im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung voraus. Dabei sind alle berechtigten Interessen der Antragsteller, der Allgemeinheit und der sich aus den sich verändernden Verkehrsabläufen neu ergebenden Betroffenen sorgfältig gegeneinander abzuwägen. § 45 Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) gibt dem Einzelnen einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über ein straßenverkehrsrechtliches Einschreiten, wenn Lärm Beeinträchtigungen mit sich bringt, die jenseits dessen liegen , was unter Berücksichtigung der Belange des Verkehrs als ortsüblich hingenommen werden muss und damit zugemutet werden kann. Die zuständige Behörde darf aber auch bei erheblichen Lärmbeeinträchtigungen von verkehrsbeschränkenden Maßnahmen absehen, wenn ihr dies mit Rücksicht auf die damit verbundenen Nachteile gerechtfertigt erscheint (vergleiche BVerwG, Urteil vom 04. Juni 1986 – 7 C 76/84 -, BVerwGE 74, 234-241). Für die rechtskräftige Bescheidung sind komplexe Prüfverfahren erforderlich, die sich einerseits auf die tatsächliche Beeinträchtigung, andererseits auf die Wirkungen von Maßnahmen beziehen und dabei wiederum in einen Kontext mit anderen Vorhaben aus dem Komplex Luftreinhaltung und Lärmschutz gestellt werden müssen. Einige Antragstellende haben mitgeteilt, dass sie eine Gebührenerhebung für die Bearbeitung ausdrücklich ablehnen. Voraussetzung für die Durchführung eines Verwaltungsverfahrens ist, dass es nicht an eine Bedingung geknüpft wird. Die Zuarbeit zur Entscheidungsfindung seitens der zuständigen Behörde umfasst folgende Bestandteile: Aufbereitung der Verkehrsdaten der Örtlichkeit (gegebenenfalls Durchführung einer Verkehrszählung), Drucksache 21/14628 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Lärmberechnung nach RLS 90 (durch ein externes Büro), Einschätzung der verkehrlichen Situation (Netzfunktion), Einschätzung der Auswirkungen von straßenverkehrsrechtlichen Maßnahmen auf den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) und den Wirtschaftsverkehr, Einschätzung möglicher Verlagerungseffekte als Folge straßenverkehrsrechtlicher Maßnahmen. Im Übrigen siehe Drs. 21/8446, 21/9019, 21/11128, 21/11322 und 21/12284. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie viele Anträge auf verkehrsbeschränkende Maßnahmen zum Schutz vor Lärm und Abgasen nach § 45 StVO liegen den Behörden aktuell vor? Bis zum Stichtag 16. Oktober 2018 sind bei der zuständigen Straßenverkehrsbehörde insgesamt 424 Anträge eingegangen. 2. Wie viele der unter Nummer 1. genannten Anträge wurden rechtswirksam positiv beschieden, wie viele rechtswirksam negativ? Ein Antrag wurde negativ beschieden. Die übrigen Anträge wurden noch nicht beschieden. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 3. Wie viele der unter Nummer 1. genannten Anträge auf verkehrsbeschränkende Maßnahmen zum Schutz vor Lärm und Abgasen nach § 45 StVO sind derzeit hamburgweit (noch) anhängig? Es sind zurzeit hamburgweit 48 Verfahren anhängig. 4. Wie lange dauerte die Bescheidung der unter Nummer 2. genannten Anträge im Mittel und maximal? Die Bescheidung des Antrages dauerte 889 Tage. 5. Wie lange liegen die unter Nummer 3. genannten Anträge den zuständigen Behörden im Mittel und maximal schon vor? Im statistischen Mittelwert liegen die Anträge 601 Tage vor. Zum Stichtag 16. Oktober 2018 lagen die ältesten Anträge 1.230 Tage vor. 6. Für wie viele der unter Nummer 1. genannten Anträge sind derzeit Verfahren vor dem Hamburger Verwaltungsgericht anhängig? Bitte auch jeweils die betroffenen Straßenabschnitte nennen. 7. Wurden zu den unter Nummer 6. genannten Verfahren vor dem Verwaltungsgericht bislang Urteile gesprochen und/oder Vergleiche geschlossen ? Falls ja, mit welchem Ergebnis? Bitte auch jeweils die betroffenen Straßenabschnitte nennen. Verfahren nach § 45 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) werden beim Hamburger Verwaltungsgericht statistisch nicht erfasst. In einer händischen Auswertung konnten durch die Kammern für Verkehrsrecht des Hamburger Verwaltungsgerichts folgende Verfahren ermittelt werden: Am Stichtag 16. Oktober 2018 waren beim Verwaltungsgericht Hamburg acht Klageverfahren anhängig, die verkehrsbeschränkende Maßnahmen zum Schutz vor Lärm und Abgasen nach § 45 Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 StVO zum Gegenstand haben. Diese Verfahren betreffen die Straßen Schwanenwik, Kirchwerder Landweg, Rissener Landstraße, Sülldorfer Brooksweg, Schäferkampsallee, Max-Brauer-Allee, Heimfelder Straße. Entscheidungen sind in diesen Verfahren bislang nicht ergangen.