BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/14682 21. Wahlperiode 26.10.18 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Carsten Ovens, Philipp Heißner und Dennis Thering (CDU) vom 19.10.18 und Antwort des Senats Betr.: Probleme bei den neuen Zügen und unsichere Fördermittel vom Bund – Steht der Ausbau der S21 auf der Kippe? Das Projekt der Bundesländer Hamburg und Schleswig-Holstein, die insgesamt rund 30 Kilometer lange Bahnstrecke zwischen Hamburg-Eidelstedt und Kaltenkirchen zu elektrifizieren und anschließend von der S-Bahn Hamburg statt wie bislang von der AKN Eisenbahn GmbH (AKN) bedienen zu lassen, hat sich bereits signifikant verzögert. Nach Medienberichten müssen jedoch die für den Betrieb vorgesehenen Züge bis November 2018 beim Hersteller Bombardier bestellt werden, damit die vereinbarte Preisbindung nicht verfällt. Würde dieser Bestellzeitraum verpasst , drohen offenbar nicht nur höhere Kosten, sondern eventuell sogar die komplette Einstellung der speziell für den Hamburger Betrieb ausgelegten Sonderbaureihe seitens des Herstellers. In Drs. 21/12104 berichtete der Senat, dass Fördermittel in Höhe von 66,7 Millionen Euro beim Bund beantragt wurden. Sollten jedoch weitere Verzögerungen beim Projekt den Kosten-Nutzen-Faktor negativ beeinflussen, könnte die Förderfähigkeit seitens des Bundes nicht anerkannt werden. Ohne die Fördermittel des Bundes, die rund 60 Prozent des Projektvolumens ausmachen , ist die Realisierung des Ausbaus der Strecke stark gefährdet. Dazu droht die Entscheidung, auf den zweigleisigen Ausbau bei Ellerau zu verzichten, das Projekt um weitere Jahre zu verzögern. Für Berufspendler und Anwohner im Umkreis ist diese Entwicklung ein erneuter Rückschlag. Angesichts eines möglichen Scheiterns des Gesamtprojekts verdienen sie rechtzeitig vor den Bezirksversammlungswahlen 2019 und der Bürgerschaftswahl 2020 Transparenz und Offenheit bezüglich der weiteren Entscheidungen . Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Der Senat erwartet für den hamburgischen Abschnitt noch im Jahr 2018 einen Planfeststellungsbeschluss . Ein Planfeststellungsbeschluss für den Abschnitt in Schleswig- Holstein wird dort für Ende des Jahres 2020 erwartet. Der Baubeginn für das länderübergreifende Projekt wird nach den Baufeldräumungen für das Jahr 2023 erwartet. Eine Inbetriebnahme wäre dann Ende des Jahres 2025 möglich. Der Verkehrsvertrag mit der S-Bahn Hamburg GmbH (S-Bahn Hamburg) enthält Bestelloptionen für die Beschaffung von Fahrzeugen, die für den Betrieb des erweiterten S-Bahn-Netzes erforderlich sind. Nach Maßgabe dieser Option können die Aufgabenträger bei der S-Bahn Hamburg insgesamt noch bis zu 74 S-Bahn-Fahrzeuge für Drucksache 21/14682 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 das gesamte (zukünftige) Netz bestellen, das heißt, auch für den Betrieb der S21 kann die notwendige Anzahl von Fahrzeugen auf dieser Grundlage beschafft werden. Die im Jahr 2013 vertraglich vereinbarte Frist zur Bestellung von Fahrzeugen auf Grundlage dieser Option läuft Ende November 2018 aus. Die Länder Schleswig-Holstein und Hamburg verhandeln derzeit mit der S-Bahn Hamburg über eine Verlängerung dieser Frist für die Ausübung der Bestelloption. Ziel der Verhandlungen der S-Bahn Hamburg über die Verlängerung der Bestellfristen ist es unter anderem, eine Auslieferung der Fahrzeuge möglichst zeitnah zum Fertigstellungszeitpunkt der Infrastruktur zu ermöglichen. Es zeichnet sich bisher ab, dass die Mehrkosten einer solchen Verlängerung der Bestellfristen deutlich geringer sein werden als eine umgehende Bestellung von Fahrzeugen bis Ende November des Jahres 2018, die mit einer mehrjährigen Unterhaltung der Fahrzeuge inklusive Werteverzehr und Abstellung von Fahrzeugen bis zur Betriebsaufnahme der S21 verbunden wäre. Der zuständigen Behörde liegen keine Informationen zu einer herstellerseitigen Absicht, die Baureihe 490 einzustellen, vor. Der Senat beantwortet die Fragen teilweise auf Grundlage von Auskünften der AKN Eisenbahn GmbH, des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Arbeit, Technologie und Tourismus – Schleswig Holstein sowie des Nahverkehrsverbunds Schleswig-Holstein GmbH wie folgt: 1. Wann rechnet der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde aktuell mit der Fertigstellung des Projekts? Wie sieht der aktuelle Zeitplan (Planfeststellungsverfahren, Baubeginn, Inbetriebnahme) aus? 2. Treffen die Medienberichte zu, dass die für den Betrieb der ausgebauten S21 benötigten 20 S-Bahn-Züge bis November 2018 bestellt sein müssen , damit die mit dem Hersteller Bombardier vereinbarte Preisbindung nicht verfällt? Siehe Vorbemerkung. 3. Wie hoch ist die vereinbarte Summe für die Bestellung der für den Betrieb der ausgebauten S21 benötigten Züge? Der Kaufpreis ist von der S-Bahn Hamburg an den Hersteller, Bombardier Transportation , zu entrichten. Die zuständige Behörde entrichtet ein Bestellerentgelt für die Verkehrsleistung . 4. Werden die Züge vor Ablauf der Preisbindung bestellt werden? Wenn ja, wann rechnet der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde mit der Auslieferung der bestellten Züge? Und falls diese vor Fertigstellung des Ausbaus der S21-Linie erfolgt, welche Nutzung ist für die ausgelieferten Züge bis zur Fertigstellung vorgesehen? Wenn nein, mit welchen Kostensteigerungen rechnet der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde und wie wird die Gefahr bewertet, dass die Sonderbaureihe seitens des Herstellers eingestellt wird und auf die neue Baureihe im Jahr 2033 gewartet werden muss? Siehe Vorbemerkung. 5. Geht der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde von einer Kostensteigerung des Projekts durch die weitere Verzögerung aus? Auf welche Summe beläuft sich die aktuelle Kostenschätzung? Siehe Drs. 21/11900. Die Kostenschätzung wird im Zuge der abschnittweisen Umplanungen auf einen eingleisigen Abschnitt im Bereich Ellerau in Schleswig-Holstein noch aktualisiert. 6. Sieht der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde Anhaltspunkte , dass durch höhere Kosten des Gesamtprojekts der Nutzen-Kosten- Faktor infolge einer Kostensteigerung unter 1 sinkt und somit die Förderfähigkeit durch den Bund erlischt? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/14682 3 Nein. 7. Welchen Wert hat der Nutzen-Kosten-Faktor für das Gesamtprojekt aktuell? Es zeichnet sich auch für die eingleisige Variante ein positives Nutzen-Kosten- Verhältnis ab. Der Abschlussbericht zur Standardisierten Bewertung wird erstellt und muss geprüft und vom Bund abgenommen werden. 8. Wann rechnet der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde mit der Entscheidung des Bundes über die Förderfähigkeit des Projekts? Die Gespräche mit dem Bund laufen hierzu. Ein konkreter Zeitpunkt kann derzeit nicht benannt werden. 9. Prüft der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde alternative Finanzierungsoptionen für den Fall, dass Fördermittel des Bundes nicht zur Verfügung stehen? Wenn ja, welche anderweitigen Finanzierungsoptionen kommen infrage? Die zuständige Behörde hat keinen Anlass, davon auszugehen, dass Fördermittel des Bundes nicht zur Verfügung stehen. 10. In Drs. 21/12104 antwortete der Senat, dass die in Drs. 21/11801 erwähnte Station Schnelsen-Süd, die zwischen dem Fußweg- Bahnübergang Brumerskamp/Eidelstedter Brook und dem Bahnübergang Halstenbeker Straße errichtet werden soll, nicht vor der Elektrifizierung der AKN-Linie 1 (S21) in Betrieb genommen werden soll. Plant der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde im Falle weiterer Projektverzögerungen eine Revision dieser Entscheidung, um wenigstens den Stadtteil Schnelsen zeitnah besser anzubinden? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, a) welche Voraussetzungen müssten geschaffen werden, um dies zu erreichen und wann wird der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde dies vornehmen? b) wann soll die Station fertiggestellt und eröffnet werden? Der zusätzliche Halt ist mit Dieseltraktion und aufgrund der zeitlichen Bedarfe für den Halt sowie wegen der zurzeit teilweise bestehenden Eingleisigkeit betrieblich nicht umsetzbar und könnte nicht fahrplankompatibel eingerichtet werden. Dieses ist erst mit Durchbindung der S21 bis Kaltenkirchen möglich.