BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/1469 21. Wahlperiode 11.09.15 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Birgit Stöver und Dennis Thering (CDU) vom 03.09.15 und Antwort des Senats Betr.: Entlastung der S-Bahn-Strecke zwischen Harburg Rathaus und Hauptbahnhof Die Strecke zwischen Harburg und Hauptbahnhof mit den Linien S3 und S31 gehört zu den am stärksten frequentierten S-Bahn-Strecken Hamburgs. Deutlich über 300.000 Pendler nutzen diese beiden S-Bahn-Linien täglich. Von 2011 bis 2014 hat sich deren Auslastung sogar um fast 40.000 erhöht (Drs. 21/253). Seit Längerem steht vor allem die Einsetzung einer Verstärkerlinie mit dem Arbeitstitel S32 zwischen Elbgaustraße/Altona und Harburg Rathaus im Raum, um die Belastung der bestehenden Linien sukzessive abzubauen und dem erwarteten weiteren Anstieg des Fahrgastaufkommens auf dieser Strecke gerecht zu werden. Auch in dem Senatsantrag (Drs. 20/7548) aus dem Jahr 2013 über den Abschluss des aktuellen Verkehrsvertrages mit der S-Bahn Hamburg GmbH über die ab 2018 zu erbringenden Verkehrsleistungen wird die S32 an mehreren Stellen erwähnt und in Anlage 3 die angedachte Linienführung verdeutlicht. Obwohl in Drs. 20/7548 der Fahrplanwechsel und damit die Möglichkeit der Einrichtung der Verstärkerlinie S32 für Ende 2018 angekündigt waren, ist die Einrichtung dieser Linien laut der Senatsantwort auf eine aktuelle Anfrage (Drs. 21/1027) nun erst frühestens im Dezember 2019 möglich. Damit würde sich die Linderung der zu Hauptverkehrszeiten täglich zu beobachtenden Überlastung der Linien S3 und S31 weiter verzögern. Eine umfassende und dauerhafte Entlastung für diesen Streckenabschnitt könnte ohnehin nur durch den Bau einer gänzlich neuen S- oder U-Bahn-Strecke erreicht werden . Es ist daher ebenfalls zu klären, welche Alternativstrecken und -linien der Senat zwischen Harburg und dem Hauptbahnhof plant. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Aufgrund technisch bedingter Fahrzeugausfälle kam es in den Jahren 2011 bis 2013 zu überdurchschnittlichen Auslastungen auf der Strecke Hauptbahnhof – Harburg, die unter anderem auf eine ungleichmäßige Verteilung der Fahrgastnachfrage zwischen den Linien S3 und S31 zurückgeführt werden konnte. Mit Erhöhung der Zuverlässigkeitsquote beim Fahrzeugeinsatz hat sich die Situation deutlich verbessert. Entscheidend für die Angebotsqualität in diesem Bereich ist unter anderem die Anzahl der eingesetzten Züge und nicht die Frage, ob sie als eigene Linie bezeichnet werden. Zur Erhöhung der Kapazität im Abschnitt Hauptbahnhof – Harburg ist die Verstärkung der Kapazitäten auf den vorhandenen Linien S3 und S31 durch vermehrte Einsätze sogenannter Langzüge (3 x 3 Wagen statt bisher 2 x 3 Wagen) vorgesehen. Drucksache 21/1469 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Der Senat beantwortet die Fragen unter Berücksichtigung von Auskünften der Hamburger Verkehrsverbund GmbH sowie der S-Bahn Hamburg GmbH wie folgt: 1. Worin liegt die Verschiebung des Einrichtungszeitpunktes der Linie S32 von Ende 2018 auf Dezember 2019 zwischen den Drs. 20/7548 und Drs. 21/1027 begründet? Der Zeitpunkt für die Einrichtung einer S32 in Richtung Harburg ist abhängig vom Lieferzeitpunkt der Fahrzeugindustrie im Dezember 2019. Im Übrigen siehe Vorbemerkung . 2. Warum hat der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde seit März 2011 darauf verzichtet, die S-Bahn Hamburg GmbH mit der Beschaffung der für die Linie S32 benötigten Fahrzeuge zu beauftragen? Die zuständige Behörde hat auf die Auftragsvergabe nicht verzichtet. Sämtliche Optionsausübungen und -bestellungen werden planmäßig ausgeübt, um eine frühestmögliche Bereitstellung der erforderlichen Fahrzeuge zu sichern. 3. Aus welchem Grund ist die Einrichtung einer Verstärkerlinie zwischen Harburg Rathaus und Altona/Elbgaustraße erst frühestens im Dezember 2019 möglich? Warum genau ist die Verstärkerlinie vom Fahrplanwechsel abhängig? Die dafür erforderlichen Fahrzeuge stehen erst Ende 2019 zur Verfügung. Aufgrund der linienbezogenen Abhängigkeiten im Gesamtnetz kann die Einführung neuer Linien grundsätzlich nur zum Fahrplanwechsel erfolgen. 4. Gibt es eine Möglichkeit, die Kapazitäten vor Dezember 2019 auszubauen ? Wenn ja, welche? Ja. Ab Dezember 2018 wird die Zahl der Langzugfahrten auf der S3 erhöht und eine Kapazitätssteigerung von etwa 10 Prozent erreicht. Hierzu wird die S-Bahn Hamburg drei neue Züge im Rahmen der Fahrzeugneubestellung beschaffen. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 5. Warum werden auf dieser Strecke gerade zu den Stoßzeiten nicht mehr Langzüge statt Vollzüge eingesetzt? Warum werden statt Kurzzügen keine Vollzüge eingesetzt? Eine Ausweitung schon vor Dezember 2018 ist aufgrund der gegenwärtigen Anzahl verfügbarer Fahrzeuge nicht möglich. Im Abschnitt Neugraben – Elbgaustraße (S3) beziehungsweise Neugraben – Altona (S31) verkehren grundsätzlich Vollzüge. Zusätzlich werden im Berufsverkehr auf Linie S3 schon heute mehrere Fahrten mit Langzügen angeboten. Dabei bewegt sich die Auslastung der Züge im Rahmen der mit dem HVV abgestimmten Beförderungsqualitäten, wonach in den Hauptverkehrszeiten mindestens 56 Prozent der Fahrgäste einen Sitzplatz bekommen müssen (siehe Drs. 20/14060). Der Einsatz von Kurzzügen geschieht außerplanmäßig nur bei Fahrzeugmangel, um Zugausfälle zu vermeiden. 6. Laut Drs. 20/7548 können die Länder Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein zusätzliche verkehrliche Leistungen bei der S-Bahn Hamburg GmbH bestellen. Der Auftrag der dafür erforderlichen Fahrzeuge muss bis zum 30. September 2018 vergeben sein: a) Wird der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde die S-Bahn Hamburg GmbH mit der Beschaffung der für die Einrichtung der Linie S32 benötigten Fahrzeuge bis zum 30. September 2018 beauftragen? Wenn ja, zu wann wird die Beauftragung erfolgen und wann werden die Fahrzeuge zur Verfügung stehen? Wenn nein, warum nicht und zu welchem Alternativtermin wird der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde die für die Linie Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/1469 3 S32 benötigten Fahrzeuge bei der S-Bahn Hamburg GmbH bestellen ? Die Linie „S32 Nord“ wäre im Abschnitt Elbgaustraße – Hauptbahnhof zwingender Teil des Projektes S21 (Ausbau der AKN-Strecke Eidelstedt – Kaltenkirchen für den S-Bahn-Verkehr). Sie könnte erst nach Ausbau der AKN eingerichtet werden. Die Realisierungsentscheidung wird in Abhängigkeit vom Ergebnis des Planfeststellungsverfahrens von der Hamburgischen Bürgerschaft und dem Land Schleswig-Holstein voraussichtlich Ende 2017 zu treffen sein. Zum Abschnitt Hauptbahnhof – Harburg Rathaus („S32 Süd“) laufen aktuell fachliche Untersuchungen. Abhängig von der Entscheidung im Jahre 2017 wäre die Umsetzung der Projekte S21/S32 Nord (Kaltenkirchen) und S32 Süd (Harburg) im Dezember 2019 möglich. b) Mit Kosten in welcher Größenordnung rechnet der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde bei der Beschaffung der für die Einrichtung der Linie S32 benötigten Fahrzeuge? Für Fahrzeuge der BR 490, die im Rahmen des S-Bahn Vertrages 2018 – 2033 zu beschaffen sind (siehe Drs. 20/7548), wurden feste Preise bei Vertragsabschluss vereinbart . Für eine S32 (Gesamtlinie Elbgaustraße – Harburg Rathaus) würden einschließlich anteiliger Betriebs- und Werkstattreserve 18 Fahrzeuge benötigt, deren Kosten insgesamt circa 100 Millionen Euro betragen. 7. Für die Beauftragung verkehrlicher Leistungen wie einer S-BahnVerstärkerlinie müssen zusätzliche Haushaltsmittel eingesetzt werden, die einen gesonderten Beschluss der Bürgerschaft voraussetzen. a) Bereitet der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde einen Bürgerschaftsbeschluss zur Einrichtung beziehungsweise Beauftragung von Leistungen im Rahmen der S32 vor? Ja. Siehe Antwort zu 6. a). b) Sind im aktuellen Doppelhaushalt für die Jahre 2015/2016 Finanzmittel für die Beauftragung von Leistungen zur Einrichtung der Verstärkerlinie S32 veranschlagt? Wenn ja, in welcher/welchem Produktgruppe/Aufgabenbereich welches Einzelplans und in welcher Höhe? Der Haushalt enthält keine expliziten Veranschlagungen für einzelne Verkehrsleistungen . Die Finanzierung der S32 wäre aus der Produktgruppe 269.01 unter Nutzung der in der Produktgruppe 269.04 veranschlagten Mittel möglich. c) Werden im kommenden Doppelhaushalt für die Jahre 2017/2018 Finanzmittel für die Beauftragung von Leistungen zur Einrichtung der Verstärkerlinie S32 veranschlagt? Wenn ja, in welcher/welchem Produktgruppe/Aufgabenbereich welches Einzelplans und in welcher Höhe? Der Haushaltsentwurf 2017/2018 wird im Jahr 2016 aufgestellt und der Bürgerschaft zur Beratung vorgelegt. 8. Wann wurden die bestehenden Verstärkerlinien S11, S21 und S31 jeweils in Betrieb genommen und wann genau wurde die Einrichtung dieser Linien jeweils vorher beantragt? S-Bahn-Verstärkerlinien sind Linien, die Montag – Freitag in den Hauptverkehrszeiten (circa 6 bis 9 Uhr sowie circa 14 bis 18 Uhr) das Angebot ganztägig verkehrender Hauptlinien kapazitativ ergänzen. Bestehende Hauptlinien sind die S1, S21, S3 und S31 (Abschnitt Altona – Hauptbahnhof), Verstärkerlinien die S11, S2 und S31 (Abschnitt Hauptbahnhof – Neugraben). Unabhängig von dieser Funktionsteilung verkehren Linien mit einstelliger Nummer grundsätzlich über Jungfernstieg, Linien mit zweistelliger Nummer über Dammtor. Drucksache 21/1469 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Die Linie S11 wurde 1979 mit durchgehender Inbetriebnahme des City-Tunnels und Führung der Züge Poppenbüttel – Wedel als S1 über Jungfernstieg eingerichtet, die Linie S31 folgte 1984 mit Inbetriebnahme der Harburger S-Bahn. Nach deren Inbetriebnahme übernahm die Linie S2 die Funktion einer Verstärkerlinie für den Bergedorfer Ast, deren Hauptlinie die S21 wurde. Über die Prozedere der genauen Beantragung dieser Linien in den 1980er Jahren liegen keine Unterlagen vor. 9. Wie ist das Planungs- und Antragsverfahren für die Einrichtung von S-Bahn-Verstärkerlinien genau organisiert? Welche gesetzlichen und/ oder vertraglichen Normen regeln die Einrichtung von S-BahnVerstärkerlinien in Hamburg? Der HVV prüft im Rahmen seines Qualitätssteuerungsverfahrens (QSV) grundsätzlich, ob und wo es im Schnellbahnnetz nachfrageseitig Bedarf für verkehrliche Anpassungen gibt. Anschließend erfolgen fahrplantechnische und betriebliche Prüfung sowie die Abschätzung des finanziellen Aufwands. Die zuständige Behörde bestellt gegebenenfalls über den HVV bei der S-Bahn Hamburg die Leistungen. Um diese umzusetzen , muss dann die S-Bahn Hamburg bei der DB Netz AG als Eigentümerin des Streckennetzes Fahrplantrassen bestellen. 10. Wann ist laut der gesetzlichen und/oder vertraglichen Normen der frühestmögliche Termin der Einrichtung der Verstärkerlinie S32? 11. Wann ist laut der gesetzlichen und/oder vertraglichen Normen der frühestmögliche Termin der Beantragung der Einrichtung der Verstärkerlinie S32? Voraussetzung ist das Vorhandensein von Fahrzeugen. Im Übrigen siehe Antwort zu 1. 12. Welches Referat beziehungsweise welche Abteilung ist in der zuständigen Behörde für die Planung und Beauftragung beziehungsweise Einrichtung von S-Bahn-Verstärkerlinien zuständig? Wie viele Stellen und Vollzeitäquivalente gibt es in diesem Referat beziehungsweise dieser Abteilung und wie hat sich deren Besetzung/Auslastung seit 2011 entwickelt ? Zur Vergabe des S-Bahn-Vertrags 2018 – 2033 war bis 2013 eine Projektgruppe eingerichtet . Seither wird die Aufgabe im Referat „Öffentlicher Personennahverkehr und nichtmotorisierter Verkehr“ in der Abteilung Mobilität des Amtes für Verkehr und Straßenwesen bearbeitet. Ohne Berücksichtigung der Leitungsfunktionen sind mit der Planung von S-BahnVerkehren die in der Tabelle genannten Stellen befasst. Stichtag Stellen Vollzeitäquivalente /Besetzung 30.06.2011 2,5 2,5 01.01.2012 2,5 2,5 01.01.2013 2,5 2,5 01.01.2014 2 0,26* 01.01.2015 2 1 01.09.2015 2 1,5 * Aufgrund von Elternzeit und Vakanz zum Stichtag 13. Welche über die S32 hinausgehenden Planungen für eine Verbesserung der Kapazität des schienengebundenen Nahverkehrs zwischen Hauptbahnhof und Harburg Rathaus verfolgt der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde und wie lautet jeweils der aktuelle Planungsstand? Im Rahmen der Planungen für den Ausbau des Hamburgischen U-Bahn-Netzes wird für den Fall einer erfolgreichen Olympiabewerbung eine Verlängerung der Linie U4 zum Kleinen Grasbrook vorbereitet.