BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/1473 21. Wahlperiode 11.09.15 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Detlef Ehlebracht, Dr. Bernd Baumann, Dr. Ludwig Flocken, Dr. Alexander Wolf (AfD) vom 03.09.15 und Antwort des Senats Betr.: Sommer für Kunst und Musik für Extremisten? − Die Kulturbehörde als Partner von Musikgruppen aus dem antifaschistischen, extrem linken Spektrum auf dem MS Dockville Festival in Hamburg Das MS Dockville Festival im Hamburger Stadtteil Wilhelmsburg erfreut sich steigender Beliebtheit. Im ersten Jahr 2007 waren 5.000 und am vorletzten Wochenende des Monats August 2015 bis zu 20.000 Besucher täglich anwesend. Einer der Partner des Dockville Festivals ist die Kulturbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg. Gemäß ihres Selbstverständnisses unterstützt die Kulturbehörde die Entwicklung von Kultur und Kreativwirtschaft, fördert Theater, Museen, Orchester und Bibliotheken sowie Einrichtungen und Projekte der Bereiche Kunst, Musik, Theater, Literatur, Film, Kinder- und Jugendkultur. Differenziert werden muss allerdings, zwischen Auftritten von Musikgruppen mit extremistischen Inhalten auf privaten Veranstaltungen und jenen, auf denen staatliche Stellen, wie die Kulturbehörde, als Partner fungieren. Hier wurde eine rote Linie überschritten! Unter zahlreichen internationalen Künstlern finden sich immer wieder Musikgruppen aus dem antifaschistischen, extrem linken Spektrum. So traten laut Internetseite des Festivals die Musikgruppen „Slime“ im Jahr 2010, „Die Goldenen Zitronen“ 2011 und „Feine Sahne Fischfilet“ (FSF) 2014 auf. Die Musikgruppen „Slime“ und „Die Goldenen Zitronen“ stammen aus Hamburg, sind bundesweit bekannt und genießen seit Jahrzehnten in der extrem linken Musikszene Kultstatus. Von allen genannten Musikgruppen können Tonträger im freien Verkauf erworben werden . Die Musikgruppe „Slime“ war unter anderem Gegenstand einer Anfrage der AfD-Fraktion (Drs. 21/536) im Zusammenhang mit dem von der Stadt veranstalteten Hamburger Hafengeburtstag, federführend ist die Behörde für Wirtschaft , Verkehr und Innovation. Die Fraktion der Hamburger CDU bezieht sich in ihrem Antrag (Drs. 21/1324) auf die parlamentarische Initiative der Hamburger AfD-Fraktion. Die Internetseite des MS Dockville Festivals bewirbt die Lieder „Bullenschweine“, „Deutschland“ und „Polizei SA/SS“ der Gruppe „Slime“ als „legendär.“ Ein Video auf dem Portal YouTube verweist auf das Lied „Deutschland“ (auch bekannt unter „Deutschland muss sterben “). „Die Goldenen Zitronen“, gegründet 1984, spielten in der von linken Gewalttätern besetzten Hafenstraße, auf Schulfesten und in autonomen Jugendzentren . „Es ist die Zeit als Punk mit dem linken Autonomenmilieu zusammenwächst “, so die Internetseite des Festivals. Drucksache 21/1473 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Die aus Mecklenburg-Vorpommern stammende Musikgruppe „Feine Sahne Fischfilet“ („FSF“), gegründet 2006, tritt seit Jahren bundesweit auf antifaschistischen , extrem linken Veranstaltungen auf – auch in Hamburg. „FSF“ steht bereits seit 2011 unter Beobachtung der dortigen Sicherheitsbehörden. Im Lied „Staatsgewalt“ heißt es: „Wir stellen unseren eigenen Trupp zusammen /und schicken den Mob dann auf euch rauf/die Bullenhelme – sie sollen fliegen/eure Knüppel kriegt ihr in die Fresse rein/und danach schicken wir euch nach Bayern/denn die Ostsee soll frei von Bullen sein.“ Besonders paradox erscheint die Kulturbehörde, als Partner von Gruppen, die Kunstfreiheit ablehnen, wie „Feine Sahne Fischfilet“. Auf der einen Seite spricht „FSF“ von ihrem Selbstverständnis her explizit nicht von Kunst, sondern sie „soll eine Art Werkzeug sein, um unserer Wut gegenüber Rassisten, Sexisten, Homophobie und Staat eine Stimme zu geben.“ Auf der anderen Seite nimmt „FSF“ die vom Grundgesetz garantierte Freiheit der Kunst für sich in Anspruch. Die Behörde spricht in diesem Zusammenhang von der Gegnerschaft der FSF-Mitglieder zur freiheitlich demokratischen Grundordnung (Verfassungsschutzbericht 2013 des Landes Mecklenburg-Vorpommern ). Der Kulturbehörde müssen diese Musikgruppen seit Jahren bekannt sein! Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Der Senat beantwortet die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften der Kopf & Steine GmbH wie folgt: 1. Seit wann ist die Kulturbehörde Partner des MS Dockville Festivals? Was beinhaltet die Partnerschaft im Einzelnen? Welche Höhe und aus welchen Mitteln wird das Festival von der Kulturbehörde beziehungsweise einer anderen staatlichen Stelle finanziell gefördert? Bitte grundlegend das Engagement der Kulturbehörde als Partner für das Festival im Einzelnen darstellen. Die Kulturbehörde war nicht Partner des Festivals, sondern unterstützt diese Veranstaltung im Wege einer Projektförderung in Höhe von 100.000 Euro jährlich seit 2013. Die Förderung erfolgte 2015 aus Mitteln der Kultur- und Tourismustaxe für die Attraktivierung der Musikstadt Hamburg, siehe dazu Drs. 20/14104. 2. Wer ist der Betreiber beziehungsweise Veranstalter des MS Dockville Festivals? In welche weiteren Veranstaltungen ist der Betreiber involviert , an denen auch staatliche Stellen wie die Kulturbehörde als Partner beziehungsweise Veranstalter beteiligt sind? Veranstalter des Festivals ist die Kopf & Steine GmbH. Über weitere Aktivitäten des Veranstalters ist der zuständigen Behörde nichts bekannt. 3. Wer ist für die Auswahl der Gruppen und Künstler auf dem MS Dockville Festival verantwortlich? Welche Stellen entscheiden unter welchen Kriterien beziehungsweise Vergabeverfahren über die Teilnahme von Künstlern oder Musikgruppen? Wurde in der Vergangenheit einem Teilnehmer der Auftritt verweigert? Wenn ja, aus welchen Gründen? Die Auswahl der Künstlerinnen und Künstler obliegt allein dem Veranstalter. 2015 wurde der Auftritt vom Musiker Ten Walls abgesagt, nachdem sich dieser öffentlich homophob geäußert hatte. 4. Welche Lieder der besagten Gruppen wurden auf dem MS Dockville Festival gespielt? Bitte die Lieder entsprechend den Gruppen zuordnen. Die Lieder der einzelnen Gruppen wurden im Vorfeld nicht festgelegt. Eine nachträgliche Erfassung ist nicht möglich. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/1473 3 5. Waren der Kulturbehörde die genannten Musikgruppen „Slime“, „Die Goldenen Zitronen“ und „Feine Sahne Fischfilet“ (FSF) bekannt? Wenn ja, wie bewertet die Kulturbehörde die besagten Musikgruppen und was veranlasste die Kulturbehörde, vor dem Hintergrund der politischen Einstellung dieser Gruppen, dennoch als Partner dieses Festivals in Erscheinung zu treten? Wenn diese Gruppen nicht bekannt sind, wie erklärt sich eine ihres entsprechenden Aufgabenfeldes zuständige Kulturbehörde , dass seit Jahrzehnten auftretende Musikgruppen aus Hamburg , wie „Slime“ und „Die Goldenen Zitronen“, der Hamburger Kulturbehörde nicht bekannt sind? 6. Hat sich die Kulturbehörde die Mühe gemacht, die Musikgruppen auf der Internetseite des besagten Festivals anzuschauen? Wenn ja, welche Bedenken hat die Kulturbehörde zu einem Auftritt der besagten Gruppen im Einzelnen gehabt und zu welchem Ergebnis ist die Behörde gekommen? Wenn nein, warum hat die Kulturbehörde als Partner keinen Überblick beziehungsweise setzt sich nicht mit Veranstaltern und den Musikgruppen auseinander? Siehe Antworten zu 1. und zu 3. 7. Teilt der Senat beziehungsweise die Kulturbehörde die Ansicht, dass Veranstaltungsformate staatlicher Stellen, auf denen Gruppen mit extremistischem Gedankengut auftreten, sich grundlegend verbieten? Wenn ja, weshalb ist die Kulturbehörde als Partner auf Veranstaltungsformaten in Erscheinung getreten, auf denen extremistische Musikgruppen auftreten? Wenn nein, wie begründet die Kulturbehörde, weiterhin als Partner von Veranstaltungsformaten in Erscheinung zu treten, auf denen extremistische Musikgruppen auftreten? 8. Teilt die Kulturbehörde die Ansicht, dass die explizite Ablehnung von Kunst, wie von der Musikgruppe „Feine Sahne Fischfilet“ geäußert, dem Selbstverständnis der Kulturbehörde widerspricht und daher nicht förderungsfähig ist? 9. Wie bewertet die Kulturbehörde Musiktexte, die den Staat und Vertreter der Exekutivorgane, wie die Polizei, verunglimpfen? Das MS Dockville Festival ist kein Veranstaltungsformat einer staatlichen Stelle, siehe Antwort zu 1. Im Übrigen geht die zuständige Behörde im Rahmen der Kulturförderung davon aus, dass sich sowohl Veranstalter als auch auftretende Künstlerinnen und Künstler an Recht und Gesetz halten. 10. Auf dem Gelände des MS Dockville Festival werden rassistische, sexistische , homophobe und andere Belästigungen sofort geahndet und enden mit einem Verweis vom Festivalgelände. Verbotene Symbole in jeglicher Form, Propagandamaterial sowie rechtsextremistische Musik sind strengstens untersagt! Gelten diese Bestimmungen beziehungsweise Richtlinien sinngemäß auch für den Linksextremismus? Wenn nein, warum nicht? Ja. 11. Wurde die Kulturbehörde von den Hamburger Sicherheitsbehörden im Vorfeld der jeweiligen Veranstaltungen über die besagten Musikgruppen informiert? Wenn ja, welche Informationen waren dieses im Einzelnen und zu welchem Ergebnis führten diese? Nein.