BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/1475 21. Wahlperiode 11.09.15 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Richard Seelmaecker (CDU) vom 03.09.15 und Antwort des Senats Betr.: Überlastung der Strafjustiz – Nachfragen Trotz des Montag angekündigten Pools von fünf Richtern, die je nach Bedarf beim Amtsgericht, Landgericht oder der Staatsanwaltschaft eingesetzt werden sollen, verkennt der Justizsenator weiterhin den Ernst der Lage und die starke Überlastung der Strafgerichte, die nicht nur zu Frustration bei den Richtern, Rechtspflegern und Geschäftsstellenmitarbeitern, sondern auch zu Freilassungen von Straftätern, Erinnerungslücken bei Zeugen und erheblichen Strafabschlägen bei Verurteilungen führen. Die Antwort des Senats auf meine Schriftliche Kleine Anfrage Drs. 21/1343 gibt Anlass zu Nachfragen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Wie hat sich die Anzahl der Vollzeitäquivalente der den großen Strafkammern angehörenden Berufsrichter seit dem Jahre 2010 entwickelt? In den großen Strafkammern hat sich die Anzahl der Vollzeitäquivalente ausweislich der Personalverwendungsstatistik wie folgt entwickelt: Jahr Große Strafkammern davon in Strafvollstreckungskammern 2010 69,84 13,35 2011 72,85 12,60 2012 73,50 12,80 2013 75,00 12,05 2014 76,00 11,20 20151 76,20 11,70 2. Wie hat sich die jährliche Fehlzeitenquote im Strafsegment des Landgerichts Hamburg seit dem Jahre 2010 entwickelt? Bitte nach Richtern, Rechtspflegern und Geschäftsstellenmitarbeitern getrennt darstellen. Fehlzeitenquoten werden nicht getrennt für den Strafbereich des Landgerichts erfasst. Es liegen nur Daten für das Landgericht insgesamt getrennt nach den nachfolgend dargestellten Berufskategorien2 vor. Durch die Ablösung der alten Fehlzeitenerhebungssoftware sind keine Datenbestände aus den Jahren 2010 und früher vorhanden. 1 Erstes Halbjahr 2015. 2 Es erfolgt keine gesonderte statistische Erfassung nach Geschäftsstellenmitarbeiterinnen und Geschäftsstellenmitarbeitern. Soweit hinsichtlich der angegebenen Zeiträume Unterschiede bei den aufgeführten Berufskategorien bestehen, war die Berufskategorie – soweit sie in der Tabelle nicht aufgeführt ist – in dem betreffenden Zeitraum nicht vertreten oder es waren kei- Drucksache 21/1475 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Die Fehlzeiten ab dem Jahr 2011 können den nachfolgenden Tabellen entnommen werden, wobei für die Jahre 2011 und 2012 nur eine differenzierte Darstellung für die Leitung und die Rechtspflege des Landgerichts verfügbar ist. Zeitraum 01.01. – 31.12.2011 Leitung Landgericht Berufskategorien Fehlzeitenquote Bürofach-/Bürohilfskräfte 5,4% Datenverarbeitungsfachleute 6,3% Leitende/entscheidende Verwaltungsfachleute 4,3% Pförtnerinnen und Pförtner, Hauswartpersonal 5,7% Rechtspflegerschaft 1,2% Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte 0,3% Stenotypistinnen und Stenotypisten, Schreibpersonal 5,4% Übrige Dienstleistungsberufe 4,5% Gesamt 3,7% Zeitraum 01.01. – 31.12.2011 Landgericht Rechtspflege Berufskategorien Fehlzeitenquote Bürofach-/Bürohilfskräfte 10,90% Haus-, Gewerbeverwaltung 9,8% Leitende/entscheidende Verwaltungsfachleute 8,2% Pförtnerinnen und Pförtner, Hauswartpersonal 6,6% Raum-, Hausratreinigungskräfte 14,0% Rechtspflegerschaft 2,7% Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte 1,7% Sozialpädagogische Fachkräfte 9,8% Stenotypistinnen und Stenotypisten, Schreibpersonal 8,0% Gesamt 5,8% Zeitraum 01.01. – 31.12.2012 Leitung Landgericht Berufskategorien Fehlzeitenquote Bürofach-/Bürohilfskräfte 4,7% Datenverarbeitungsfachleute 3,0% Leitende/entscheidende Verwaltungs-fachleute 3,9% Pförtnerinnen und Pförtner, Hauswartpersonal 4,0% Rechtspflegerschaft 1,2% Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte 0,9% Übrige Dienstleistungsberufe 10,0% Vollstreckungs-/Vollzugspersonal 13,1% Gesamt 3,7% Zeitraum 01.01. – 31.12.2012 Landgericht Rechtspflege Berufskategorien Fehlzeitenquote Bürofach-/Bürohilfskräfte 8,1 % Pförtnerinnen und Pförtner, Hauswartpersonal 7,2 % Raum-, Hausratreinigungskräfte 19,3 % ne Fehlzeiten zu verzeichnen. Rückwirkend lässt sich nicht ermitteln, welcher dieser beiden Gründe einschlägig war. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/1475 3 Zeitraum 01.01. – 31.12.2012 Rechtspflegerschaft 5,5 % Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte 1,5 % Sozialpädagogische Fachkräfte 7,5 % Vollstreckungs-/Vollzugspersonal 9,2 % Gesamt 5,1 % Zeitraum 01.01. – 31.12.2013 Landgericht Berufskategorien Fehlzeitenquote Bürofach-/Bürohilfskräfte 9,0 % Datenverarbeitungsfachleute 3,7 % Leitende/entscheidende Verwaltungsfachleute 7,5 % Pförtnerinnen und Pförtner, Hauswartpersonal 8,3 % Raum-, Hausratreinigungskräfte 18,0 % Rechtspflegerschaft 4,8 % Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte 1,4 % Sozialpädagogische Fachkräfte 6,8 % Übrige Dienstleistungsberufe 29,6 % Vollstreckungs-/Vollzugspersonal 15,2 % Gesamt 5,9 % Zeitraum 01.01. – 31.12.2014 Landgericht Berufskategorien Fehlzeitenquote Bürofach-/Bürohilfskräfte 8,6 % Datenverarbeitungsfachleute 5,1 % Leitende/entscheidende Verwaltungsfachleute 7,5 % Pförtnerinnen und Pförtner, Hauswartpersonal 13,0 % Raum-, Hausratreinigungskräfte 11,0 % Rechtspflegerschaft 3,2 % Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte 1,1 % Sozialpädagogische Fachkräfte 4,9 % Übrige Dienstleistungsberufe 17,2 % Vollstreckungs-/Vollzugspersonal 9,0 % keine Angabe 0,2 % Gesamt 5,0 % Zeitraum 01.01. – 30.06.2015 Landgericht Berufskategorien Fehlzeitenquote Bürofach-/Bürohilfskräfte 10,1 % Datenverarbeitungsfachleute 8,3 % Leitende/entscheidende Verwaltungsfachleute 3,0 % Pförtnerinnen und Pförtner, Hauswartpersonal 8,4 % Raum-, Hausratreinigungskräfte 12,6 % Rechtspflegerschaft 8,3 % Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte 1,7 % Sozialpädagogische Fachkräfte 4,1 % Übrige Dienstleistungsberufe 8,1 % Vollstreckungs-/Vollzugspersonal 10,7 % keine Angabe 1,6 % Gesamt 6,2 % Drucksache 21/1475 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 3. Wie viele Verfahren wurden a. vor allen großen Strafkammern, b. vor den 18 turnusmäßig an Haftsachen teilnehmenden großen Strafkammern des Landgerichts Hamburg seit dem 1. Januar 2013 verhandelt? c. Wie viele davon waren Haftsachen? 4. Wie viele Verfahrensrügen wegen Verstoßes gegen die ordnungsgemäße Besetzung bei Verfahren der großen Strafkammern des Landgerichts wurden seit dem 1. Januar 2013 erhoben und wie viele von diesen waren erfolgreich? Die erfragten Daten werden statistisch nicht gesondert erfasst. Zur Beantwortung der Fragen müssten etwa 1.000 Verfahrensakten einzeln ausgewertet werden. Dies ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 5. Inwiefern wird der Begründung des Bundesgerichtshofs zur Aufhebung des Urteils aus dem Jahre 2015, die im Geschäftsverteilungsplan des Landgerichts vorgesehene ordentliche Vertreterkette habe nicht ausgereicht , da eine dauerhafte Erweiterung der Vertreterkette etwa in Form einer Ringverfügung zur Gewährleistung des Rechts auf den gesetzlichen Richter hätte erlassen werden können und müssen, Rechnung getragen? Der Geschäftsverteilungsplan des Landgerichts Hamburg ist anlässlich der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 20. Mai 2015 durch Präsidiumsbeschluss vom 24. Juni 2015 geändert worden, sodass nunmehr eine Ringvertretung besteht. Einzelheiten der Neuregelung ergeben sich aus dem aktuellen Geschäftsverteilungsplan des Landgerichts. Siehe unter: http://justiz.hamburg.de/gerichte/landgericht-hamburg/ zustaendigkeit/geschaeftsverteilungsplan/.