BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/1477 21. Wahlperiode 11.09.15 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Christiane Schneider (DIE LINKE) vom 03.09.15 und Antwort des Senats Betr.: Suizidversuche in den Einrichtungen der Zentralen Erstaufnahme in Hamburg (II) Immer wieder ist den Medien zu entnehmen, dass Flüchtlinge in Erstaufnahmeeinrichtungen Suizide beziehungsweise Suizidversuche begehen. In seiner Antwort auf die Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Schneider (Drs. 21/323) hat der Senat 18 Suizidversuche in zwölf Monaten bestätigt. Seither sind die Lebensbedingungen in den Erstaufnahmeeinrichtungen in Hamburg immer prekärer geworden. Vor diesem Hintergrund frage ich den Hamburger Senat: 1. Gab es seit dem 22.04.2015 Jahr Suizidversuche und/oder Vorfälle, bei denen es sich um einen Suizidversuch gehandelt haben könnte, von Bewohnerinnen oder Bewohnern einer Einrichtung der Hamburger Erstaufnahme ? Bitte getrennt darstellen nach Tat, vermuteter Tat, Monat und Unterbringung des Bewohners/der Bewohnerin, Ort der Tat, wenn es eine Unterbringung war, Geschlecht und Minderjährigkeit oder Volljährigkeit. Sollte eine Antwort in der zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich sein, bitte nachreichen. Angaben zu Suizidversuchen beziehungsweise zu Vorfällen, bei denen es sich um Suizidversuche gehandelt haben könnte, sind der folgenden Übersicht zu entnehmen. Es handelt sich dabei nur um solche Fälle, die innerhalb der Einrichtungen festgestellt wurden: Lfd. Nr. Art der (vermuteten) Tat Monat Ort der Tat (Unterbrin gung) Geschlecht (Alter) 1 Sturz von einem Dach (laut Erklärung des Bewohners gegenüber dem Mitarbeiter, welchem er seine sich bei diesem Sturz zugezogene Knieverletzung zeigt) April EA Schnacken burgallee Mann (volljährig) 2 Im Anschluss an einen tätlichen Angriff mit einer Rasierklinge auf einen WEKO-Mitarbeiter droht eine Bewohnerin, sich selbst umzubringen Mai EA Schwarzen berg Frau (volljährig) 3 Ein Bewohner, der sich bereits eine Schnittwunde am Arm zugefügt hat, versucht sich vom Dach eines Containermoduls zu stürzen Mai EA Mariental (Holstenhof weg) Mann (volljährig) Drucksache 21/1477 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Lfd. Nr. Art der (vermuteten) Tat Monat Ort der Tat (Unterbrin gung) Geschlecht (Alter) 4 Eine Frau versucht sich im Duschraum zu erhängen Mai ZEA Harburger Poststraße Frau (volljährig) 5 Ein Bewohner versucht sich vom Treppengeländer eines Containermoduls zu stürzen Mai EA Schnacken burgallee Mann (volljährig) 6 Ein Bewohner schneidet sich vor der Unterkunft mit Porzellanscherben den Unterarm auf Mai EA Dratelnstraße Mann (volljährig) 7 Ein Bewohner schlägt mehrfach seinen Kopf gegen die Wand seines Zimmers, als Mitarbeiter ihn daran hindern, versucht er sich aus dem Fenster zu stürzen Juni EA Dratelnstra ße Mann (volljährig) 8 Ein Bewohner nimmt eine größere Menge Tabletten und Reinigungsmittel ein Juni EA Schnacken burgallee Mann (volljährig) 9 Ein psychisch erkrankter Bewohner droht gegenüber einer Sozialmanagerin mit Suizid Juli EA Dratelnstraße Mann (volljährig) 10 Ein Bewohner droht gegenüber Mitarbeitern mit Suizid Juli EA Schnacken burgallee Mann (volljährig) 11 Eine psychisch erkrankte Bewohnerin droht nach einem tätlichen Angriff auf ihre eigene Mutter aus einem Fenster zu springen August EA Schnacken burgallee Frau (volljährig) 2. Wie viele der Menschen, die in Drs. 21/323 genannt werden, sind Frauen , Männer oder Kinder? Es liegen nur die Vorfälle für das Jahr 2015 in auswertbarer Form vor. Danach handelt es sich um sieben volljährige Männer. Um die Angaben zu den Vorfällen aus dem Jahr 2014 ermitteln zu können, bedürfte es durch den Betreiber einer händischen Auswertung. Dies ist für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage nicht möglich. 3. Welche Maßnahmen wurden getroffen, um die betroffenen Flüchtlinge in solchen Krisen psychologisch zu stabilisieren? Bitte aufschlüsseln nach Monat und Unterbringung. Sollte dies in der zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich sein, bitte alle Antworten nachreichen . Die eingeleiteten Sofortmaßnahmen sind der folgenden Übersicht zu entnehmen: Lfd. Nr. Art der Maßnahme Monat (Beginn der Maßnahme) Standort 1 Stationäre Aufnahme Mai AK Rissen 2 Stationäre Aufnahme Mai AK Harburg 3 Notaufnahme Mai - 4 Notaufnahme Mai AK Harburg 5 Notaufnahme Mai AK Altona 6 Notaufnahme Mai KH Groß Sand Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/1477 3 Lfd. Nr. Art der Maßnahme Monat (Beginn der Maßnahme) Standort 7 Bewohner lehnt alle im Gespräch mit dem Sozialmanagement angebotenen Hilfemaßnahmen ab 8 Notaufnahme Juni AK Altona 9 Stationäre Aufnahme Juli AK Harburg 10 Sozialpsychiatrischer Dienst wurde gerufen, stationäre Aufnahme Juli AK Rissen 11 Stationäre Aufnahme August AK Rissen 4. Was konkret ist mit „weitere Hilfestellung“ in der Antwort auf Frage 3. der Drs. 21/323 gemeint? Wie lang sind jeweils die Wartezeiten? „Weitere Hilfestellung“ bedeutet zunächst, dass Betroffene durch das Sozialmanagement beraten werden, welche medizinischen und/oder sozialen Angebote sowohl innerhalb der jeweiligen Einrichtung als auch außerhalb im Rahmen des regulären Gesundheitssystems zur psychischen Stabilisierung zur Verfügung stehen. Entsprechend der Wünsche der Betroffenen leisten die zuständigen Sozialmanager dann Hilfe zur Wahrnehmung entsprechender Angebote. Aufgrund der sehr unterschiedlichen Bedürfnisse und Möglichkeiten hängen Art und Weise der Hilfe beziehungsweise Unterstützung vom konkreten Einzelfall ab. Das medizinische Angebot vor Ort beinhaltet spezielle Traumatherapeuten, die Sprechstunden in den Einrichtungen abhalten. Vonseiten dieser Therapeuten kamen bereits einige Rückmeldungen über Bewohner, die dank der traumatherapeutischen Behandlung von suizidalen Absichten abgerückt sind. Außerdem werden in den verschiedenen Standorten aktuell psychiatrische Sprechstunden durch die sektoral zuständigen Krankenhäuser etabliert, welche einen engen Kontakt mit psychisch stark belasteten Bewohnern und deren direkte Vermittlung in ambulante oder stationäre Behandlungen ermöglichen. In jeder Einrichtung gibt es einen Koordinator, der als Schnittstelle zwischen diesen medizinischen Angeboten und f & w fördern und wohnen AöR fungiert. Für die vom Deutschen Roten Kreuz betriebenen Standorte steht bei Bedarf eine Traumatherapeutin zur Verfügung. Konkrete Daten zu Wartezeiten liegen nicht vor. Die Erfahrung zeigt, dass die medizinischen Einrichtungen ihrerseits aktuell sehr für die Bedürftigkeit der Bewohner sensibilisiert sind.