BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/1478 21. Wahlperiode 11.09.15 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Daniel Oetzel und Anna-Elisabeth von Treuenfels (FDP) vom 03.09.15 und Antwort des Senats Betr.: Aktueller Stand der Sprachförderung (II) In der Beantwortung der Schriftlichen Kleinen Anfrage Drs. 21/1330 hat der Senat Zahlen zum aktuellen Stand der additiven Sprachförderung mitgeteilt. Es ergeben sich hieraus einige Nachfragen. Unter anderem fällt auf, dass die Zahl der viereinhalbjährigen Kinder mit festgestelltem ausgeprägten Sprachförderbedarf in den letzten Jahren ungefähr konstant geblieben ist, während vom Schuljahr 2013/2014 zum Schuljahr 2014/2015 in allen Jahrgangsstufen ein deutlicher Rückgang der geförderten Kinder zu verzeichnen ist. Dies kann erstens bedeuten, dass die Kinder bereits im Vorschulalter eine bessere Förderung erhalten, sodass sie nur noch mit weniger Nachholbedarf als früher in die Grundschule kommen. Dagegen spricht aber, dass nach den Beantwortungen in Drs. 21/1330 sowie in Drs. 20/13636 (hier Frage 10.) in den letzten Jahren ebenfalls annähernd konstant circa 50 Prozent der Kinder nach dem Vorschulbesuch nicht mehr förderbedürftig waren. Es hat hier also keine Qualitätssteigerung gegeben. Oder zweitens wäre es als Erklärung denkbar, dass die Förderungen trotz gleichbleibenden Bedarfs heruntergefahren wurden. Zugleich fällt aber auf, dass die Zahlen der geförderten Kinder in den Klassenstufen 2 bis 4 jeweils doppelt so hoch sind wie in Klassenstufe 1, und zwar in allen Schuljahren der letzten Jahre. Das bedeutet wiederum, dass häufig erst in der ersten Klasse ein Nachholbedarf festgestellt wird, der dann ab der zweiten Klasse erfüllt wird. Da die Zahl der geförderten Kinder in den Klassenstufen 2 bis 4 nicht abnimmt, ist anzunehmen, dass die Sprachförderung hier nicht sehr effektiv ist. Im Übrigen fällt ein eklatanter Zahlenunterschied bei den geförderten Kindern in den ersten Klassen auf für die Schuljahre 2012/2013 und 2013/2014 bei den Drs. 20/13636 und 21/1330. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: 1. Warum ist vom Schuljahr 2013/2014 zum Schuljahr 2014/2015 in allen Jahrgangsstufen an den Grundschulen ein deutlicher Rückgang der geförderten Kinder zu verzeichnen, obwohl die Zahl der viereinhalbjährigen Kinder mit festgestelltem ausgeprägten Sprachförderbedarf in den letzten Jahren ungefähr konstant geblieben ist? 2. Warum ist die Anzahl der Kinder mit additiver Sprachförderung in den Jahrgangsstufen 2, 3 und 4 jeweils ungefähr doppelt so hoch wie in der Jahrgangsstufe 1? Warum wird offenbar der Sprachförderbedarf erst in der ersten Klasse festgestellt und erst ab der zweiten Klasse erfüllt? Drucksache 21/1478 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Die Angaben zum festgestellten Sprachförderbedarf der Viereinhalbjährigen und zur Sprachförderung in den Jahrgangsstufen 1 bis 4 der Grundschulen stammen aus unterschiedlichen Datenquellen (Viereinhalbjährige: Protokollbögen der Vorstellungsgespräche ; Jahrgangsstufe 1 bis 4: Schuljahresstatistik). Der Stichtag der Erhebung für die Schuljahresstatistik liegt zu einem frühen Zeitpunkt im Schuljahr, sodass davon auszugehen ist, dass noch nicht alle Sprachförderdiagnosen abgeschlossen und alle Förderbedarfe vollständig dokumentiert sind. Dies trifft insbesondere für die neu eingeschulten Kinder in der Jahrgangsstufe 1 zu. Da die Schulen für die Bearbeitung der Sprachförderdiagnostik in der Jahrgangsstufe 1 im Schuljahr 2014/2015 bis zum Erhebungsstichtag (8. September 2014, 18 Tage nach Schuljahresbeginn) noch weniger Zeit als im Schuljahr 2013/2014 (26. August 2013, 25 Tage nach Schuljahresbeginn) hatten, ist davon auszugehen, dass mehr Fälle als im Vorjahr noch nicht vollständig abgeschlossen werden konnten. Darüber hinaus zeigen Ergebnisse aus dem Sprachfördermonitoring, dass im Schuljahr 2013/2014 der Anteil der Grundschülerinnen und -schüler, die erfolgreich aus der Förderung entlassen werden konnten, mit 29,5 Prozent höher ausfiel als im Schuljahr 2012/2013 (24,8 Prozent), was folglich zu dem geringeren Anteil sprachförderbedürftiger Kinder im Schuljahr 2014/2015 beigetragen hat. 3. Warum nimmt die Zahl der Kinder mit additiver Sprachförderung in den Jahrgangsstufen 2 bis 4 nicht ab? Sollte aus Sicht des Senats eine erfolgreiche additive Sprachförderung nicht dazu führen, dass der Anteil an Schülern mit Bedarf nach additiver Sprachförderung mit jeder höheren Klasse geringer ausfällt? Aufgrund der mit den Jahrgangsstufen steigenden sprachlichen Anforderungen, besonders im schriftsprachlichen Bereich, kann nicht von einem kontinuierlichen Rückgang des Sprachförderbedarfs mit jeder höheren Jahrgangsstufe ausgegangen werden. Ergebnisse aus dem Sprachfördermonitoring zeigen, dass sich die Förderschwerpunkte über die Jahrgangsstufen hinweg verschieben (http://www.hamburg.de/ contentblob/4540136/data/pdf-bericht-sprachfoerdermonitoring-2011-2012.pdf, http:// www.hamburg.de/contentblob/4540134/data/pdf-bericht-sprachfoerdermonitoring- 2010-2011.pdf). Während in Jahrgangsstufe 1 hauptsächlich die allgemeine Sprachentwicklung und die phonologische Bewusstheit gefördert werden, sind es ab Klasse 2 die Leseförderung und zunehmend die Förderung der Rechtschreibung. Viele Schülerinnen und Schüler werden in aufeinander folgenden Jahrgangsstufen in verschiedenen Bereichen gefördert, sodass die Sprachförderung mit einer erfolgreichen Förderung in einem Bereich nicht insgesamt abgeschlossen ist. Generell ist zu berücksichtigen , dass ausgeprägter Sprachförderbedarf in der Regel nicht mit einer kurzfristigen Fördermaßnahme aufgehoben werden kann. Auch mit dem Ziel der Nachhaltigkeit erscheint in vielen Fällen eine länger angelegte Förderung sinnvoll. 4. Wieso sind in der Drs. 20/13636 für die Schuljahre 2012/2013 und 2013/ 2014 jeweils 2.808 und 2.795 Schüler in den ersten Klassen mit Sprachförderung angegeben und in der Drs. 21/1330 für dieselben Kennziffern 1.196 beziehungsweise 1.171? Liegt der Unterschied darin begründet, dass in Drs. 21/1330 offenbar nur die Kinder in den staatlichen Grundschulen angegeben wurden und in der Drs. 20/13636 möglicherweise auch die in den Schulen in privater Trägerschaft? Wenn ja: Warum hat der Senat in Drs. 21/1330 nur die Zahl der staatlichen Schulen angegeben, obwohl in beiden Fällen die Fragesteller ausdrücklich die Zahlen für Kinder mit additiver Sprachförderung an allen Grundschulen abgefragt haben? Bitte die Zahlen für die Privatschulen sowie dann die Gesamtzahlen nachtragen, sofern dies der Grund ist. Die Diskrepanz der genannten Zahlen ist nicht durch die Nichtberücksichtigung von Schülerinnen und Schülern an Schulen in freier Trägerschaft bedingt, sondern durch die Verwendung unterschiedlicher Datenquellen. In der Drs. 20/13636 wurden Zahlen aus dem Sprachfördermonitoring zugrunde gelegt, in der Drs. 21/1330 die Angaben aus der Schuljahresstatistik. Diese fallen in der Regel niedriger aus als die Zahlen aus Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/1478 3 dem Sprachfördermonitoring, siehe Antwort zu 1. Der Förderbedarf im Rahmen des Sprachfördermonitorings wird rückwirkend für ein ganzes Schuljahr angegeben.