BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/1481 21. Wahlperiode 11.09.15 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Dennis Gladiator und Joachim Lenders (CDU) vom 04.09.15 und Antwort des Senats Betr.: Übernahme von Schmerzensgeldansprüchen bei Gewalt gegen Polizeibeamte – Wer sorgt für einen Ausgleich für erlittene Schmerzen, wenn eine Vollstreckung beim Schädiger scheitert? Die Zahl der gegen Polizisten ausgeübten Gewalttaten nimmt nicht ab. Allein in der ersten Jahreshälfte 2015 wurden 877 Polizeivollzugsbeamte Opfer von Angriffen, davon 506 aus Widerstandshandlungen, wie sich aus der Drs. 21/1222 ergibt. Auch in den Jahren 2011 bis 2014 fielen zwischen 1.800 und 2.000 Polizeivollzugsbeamte Angriffen zum Opfer. Um einen Ausgleich für erlittene Schmerzen in Form eines Schmerzensgeldes zu erhalten, bleibt den Beamten in Hamburg häufig nur noch der Zivilrechtsweg, nachdem sie zuvor im Adhäsionsverfahren vor dem Strafgericht dorthin verwiesen wurden. Nicht selten kommt es vor, dass beim schädigenden Dritten mangels Liquidität keine Vollstreckung des Schmerzensgeldes möglich ist. Dies hat zur Folge, dass eine Entschädigung für den verletzten Beamten letzten Endes ausbleibt . Schmerzensgeld hat aber nicht nur eine materielle Funktion, sondern stellt eine Begleichung des immateriellen Schadens und nicht zuletzt auch eine gewisse Genugtuungsfunktion für den Verletzten dar. In anderen Bundesländern wird auf diese Problematik bereits eingegangen. Das Bundesland Schleswig-Holstein hat im § 83a LBG vom 31. März 2015 auf solche Fälle reagiert, indem der Dienstherr auf Antrag den Schmerzensgeldanspruch nach erfolgloser Vollstreckung gegenüber dem Dritten übernehmen kann. Auch in Bayern wird bereits ähnlich gehandelt. Im Landtag NordrheinWestfalens stellte die CDU-Fraktion erst kürzlich einen Gesetzesentwurf zur Änderung des Landesbeamtengesetzes vor, um dieser Angelegenheit Sorge zu tragen. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: 1. Wie viele Polizisten wurden im Juli und August 2015 Opfer tätlicher Angriffe? Bei wie vielen dieser Fälle handelte es sich um Widerstandshandlungen ? Die Aussagekraft der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) ist auf Jahresauswertungen ausgelegt, Monatszahlen werden nicht gesondert berechnet. Innerhalb eines Berichtsjahres unterliegt der PKS-Datenbestand einer ständigen Pflege, zum Beispiel durch Hinzufügen von nachträglich ermittelten Tatverdächtigen oder der Herausnahme von Taten, die sich im Nachhinein nicht als Straftat erwiesen haben. In der PKS wird ein Fall in dem Monat gezählt, in dem er erfasst wurde. Die Tatzeit bleibt dabei unberücksichtigt . Wird dieser Fall in einem Folgemonat im Sinne der vorstehend beschriebenen ständigen Pflege geändert, führt das in diesem Folgemonat zu einer erneuten Zählung , weil eine Datensatzänderung im rechnerischen Sinne eine neue Erfassung ist. In den sogenannten kumulativen Tabellen, die vom ersten bis zum aktuellen Monat des Jahres berichten, wird immer nur der eine Fall mit der letzten Änderung gezählt. Das Drucksache 21/1481 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 hat zur Folge, dass die Summe von Monatszahlen regelmäßig größer ist als die kumulativen Zahlen dieser Monate. Im Übrigen siehe Drs. 20/10680. 2. Wie hoch ist der Anteil der Adhäsionsverfahren, die zum Zivilgericht verwiesen werden? Eine Verweisung an ein Zivilgericht ist prozessual nicht vorgesehen. 3. Werden von der Freien und Hansestadt Hamburg Schmerzensgeldansprüche von verletzten Polizeibeamten gegenüber Dritten nach erfolgloser Vollstreckung bei diesen übernommen? Wenn ja, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang? Wenn nein, warum nicht? Eine solche Regelung ist im Hamburgischen Beamtengesetz nicht enthalten. Die zuständige Behörde prüft derzeit entsprechende Verfahren. 4. In welchen Fällen erfahren Polizeibeamte Rechtsschutz durch ihren Dienstherrn? Polizeibeamte erfahren in Hamburg Rechtsschutz nach Maßgabe der Polizeidienstvorschrift 350 (HH). Wird gegen einen Bediensteten wegen einer dienstlichen Tätigkeit oder eines Verhaltens, das mit solcher Tätigkeit im Zusammenhang steht, ein Verfahren betrieben, können auf seinen Antrag diejenigen Kosten, die für seine Rechtsverteidigung notwendig sind, und die Kosten eines Privat- oder Nebenklägers (Rechtsschutzkosten ), die dem Bediensteten durch Gerichtsbeschluss auferlegt werden, aus Haushaltsmitteln übernommen werden. Mögliche Fälle sind: - Einleitung eines Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft - Erhebung einer öffentlichen Klage im strafgerichtlichen Verfahren - Erhebung einer Privatklage (§ 374 StPO) oder Nebenklage (§ 395 StPO) - Einleitung einer Untersuchung vor einem Seeamt - Antrag auf Erlass eines Strafbefehls - Einleitung eines Bußgeldverfahrens Auch bei der Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche kann Rechtsschutz des Dienstherrn beantragt werden. In diesen Fällen handelt es sich um eine freiwillige Fürsorgeleistung des Dienstherrn in Form eines zinslosen Darlehens.