BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/14817 21. Wahlperiode 06.11.18 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein (FDP) vom 29.10.18 und Antwort des Senats Betr.: Belastung der Hamburger Justiz – Situation am Verwaltungsgericht Hamburg? (VI) Die Belastungssituation am Verwaltungsgericht und am Oberverwaltungsgericht ist weiterhin hoch. Die durchschnittliche Verfahrensdauer von Klagen beträgt 16,4 Monate. Klagen in Asylsachen dauern im Durchschnitt 13,5 Monate am Verwaltungsgericht. Zudem sind die Fehlzeiten bei Bürokräften am Verwaltungsgericht mit 10 Prozent im 1. Quartal 2018 anhaltend hoch. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die zuständige Behörde hält in Übereinstimmung mit der Präsidentin des Verwaltungsgerichts die Ausstattung des Gerichts und die organisatorischen Maßnahmen auch weiterhin für geeignet, mittelfristig die Bestände anhängiger Verfahren abzubauen . Die aktuelle Situation wird regelmäßig analysiert und der regelmäßige Austausch mit der Hamburger Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) fortgesetzt, um gegebenenfalls weitere Maßnahmen zeitnah ergreifen zu können. Auch die zuständige Behörde und das Verwaltungsgericht befinden sich in einem ständigen Austausch, in dem unter anderem Handlungsbedarfe im personellen Bereich identifiziert werden. Seit dem Jahr 2015 wurde das Verwaltungsgericht daraufhin bereits mehrfach personell deutlich verstärkt. In der Folge konnte das Verwaltungsgericht die Zahl der Erledigungen bei den Klagen in Asylsachen im Jahr 2017 gegenüber 2016 verdoppeln. Da in der ersten Jahreshälfte 2017 die Zahl der neu eingehenden Asylklagen besonders groß war, bauten sich trotzdem hohe Bestände auf. Bei mittlerweile niedrigeren Klageeingängen und gleichzeitig weiter gestiegenen Erledigungszahlen seit dem 1. Quartal 2018 hat nunmehr ein substanzieller Abbau der hohen Bestände von Klagen in Asylsachen eingesetzt. Dieser kontinuierliche Bestandsabbau in Asylverfahren setzt sich fort. Darüber hinaus hat die zuständige Behörde eine Bundesratsinitiative mit dem Ziel der Änderung des Asylgesetzes zur Verfahrensbeschleunigung auf den Weg gebracht. Gegenstand des Gesetzesentwurfs ist im Wesentlichen die Einführung der dem Asylrecht bislang unbekannten Möglichkeit des Verwaltungsgerichts, Rechtsmittel gegen Entscheidungen in der Hauptsache sowie im Eilrechtsschutzverfahren – für das Oberverwaltungsgericht verbindlich – zuzulassen. Dem Verwaltungsgericht fehlen bislang infolge der sehr restriktiven Rechtsschutzmöglichkeiten gegen erstinstanzliche asylrechtliche Entscheidungen einheitliche obergerichtliche Maßstäbe, um der Menge an zum Teil den gleichen Lebenssachverhalt betreffenden Verfahren gerecht zu werden. Die bisherige Rechtslage hat zur Uneinheitlichkeit der Rechtsprechung beigetragen und hierdurch Rechtsunsicherheit im Umgang mit tatsächlichen und rechtlichen Fragen hervorgerufen. Diese Entwicklung erschwert die prozessökonomische Erledigung asylrechtrechtlicher Verfahren. Ihr soll mit dieser Initiative begegnet und entgegengewirkt werden. Drucksache 21/14817 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Ebenso stehen die zuständige Behörde und der Präsident des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts im engen Kontakt und bewerten die Entwicklung der Belastung regelmäßig neu. Aufgrund dieser Bewertung kam es bereits zu Verstärkungen in 2017 um 0,5 und zum Beginn des Jahres 2018 um 1,0 VZÄ. Mit diesen personellen Kapazitäten konnte das Gericht seine Aufgaben erfüllen. Mit zunehmendem Abbau der Bestände in Klagen in Asylsachen beim Verwaltungsgericht Hamburg ist allerdings auch die Belastung des OVG in diesem Jahr weiter angestiegen. Hält diese Entwicklung an, können im Laufe des nächsten Jahres weitere Maßnahmen erforderliche werden. Im Übrigen sieht der Haushaltsplan-Entwurf 2019/2020 eine Verstetigung der erheblichen personellen Verstärkungen vor. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie viele anhängigen Verfahren lagen im 1.Quartal bis zum 3. Quartal 2018 am Hamburger Verwaltungsgericht bezogen auf a. Klagen in allgemeinen Sachen, b. Klagen in Asylsachen, c. Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz in allgemeinen Sachen, d. Verfahren im asylrechtlichen Eilverfahren vor? Verwaltungsgericht Hamburg: Bestände zum Ende des Berichtszeitraums 1. Quartal 2018 2. Quartal 2018 3. Quartal 2018 Klagen in allgemeinen Sachen 2.961 2.999 3.190 Klagen in Asylsachen 5.704 5.376 5.111 Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz in allgemeinen Sachen 386 223 935* Verfahren in asylrechtlichen Eilverfahren 128 93 102 * Der Anstieg der Bestände im 3. Quartal ist durch den saisonal üblichen Anstieg der NC- Verfahren bedingt. 2. Wie viele Neuzugänge konnten im 1. Quartal bis zum 3. Quartal 2018 am Hamburger Verwaltungsgericht bezogen auf a. Klagen in allgemeinen Sachen, b. Klagen in Asylsachen, c. Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz in allgemeinen Sachen, d. Verfahren im asylrechtlichen Eilverfahren verzeichnet werden? Verwaltungsgericht Hamburg: Neuzugänge 1. Quartal 2018 2. Quartal 2018 3. Quartal 2018 Klagen in allgemeinen Sachen 510 439 628 Klagen in Asylsachen 664 599 452 Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz in allgemeinen Sachen 359 226 1.062* Verfahren in asylrechtlichen Eilverfahren 213 197 175 * Der Anstieg der Bestände im 3. Quartal ist durch den saisonal üblichen Anstieg der NC- Verfahren bedingt. 3. Welche Kammer des Hamburger Verwaltungsgerichts ist bezogen auf asylrechtliche Verfahren für welche Länder zuständig? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/14817 3 4. Wie haben sich die Zahlen der Neuzugänge von Januar 2018 bis 3. Quartal 2018 in den einzelnen Kammern am Hamburger Verwaltungsgericht bezogen auf a. Klagen in allgemeinen Sachen, b. Klagen in Asylsachen, c. Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz in allgemeinen Sachen, d. Verfahren im asylrechtlichen Eilverfahren entwickelt? Bitte nach der jeweiligen Kammer insbesondere der Dublin- Verfahren darstellen. 5. Wie viele anhängige Verfahren lagen vom 1. Quartal bis zum 3. Quartal 2018 in den einzelnen Kammern bezogen auf a. Klagen in allgemeinen Sachen, b. Klagen in Asylsachen, c. Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz in allgemeinen Sachen, d. Verfahren im asylrechtlichen Eilverfahren vor? Bitte nach der jeweiligen Kammer insbesondere der Dublin- Verfahren darstellen. Siehe Drs. 21/12994. 6. Wie stellt sich die durchschnittliche Verfahrensdauer am Verwaltungsgericht und am Oberverwaltungsgericht von Januar 2018 bis zum Oktober 2018 dar? Verwaltungsgericht Hamburg: Verfahrensdauer in Monaten 1. Quartal 2018 2. Quartal 2018 3. Quartal 2018 Klagen in allgemeinen Sachen 16,4 17,2 16,3 Klagen in Asylsachen 13,5 14,3 14,8 Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz in allgemeinen Sachen 2,3 2,1 1,7 Verfahren in asylrechtlichen Eilverfahren 2,4 1,8 1,9 Im Übrigen siehe Drs. 21/14750. 7. Welche Vertretungsregelungen bestehen für die einzelnen Kammern? Gibt es konkrete Probleme bei einzelnen Kammern? Wenn ja, welche und warum? Siehe Drs. 21/12994. 8. Wie stellt sich die Entwicklung bei der Richterbesetzung beim Verwaltungsgericht und Oberverwaltungsgericht von Januar 2018 bis zum Oktober 2018 dar? Gemäß der Personalverwendungsstatistik stellt sich die Richterbesetzung nach den erfolgten Personalsteigerungen wie folgt dar: Richterbesetzung 1. Quartal 2018 2. Quartal 2018 3. Quartal 2018 Verwaltungsgericht Hamburg 60,6 62,9 63,9 Hamburgisches Oberverwaltungsgericht 16,2 16,7 k.A. * * Die Daten der Personalverwendung des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts für das 3. Quartal 2018 liegen noch nicht vor. Drucksache 21/14817 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 9. Wie viel zusätzliches Personal benötigt das Verwaltungsgericht, um die Neuzugänge, insbesondere im Asylverfahren und in asylrechtlichen Eilverfahren , besser bearbeiten zu können? Siehe Vorbemerkung. 10. Welche krankheitsbedingte Fehlzeitenquote ist für das Verwaltungsgericht und das Oberverwaltungsgericht in 2018 bis zum 3. Quartal 2018 für die Richterinnen und Richter sowie für das Personal im Servicebereich festgestellt worden, auch im Vergleich zum Durchschnitt in der Zivil- und Strafgerichtsbarkeit der Freien und Hansestadt Hamburg? 11. Wie hoch ist die krankheitsbedingte Fehlzeitenquote für Servicekräfte am Verwaltungsgericht? Wie bewertet der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde die Belastungssituation am Verwaltungsgericht anhand der gestiegenen Komplexität der gerichtlichen Verfahren? Die Fehlzeitenquote für das Jahr 2018 kann derzeit aus technischen Gründen nicht ermittelt werden. Im Übrigen siehe Vorbemerkung sowie Drs. 21/12994.