BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/14818 21. Wahlperiode 06.11.18 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Christel Nicolaysen (FDP) vom 29.10.18 und Antwort des Senats Betr.: Landesprogramm „Deutschkurse für Flüchtlinge“ Im Auftrag der Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration koordiniert das Flüchtlingszentrum Hamburg das Programm „Deutschkurse für Flüchtlinge“. Zuwandererinnen und Zuwanderer mit ungesichertem Aufenthalt , die keinen Anspruch auf Teilnahme an Integrationskursen des Bundes haben, erhalten die Möglichkeit, in 300 Unterrichtsstunden Grundkenntnisse der deutschen Sprache zu erwerben. Teilnehmende an dem Projekt W.I.R – Work and Integration for Refugees können im Rahmen des Projektes eine Förderung von bis zu 600 Unterrichtsstunden erhalten. Den Kursträgern werden aus Landesmitteln pro Teilnehmenden und Unterrichtseinheit 3,90 Euro erstattet. Mit dem Stand Ende Mai 2017 wurden für das Programm „Deutschkurse für Flüchtlinge“ Abrechnungen für 137 Absolventinnen und Absolventen eingereicht, die im Jahr 2017 in das Programm aufgenommen wurden. Davon waren 104 männlich und 33 weiblich. In den „Angeboten für Personen mit besonderen Bildungsbedarfen“ (ehemalige Erstorientierung für Flüchtlinge ) haben bis Ende Juni 2017 34 Personen einen Kurs absolviert, davon waren 28 männliche und sechs weibliche Personen. Auf der Integrationsministerkonferenz (IMK) am 15. und 16. März 2018 hat neben anderen Bundesländern auch Hamburg den Antrag „Qualität der Integrationskurse überprüfen und Konzeption reformieren“ bezüglich der Integrationskurse des Bundes unterstützt. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Senat hat zur Systematik und Abgrenzung der landesfinanzierten Sprachkurse zum Integrationskursangebot des Bundes wiederholt Stellung genommen, vergleiche unter anderem Drs 21/10281; Drs. 21/9758; Drs 21/4499. Die vom Bund finanzierten Integrationskurse des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) bestehen aus den modular aufgebauten Sprachkursen sowie dem Orientierungskursteil. Ergänzend bietet die Freie und Hansestadt Hamburg (FHH) landesfinanzierte Sprachkurse für Geflüchtete an. Ein flexibler Wechsel aus dem Landesprogramm „Deutschkurse für Flüchtlinge“ in das Integrationskursangebot des Bundes ist möglich. Hierzu liegen keine personenbezogenen Daten vor, daher können keine vollständigen Aussagen über besuchte Unterrichtsstunden beziehungsweise eine erreichte Sprachzertifizierung getroffen werden. Zu den jahresübergreifenden Abrechnungsüberhängen bei den Sprachkursabsolventen im Landes-programm siehe Drs. 21/4566. Drucksache 21/14818 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen auf der Grundlage von Auskünften der Zentralen Information und Beratung für Flüchtlinge gGmbH (Flüchtlingszentrum Hamburg) und des Jobcenter team.arbeit.hamburg (Jobcenter) wie folgt: 1. Wie viele Zuwanderer haben bereits einen vom Land finanzierten Integrationskurs absolviert? Wie viele davon sind Männer, wie viele Frauen? (Bitte für 2017 und 2018 (bis Stand Oktober) angeben.) Siehe Vorbemerkung. 2. Wie viele Zuwanderer haben bereits einen Alphabetisierungskurs besucht? Wie viele davon sind Männer, wie viele Frauen? (Bitte für 2017 und 2018 (bis Stand Oktober) angeben.) Im Jahr 2017 wurden im Landesprogramm „Deutschkurse für Flüchtlinge“ insgesamt 269 Personen (201m; 68w) zu einem Sprachkurs mit Alphabetisierung (Alphabetisierungs - und Zweitschriftlernerkurs) zugelassen. Im Jahr 2018 wurden im Landesprogramm „Deutschkurse für Flüchtlinge“ 97 Personen (71m; 26w) zu einem Sprachkurs mit Alphabetisierung (Alphabetisierungs- und Zweitschriflternerkurs) zugelassen (Stand 31.10.2018). 3. Wie viele Zuwanderer haben bereits einen vom Land finanzierten Sprachkurs absolviert? a. Wie viele Teilnehmer haben 300 Unterrichtsstunden absolviert und wie viele haben 600 Unterrichtsstunden (W.I.R) absolviert? b. Mit welcher Sprachzertifizierung haben die Teilnehmer jeweils abgeschlossen? c. Wie viele davon sind Männer, wie viele Frauen? Bitte jeweils für „Deutschkurse für Flüchtlinge“ und „Angebote für Personen mit besonderen Bildungsbedarfen“ angeben. (Bitte für 2017 und 2018 (bis Stand Oktober) angeben.) Die beim Flüchtlingszentrum eingehenden Abrechnungen bilden die Grundlage für die statistische Erfassung der tatsächlich absolvierten Sprachkursteilnahmen im Landesprogramm „Deutschkurse für Flüchtlinge“. Aufgrund von Abrechnungsüberhängen gehen die Informationen zeitverzögert ein, siehe Vorbemerkung. Für das Jahr 2017 wurden mit Stand vom 31.10.2018 735 Absolventen (537m; 198w) im Programm „Deutschkurse für Flüchtlinge“ gezählt. Davon haben im Sinne der Fragestellung 503 Personen 300 Unterrichtsstunden und 139 Personen 600 Unterrichtsstunden absolviert. Die übrigen Personen haben weniger als 300 Unterrichtsstunden absolviert. Für das Jahr 2017 haben 178 Personen (140m, 38w) das Programm „Deutschkurse für Flüchtlinge“ mit einer Sprachzertifizierung (Deutsch-Test-für-Zuwanderer-DTZ)“ abgeschlossen. Für das Jahr 2018 wurden ebenfalls mit Stand vom 31.10.2018 235 Absolventen (171m; 64w) im Programm „Deutschkurse für Flüchtlinge“ gezählt. Davon haben im Sinne der Fragestellung 98 Personen 300 Unterrichtsstunden und 33 Personen 600 Unterrichtsstunden absolviert. Die übrigen Personen haben weniger als 300 Unterrichtsstunden absolviert. Für das Jahr 2018 haben 66 Personen (56m, 10w) das Programm „Deutschkurse für Flüchtlinge“ mit einer Sprachzertifizierung (Deutsch-Test-für-Zuwanderer-DTZ)“ abgeschlossen . Die Teilnehmenden der „Angebote für Personen mit besonderen Bildungsbedarfen“ der Volkshochschule Hamburg (VHS) erhalten auf Nachfrage eine Teilnahmebescheinigung . An diesen „Angeboten haben im Jahr 2017 insgesamt 118 Personen (91m, 27w) teilgenommen. Davon haben 55 Personen 300 Unterrichtsstunden, 35 Personen 200 Unterrichtsstunden und 28 Personen 100 Unterrichtstunden absolviert. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/14818 3 Im Jahr 2018 haben insgesamt 191 Personen (157m, 34w) an diesem Kursangebot teilgenommen. Davon haben 54 Personen 300 Unterrichtsstunden, 41 Personen 200 Unterrichtsstunden und 96 Personen 100 Unterrichtsstunden absolviert. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 4. Innerhalb welches Zeitraumes sind die 300 beziehungsweise 600 Unterrichtsstunden zu absolvieren? Die Kurse werden vom Flüchtlingszentrum modulweise bewilligt. Eine vom Flüchtlingszentrum ausgestellte Teilnahmeberechtigung für ein Modul ist drei Monate gültig. In dieser Zeit muss das Modul begonnen haben. Ein Modul umfasst 100 Unterrichtseinheiten und wird in der Regel in vier bis sechs Wochen absolviert. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. a. Welche Wartezeiten gibt es für einen Kursplatz? Die Teilnehmenden werden vom Flüchtlingszentrum Hamburg in der Regel innerhalb von zwei Wochen vermittelt, wobei bei Kursen mit Alphabetisierung derzeit noch mit einer Wartezeit von durchschnittlich vier bis sechs Wochen zu rechnen ist. b. Wie lang ist eine Kurseinheit? Wie viele Kurseinheiten finden durchschnittlich wöchentlich statt? c. Wie wird die Qualität der Kurse sichergestellt und geprüft? d. Wie viele Teilnehmer nehmen zum Kursbeginn durchschnittlich an den landesfinanzierten Sprachkursen teil (Klassengröße)? Wie verändert sich die Kursgröße im Verlauf des Kurses bis zum Abschluss? e. Wer kontrolliert neben den Kursträgern die Teilnahme an den landesfinanzierten Sprachkursen? Mit welchem Ergebnissen für 2017 und 2018? f. Können die Träger auch bei Nichtteilnahme beziehungsweise Kursabbrüchen abrechnen? g. Welche Anreize gibt es einerseits für Kursträger, möglichst viele Teilnehmer zu einem Abschluss zu führen, und andererseits für Kursteilnehmer, einen Sprachkurs erfolgreich zu beenden? h. Bis zu welchem Sprachniveau können besonders engagierte Kursteilnehmer maximal gefördert werden? Siehe Drs. 21/4566. Die Teilnehmenden im Landesprogramm „Deutschkurse für Flüchtlinge“ besuchen reguläre Kurse des Integrationskursangebotes des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Diese finden bei zertifizierten Kursträgern und nach den Vorgaben des BAMF statt. Die Kurse werden in Voll- und in Teilzeit angeboten. Die Qualitätskontrolle obliegt dem BAMF. Abgerechnet werden die tatsächlich absolvierten Unterrichtseinheiten im Kurs. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 5. Legen Kursteilnehmer am Ende eines Sprachkurses eine einheitliche Abschlussprüfung ab? Bitte begründen. Ja, die Teilnehmenden können bei positiver Prognose des Kursträgers an der einheitlichen Abschlussprüfung, dem Deutsch-Test-für-Zuwanderer (DTZ), teilnehmen. 6. Wie viele Zugewanderte haben in 2017 bis Oktober 2018 einen vom Land finanzierten Sprachkurs vorzeitig abgebrochen? Wie viele davon sind Männer, wie viele Frauen? Was sind die Gründe für den Abbruch? Für die landesfinanzierten Sprachkursangebote für Flüchtlinge liegen hierzu keine Angaben vor. Im Übrigen siehe Drs. 21/4499. 7. Unter welchen Voraussetzungen besteht die Möglichkeit der erneuten Teilnahme an einem landesfinanzierten Sprachkurs? Wie häufig wurde Drucksache 21/14818 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 davon in 2017 und 2018 Gebrauch gemacht? Wie viele davon sind Männer , wie viele Frauen? Aufgrund der modulweisen Bewilligungspraxis durch das Flüchtlingszentrum kann eine unterbrochene Teilnahme im Programm „Deutschkurse für Flüchtlinge“ wieder aufgenommen werden. Hierzu sind die Teilnahme an der Deutschkursberatung des Flüchtlingszentrums und eine entsprechende Teilnahmeberechtigung erforderlich. Weitere statistische Daten werden dazu nicht erhoben. Nach Kursbesuch ist im Einzelfall die Bewilligung weiterer, auch einzelner Module möglich, wenn dies im Hinblick auf Integration in Arbeit und Ausbildung notwendig und sinnvoll ist. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 8. Ist dem Senat bekannt, wie viele nach Hamburg Zugewanderte der Jahre 2015, 2016 und 2017 weder einen bundes- noch einen landesfinanzierten Sprachkurs besucht haben? a. Wie viele davon sind Männer, wie viele Frauen? b. Was sind die Gründe für die nicht Inanspruchnahme? Zur Einschätzung des Versorgungsgrades mit Integrations- und Sprachkursangeboten siehe Drs. 21/10281. Darüber hinaus liegen der zuständigen Fachbehörde keine Erkenntnisse vor. c. Welche Sanktionen können bei Nicht-Teilnahme verhängt werden? Wie häufig wurde in 2017 und 2018 davon Gebrauch gemacht? Mit welchem Ergebnis? Die Möglichkeit, Personen zur Teilnahme zu verpflichten, besteht für die Integrationskurse des Bundes. Entsprechende Verpflichtungen können nach § 44a Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) durch Ausländerbehörden sowie die Träger der Grundsicherung und der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erfolgen. Das BAMF erteilt ausschließlich Berechtigungen. Darüber hinaus ergeben sich aufenthaltsrechtliche Sanktionsmöglichkeiten aus § 8 Absatz 3 Aufenthaltsgesetz. Sanktionen gemäß § 8 Absatz 3 Aufenthaltsgesetz werden vom Einwohnerzentralamt statistisch nicht erfasst. Zur Beantwortung der Frage wäre die händische Auswertung mehrerer Tausend Ausländerakten erforderlich. Dies ist in der zur Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Wurde eine Kundin, ein Kunde gemäß § 44a Absatz 1 Nummer 2 AufenthG durch das Jobcenter durch Ausstellung der Integrationskursverpflichtung und Aufnahme in die Eingliederungsvereinbarung zur Teilnahme an einem Integrationskurs verpflichtet, so richtet sich eine etwaige Leistungskürzung im Falle einer Pflichtverletzung nach den §§ 31 fortfolgende SGB II. Die Aufnahme der Verpflichtung zu einem Integrationskurs in die Eingliederungsvereinbarung gemäß § 15 SGB II ist gesetzlich vorgeschrieben gemäß § 3 Absatz 2a SGB II. Auch im Falle einer berufsbezogenen Deutschförderung gemäß § 45 AufenthG ist die Teilnahme in eine Eingliederungsvereinbarung aufzunehmen. Auch hier richtet sich eine etwaige Leistungskürzung im Falle einer Pflichtverletzung nach den §§ 31 fortfolgende SGB II. Die Frage nach der Häufigkeit und dem Ergebnis kann nicht beantwortet werden, da eine statistische Auswertung im Sinne der Fragestellung weder durch den Statistik- Service der Bundesagentur für Arbeit noch durch Jobcenter durchgeführt wird. Hilfsweise wird auf die Statistik der Bundesagentur für Arbeit „Tabellen, Sanktionen (Zeitreihe Monats- und Jahreszahlen ab 2007) Januar 2007 bis Juni 2018“, Oktober 2018, Tabellenblatt zwei, verwiesen. Hier ist der allgemeine Sanktionstatbestand „Weigerung Erfüllung der Pflichten der Eingliederungsvereinbarung“ aufgeführt: https://statistik.arbeitsagentur.de/Statistikdaten/Detail/Aktuell/iiia7/zr-sanktionen/ zr-sanktionen-d-0-xlsm.xlsm. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/14818 5 Für die Teilnahme am Landesprogramm „Deutschkurse für Flüchtlinge“ werden durch das Flüchtlingszentrum Hamburg ausschließlich Teilnahmeberechtigungen ausgegeben . 9. Wie ist der aktuelle Stand hinsichtlich des IMK-Beschlusses „Qualität der Integrationskurse überprüfen und Konzeption reformieren“? Das für das Integrationskursangebot zuständige Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) hat auf der 13. Integrationsministerkonferenz (IntMK) angekündigt , dass der Bund eine Evaluierung von Effizienz und Effektivität der Integrationskurse durch das Forschungszentrum des BAMF angeht. Die Studie ist bereits angelaufen . Ein Endbericht soll dem BMI voraussichtlich Ende 2020 vorgelegt werden. Darüber hinaus hat das für die Umsetzung zuständige BAMF bereits ein Anreizsystem für die Integrationskurse mit Alphabetisierung realisiert, welches sowohl den Lehrkräften einen Anreiz zur Qualifizierung im Bereich Alphabetisierung gibt als auch den Kursträgern einen Anreiz zum Kapazitätsausbau setzt.