BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/14820 21. Wahlperiode 06.11.18 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein (FDP) vom 30.10.18 und Antwort des Senats Betr.: Belastung der Hamburger Justiz – Weiterhin hohe Belastung am Landgericht (V) Die Belastung der Hamburger Justiz hält auch am Landgericht weiter an. Fehlzeitenquoten von 10 Prozent bei den Bürokräften in Teilzeit unterstreichen die Belastungssituation.1 Ein nachhaltiges Personalkonzept ist notwendig , um das Landgericht wieder in die Lage zu versetzen, die Verfahren in angemessenem Zeitraum für die Bürger/-innen zu erledigen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die zuständige Behörde bewertet gemeinsam mit dem Präsidenten des Landgerichts die Situation regelmäßig neu. Die erheblichen personellen Verstärkungen werden mit dem Haushaltsplan 2019/2020 verstetigt werden. Eine Herausforderung stellt auch beim Landgericht die Besetzung des Servicebereichs dar. Hier hat die zuständige Behörde mit der Ausbildungsinitiative Maßnahmen ergriffen, die Nachwuchssituation nachhaltig zu verbessern. Gemeinsam mit den Staatsanwaltschaften und den Gerichten werden gezielt auch externe Bewerberinnen und Bewerber mit abgeschlossener Berufsausbildung gesucht. Diese werden dann durch ein innerbehördliches Weiterbildungsprogramm für ihre Aufgaben in der Hamburger Justiz qualifiziert. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie hoch sind die Fallzahlen bezogen auf Eingänge, Bestände und Erledigungen bei den Strafkammern und Zivilkammern am Landgericht? (Bitte darstellen für Januar bis Ende Oktober 2018 und nach Kammern gliedern.) a. Wie viele Nichthaftsachen bei den Strafkammern sind nicht beendet worden (bitte den Zeitraum von Januar bis Ende Oktober 2018 betrachten und die Situation bei Verfahren betreffend Untersuchungshaft darstellen)? b. Wie viele Verfahren sind in den Baukammern am Landgericht in dem Zeitraum Januar bis Ende Oktober 2018 eingegangen und wie viele sind in dieser Zeit erledigt worden (bitte auch nach Großverfahren differenzieren)? c. Wie viele Verfahren sind in den Schwurgerichtskammern am Landgericht in dem Zeitraum Januar bis Oktober 2018 eingegangen und wie viele sind in dieser Zeit erledigt worden? 1 Vergleiche Schriftliche Kleine Anfrage Drs. 21/10847 vom 10.11.2017. Drucksache 21/14820 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 d. Wie viele Verfahren sind in den Wirtschaftsstrafkammern am Landgericht in dem Zeitraum Januar bis Ende Oktober 2018 eingegangen und wie viele sind in dieser Zeit erledigt worden (bitte auch nach Großverfahren differenzieren)? e. Inwieweit stellen Großverfahren eine überdurchschnittliche Belastung in den Kammern am Landgericht dar? Was unternimmt der Senat beziehungsweise wird der Senat unternehmen, um diese Situation zu verbessern? 2. Wie lange dauern durchschnittlich Verfahren am Landgericht (bitte nach Strafkammer, Zivilkammer insbesondere Baukammer, Schwurgerichtskammer , Wirtschaftsstrafkammer und Verfahren betreffend Untersuchungshaft sowie weitere eilbedürftige Verfahren für den Zeitraum Januar bis Ende Oktober 2018 darstellen)? Die Nichthaftsachen werden nicht über eine standardisierte Statistik abgebildet. Vielmehr wird seit 2013 eine Handliste beim Landgericht ausschließlich für die großen Strafkammern (ohne Strafvollstreckungskammern, nur erstinstanzliche Verfahren) geführt, aus der ein tagesaktueller Stand abgelesen werden kann. Die Haftsachen (Differenz von Bestand und Nichthaftsachen) sind Untersuchungshaftsachen oder Fälle einstweiliger Unterbringung und können im Falle der Untersuchungshaftsachen auch solche sein, bei denen der/die Betroffene außerdem eine Haftstrafe in anderer Sache verbüßt. Danach, beträgt die Anzahl der nicht beendeten Nichthaftsachen zum Stichtag 30. Oktober 2018 insgesamt 151 Verfahren. Die folgenden Daten für das Jahr 2018 sind den Ergebnistabellen der Zählkartenstatistik entnommen, sie werden vom Statistikamt Nord quartalsweise erstellt. Die Daten der Zivilsachen für Oktober 2018 liegen noch nicht vor. Im Übrigen siehe Drs. 21/10847. Dies vorausgeschickt, sind die erfragten Daten der folgenden Tabelle zu entnehmen. Dabei zeigt sich, dass in den meisten Fällen die Erledigungen die Eingänge übersteigen : Zivilkammern 1. Instanz Jan-Sep 2018 Neuzugänge 8.990 Erledigungen 9.031 Bestand am Ende des Berichtszeitraums 13.861 durchschnittliche Verfahrensdauer in Monaten 11,0 Zahl der Termine insgesamt (ohne Verkündungstermine) 6.987 darunter Bausachen * Neuzugänge 590 Erledigungen 596 Bestand am Ende des Berichtszeitraums 1.385 durchschnittliche Verfahrensdauer in Monaten 18,4 Zahl der Termine insgesamt (ohne Verkündungstermine) 795 Zivilkammern Berufungsinstanz Jan-Sep 2018 Neuzugänge 997 Erledigungen 999 Bestand am Ende des Berichtszeitraums 971 durchschnittliche Verfahrensdauer in Monaten 8,8 Zahl der Termine insgesamt (ohne Verkündungstermine) 525 darunter Bausachen * Neuzugänge 29 Erledigungen 37 Bestand am Ende des Berichtszeitraums 29 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/14820 3 Zivilkammern Berufungsinstanz Jan-Sep 2018 durchschnittliche Verfahrensdauer in Monaten 11,6 Zahl der Termine insgesamt (ohne Verkündungstermine) 21 * Hier werden Verfahren ausgewiesen, die das Sachgebiet 10, „Bau-/Architektensachen (ohne Architektenhonorarsachen)“ betreffen. Eine Bausache liegt vor, wenn das Verfahren Forderungen aus Werk- oder Werklieferungsverträgen betrifft, die aufgrund von Bauvorhaben geschlossen worden sind, insbesondere wenn der Schwerpunkt der Streitigkeit in einem Streit um bauwerkbezogene Mängel (§ 634a Absatz 1 Nummer 2 BGB) liegt. Strafsachen I. Instanz Jan-Sep2018 Große Strafkammer Neuzugänge 213 Erledigungen 211 Bestand 178 durchschnittliche Verfahrensdauer in Monaten 6,4 Hauptverhandlungstage insgesamt 942 Schwurgericht Neuzugänge 37 Erledigungen 45 Bestand am Ende des Berichtszeitraums 22 durchschnittliche Verfahrensdauer in Monaten 5,2 Zahl der Termine insgesamt (ohne Verkündungstermine) 428 Wirtschaftsstrafkammer Neuzugänge 14 Erledigungen 14 Bestand am Ende des Berichtszeitraums 38 durchschnittliche Verfahrensdauer in Monaten 16,9 Hauptverhandlungstage insgesamt 51 Jugendkammer Neuzugänge 27 Erledigungen 20 Bestand am Ende des Berichtszeitraums 20 durchschnittliche Verfahrensdauer in Monaten 5,8 Hauptverhandlungstage insgesamt 61 Strafsachen Berufungsinstanz Jan-Sep 2018 Kleine Strafkammer (Strafrichter) Neuzugänge 943 Erledigungen 1.008 Bestand am Ende des Berichtszeitraums 582 durchschnittliche Verfahrensdauer in Monaten 4,9 Hauptverhandlungstage insgesamt 977 Kleine Strafkammer (Schöffen) Neuzugänge 195 Erledigungen 191 Bestand am Ende des Berichtszeitraums 148 durchschnittliche Verfahrensdauer in Monaten 5,7 Hauptverhandlungstage insgesamt 261 Wirtschaftsstrafkammer Neuzugänge 32 Erledigungen 34 Drucksache 21/14820 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Strafsachen Berufungsinstanz Jan-Sep 2018 Bestand am Ende des Berichtszeitraums 55 durchschnittliche Verfahrensdauer in Monaten 14,6 Hauptverhandlungstage insgesamt 39 Große Jugendkammer Neuzugänge 80 Erledigungen 69 Bestand am Ende des Berichtszeitraums 27 durchschnittliche Verfahrensdauer in Monaten 2,3 Hauptverhandlungstage insgesamt 54 Kleine Jugendkammer Neuzugänge 41 Erledigungen 33 Bestand am Ende des Berichtszeitraums 19 durchschnittliche Verfahrensdauer in Monaten 3,1 Hauptverhandlungstage insgesamt 27 3. Wie hoch ist der Krankenstand bezogen auf die Vollzeitäquivalente und die Teilzeitstellen bei den Strafkammern, den Zivilkammern des Landgerichts (bitte die tatsächlichen Zahlen und in Prozenten in dem Zeitraum Januar bis Ende Oktober 2018 bezogen auf die Kammer, Richter und Geschäftsstellen darstellen)? Was sind Hauptursachen für einen möglichen Anstieg des Krankenstandes/der Krankenquote? Die Fehlzeiten entwickeln sich weiterhin positiv (vergleiche Drs. 21/12535 und Drs. 21/10847). Es liegt kein Anstieg der Fehlzeiten vor. Januar bis September 2018 Landgericht Teilzeit Vollzeit Gesamt Berufskategorien Tage Prozent Tage Prozent Tage Prozent Bürofach-/Bürohilfskräfte 598,1 6,8% 1.561,0 6,5% 2.159,1 6,6% Richter/-innen, Staatsanwälte /-innen 210,2 3,3% 541,0 1,4% 751,2 1,7% Berufskategorien Gesamt 808,3 5,4% 2.102,0 3,4% 2.910,3 3,7% * Die Fehlzeitenstatistik wird nur für das Landgericht gesamt erstellt. Die Auswertung einzelner Kammern ist nicht möglich. Belastbare Zahlen liegen bis September 2018 vor. 4. Wie viele Sitzungstage in Strafsachen und in Zivilsachen hatten Hamburger Richter von Januar bis Ende Oktober 2018 am Landgericht zu bewältigen (bitte je Amtsgericht darstellen)? Siehe Antwort zu 1. bis 2. 5. Wie viele Richterinnen und Richter am Landgericht haben im Zeitraum Januar bis Ende Oktober 2018 den gesetzlichen Anspruch auf Elternzeit in welchem Umfang wahrgenommen? Wie wurden diese Stellen besetzt? Die Beurlaubungen wegen Elternzeit werden statistisch nicht erfasst. Zur exakten Beantwortung der Frage müssten mehrere Hundert Personalakten aller im fraglichen Zeitraum am Landgericht Hamburg tätigen Richterinnen und Richter ausgewertet werden . Dies ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit sind in Unterlagen für interne Zwecke im Jahr 2018 bisher 22 Richter/-innen in Elternzeit mit einer durchschnittlichen Dauer von fünf Monaten vermerkt. Sofern es sich um einen längeren Zeitraum handelte, für den Elternzeit genommen wurde, wurden diese Stellen grundsätzlich nachbesetzt. Bei kurzfristigen Elternzeiten erfolgt seit Ende 2016 ein pauschaler Ausgleich auf der Basis der durchschnittlichen kumulierten Abwesenheiten der Vorjahre. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/14820 5 6. Welche baulichen Maßnahmen werden derzeit am Landgericht in welchem Zeitraum durchgeführt (bitte Kosten und nach Amtsgericht anführen )? Welche weiteren Baumaßnahmen sind noch in Planung? Gibt es dazu Abweichungen von den ursprünglichen Planungen? Wenn ja, welche und warum? Das Landgericht nutzt gemeinsam mit Amtsgericht und Hanseatischem Oberlandesgericht und anderen das Straf- und das Ziviljustizgebäude. Die im Folgenden genannten Baumaßnahmen lassen sich daher nicht auf das Landgericht eingrenzen. Ziviljustizgebäude: Seit August 2018 wird ein ehemals vom Kindergarten am Sievekingplatz e.V. genutzter Raum zu einem Schulungsraum für das Amtsgericht umgebaut. Die Gesamtkosten der Maßnahme, die voraussichtlich im November 2018 beendet wird, betragen rund 25.000 Euro. Zudem ist geplant, im November 2018 mit der Umsetzung erster Teilmaßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit im Gebäude zu beginnen. Die Gesamtkosten der Maßnahmen, die voraussichtlich im Frühjahr 2019 beendet werden, betragen rund 140.000 Euro. Im Frühjahr 2019 soll außerdem mit der Herrichtung von Räumlichkeiten im Sockelgeschoss des Gebäudes begonnen werden, um dort Büroarbeitsplätze einzurichten. Der Kostenrahmen liegt bei rund 150.000 Euro. Ebenfalls im Frühjahr 2019 sollen die nach dem Umzug der IT-Abteilung des Amtsgerichts in die Burchardstraße freigezogenen Räume grundsaniert werden. Die Kosten werden derzeit ermittelt. Der Vermieter führt seit September 2018 eine partielle Fugensanierung an der Südwestfassade des Anbaus durch. Zudem hat er für Frühjahr 2019 die Umsetzung von Brandschutzmaßnahmen angekündigt. Konkrete Termine oder Kosten wurden nicht genannt. Strafjustizgebäude: Ab November 2018 wird mit der Herrichtung von Räumen für die Unterbringung eines zusätzlichen Staatsschutzsenates begonnen. Die Gesamtkosten der Maßnahme, die voraussichtlich im Frühjahr 2019 beendet wird, betragen rund 60.000 Euro. Für die Jahre 2019 – 2022 hat der Vermieter die Umsetzung der nachfolgend aufgeführten Baumaßnahmen angekündigt (konkrete Termine oder Kosten wurden nicht benannt): - Sanierung der Heizungsstränge, - Sanierung der Sielleitungen, - Ertüchtigung der elektrischen Unterverteilungen und - Sanierung der Holzfenster. Im Übrigen siehe Drs. 21/12535.