BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/14904 21. Wahlperiode 13.11.18 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dennis Thering (CDU) vom 05.11.18 und Antwort des Senats Betr.: War früher alles schlechter und fließen seit 2011 wirklich nur noch Milch und Honig beim Baustellenmanagement in Hamburg? Zahlenmäßige Entwicklung der Straßenbaustellen seit 1990 Das städtische Baustellenmanagement weist erhebliche Defizite auf. Dies geht aus der Senatsantwort auf eine aktuelle Anfrage der CDU (Drs. 21/14500) hervor. Nur an rund 1 Prozent der Straßenverkehrsbaustellen in Hamburg wird im Mehrschichtbetrieb gearbeitet. An 99 Prozent fällt hingegen nach einer Schicht der Hammer. Auch Bonus-Malus-Regelungen als Anreiz zum pünktlichen Abschluss der Bautätigkeit werden in Hamburg nicht angewandt . Noch vor Kurzem hatte die Pressestelle der Verkehrsbehörde allerdings behauptet, dass beides längst „Alltag“ in Hamburg sei. Als genauso falsch hat sich auch die Behauptung führender Vertreter von SPD und GRÜNEN erwiesen, wonach die in den letzten Monaten beklagten Probleme mit Baustellen im Straßennetz vor allem daher rührten, dass deren Zahl angeblich stark zugenommen habe. Dies ist nachweislich falsch. 2017 gab es 1.243 Baustellen in Hamburg, 2012 und 2013 waren es mit 1.333 beziehungsweise 1.337 aber deutlich mehr. Neben der damit bereits als falsch entlarvten Behauptung hinsichtlich der Zahl der Baustellen in den letzten Jahren verdient auch die aktuelle Sprachregelung des Senats hinsichtlich der längerfristigen Historie der Straßensanierung in Hamburg eine größere Beachtung. Unter anderem in seiner Vorbemerkung zu der Antwort auf Drs. 21/14500 schreibt der Senat: „Im letzten Jahrzehnt wurden keine ausreichenden Anstrengungen zur Instandsetzung der Hamburger Straßen vorgenommen. Der sich daraus entwickelte Sanierungsstau macht eine grundlegende Überarbeitung der Infrastruktur notwendig.“ Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Senat hat bereits in der Drs. 20/10333 im Dezember 2013 dargelegt, dass sich der Zustand der Straßen in den davorliegenden Jahren verschlechtert hat und der damit einhergehende Werteverzehr zwingend aufzuhalten ist. Neben der Transparenz über den Zustand waren ein weiteres Ziel die Schadensbeseitigung und damit eine aktive Zustandsverbesserung durch entsprechende Baumaßnahmen. Der mit dem systematischen Erhaltungsmanagement verbundene Regelkreis ist seitdem standardisiert implementiert. Als wichtige Grundlage dafür wurden die Investitions- und Unterhaltungsmittel deutlich erhöht. Waren im Haushaltsjahr 2008 noch rund 40 Millionen Euro veranschlagt, so stieg der Ansatz bis 2014 auf rund 72 Millionen Euro für die Verkehrsinfrastruktur Straße (Hauptverkehrsstraßen in der Zuständigkeit der Behörde Drucksache 21/14904 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 für Wirtschaft, Verkehr und Innovation (BWVI) und Bezirksstraßen ohne Brücken). Inzwischen werden auch noch andere Projekttypen in diese Betrachtung miteinbezogen , weil beispielsweise auch bei Maßnahmen des Programms zur Busoptimierung Anteile für Straßeninstandsetzung enthalten sind. Daher lassen sich die Zahlen der Ist-Umsätze inzwischen nicht direkt vergleichen. Der tatsächliche Ist-Umsatz im Haushaltsjahr 2017 lag bei rund 125 Millionen Euro. Insofern wird die Aussage in der Vorbemerkung zur Drs. 21/14500 auch durch konkrete Fakten belegt. Die in der Drs. 21/14500 aufgeführten Zahlen zu Arbeitsstellen sind nicht mit Baumaßnahmen gleichzusetzen und geben auch keinerlei Aufschluss über die Tätigkeiten der Koordinierungsstelle für Baumaßnahmen an Bundesautobahnen und Hauptverkehrsstraßen (KOST) und deren Erfolg. Die Anstrengungen der KOST und der weiteren Beteiligten bei der Baumaßnahmenkoordinierung zeigen sich darin, dass Baumaßnahmen zeitlich und örtlich miteinander verknüpft werden. So erhöht sich gerade nicht die Anzahl der Baustellen, wohl aber der Sanierungsoutput. Dies wurde ausführlich in der Drs. 21/12968 zum Straßenzustandsbericht 2018 dargestellt. Besonders gute Beispiele für diese Art der Koordinierung sind die Arbeiten an der Fuhlsbüttler Straße und dem Straßenzug Stresemannstraße-Bahrenfelder Chaussee-Luruper Chaussee. Hier wurden die Maßnahmen (unter anderem Straßenbau, Radverkehr, Busoptimierung, Stadtteilaufwertung, Barrierefreiheit) so zusammengelegt, dass die Verknüpfung eine kürzere Bauzeit und weniger Baustellen in der Anzahl ergab. Der LSBG prüft regelhaft auch bei kleineren Sanierungsmaßnahmen, ob in dem geplanten Bauzeitraum noch andere Tätigkeiten integriert werden können, um den Verkehr nicht häufiger als nötig durch Verkehrseinschränkungen zu beeinträchtigen. Die aufgeführte Anzahl an Arbeitsstellen basiert auf den von der KOST ermittelten einzelnen Verkehrsführungsphasen in der Fahrbahn, da diese für die Koordinierung relevant sind. Es können daher mehrere Phasen einer Baumaßnahme enthalten sein oder auch eine Verkehrsführung, in der mehrere Baumaßnahmen erfolgen. Es handelt sich hierbei um Arbeitsstellen auf Hauptverkehrsstraßen. Weitere Maßnahmen auf Bundesfernstraßen und solche kleineren Umfangs (beispielsweise Tagesbaustellen) sowie bezirkliche Maßnahmen oder Maßnahmen von Leitungsträgern auf Bezirksstraßen sind nicht enthalten. Im Übrigen betreute die KOST bis einschließlich des Jahres 2009 auch Maßnahmen des sogenannten reduzierten Netzes mit insgesamt 580 km Länge. Dabei handelt es sich um Maßnahmen auf Straßen im Hamburger Stadtgebiet mit übergeordneter Bedeutung (beispielsweise Sievekingdamm), die nicht als Hauptverkehrsstraßen eingeordnet waren. Daher sind die Zahlen bis zum Jahr 2009 nicht mit den Zahlen ab dem Jahr 2010 vergleichbar. Das von der KOST betreute Netz wurde im Jahr 2009 von 1.242 km auf 662 km reduziert. Diese Zusammenhänge sind eine unabdingbare Voraussetzung für die richtige Analyse und Bewertung der Zahlen. Aus der reinen Anzahl der Arbeitsstellen lassen sich keine direkten Schlüsse über die verkehrlichen Auswirkungen ableiten. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie viele Arbeitsstellen hat es im Hamburger Straßennetz in den Jahren 1990 bis einschließlich 2010 gegeben? Bitte jahresweise aufschlüsseln. Jahr Arbeitsstellen insgesamt 1997 1.067 1998 879 1999 1.036 2000 996 2001 886 2002 836 2003 1.130 2004 1.187 2005 1.239 2006 1.180 2007 1.315 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/14904 3 Jahr Arbeitsstellen insgesamt 2008 1.263 2009 1.223 Ab 2010 (nur Hauptverkehrsstraßen und Autobahnen): 2010 1.057 Die Auswertung der Arbeitsstellen bezieht sich auf die in Drs. 21/14500 erläuterte Zählweise. Aus der Tabelle ist zu entnehmen, dass die Anzahl der Arbeitsstellen im Jahr 2010 nach Entfernen des reduzierten Netzes aus der Betreuung der KOST zunächst zurückging (vergleiche Drs. 21/14500). In den darauffolgenden Jahren ist die Anzahl der Arbeitsstellen wieder angestiegen. Dies bedeutet, dass die KOST zunächst bis heute eine ähnliche Anzahl an Arbeitsstellen koordiniert, diese Koordinierung aber auf deutlich weniger Straßenkilometern stattfindet. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 2. Wie haben sich die Mittel für die Straßensanierung in Hamburg in den Jahren 1990 bis einschließlich 2010 im Plan, Soll und Ist entwickelt? Bitte jahresweise aufschlüsseln. 3. Wie haben sich die Mittel für den Straßenaus- und -neubau in Hamburg in den Jahren 1990 bis einschließlich 2010 im Plan, Soll und Ist entwickelt ? Bitte jahresweise aufschlüsseln. Seit dem Jahr 1990 hat es in der Freien und Hansestadt Hamburg vielfältige Umorganisationen mit Änderungen der Zuständigkeiten, Buchungsstrukturen und Rechnungslegung gegeben. Parallel hierzu sind Rechnungs- und Buchungssysteme den technischen Entwicklungen angepasst worden. Im Sinne der Fragestellungen liegen hierdurch für diesen Zeitraum keine elektronisch auswertbaren Daten vor. Eine händische Auswertung der vorliegenden Haushaltspläne und Haushaltsrechnungen im Sinne der Fragestellungen ist in der für die Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 4. In seiner Vorbemerkung zu der Antwort auf die CDU-Anfrage aus Drs. 21/14500 schreibt der Senat: „Im letzten Jahrzehnt wurden keine ausreichenden Anstrengungen zur Instandsetzung der Hamburger Straßen vorgenommen. Der sich daraus entwickelte Sanierungsstau macht eine grundlegende Überarbeitung der Infrastruktur notwendig.“ a) Inwiefern wurden im vorletzten Jahrzehnt ausreichende Anstrengungen zur Instandsetzung der Hamburger Straßen vorgenommen und mit welchen konkreten Zahlen, Daten und Fakten lässt sich dies gegebenenfalls belegen? b) Wie genau definiert der Senat den Terminus „ausreichende Anstrengungen“ und wie genau hat sich das Ausmaß dieser Anstrengungen in Hamburg im letzten von dem im vorletzten Jahrzehnt unterschieden? c) In seiner Vorbemerkung zu Drs. 21/14500 vertritt der Senat anscheinend die These, dass der erwähnte Sanierungsstau unmittelbar mit den Anstrengungen zur Instandsetzung der Hamburger Straßen im letzten Jahrzehnt zusammenhänge. Handelt es sich hierbei nach Ansicht des Senats beziehungsweise der zuständigen Behörde um einen kausalen Zusammenhang? Wenn ja, welche validen Daten begründen diese Kausalitätshypothese und wie genau kann belegt werden, dass Faktoren aus den Jahren und Jahrzehnten vor dem Jahr 2000 keinen Einfluss auf den erwähnten Sanierungsstau gehabt haben? Wenn nein, um was für einen Zusammenhang handelt es sich dann und welche Daten aus welchem Zeitraum begründen diese Art von Zusammenhang? Der Zustand der Hamburger Stadtstraßen wird anhand der Daten der Zustandserfassung und Bewertung (ZEB) ermittelt. Diese werden seit dem Jahr 2003 messtechnisch Drucksache 21/14904 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 erfasst und geben Auskunft über die Qualität der Oberflächenbeschaffenheit der Fahrbahnen. Die Durchschnittnoten sind dabei seit Beginn der Messungen schlechter geworden, auch wenn kontinuierlich Sanierungsmaßnahmen durchgeführt wurden. Insofern waren diese Anstrengungen nicht ausreichend. Aus diesem Grund hat die zuständige Behörde im Jahr 2013 das Erhaltungsmanagement modernisiert und die hierfür notwendigen Schritte in Drs. 20/10333 Erhaltungsmanagement für Hamburgs Straßen (EMS-HH) dargestellt. Die Fortentwicklung des Straßenzustandes wird alle zwei Jahre im Straßenzustandsbericht aufgeführt (siehe Drs. 21/5922 und 21/12968). Die ZEB aus dem Jahr 2016 hat gezeigt, dass sich der Zustand der Hauptverkehrsstraßen zum ersten Mal seit Jahren nicht mehr verschlechtert, sondern leicht verbessert hat. d) Welches Parteibuch hatte in der 19. Wahlperiode bis zum 29. November 2010 der Präses der damals für den Bereich „Verkehr“ zuständigen Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU)? Die 19. Wahlperiode dauerte vom 12. März 2008 bis zum 7. März 2011. Vom 17. Januar 2007 bis 7. Mai 2008 war der damalige Präses der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) ein Mitglied der CDU, vom 7. Mai 2008 bis 29. November 2010 war die Präses ein Mitglied der GAL und vom 30. November 2010 bis 7. März 2011 war der Präses ein Mitglied der CDU. e) Welches Parteibuch hatte in der 16. Wahlperiode bis zum 31. Oktober 2001 der Präses der damals für den Bereich „Verkehr“ zuständigen Behörde? In der 16. Wahlperiode war der damalige Präses der für den Bereich Verkehr zuständigen Baubehörde Mitglied der SPD.