BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/14941 21. Wahlperiode 16.11.18 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Carola Ensslen (DIE LINKE) vom 08.11.18 und Antwort des Senats Betr.: Hamburg – (K)ein sicherer Hafen? (III) – f & w fördern und wohnen AöR (f &w) – Ist der Umgang mit Ehrenamtlichen wirklich förderlich? Ehrenamtliches Engagement ist eine tragende Säule unserer Gesellschaft. Besonders bei der Unterstützung Geflüchteter in Hamburg spielt es eine herausragende Rolle. Um die Motivation für freiwilliges Engagement aufrechtzuerhalten und zu fördern, müssen bestimmte Rahmenbedingungen geschaffen werden. Dazu gehören Anerkennung, Wertschätzung und das Gefühl, ernst genommen zu werden. Genau hier scheint es aber Unzufriedenheit von Ehrenamtlichen in der Zusammenarbeit mit f & w zu geben. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Senat beantwortet die Fragen teilweise auf Basis der Auskünfte von f & w fördern und wohnen AöR (f & w). 1. Wie viele Fälle sind seit 2015 bekannt, in denen interessierte Freiwillige keine Vereinbarungen mit dem Unternehmen f & w abschließen konnten, weil das Personal des Unternehmens im sogenannten Erstgespräch die beziehungsweise den Interessierte/n für nicht geeignet gehalten hat? f & w fördern und wohnen AöR (f & w) hat hierzu keine Daten gespeichert. 2. In wie vielen Fällen und an welchen Standorten wurden jeweils Hausverbote in den Jahren 2015, 2016, 2017, 2018 gegenüber ehrenamtlich Engagierten bei f & w ausgesprochen? Jahr Anzahl der Hausverbote Unterkunft Grund 2015 2 ein Hausverbot für sämtliche Einrichtungen ein Hausverbot für von f & w betriebene Erstaufnahmeeinrichtungen verbal aggressives und beleidigendes Verhalten gegenüber Mitarbeiter *innen in zwei Unterkünften von f & w und anschließende Nicht- Wahrnehmung von Klärungsgesprächen Beschimpfung und Beleidigung von Mitarbeiter*innen von f & w in drastischer Weise 2016 - - 2017 - - Drucksache 21/14941 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Jahr Anzahl der Hausverbote Unterkunft Grund 2018 2 ein Hausverbot für den Schaarsteinweg (Winternotprogramm ) ein Hausverbot für die WUK Kiwittsmoor stark alkoholisiertes Erscheinen in der Unterkunft Nichteinhaltung von Absprachen , nicht gemeldeter Schlüsselverlust und unverschlossenes Zurücklassen von Räumlichkeiten Quelle: f & w a. Mit welchen Begründungen wurden die Hausverbote jeweils ausgesprochen ? Siehe Antwort zu 2. b. Gibt es bezogen auf die genannten Hausverbote in den Jahren 2015 – 2018 anhängige Widerspruchs- oder Beschwerdeverfahren der betroffenen Ehrenamtlichen? i. Wenn ja, in wie vielen Fällen? ii. Wenn ja, wie ist hier der Sachstand zum Ausgang der Verfahren ? Nein. 3. An einzelnen Standorten sollen Unterkunftsleitungen den Ehrenamtlichen den Zutritt zur Unterkunft nur gewährt haben, sofern diese ein deutlich sichtbares Namensschild getragen haben. Worauf basiert diese Vorgabe ? a. Gilt diese Vorgabe an allen Standorten? b. Wenn nein, warum nicht? Die Ehrenamtlichen entscheiden sich gelegentlich selbst, Namenschilder zu tragen, weil es für die Kommunikation in der Gruppenarbeit, zum Beispiel bei größeren Gruppen , hilfreich ist. Eine Vorgabe zum Tragen von Namensschildern gibt seitens f & w nicht. Dass Ehrenamtlichen der Zutritt zu Unterkünften verwehrt wurde, weil diese keine Namensschilder trugen, ist f & w nicht bekannt. 4. An einzelnen Standorten der öffentlich-rechtlichen Unterbringung ist von Hausausweisen die Rede, die mitgeführt werden müssen. Gibt es Hausausweise an allen Standorten? a. Wenn nein, warum nicht? b. Inwieweit unterscheiden sich Hausausweise von deutlich sichtbaren Namensschildern? Nein. Dies ist nicht erforderlich, da vor einer Tätigkeit in der Unterkunft eine persönliche Kontaktaufnahme stattfindet. 5. An einigen Standorten wurde das Verbot gegenüber Ehrenamtlichen verhängt, mit Bewohnern/-innen in ihrer Muttersprache zu kommunizieren . Warum? Die Kommunikation mit den Bewohnern der Unterkünfte und die Angebote Ehrenamtlicher soll(en) sich grundsätzlich gleichermaßen an alle Bewohnergruppen der Einrichtungen richten und zwar unabhängig von ihrer Nationalität oder Religion. Muttersprachliche Kommunikation wirkt in diesen Situationen Dritten gegenüber ausgrenzend . In Einzelfällen hat es durch Mitarbeitende diesbezügliche Hinweise und Erläuterungen an Ehrenamtliche gegeben. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/14941 3 6. An einigen Standorten der öffentlich-rechtlichen Unterbringung dürfen minderjährige Kinder von Ehrenamtlichen an ehrenamtlichen Angeboten, zum Beispiel an der Kinderbetreuung, teilnehmen. Dies scheint nicht in allen Unterkünften der Fall zu sein. Wie ist hier jeweils die allgemeine Auffassung von Senat, zuständiger Behörde sowie des Unternehmens? Bitte ausführlich darstellen. Das Mitbringen eines Kindes ist in Ausnahmefällen möglich und muss in jedem Fall vorab mit dem Unterkunfts- und Sozialmanagement (UKSM) abgesprochen werden. Grund hierfür sind die Hinweise zur Aufsichtspflicht gegenüber dem Kind. Diese liegt für den Aufenthalt in der Unterkunft ausschließlich beim Erziehungsberechtigten. Darüber hinaus dürfen Kinder nur zu geeigneten Angeboten, zum Beispiel in die Kinderbetreuung , mitgebracht werden. Im Einzelfall muss der Erziehungsberechtigte selbst abwägen, ob die zwangsläufig geteilte Aufmerksamkeit, die damit verbunden ist, dem Angebot an die Bewohner/-innen dienlich ist. 7. Freiwillige, die sich bei f & w engagieren möchten, müssen ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis beibringen. In wie vielen Fällen und an welchen Standorten kamen in den Jahren 2015, 2016, 2017 und 2018 Vereinbarungen mit Freiwilligen nicht zustande, weil das erweiterte polizeiliche Führungszeugnis Eintragungen enthalten hat? a. Welche Eintragungen waren das im Einzelnen? Bitte chronologisch nach Jahren und Standorten in einer Tabelle darstellen. f & w hat in insgesamt drei Fällen aus diesem Grund keine Vereinbarung geschlossen. Eine Beantwortung der Frage nach den einzelnen Eintragungen ist nicht möglich, da die Führungszeugnisse aus Datenschutzgründen nicht aufbewahrt werden und Inhalte aus den Führungszeugnissen aus demselben Grund nicht erfasst werden. 8. Im erweiterten polizeilichen Führungszeugnis werden ja auch kleinere Delikte aufgeführt, die unter Umständen keine Relevanz für die Betätigung in der ehrenamtlichen Flüchtlingshilfe haben. Nach welchen Kriterien werden die Delikte im erweiterten polizeilichen Führungszeugnis gewichtet? 9. Welche Delikte gelten als unüberwindbarer Hinderungsgrund für eine Betätigung in der ehrenamtlichen Arbeit bei f & w? Zur Beurteilung der Einträge im Führungszeugnis werden diese im Zweifel auch mit den angestrebten Tätigkeitsbereichen der Ehrenamtlichen in den Unterkünften abgewogen . Dabei handelt es sich immer um Einzelfallentscheidungen, sodass Nennungen von allgemeingültigen Kriterien nicht möglich sind. 10. Laut Leitfaden für die Zusammenarbeit von Haupt- und Ehrenamt (https://www.hamburg.de/contentblob/11078812/f5dce3973726bd8f6e60 29b4b5f3e1f6/data/rahmenbedingungen.pdf) werden die von f & w geprüften erweiterten polizeilichen Führungszeugnisse nach Prüfung an die Ehrenamtlichen zurückgegeben. Wie allerdings bekannt wurde, haben viele Ehrenamtliche von f & w ihre Führungszeugnisse bisher nicht zurückerhalten. Warum nicht? Führungszeugnisse wurden von f & w bereits seit dem 01.02.2018 an alle Freiwilligen, die eine neue Vereinbarung abschließen, zurückgesendet (also schon vor der Veröffentlichung des Leitfadens im April 2018). Vor dem 01.02.2018 wurden die Führungszeugnisse entsprechend der gesetzlichen Bestimmungen datenschutzgerecht vernichtet. Freiwillige wurden im Begrüßungsschreiben , noch vor der Antragstellung, über die spätere Vernichtung informiert und um Rückmeldung gebeten, wenn sie das Führungszeugnis stattdessen zugesendet bekommen möchten. Die Rücksendung erfolgte dementsprechend bis zum 31.01.2018 nur auf Wunsch der/des Freiwilligen. 11. Im Leitfaden für die Zusammenarbeit von Haupt- und Ehrenamt ist der Hinweis zu finden, dass „die für den Betrieb von Unterkünften zwischen der Stadt Hamburg und den Unterkunftsbetreibern geschlossenen Ver- Drucksache 21/14941 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 träge und Leistungsbeschreibungen einzuhalten sind“ (Seite 2). Werden diese Verträge und Leistungsbeschreibungen den Ehrenamtlichen von f & w im Zuge der Ehrenamtsvereinbarung ausgehändigt? a. Wenn nein, warum nicht? b. Wenn nein, wie sollen sich Ehrenamtliche an den behördlichen Vorgaben orientieren, wenn ihnen bei Unterschreiben der Ehrenamtsvereinbarung diese Grundlagen vorenthalten werden? c. Welche Materialien werden im Rahmen des Erstgesprächs zwischen Freiwilligen und Unterkunftsleitungen überhaupt ausgehändigt ? Nein. Derzeit befinden sich die diesbezüglichen Vereinbarungen zwischen zuständiger Behörde und f & w in einer grundsätzlichen Überarbeitung. Sofern die Vereinbarungen unterzeichnet vorliegen, werden sie im Transparenzportal veröffentlicht und sind dann für Interessierte einsehbar. Die für Ehrenamtliche relevanten Informationen wurden zurzeit von f & w in Form von Handouts aufgearbeitet, damit die Ehrenamtlichen auch zwischenzeitlich ausreichend informiert sind. Diese erhalten die Ehrenamtlichen, sowie eine Kopie der mit ihnen geschlossenen Vereinbarung. 12. Laut Leitfaden für die Zusammenarbeit von Haupt- und Ehrenamt gelten Ehrenamtsvereinbarungen mit f & w immer nur für den Standort, an dem sich jemand engagieren möchte. Warum? Entscheidend für eine Vereinbarung zwischen den Ehrenamtlichen und f & w ist der Kontakt zwischen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Unterkunft, in der die Ehrenamtlichen tätig werden wollen, und den Ehrenamtlichen selbst. Neben dem gegenseitigen Kennenlernen werden hier auch die Bedarfslage geklärt und die für die Umsetzung der Angebote notwendigen Absprachen getroffen. Dies kann nur für die jeweils ausgewählte Unterkunft, nicht jedoch pauschal für alle Unterkünfte gelten. 13. Laut Leitfaden für die Zusammenarbeit von Haupt- und Ehrenamt können für standortübergreifende Projekte Sonderregelungen im Hinblick auf die Gültigkeit einer Ehrenamtsvereinbarung auch über einen Standort hinaus getroffen werden. Wie viele dieser Sonderregelungen wurden für je welche Unterkünfte bisher getroffen? Bitte tabellarisch darstellen. Bislang wurde hiervon kein Gebrauch gemacht. 14. Laut Leitfaden für die Zusammenarbeit von Haupt- und Ehrenamt enthält die Ehrenamtsvereinbarung auch einen Hinweis auf den voraussichtlich zeitlichen Umfang des freiwilligen Engagements der Ehrenamtlichen, warum? Obwohl es sich um die Vereinbarung zu einem freiwilligen Engagement handelt, ist es jedoch von beiderseitigem Interesse, eine gewisse Verbindlichkeit in Bezug auf das zu initiierende Angebot für die Bewohner der Unterkünfte herzustellen und eine diesbezügliche Planungssicherheit für alle Beteiligten sicherzustellen. 15. Laut Leitfaden für die Zusammenarbeit von Haupt- und Ehrenamt können sich auch Minderjährige ab 16 Jahren in Unterkünften engagieren. Wie viele Menschen zwischen 16 und 18 Jahren haben seit 2015 eine Ehrenamtsvereinbarung mit f & w (Stichtag 31. Oktober 2018) abgeschlossen ? a. In welchen Unterkünften engagieren sich jeweils wie viele von ihnen? Bitte tabellarisch darstellen. Eine konkrete Antwort zu dieser Fragestellung bedürfte der händischen Auswertung aller seit 2015 geschlossenen Vereinbarungen (3.276 Einzelfälle). Dies ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zu Verfügung stehenden Zeit nicht möglich.