BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/14992 21. Wahlperiode 20.11.18 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dietrich Wersich (CDU) vom 13.11.18 und Antwort des Senats Betr.: Friedhof Ohlsdorf und Denkmalschutz – Wo bleibt der Bericht des Senats zu „Ohlsdorf 2050“? Die Bürgerschaft hat nach intensiver Diskussion um die Vernichtung von Denkmälern auf dem Ohlsdorfer Friedhof und die Einhaltung der Regeln des Denkmalschutzes dort vom Senat einen Bericht zur Weiterentwicklung des Friedhofs im Rahmen des Projekts „Ohlsdorf 2050“ gefordert (Drs. 21/10780). Dieser Bericht hätte bis Ende Juni die Bürgerschaft erreichen müssen, er fehlt allerdings bis heute. Auf Antrag der CDU wurde zum Denkmalschutz der Grabsteine und Grabmale auf dem Ohlsdorfer Friedhof am 17. Juni 2016 eine Expertenanhörung im Kulturausschuss durchgeführt, die gravierende Missstände aufdeckte. Über die im Anschluss ergriffenen Maßnahmen konnte zwischen der Kulturbehörde /Denkmalschutzamt, der Behörde für Umwelt und Energie, den Hamburger Friedhöfen AöR und dem Förderkreis Ohlsdorfer Friedhof e.V. über die Vorgehensweise sowie über den Kriterienkatalog für die Feststellung und Erhaltung von denkmalwürdigen Grabsteinen Einvernehmen erzielt werden. Für die daraus resultierende Tätigkeit des Förderkreises sollen im Rahmen des Erfassungsprojekts für jede erfasste und vorbewertete Grabstätte 1,50 Euro aus Haushaltsmitteln der Kulturbehörde verausgabt werden. Dabei ist von jährlich etwa 3.000 bis 5.000 abzuräumenden und daher zu prüfenden Grabstätten auszugehen. Das Berichtsersuchen über das Projekt „Ohlsdorf 2050“ und seine weitere Umsetzung mit den angeforderten Erläuterung der Nachhaltigkeitsstrategie unter Einbeziehung der Anregungen aus der Bürgerbeteiligung, das mittelfristige Handlungskonzept, die Sanierungsmaßnahmen im Garten- und Landschaftsbau, an den Baudenkmalen und am Straßen- und Sielnetz und über mögliche Einsparpotenziale und weitere Investitionsbedarfe ist noch offen und unbeantwortet. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Nach dem Hamburgischen Denkmalschutzgesetz sind Denkmale Objekte, deren „Erhaltung wegen der geschichtlichen, künstlerischen oder wissenschaftlichen Bedeutung oder zur Bewahrung charakteristischer Eigenheiten des Stadtbildes im öffentlichen Interesse liegt“. Um unter den vorhandenen Grabstätten auf dem Friedhof Ohlsdorf die denkmalwürdigen zu bestimmen, wurden die Kriterien zur historischen und künstlerischen Bedeutung präzisiert und lauten: • Die bestatteten Personen sind von hohem Interesse für die Geschichte Hamburgs oder darüber hinaus, etwa für die Geschlechter-, Kultur-, Politik-, Rechts-, Religions -, Sozial-, Wirtschafts- oder Wissenschaftsgeschichte. Drucksache 21/14992 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 • Die Grabstätten veranschaulichen in besonders eindrücklicher Weise geschichtliche Ereignisse oder Entwicklungen. • Die Grabstätten sind von einem bedeutenden Künstler oder einer bedeutenden Künstlerin gestaltet und sind für das Verständnis des Gesamtwerks der Künstlerin beziehungsweise des Künstlers wichtig. • Die Gestaltung der Grabstätten ist besonders charakteristisch für die Entstehungszeit und dokumentiert so den vorherrschenden Zeitstil im Bestattungswesen. • Die Gestaltung der Grabstätten ist ihrer Zeit voraus und dokumentiert so die Entwicklungen im Bestattungswesen. • Die Grabstätten tragen besonders zur Veranschaulichung von Geschichte oder Gestaltungsprinzipien des Friedhofs Ohlsdorf insgesamt bei. • Die Grabstätten verfügen über eine Gestaltung von besonderer Qualität, die sowohl in der Konzeption, etwa in einer besonders gelungenen Entsprechung von Inhalt und Form, als auch in der handwerklichen Ausführung liegen kann. Bei der Beurteilung der Gestaltung eines Grabmals sind all seine Merkmale zu berücksichtigen: Stellung auf der Grabstätte, Form, Material, Oberflächenbehandlung, Schriftgestaltung, Ornament/Ikonografie, Text, Einfassungen sowie die über das einzelne Grabmal hinausweisenden Aspekte der Lage auf dem Friedhof und des Zusammenhangs mit anderen Grabstätten. Darüber hinaus muss angesichts einer Vielzahl von vergleichbaren Grabmalen, wie sie gerade bei den Anlagen der Nachkriegsjahrzehnte zu erwarten ist, eine Auswahl anhand der Kriterien der Seltenheit und der vollständigen und authentischen Erhaltung getroffen werden. Dieser Kriterienkatalog liegt seit Oktober 2016 vor. Bis Ende 2017 wurden seitdem 9.322 Grabstätten auf ihre Schutzwürdigkeit geprüft. 1.364 wurden zunächst als schützenswert eingestuft, 7.958 nicht. Es handelt sich hierbei um eine qualifizierte Vorauswahl: Eine abschließende Entscheidung über die Schutzwürdigkeit der ausgewählten Grabstätten ist noch nicht erfolgt, da das Verfahren voraussichtlich erst Ende 2018 abgeschlossen werden wird. Die Zahlen für das Jahr 2018 liegen noch nicht vor, der Förderkreis Ohlsdorfer Friedhof übermittelt sie den Vereinbarungen entsprechend einmal jährlich. Von den als schützenswert eingestuften Grabstätten wurde keine abgeräumt. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften des Friedhofs Ohlsdorf wie folgt: 1. a) Wie viele Grabstätten auf dem Ohlsdorfer Friedhof wurden bisher (seit 2016) bereits auf ihre Schutzwürdigkeit hin geprüft und eingestuft ? b) Wie viele Grabstätten auf dem Ohlsdorfer Friedhof wurden zu welchem Zeitpunkt bisher als schützenswert eingestuft? c) Wie viele Grabstätten auf dem Ohlsdorfer Friedhof wurden zu welchem Zeitpunkt bisher als nicht schützenswert eingestuft? d) Wie viele der unter b) genannten Grabstätten wurden bereits auf wessen Anordnung abgeräumt? e) Welche Kriterien wurden bei der Entscheidung über die Schutzwürdigkeit oder die Nicht-Schutzwürdigkeit der Grabstätten zugrunde gelegt? Liegt der oben genannte Kriterienkatalog bereits vor? Wenn ja: Seit wann, und welche Kriterien umfasst dieser? Wenn nein: Warum nicht? Siehe Vorbemerkung. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/14992 3 2. a) Wann legt der Senat den in Drs. 21/10780 geforderten Bericht zum Projekt „Ohlsdorf 2050“ vor und was sind die Gründe für die Verzögerung ? Es ist geplant, der Bürgerschaft den geforderten Bericht im 1. Quartal 2019 vorzulegen . Gründe für die Verzögerung liegen unter anderem in der komplexen Ermittlung aussagekräftiger Investitionsbedarfe. b) Welche Auswirkungen hat das Projekt „Ohlsdorf 2050“ auf den Denkmalschutz insgesamt und die Schutzwürdigkeit von Grabsteinen auf dem Ohlsdorfer Friedhof? Keine. Der Friedhof ist ein eingetragenes Denkmal, aus dem Projekt heraus ergeben sich hierzu keine Änderungen. Die Schutzwürdigkeit von Grabsteinen ist im Projekt nicht weiter betrachtet worden. Im Übrigen ist die für den Denkmalschutz zuständige Behörde an allen Entscheidungen über Eingriffe und Veränderungen im Rahmen des Projekts beteiligt.