BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/14996 21. Wahlperiode 20.11.18 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dirk Nockemann (AfD) vom 13.11.18 und Antwort des Senats Betr.: Schutz vor geschäftsschädigenden Suchmaschinenergebnissen bei Google & Co. Geschäftsverbindungen werden heute zu einem großen Teil, mitunter sogar ausschließlich, über das Internet angebahnt. Daraus resultierende Umsätze können Anbieter von Waren und Dienstleistungen in aller Regel jedoch nur generieren, wenn die sie betreffenden Informationen aus Suchmaschinen Vertrauen erwecken und Einträge auf Bewertungsportalen einwandfrei sind. Beides hängt zudem eng zusammen. Ein guter Ruf im „World Wide Web“ ist heute also unerlässliche Voraussetzung für einen erfolgreichen Geschäftsbetrieb . Umgekehrt gilt allerding auch, dass online verbreitete Negativschlagzeilen für Firmen nicht nur zu erheblichen Umsatzeinbrüchen führen, sondern für diese rasch sogar das Aus bedeuten können. Eine solche Gefahr gilt besonders für die stark durch klein- und mittelständische Betriebe geprägte Wirtschaft der Freien und Hansestadt Hamburg. Mit ihrem „Netzwerk-Durchsetzungsgesetz“ (NetzDG) hat die Berliner Bundesregierung im vergangenen Jahr – wenn auch mit anderer Intention – auf die zunehmende Verbreitung von „Fake News“ reagiert und ein effizientes – zum Teil strafrechtlich relevantes – Instrumentarium entwickelt, um von Verleumdungen und Falschinformationen Betroffene zu schützen und Forenbetreiber im Internet zur Löschung inkriminierender Einträge zu verpflichten . Leider zielt das NetzDG vorwiegend nur auf sogenannte Soziale Netzwerke wie etwa Facebook. Für die großen Suchmaschinenanbieter – allen voran Google, Yahoo und Bing – gibt es offenkundig weiterhin Schlupflöcher, mit denen sie entsprechenden Löschanforderungen ausweichen können. Dem Autoren liegen in diesem Zusammenhang Unterlagen vor, aus denen hervorgeht , dass Hamburger Justizbehörden unter anderem aufgrund angeblich fehlender örtlicher Zuständigkeit „Verfahrenshindernisse“ sehen oder in abweichenden Geschäftstätigkeiten von in Hamburg ansässigen Tochterunternehmen von Suchmaschinenanbietern Gründe sehen, um in Sachen „Löschanforderung“ untätig zu bleiben. Praktisch dasselbe Blockadeverhalten kann bei den Reaktionen von Staatsanwaltschaften beobachtet werden, wenn Betroffene versuchen, über Strafanzeigen eine Löschung von „Fake News“ bei Suchmaschinenanbietern zu erzwingen, sofern dies nicht auf dem üblichen Wege („Löschanfragen“ et cetera) gelingt. Letztlich werden die Betroffenen dann oft auf den teuren und aufwendigen Klageweg in denjenigen Staaten verwiesen, in denen die Suchmaschinen-Muttergesellschaften ihren Firmensitz haben, in der Regel also die USA. Darüber hinaus zeigt es Drucksache 21/14996 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 sich, dass die Bearbeitung von „Löschanfragen“ in aller Regel so lange dauert , dass sich Falschinformationen zwischenzeitlich im „Netz“ schon weit verbreitet haben und eine Löschung dadurch erheblich erschwert wird. Dies gilt vor allem für solche Falschinformationen, die schon vor dem EuGH-Urteil von 2014 („Recht auf Vergessenwerden“) von den Suchmaschinen verbreitet wurden; deren – vermutlich aufwendigere – Entfernung gehen die Suchmaschinenanbieter offenkundig nur halbherzig an. Dies vorausgeschickt frage ich den Senat: 1. Wie und mit welchen Mitteln und Instrumentarien unterstützt der Hamburger Senat konkret Firmen und Gewerbetreibende, die sich gegen ehrverletzende und geschäftsschädigende Falschinformationen im „World Wide Web“ zur Wehr setzen (müssen)? Im Falle von Strafanzeigen oder anderweitiger Kenntnisnahme von Straftaten wird die Staatsanwaltschaft bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen tätig. Darüber hinaus stellt der Senat durch die Ausstattung der Gerichte sicher, dass etwaige zivilrechtliche Ansprüche effektiv gerichtlich durchgesetzt werden können. 2. Während die USA Verstöße – zum Beispiel gegen von ihnen verhängte Sanktionsmaßnahmen gegenüber Drittstaaten – an in den USA ansässigen Tochtergesellschaften betroffener ausländischer Firmen exekutieren , verzichtet Deutschland offenkundig im Zusammenhang mit ehrverletzenden und geschäftsschädigenden Falschinformationen auf ein solches Instrument, obgleich sich dies zweifelsfrei als ein effizientes Mittel zur Durchsetzung normgerechten Handelns der „Suchmaschinengiganten “ anbieten würde. Welche gesetzlichen Schritte und Initiativen seitens der Bundesregierung, des Bundestages beziehungsweise des Bundesrates sowie der EU sieht der Senat als erforderlich an, um gegen die immer noch grassierende Verbreitung geschäftsschädigender Falschinformationen besser vorgehen zu können und welche Initiativen – etwa im Bundesrat – plant er dazu? Plant der Senat ibs., über den Bundesrat auf eine Ausweitung des NetzDG hin zu einem besseren Schutz vor ehrabschneidenden und geschäftsschädigenden Fehlinformationen durch von Suchmaschinenbetreibern verbreitete Informationen voranzutreiben? Falls ja: Bitte genau erläutern, welche Maßnahmen/Gesetzeserweiterungen für wichtig und relevant gehalten werden. Falls sich der Senat hingegen mit diesen gerade für die Hamburger Wirtschaft essenziellen Fragen noch nicht befasst haben sollte oder diese nicht für notwendig erachtet: warum nicht? Die Haftung für rechtswidrige Inhalte, welche über Suchmaschinen und Bewertungsportale abrufbar sind, ist eine Querschnittsaufgabe, die verschiedene rechtliche Bereiche tangiert. Die für Medien zuständige Behörde setzt sich im Rahmen der Rundfunkkommission der Länder für eine Fortentwicklung des Rundfunkstaatsvertrages hin zu einem Medienstaatsvertrag ein. Ein entsprechender Entwurf, der sich auch Intermediären, also zum Beispiel Suchmaschinen und sozialen Netzwerken, widmet, wird derzeit im Länderkreis unter Beteiligung der Öffentlichkeit diskutiert. Ein entsprechender Entwurf ist unter www.rundfunkkommission.rlp.de abrufbar. Ob daneben auch eine Fortentwicklung der geltenden Regelungen auf EU-Ebene (sogenannte e-commerce-Rich beziehungsweise der entsprechenden Bundesgesetze (insbesondere Telemediengesetz) nötig ist, bedarf noch der weiteren rechtlichen Prüfung. Die für Justiz zuständige Behörde setzt sich im Rahmen der Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister regelmäßig für eine praxisgerechte Ausgestaltung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes ein. Sie hat sich bereits bei der Herbstkonferenz der Justizministerinnen und Justizminister am 17. November 2016 mit einem Antrag für die Schaffung eines solchen Gesetzes eingesetzt. Insbesondere wurde darin die Bundesregierung aufgefordert, geeignete Lösungsvorschläge zu entwickeln, die eine effektive (auch gerichtliche) Durchsetzung der Löschung strafbarer Inhalte und Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/14996 3 rechtswidriger Hassbotschaften im Netz gegen den Betreiber der jeweiligen Internetplattform ermöglichen. Nach Inkrafttreten des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes am 1. Oktober 2017 hat sich die zuständige Behörde durch Anträge bei weiteren Justizministerkonferenzen für praxisgerechte Verbesserungen des Gesetzes eingesetzt. So hat sie sich auf der Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister am 6. und 7. Juni 2018 mit einem Antrag dafür eingesetzt, die Regelung zum „Inländischen Zustellungsbevollmächtigten “ zu präzisieren und dahin gehend auszuweiten, dass sie allgemein für die Geltendmachung äußerungsrechtlicher Ansprüche gegenüber dem Netzwerkbetreiber gilt, um die zivilrechtliche Verfolgung auch von Ansprüchen, die nicht unter das NetzDG fallen, zu erleichtern. Dieses Anliegen hat die zuständige Behörde auf der Herbstkonferenz der Justizministerinnen und Justizminister am 14. und 15. November 2018 weiterverfolgt und daneben weitere Verbesserungen vorgeschlagen , so etwa eine Präzisierung der Regelungen über das Verfahren zur Übermittlung von Beschwerden mit dem Ziel, dass dieses Verfahren auch leicht auffindbar zur Verfügung gestellt werden muss. Die Beratungen sollen auf der Frühjahrskonferenz der Justizministerinnen und Justizminister fortgeführt werden. 3. Wo genau sieht der Senat Defizite in internationalen bi- und multilateralen Abkommen, die die weiterhin zu beobachtende Verbreitung ehrabschneidender und geschäftsschädigender Falschinformationen begünstigen ? Wo sieht der Senat dabei Handlungsbedarf seitens der Bunderegierung ? Soweit sich die Frage auf Defizite in internationalen, bi- und multilateralen Abkommen bezieht, sieht die für Justiz zuständige Behörde keinen Handlungsbedarf. Eine Regelung zu terroristischen Online-Inhalten befindet sich derzeit im Gesetzgebungsverfahren : Im Bundesrat wird am 23. November 2018 ein Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Verhinderung der Verbreitung terroristischer Online-Inhalte beraten und kann als erster Schritt im Hinblick auf eine europäische Regelung der Problematik gesehen werden. 4. Hamburger Staatsanwaltschaften sind gegenüber der Justizbehörde weisungsabhängig. Der Senat könnte die betreffenden Staatsanwaltschaften auffordern, eingehende Strafanzeigen gegen Suchmaschinenanbieter im Zusammenhang mit der Verbreitung ehrabschneidender und geschäftsschädigender Falschinformationen verstärkt über die „internationale Schiene“ Nachdruck zu verleihen. Verfolgt der Senat eine solche Strategie? Falls ja, bitte genau – auch anhand von Beispielen – erläutern. Falls nein: warum nicht? Durch die Staatsanwaltschaft Hamburg werden in jedem Einzelfall die zulässigen und zielführenden strafprozessualen Maßnahmen geprüft, wozu auch die Beschreitung des internationalen Rechtshilfeverkehrs gehört. Dies richtet sich nicht nach der Frage, ob hierdurch der Strafanzeige Nachdruck verliehen werden könnte. Die Ausübung von Druck auf Personen oder Unternehmen zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche ist hingegen nicht Aufgabe der Strafverfolgungsbehörden.