BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/15008 21. Wahlperiode 20.11.18 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Jennyfer Dutschke (FDP) vom 13.11.18 und Antwort des Senats Betr.: Online-Therapie für psychisch Erkrankte am UKE Der aktuellen Presseberichterstattung war am 13.11.2018 zu entnehmen, dass am Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) eine Studie über die Vor- und Nachteile von Online-Therapie für psychisch Erkrankte durchgeführt wird.1 Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) hat zusammen mit weiteren Partnern ein Hamburger Modellprojekt zur Verbesserung der Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen entwickelt („RECOVER“), welches erstmals in Deutschland eine sektorenübergreifend-koordinierte, schweregradgestufte und evidenzbasierte Versorgung umsetzt. Dabei verfolgt das Modellprojekt einen ganzheitlichen Ansatz: Vom Erstkontakt über den Behandlungszeitraum bis hin zur Wiedereingliederung in den Alltag soll es für jede Patientin und jeden Patienten eine gesteuerte und zentral koordinierte Versorgung geben (vergleiche www.recover-hamburg.de). Partner des UKE sind die Hamburger Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz (BGV), fünf verschiedene Krankenkassen, Kliniken und ambulante Institutionen, die Kammern der Ärzte und Psychotherapeuten, Forschungseinrichtungen sowie Verbände der Patientinnen und Patienten und Angehörigen. Entwicklung, Implementierung und Erprobung des RECOVER-Versorgungsmodells werden durch den Innovationsfonds beim Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) von 2017 bis 2020 mit insgesamt 6 Millionen Euro gefördert. Effektivität und Effizienz des RECOVER-Versorgungsmodells werden von 2018 bis 2020 in einer randomisiert-kontrollierten Studie untersucht. Diese Studie vergleicht das gesamte RECOVER-Modell mit der Regelversorgung. Eingeschlossen werden 1.070 Patienten, wovon 535 zur Behandlung in RECOVER randomisiert werden. Als Teil des RECOVER-Versorgungsmodells hat das UKE eine E-Mental-Health- Plattform mit dem Namen eRECOVER entwickelt (www.erecover.de). eRECOVER und die damit verfügbaren eTherapie-Programme stellen innerhalb des RECOVER- Versorgungsmodells eine zusätzliche Therapieoption insbesondere für Menschen mit leichten und mittelgradigen psychischen Erkrankungen dar. Bis zum Ende der vorgenannten Studie am 30. Juni 2020 kann eRECOVER nur im Rahmen des Forschungsprojektes genutzt werden. Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer können sich mit ihren Zugangsdaten anmelden. Eine Nutzung durch selbstständige Registrierung oder Anmeldung ist nicht möglich. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften des UKE wie folgt: 1 https://www.abendblatt.de/hamburg/article215774555/Uniklinikum-erprobt-Online-Therapiefuer -psychisch-Kranke.html. Drucksache 21/15008 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 1. Wie viele und welche Instrumente der Online-Therapie wurden für die Studie speziell entwickelt? Innerhalb von eRECOVER stehen aktuell vier eTherapie-Programme zur Verfügung, die für einen Großteil der Menschen mit leichten psychischen Erkrankungen geeignet sind: Unipolare Depression, Agoraphobie und Panikstörung, Zwangsstörungen und somatoforme Störungen. Darüber hinaus sollen weitere eTherapie-Programme für Essstörungen, Bipolare Störungen, Emotional-instabile Persönlichkeitsstörung, Posttraumatische Belastungsstörung und Psychosen entwickelt werden. Alle Programme wurden und werden speziell für die Studie entwickelt und basieren auf etablierten Inhalten und Methoden der Kognitiven Verhaltenstherapie. Alle Programme können mit oder ohne therapeutische Begleitung genutzt werden. Teilnehmerinnen und Teilnehmer von RECOVER werden grundsätzlich therapeutisch begleitet. 2. Wie viele bereits im Vorfeld bestehende Online-Therapie-Instrumente werden genutzt? Wie viele von diesen verfügen bereits über eine Zulassung als Medizinprodukt? Die Entscheidung des UKE für die Entwicklung eigener Programme war das Resultat eingehender Recherchen hinsichtlich der Nutzung und Skalierbarkeit von Angeboten bestehender (zumeist privatwirtschaftlicher) Anbieter. Gemäß den Vorgaben des G-BA sind alle entwickelten Lösungen zu verstetigen, das heißt einer Vielzahl von Betroffenen und dem Gesundheitssystem möglichst barrierefrei zur Verfügung zu stellen. Nach Auskunft des UKE sind Online-Therapie-Lösungen für psychisch kranke Menschen derzeit nicht in das bestehende Vergütungs- und Versorgungssystem eingebunden . Die eTherapie und gegebenenfalls sonstige Behandlung laufen daher nebeneinander. Nach Auskunft des UKE verfügt keines der eTherapie-Programme derzeit über eine Zulassung als Medizinprodukt. Die Programme werden ausschließlich innerhalb der Studie angewendet. 3. Arbeitet das UKE zur Prüfung und Entwicklung derartiger Therapie- Lösungen mit weiteren Unternehmen zusammen? Wenn ja, mit welchen? 4. Wie viele dieser Unternehmen haben sich auf IT-Lösungen im eHealth- Bereich spezialisiert? 5. Wie viele dieser Unternehmen halten auch medizinisch-fachliche Expertise zur Entwicklung ihrer IT-Lösungen für Online-Therapie vor? Derzeit sind keine privatwirtschaftlichen Unternehmen in die Entwicklung und Prüfung der eTherapie-Programme mit eingebunden. Das UKE hat Fachexperten in einem Team zusammengestellt, die für die Entwicklung und Prüfung aller eTherapie- Programme zuständig sind. Diese widmen sich den Aufgabenfeldern Projektmanagement , Entwicklung, Qualitätssicherung, Datenschutz und IT-Sicherheit. 6. Ist das Beantragen von Patenten für etwaige Online-Therapie-Lösungen beabsichtigt? Wenn ja, in welchem Umfang? Wenn nein, warum nicht? Nach Auskunft des UKE ist momentan keine Beantragung von Patenten geplant. Die Online-Therapie ist ein Teil des RECOVER-Versorgungsmodells, das derzeit im Rahmen der Förderung durch den Innovationsfonds des G-BA erprobt wird (siehe Vorbemerkung ). 7. Hat das UKE Therapeuten und Psychologen in die Gewinnung von Studienteilnehmern eingebunden? Wenn nein, warum nicht? Im RECOVER-Versorgungsmodell arbeiten zurzeit 178 Einzelpersonen (Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des UKE und seiner Partner), 18 Institutionen des SGB V, IX, und XII (unter anderem gesetzliche Krankenkassen, Rehabilitationsträger, Sozialhilfeträ- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/15008 3 ger) sowie niedergelassene Allgemeinärzte, Psychiater und psychologische Psychotherapeuten . 8. Ist geplant, die Studie über die Vor- und Nachteile von Online-Therapie für psychisch Erkrankte auch auf andere seelische Erkrankungen auszuweiten beziehungsweise weitere Studien zu den Vor- und Nachteilen von Online-Therapie für psychisch Erkrankte bei anderen seelischen Erkrankungen durchzuführen? Wenn nein, warum nicht? Siehe Antwort zu 1. 9. Welche Kosten werden für die Durchführung der Studie veranschlagt? Siehe Vorbemerkung.