BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/15019 21. Wahlperiode 20.11.18 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Carsten Ovens (CDU) vom 14.11.18 und Antwort des Senats Betr.: Hanseatisch-uruguayische Freundschaft auf dem Prüfstand – Eine Bestandsaufnahme der bilateralen Beziehungen Deutschland und Lateinamerika sind seit jeher durch gemeinsame Werte und gleichgerichtete Interessen wie auch ihre geschichtsträchtige Vergangenheit eng miteinander verbunden. Im Jahre 1826 anerkannte Hamburg als erste Stadt die Staaten Lateinamerikas an und baute fortan enge Handelsbeziehungen mit ihnen auf. Im Laufe der Zeit sind stetig weitere Verbindungen entstanden. Dazu gehören beispielsweise die Städtepartnerschaft zwischen Hamburg und Léon in Nicaragua sowie der vor über 100 Jahren gegründete und in Hamburg ansässige Lateinamerika Verein e.V. Vor dem Hintergrund der besonderen Beziehungen haben die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union und die Länder Lateinamerikas und der Karibik die Freie und Hansestadt Hamburg zum Standort der gemeinsamen EU-Lateinamerika-Karibik-Stiftung (EU-LAC) bestimmt. Besondere Beziehungen bestehen dabei auch zwischen Hamburg und dem kleinsten spanischsprachigen Land Südamerikas, der República Oriental del Uruguay, kurz: Uruguay. Das Generalkonsulat Uruguays, begründet 1838, zählt zu den zwanzig ältesten konsularischen Vertretungen Hamburgs. Unter anderem sind Fleischprodukte aus Uruguay bis heute sehr beliebt in Hamburger Steakhäusern. Längst ist das Land nicht mehr nur für seine Pferde- und Rinderzucht bekannt, sondern hat sich zu einem der Motoren des lateinamerikanischen Wirtschaftswachstums entwickelt und gehört heute zu den stabilsten, demokratischsten und wohlhabendsten Ländern des amerikanischen Kontinents. Deutschland ist dabei der wichtigste Handelspartner Uruguays in Europa. Auf der letzten Bürgermeister-Konferenz im Mai 2016 hat Hamburgs damaliger Bürgermeister betont, dass ihm die enge Freundschaft zu Lateinamerika sehr am Herzen liegt. Ein besonderes Engagement des Senats für die deutsch-lateinamerikanischen Beziehungen in den Bereichen Wirtschaft und Wissenschaft ist jedoch derzeit öffentlich kaum wahrnehmbar. Es ist damit nicht bekannt, ob Hamburgs derzeitiger Bürgermeister die Politik seines Vorgängers fortsetzen will. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Drucksache 21/15019 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 1. Wie bewertet der Senat die aktuellen Beziehungen zwischen Deutschland und Lateinamerika, insbesondere im Hinblick auf das Verhältnis zu Uruguay? 2. Welche Bedeutung haben die Beziehungen zwischen Deutschland und Uruguay aus Sicht des Senats heute und in Zukunft für Hamburg? Für die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland ist die Bundesregierung zuständig. Der Senat hat sich damit nicht befasst. 3. Hat der Senat eine ganzheitliche Strategie zur Förderung der Beziehungen zwischen Hamburg und Lateinamerika beziehungsweise Uruguay? Wenn nein, warum nicht? Die Bedeutung, die Hamburg den Ländern Lateinamerikas beimisst, wurde bereits bei der Ansiedlung der EU-Lateinamerika/Karibik-Stiftung deutlich gemacht (Drs. 19/5025). 4. Welche politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Kooperationen sowie gemeinsame Projekte zwischen Uruguay und der Freien und Hansestadt Hamburg wurden in der 20. und 21. Wahlperiode vom Senat initiiert, gepflegt oder gefördert? Die Senatskanzlei hat im Jahr 2014 das Festival „Lateinamerika und Karibik Herbst“ initiiert, um die lateinamerikanischen und karibischen Staaten in Hamburg einer größeren Öffentlichkeit sichtbarer und erlebbarer zu machen. Gemeinsam mit dem Generalkonsulat von Uruguay wurde damals die Ausstellung „Uruguay auf Guarani“ (indigene Kunst) im Museum für Völkerkunde organisiert. Das Festival findet seitdem jährlich statt; die Senatskanzlei unterstützt das Festival p.a. mit 10.000 Euro. In den ersten drei Jahren handelte es sich um ein rein kulturelles Festival unter der Federführung des damaligen Museums für Völkerkunde. In den Jahren 2017 und 2018 hat die EU-Lateinamerika/Karibik-Stiftung die Organisation des Festivals übernommen und dieses um gesellschaftspolitische, wirtschaftliche und wissenschaftliche Themen erweitert. Die Eröffnung fand jeweils im Hamburger Rathaus statt; die Kosten für die Eröffnung trug die Senatskanzlei (über den pauschalen jährlichen Beitrag hinaus). Das diesjährige Festival umfasst 85 Veranstaltungen an 36 Orten im Zeitraum 18. September bis 21. Dezember. Das Generalkonsulat von Uruguay ist hierbei weiterhin ein engagierter Partner des Festivals und engagiert sich 2018 unter anderem mit Buchpräsentationen und Lesungen. Ebenso hat es sich regelmäßig an der Langen Nacht der Konsulate beteiligt. Der Provinzgouverneur von Montevideo war 2015 zu Besuch in Hamburg und wurde vom Ersten Bürgermeister empfangen. Anlässlich des 160-jährigen Jubiläums der deutsch-uruguayischen Beziehungen fand im August 2016 ein Empfang der Botschaft in Hamburg statt, hier sprach der Bevollmächtigte der Freien und Hansestadt Hamburg beim Bund, der Europäischen Union und für auswärtige Angelegenheiten ein Grußwort. Im Februar 2017 war der Präsident Uruguays, S. E. Tabaré Vàzquez, im Rahmen eines offiziellen Deutschland-Besuchs in Hamburg. Er wurde von sechs Ministern und 70 Wirtschaftsvertretern begleitet. In Hamburg traf der Präsident mit dem Ersten Bürgermeister zusammen, trug sich ins Goldene Buch der Stadt ein, nahm an einem offiziellen Essen („Senatsfrühstück“) mit der Zweiten Bürgermeisterin teil und sprach auf einem Wirtschaftstag zu Uruguay, den die Handelskammer Hamburg und der Lateinamerika Verein e.V. organisiert hatten. Seit 2012 pflegen zwei Hamburger Schulen einen regelhaften Austausch mit der Deutschen Schule Montevideo. Der Austausch der Stadtteilschule Bergstedt findet jährlich, der Austausch mit dem Heinrich-Heine-Gymnasium alle zwei Jahre statt. Die Schülerinnen und Schüler leben während des Aufenthaltes in Gastfamilien und besuchen die Schule. Am Heinrich-Heine-Gymnasium ist diese Fahrt Teil des Spanischprofils in der zehnten Jahrgangsstufe. An der Stadtteilschule Bergstedt fah- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/15019 3 ren Schülerinnen und Schüler der elften und zwölften Jahrgangsstufe nach Uruguay. Gegenbesuche finden an beiden Schulen statt. Finanziert werden die Austausche aus dem jeweiligen Schulbudget sowie dem Eigenanteil der Schülerinnen und Schüler. Eine gesonderte Förderung durch die für Bildung zuständige Behörde findet nicht statt. Eine seit dem Jahr 2005 existierende Hafenpartnerschaft zwischen Hamburg und Montevideo wurde im Jahr 2013 erneuert. Hamburg Hafen Marketing e.V. (HHM) unterzeichnete die Erneuerung, die wesentlich marketingorientierte Aspekte enthält. 5. Darüber hinaus steht auch der wissenschaftliche Austausch zwischen Uruguay und Hamburg im Fokus. Welche Kooperationen und offiziellen Kontakte zwischen uruguayischen Institutionen und den Hamburger Universitäten und Hochschulen bestehen? Inwiefern fördert der Senat entsprechende Beziehungen und Kooperationen aktiv? Die Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg (HAW Hamburg) hat eine Kooperation mit der Universidad de la República de Uruguay, UdelaR, zum Thema Klimaanpassung. 6. Mit dem Latino-Hub Rheinland werden seit einigen Jahren wirtschaftliche , gesellschaftliche und kulturelle Beziehungen zwischen Lateinamerika und dem Rheinland unterstützt. Sind dem Senat vergleichbare Einrichtungen in Hamburg bekannt, die über eine Förderung wirtschaftlicher Beziehungen hinausgehen? Wenn ja, unterstützt der Senat entsprechende Engagements? Sowohl der Lateinamerika Verein e.V. (LAV) als auch die EU-Lateinamerika/Karibik- Stiftung sind in Hamburg ansässig. Das Engagement beider Institutionen geht über die Förderung wirtschaftlicher Beziehungen hinaus. Der Senat unterstützt entsprechende Engagements. Vergleiche Drs. 21/10408. 7. Wie viele Delegationsreisen von offiziellen Vertretern der Freien und Hansestadt Hamburg hat es in der 21. Wahlperiode nach Lateinamerika (insbesondere Uruguay) gegeben? a. Mit welchem Fokus wurden diese Delegationsreisen durchgeführt? b. Wer hat an diesen Delegationen teilgenommen? c. Welche Ergebnisse wurden dabei geschaffen beziehungsweise welche Ergebnisse wurden auf Grundlage der stattgefundenen Delegationsreisen nachhaltig erzielt? Vergleiche Drs. 21/10408. Seitdem haben folgende Reisen nach Lateinamerika stattgefunden : Jahr Teilnehmer Reiseziel Anlass/Ergebnis 2018 Jeweils ein Mitarbeiter aus dem Landesplanungsamt, aus der Senatskanzlei und von der Stadtreinigung Hamburg Mexiko, Guadalajara Teilnahme am IUC (International Urban Cooperation) Programm der EU, bei dem Hamburg durch die EU mit der zweitgrößten Stadt Mexikos, Guadalajara, in einen kurzen (18 Monate) fokussierten Austausch gebracht wurde, um Projekte zur gegenseitigen Unterstützung im Bereich nachhaltiger Stadtentwicklung/ Digital Governance zu entwickeln. Das Projekt ist noch nicht abgeschlossen . Im Zuge des Besuches und Gegenbesuches wurde ein sog. iLAP (integrated Local Action Plan) entwickelt, der u.a. Themen und Aktionen im Bereich digitale Stadt- Drucksache 21/15019 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Jahr Teilnehmer Reiseziel Anlass/Ergebnis planung und Partizipation, Sozialer Wohnungsbau, Kreislaufwirtschaft und Architektur urbaner Datenplattformen beinhaltet. Die Aktionen befinden sich in der Vorbereitung bzw. Durchführung. 2018 Staatsrat Michael Pollmann ohne Delegation aber mit Begleitung aus der Behörde Argentinien, Buenos Aires Vertretung der FHH auf dem Urban 20 Gipfel und Unterzeichnung eines Memorandums of Understanding zur Zusammenarbeit auf den Feldern nachhaltige Stadt-entwicklung, Wissenschaft und Kultur mit der Stadt Buenos Aires 2018 Präses der Behörde für Inneres und Sport Andy Grote ohne Delegation aber mit Begleitung aus der Behörde Argentinien, Buenos Aires Teilnahme am „Olympism in Action Forum“ des Internationalen Olympischen Komitees, Besuch der Youth Olympic Games und Auszeichnung Hamburgs als „Global Active City“. Mit den weiteren als „Global Active City“ ausgezeichneten fünf Städten sowie mit Vertreterinnen und Vertretern des internationalen Sports hat ein sportfachlicher Austausch stattgefunden . 8. Beteiligt sich der Senat an Messen oder Kongressen in Lateinamerika (insbesondere Uruguay), um für den Standort Hamburg zu werben? Wenn ja, bei welchen Veranstaltungen und in welchem Rahmen war dies der Fall? Mit welchen Ergebnissen? Wenn nein, warum nicht? Die zuständige Behörde hat sich im Jahr 2013 an den Deutsch-Brasilianischen Wirtschaftstagen in Sao Paulo beteiligt, um die Folgeveranstaltung im Jahr 2014 in Hamburg zu bewerben. Neben dem Senat sind zahlreiche weitere Akteure wie zum Beispiel Kammern, Verbände, Vereine und Marketingorganisationen in der Standortwerbung für Hamburg aktiv. Die Universität Hamburg plant eine Teilnahme an der Europosgrados- Studierendenmesse in Kolumbien und Chile für das Jahr 2019 (23. – 31 März 2019). 9. Welche Aktivitäten der Stadt existieren derzeit, um Unternehmen aus Lateinamerika in Hamburg anzusiedeln? Welche Budgets stehen dafür jährlich zur Verfügung (seit 2011) und welche Ergebnisse wurden damit seit 2011 erzielt? Da Lateinamerika als Quellmarkt für Investitionen in Hamburg im Verhältnis zu anderen Märkten von geringerer Bedeutung ist und aufgrund der Entfernung nur kostenintensiv bearbeitet werden könnte, kann eine Marktbearbeitung nur reaktiv erfolgen. Gesonderte Budgets für diese Märkte existieren nicht. Hamburg ist mit insgesamt fünf ehrenamtlichen Repräsentanten, den HamburgAmbassadors, in Lateinamerika vertreten . Standorte sind Argentinien (Buenos Aires), Brasilien (Sao Paulo), Kolumbien (Bogota ), Guatemala (Antigua Guatemala) und Kuba (Havanna). Die HIW Hamburg Invest Wirtschaftsförderungsgesellschaft mbH (Hamburg Invest) nimmt an den Veranstaltungen des LAV in Hamburg und Berlin teil und hat für Hamburg als Investitionsstandort zuletzt auf dem Lateinamerika-Tag in Hamburg am 11. und 12. Oktober 2018 geworben. Mit Unterstützung der Hamburg Invest konnten seit dem Jahr 2011 zwei Projekte aus Brasilien und eines aus Mexiko erfolgreich in Hamburg realisiert werden. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/15019 5 10. Welche Unterstützung bietet die Stadt Unternehmen aus Lateinamerika, die in Hamburg einen Standort eröffnen wollen? Gibt es beispielsweise Zuschüsse für Gewerbeflächen beziehungsweise Mieten, um Ansiedlungen zu erleichtern? Unternehmen aus Lateinamerika werden grundsätzlich in gleicher Weise wie andere Unternehmen aus Übersee bei ihrer Ansiedlung in Hamburg unterstützt und willkommen geheißen. Finanzielle Zuschüsse wie die beispielhaft genannten können aus beihilferechtlichen Gründen nicht gewährt werden. 11. Inwiefern fördert der Senat insbesondere die Beziehungen zwischen den Gründerszenen in Hamburg und Uruguay? Eine besondere Förderung der Beziehungen zwischen den Gründerszenen in Hamburg und Uruguay erfolgt aufgrund anderer Prioritäten nicht. 12. Wurden in der 20. oder 21. Wahlperiode Projekte und Initiativen zwischen Hamburg und Uruguay aus vorhergegangenen Legislaturen eingestellt beziehungsweise sind ausgelaufen? Wenn ja, welche und warum? Nein.