BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/15046 21. Wahlperiode 23.11.18 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Carola Ensslen (DIE LINKE) vom 15.11.18 und Antwort des Senats Betr.: Hamburg – (K)ein sicherer Hafen? (V) – f & w fördern und wohnen AöR – „Wohnst du noch oder lebst du schon?“ Das Leben in den Folgeunterkünften ist für die Bewohner/-innen durch vielfältige Restriktionen geprägt. Das mag man als Wohnen betrachten können, ist aber von einem eigenständigen, selbstbestimmten Leben weit entfernt. So gibt es etwa strenge, mitunter wenig nachvollziehbare Vorgaben für die Nutzung der Gemeinschaftsküchen. Und in der Hausordnung (siehe Anlage zu Drs. 21/14668) für Unterkünfte von f & w, die Teil des Aufnahmegesprächs neuer Bewohner/-innen ist, finden sich weitere Regelungen, die Klärungsbedarf mit sich bringen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Senat beantwortet die Fragen teilweise auf Grundlage von Auskünften von f & w fördern und wohnen AöR (f & w), vom Deutschen Roten Kreuz (DRK) und Arbeiterwohlfahrt (AWO) Landesverband Hamburg e.V. wie folgt: 1. Eine der maßgeblichen Zielsetzungen öffentlich-rechtlicher Unterbringung ist die Wahrung des sozialen Friedens. Eine Störung des sozialen Friedens kann den Widerruf der Aufnahme zur Folge haben (vergleiche Abschnitt II Ziffer 4 b) der Hausordnung). a. Was genau ist mit sozialem Frieden gemeint und wodurch wird er gestört? Mit dem Begriff des sozialen Friedens wird das störungsfreie, friedliche, gewaltlose und von gegenseitiger Rücksichtnahme geprägte Zusammenleben in der öffentlichrechtlichen Unterbringung (örU) beschrieben. Hiergegen und gegen die in diesem Sinne verfasste Hausordnung gerichtete Verstöße gefährden deshalb den sozialen Frieden. Dazu gehören insbesondere die Anwendung verbaler oder körperlicher Gewalt gegenüber Mitarbeitenden und Bewohnerinnen und Bewohnern, wiederholte Ruhestörungen oder der Konsum illegaler Drogen in den Räumlichkeiten beziehungsweise auf dem Gelände der Einrichtungen. Im Übrigen siehe Drs. 21/14777, Drs. 21/14861 und Drs. 21/14941. b. Welche Maßnahmen werden ergriffen, um Gefährdungen des sozialen Friedens entgegenzuwirken beziehungsweise erst gar nicht entstehen zu lassen? Aufbauend auf der Aushändigung und umfassenden Erläuterung der Haus- und Benutzungsordnung bei Einzug ist es das Ziel der sozialen Arbeit in den Einrichtungen , drohende oder bestehende Konflikte, gegebenenfalls unter Hinzuziehung von Sprachmittelnden, gemeinsam mit den betroffenen Akteuren zu klären, etwa im Rah- Drucksache 21/15046 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 men der täglichen Sprechstunden. Bei anhaltenden Konflikten können Verlegungen in Betracht kommen. 2. In Abschnitt IV Ziffer 2 der Hausordnung heißt es, in Gemeinschaftsküchen dürften aus hygienischen Gründen keine Lebensmittel, keine Gegenstände aus Holz und keine Möbel gelagert werden. a. Wo und wie können Lebensmittel stattdessen (auch kühl) gelagert werden? aa. Falls auf den Zimmern der Bewohner/-innen: Wodurch wird das Lagern von Lebensmitteln auf den Zimmern hygienischer als in der Küche? Die Lebensmittel können in den zur persönlichen Nutzung zur Verfügung gestellten Kühlschränken in den Bewohnerzimmern aufbewahrt werden. Die Gefahr gesundheitlicher Beeinträchtigungen anderer durch unsachgemäße Aufbewahrung in den Gemeinschaftsküchen wird somit reduziert. b. Welche Gegenstände aus Holz sind genau gemeint? c. Was ist mit einer Lagerung von Gegenständen aus Holz genau gemeint? d. Ist mit einer Lagerung von Möbeln in Gemeinschaftsküchen auch gemeint, dass keine (weiteren) Tische und Stühle aufgestellt werden dürfen, um gemeinsam zu essen? da. Wenn ja, warum wird dies mit Verweis auf die Hygiene begründet ? db. Wenn ja, wo können die Bewohner/-innen stattdessen essen und sich aufhalten? dc. Wenn nein, was ist mit dem Verbot der Lagerung von Möbeln in Gemeinschaftsküchen dann genau gemeint? Die für Gemeinschaftsküchen geltenden Hygienevorschriften erfordern, dass alle dort verwendeten Gegenstände eine glatte, abwasch- und desinfizierbare Oberfläche haben müssen. Gegenstände aus Holz entsprechen diesen Anforderungen regelmäßig nicht. Die Bewohnerinnen und Bewohner können hölzerne Gegenstände (Schneidbretter et cetera) nutzen, jedoch in diesem Fall nicht in den Gemeinschaftsküchen aufbewahren. Sofern Holzmöbel den genannten Anforderungen entsprechen, können sie unter Beachtung der Vorgaben zu den Fluchtwegen und der Brandschutzvorschriften in den Gemeinschaftsküchen aufgestellt werden. 3. Womit sind Gemeinschaftsküchen standardmäßig ausgestattet? Bitte die genaue Anzahl aller zur Verfügung gestellten Gegenstände je Bewohner /in beziehungsweise je Wohneinheit angeben. Siehe Drs. 19/3572. 4. Wie bekannt wurde, ist es in manchen Unterkünften mit Verweis auf die Hausordnung (wohl Abschnitt V Ziffer 4 und 5) nicht gestattet, eigene elektrische Geräte, wie etwa einen Reiskocher oder Toaster zu nutzen. Laut Hausordnung sind jedoch lediglich Veränderungen an elektrischen Anlagen und Leitungen sowie die feste Installation elektrischer Geräte verboten. a. Welche genauen Einschränkungen für die Nutzung welcher elektrischen Geräte in Gemeinschaftsküchen gibt es? b. Auf welcher Grundlage können Einschränkungen der Nutzung eigener elektrischer Geräte verhängt werden? c. Gelten Einschränkungen der Nutzung eigener elektrischer Geräte für alle Einrichtungen mit Gemeinschaftsküchen gleichermaßen? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/15046 3 ca. Wenn nein, an welchen Standorten mit Gemeinschaftsküchen gelten Einschränkungen der Nutzung eigener elektrischer Geräte und an welchen nicht beziehungsweise nicht in gleichem Umfang? Bitte tabellarisch unter Angabe der jeweiligen Gründe der Einschränkung darstellen. 5. Wie stellt sich die Situation in den nicht von f & w betriebenen Folgeunterkünften dar? Welche Vorgaben gibt es dort und wie unterscheiden sich diese von denen bei f & w? Bitte ausführlich darstellen. Durch die Hausordnungen der Betreiber f & w, DRK sowie AWO wird die Nutzung eigener elektrischer, nicht fest installierter Geräte nicht reglementiert. Es gelten die allgemeinen Brandschutzvorschriften. 6. In Abschnitt II Ziffer 2 der Hausordnung heißt es, die Unterbringung innerhalb der Unterkunft erfolge durch das Unterkunftsmanagement. Welche konkreten Aufgaben entfallen in Folgeunterkünften jeweils auf den Bereich des Unterkunftsmanagements und welche auf den Bereich des Sozialmanagements? Bitte in einer Tabelle darstellen. Siehe Drs. 21/14777. 7. In Erstaufnahmen wird explizit zwischen Mitarbeitern/-innen des Unterkunftsmanagements und Mitarbeitern/-innen des Sozialmanagements unterschieden, während in Folgeunterkünften Mitarbeiter/-innen gemeinsam als Unterkunfts- und Sozialmanagement bezeichnet werden. a. Warum wird die Unterscheidung, wie sie in Erstaufnahmen üblich ist, in Folgeunterkünften nicht vorgenommen? b. Gibt es in Erstaufnahmen andere anfallende Tätigkeiten, die eine explizite Unterscheidung in Unterkunftsmanagement einerseits und Sozialmanagement andererseits erforderlich machen? ba. Wenn ja, welche? bb. Wenn nein, wozu dient diese Unterscheidung dann? Die Anforderungen an das Unterkunfts- und Sozialmanagement (UKSM) sind zwischen den Erstaufnahmeeinrichtungen (EA) und der örU unterschiedlich. Zu den jeweiligen Aufgaben und Schwerpunkten des UKSM in der örU siehe Drs. 21/14777 und für die EA den Betreibervertrag zwischen f & w und der Behörde für Inneres und Sport (BIS): http://daten.transparenz.hamburg.de/Dataport.HmbTG.ZS.Webservice.GetRessource1 00/GetRessource100.svc/5bc28938-f304-412f-9977-f87ac8eb0946/Akte_E123.22-09- 08.pdf. Die getrennte Betrachtung des UKM und des SM in der EA ergibt sich aus der notwendigen Trennung der Aufgaben. So erfordert der Betrieb einer EA einen deutlich höheren Aufwand beim Unterkunftsmanagement, weil hier der Caterer, die Reinigungs - und Sicherheitsdienste sowie die Belegung der Räume koordiniert werden müssen, Aktivitäten, die sich durch die häufigeren Fluktuationen aufwändiger gestalten . Im Bereich der örU entfallen einige dieser koordinierenden Tätigkeiten oder werden in einem geringeren Umfang wahrgenommen, sodass dort die Aufgaben zusammen wahrgenommen werden können. Diesem Umstand ist unter anderem mit der Berücksichtigung von unterschiedlichen und differenzierten Personalschlüsseln im Bereich EA und örU Rechnung getragen worden, siehe Drs. 20/12697 für die örU und den Betreibervertrag für die EA.