BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/15051 21. Wahlperiode 23.11.18 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Norbert Hackbusch (DIE LINKE) vom 15.11.18 und Antwort des Senats Betr.: Ein „starker visueller Impuls“ für das Stadthaus? Ein Kunstwerk als „starker visueller Impuls“1 soll künftig auf das hinweisen, was bis heute für die meisten Menschen bedauerlicherweise unbemerkt bleibt: dass sich an der Stadthausbrücke von 1933 bis 1943 der Sitz des Gestapo-Hauptquartiers, der Ordnungspolizei, der Kriminal- und Sicherheitspolizei sowie weiterer Polizeidienststellen des „Dritten Reiches“ befand. Das Stadthaus war somit das Zentrum des Nazi-Terrors in Hamburg sowie weiten Teilen Norddeutschlands. Um im stadträumlichen Umfeld ein öffentlich sichtbares Erinnerungszeichen zu realisieren, wird derzeit ein künstlerischer Wettbewerb vorbereitet. Ich frage den Senat: (Bitte die Fragen einzeln beantworten und nicht en bloc.) Mit der Drs. 21/13971 hat die Hamburgische Bürgerschaft für die Durchführung eines Ideenwettbewerbs und künstlerische Gestaltung eines Gedenkortes 250.000 Euro zur Verfügung gestellt (zu den Details siehe Drs. 21/13971). Nach derzeitiger Planung entfallen davon 50.000 Euro auf das Wettbewerbsverfahren und 200.000 Euro auf die Realisierung des Kunstwerks. Ausgangspunkt der Überlegungen der zuständigen Behörde war der Vorschlag aus dem Beirat Stadthöfe, den Aspekt des Gedenkens aus dem Geschichtsort heraus in den öffentliche Raum zu verlagern, um so in unmittelbarer Umgebung des Geschichtsortes einen aufmerksamkeitsstarken „Stolperstein“ zu schaffen und der Öffentlichkeit eine durchgehende Zugänglichkeit zu ermöglichen. Nach Abstimmung mit dem zuständigen Bezirksamt steht dafür auf dem Gehweg vor dem Geschichtsort eine Fläche für die Realisierung des Kunstwerks zur Verfügung, die als Maß ein Kunstwerk von bis zu zwei mal 5 Metern und einer Höhe von bis zu 3 Metern zulässt. Auswahlkriterien waren dabei neben praktischen Gegebenheiten wie Gehwegsbreite und Baumbestand die unmittelbaren Nähe zum Geschichtsort und der Umstand, dass es keine Konflikte mit dem Fuß-, Rad- und Fahrzeugverkehr gibt. Die Ausgestaltung des Kunstwerks wird in einem Wettbewerb entschieden, der derzeit vorbereitet wird: Die Auslobung des Wettbewerbs soll noch in diesem Jahr erfolgen. Es sollen circa 50 Künstlerinnen und Künstler eingeladen werden, ihr Interesse am Wettbewerb zu bekunden. In einem zweiten Schritt sollen Anfang 2019 davon 15 durch eine Auswahl- 1 https://www.abendblatt.de/hamburg/article215227787/Grosser-Stolperstein-soll-an-Gestapo- Zentrale-erinnern.html. Drucksache 21/15051 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 kommission ausgewählt werden, in der künstlerischen Auseinandersetzung mit dem Ort und seiner Geschichte ein Erinnerungszeichen zu entwerfen. Im 2. Quartal 2019 soll dann ein von der zuständigen Behörde eingesetztes Preisgericht über den zu realisierenden Entwurf entscheiden und dabei die Maßgabe, einen starken visuellen Impuls zu setzen, qualitativ bewerten und berücksichtigen. Eine Umsetzung soll bis Ende 2019 erfolgen. Die Entscheidung für einen nicht offenen, eingeladenen Wettbewerb wurde von der zuständigen Behörde auf Empfehlung der Kunstkommission getroffen, um die Beteiligung professionell ausgebildeter und arbeitender Künstlerinnen und Künstler sicherzustellen . Dies kann erfahrungsgemäß bei offenen Wettbewerben nicht garantiert werden. Die Einbeziehung der Vertreterinnen und Vertreter der Verfolgtenverbände erfolgt über den Beirat Stadthöfe, in dem zahlreiche Initiativen und Vertretungsorganisationen der Opfer und Angehörigen vertreten sind (Gegen Vergessen – Für Demokratie e.V., Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes, Förderkreis Stadthaus und Lernort Stadthaus , Stolpersteine Hamburg e.V., Arbeitsgemeinschaft verfolgter und inhaftierter Sozialdemokraten, Evangelische Akademie der Nordkirche, Institut für die Geschichte der deutschen Juden, Forschungsstelle für Zeitgeschichte, DGB, Museum für Hamburgische Geschichte, KZ-Gedenkstätte Neuengamme). Der Beirat ist an der Formulierung des Ausschreibungstextes für den Wettbewerb beteiligt, hat ein Vorschlagsrecht für die einzuladenden Künstlerinnen und Künstler und entsendet Vertreterinnen und Vertreter in die Auswahlkommission und in das Preisgericht. In künstlerischer Hinsicht wird die für „Kunst im öffentlichen Raum“ zuständige Kunstkommission der zuständigen Behörde ihren Fachverstand in allen Verfahrensschritten einbringen. Darüber hinaus sind die Planungen, insbesondere im Hinblick auf die konkreten Vorgaben der Ausschreibungstextes und des Wettbewerbs, sowie die konkrete Zusammensetzung der Auswahlkommission und des Preisgerichts noch nicht abgeschlossen . Ziel ist eine zügige Realisierung zur besseren Wahrnehmung der historischen Bedeutung des Stadthauses und des Geschichtsortes Stadthaus in der Öffentlichkeit. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie stellt sich das Verfahren zur Realisierung eines öffentlich sichtbaren Erinnerungszeichens am Stadthaus dar? (Bitte den aktuellen Stand sowie die einzelnen Verfahrensschritte in der geplanten zeitlichen Abfolge aufführen.) 2. Welches Budget ist für die Realisierung des Erinnerungszeichens am Stadthaus vorgesehen und wo ist dies im Haushalt verankert? (Bitte das vorgesehene Budget, unterteilt auf die einzelnen Verfahrensschritte Ausschreibung , Wettbewerb und Gestaltung et cetera, angeben.) 3. Wie stellt sich der aktuelle Stand hinsichtlich der Erarbeitung des künstlerischen Wettbewerbs beziehungsweise der Ausschreibung dar, und wer ist seit wann an dieser Erarbeitung beteiligt? 4. Welche inhaltlichen Vorgaben liegen a) der Erarbeitung der Ausschreibung, b) dem künstlerischen Wettbewerb zugrunde? 5. Inwiefern handelt es sich bei dem geplanten Verfahren um einen nicht offenen oder einen offenen Gestaltungswettbewerb, und wer hat wann und auf welcher Grundlage die Entscheidung über die Form des Wettbewerbs getroffen? 6. Sofern ein nicht offener beziehungsweise geschlossener Gestaltungswettbewerb vorgesehen ist Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/15051 3 a) Mit welcher Begründung soll es sich um einen nicht offenen Wettbewerb handeln? b) Was spricht explizit gegen einen offenen Wettbewerb? 7. Wer beziehungsweise welche Gremien treffen zu welchem Zeitpunkt die Entscheidung über den zu realisierenden Entwurf? Sofern es sich um ein Juryverfahren handelt: Wer Entscheidet wann auf welcher Grundlage über die Zusammensetzung der Jury? 8. Inwiefern ist gewährleistet, dass die Angehörigen beziehungsweise Vertreter /-innen der Verfolgtenverbände in einem angemessenen Maß an den Entscheidungen zur Realisierung des Erinnerungszeichens beteiligt sind? (Welche Verfolgtenverbände sind an dieser Entscheidung zu beteiligen und welche sind bereits in welcher Weise involviert?) 9. Zu welchem Zeitpunkt und auf welchem Wege soll die Bürgerschaft mit der Entscheidung über die Realisierung des Erinnerungszeichens (inklusive der Entscheidung über die Form der Ausschreibung sowie die Bereitstellung der Mittel) befasst werden? 10. Was spricht aus Sicht des Senats für eine zügige Realisierung des Erinnerungszeichens ? 11. Wo genau soll nach derzeitigen Planungen der Standort für das Erinnerungszeichen sein? Welche Standorte wurden beziehungsweise werden in Erwägung gezogen? Welche Standorte wurden beziehungsweise werden geprüft? 12. Nach welchen Kriterien wird die Standortentscheidung getroffen? Inwiefern wird bei der Standortentscheidung einbezogen, dass es mehrere Zugänge zu dem Gebäudeensemble Stadthöfe gibt? 13. Wie definiert der Senat einen „starken visuellen Impuls“? 14. Welches Maß (Breite, Länge, Höhe) ist für das Erinnerungszeichen vorgesehen ? 15. Wer ist für den Erhalt und die Pflege des Erinnerungszeichens verantwortlich ? Siehe Vorbemerkung. Im Übrigen sind die Überlegungen noch nicht abgeschlossen.