BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/1506 21. Wahlperiode 15.09.15 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Michael Kruse (FDP) vom 08.09.15 und Antwort des Senats Betr.: Melde-Michel: Wer soll die Stadt eigentlich anrufen? Laut Presseberichten testet Hamburg derzeit den „Melde-Michel“. Dieser wird seit mehreren Jahren von der Stadt Hamburg in einem länger dauernden Projekt als Softwarelösung entwickelt. Erste Ankündigungen für einen Bürgerservice, der eine Plattform für die Meldung von Mängeln in Hamburg über das Internet schafft, gibt es seit Jahren. Vorbild dafür ist der „Märker Brandenburg“, das erste Produkt dieser Art. In der Zwischenzeit gibt es auf dem IT-Markt zahlreiche ähnliche Lösungen, die sich in vielen Kommunen und Gebietskörperschaften bewährt haben. Nach dem oben genannten Bericht läuft für den Hamburger „Melde-Michel“ seit einiger Zeit eine „stille Erprobungsphase“ auf hamburg.de. Still bedeutet, dass für den Service keine Werbung gemacht wurde. Der (Telefonische) HamburgService nimmt dabei die Meldungen aus dem Internet entgegen und nimmt die Beantwortung vor. Dafür sei mehr Personal erforderlich, das überwiegend neu eingestellt und eingearbeitet werden müsse. Hier kommt es nach dem oben genannten Bericht zu zeitlichen Engpässen, weil Neueinstellungen aus dem freien Arbeitsmarkt erst nach Ausschreibungen im internen Behördenbereich vorgenommen werden dürfen und das auch nur mit Sondergenehmigung . Die Verzögerungen bei der Einstellung betragen somit leicht mehrere Monate und verhindern somit eine zügige Inbetriebnahme im Echtbetrieb. Gleichzeitig wirken die erklärenden Texte im Web-Auftritt aus Bürgersicht seit über einem halben Jahr der „stillen Erprobungsphase“ unverändert unverständlich . Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Hinweise über den sogenannten Melde-Michel werden vom Telefonischen HamburgService (HS) innerhalb von zwei Tagen geprüft und zur Bearbeitung an die jeweiligen Stellen der Hamburger Verwaltung oder öffentlichen Unternehmen weitergegeben, sofern diese für den Sachverhalt zuständig sind. Die beim HS für den Melde-Michel eingerichteten Stellen sind von Beginn an vollständig besetzt, sodass es zu keinen Engpässen gekommen ist. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. War der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde selbst überrascht von der Fertigstellung des Melde-Michels? Wenn nein, was war dann der Grund dafür, dass nicht genügend Personal zum Startzeitpunkt des Melde-Michels zur Verfügung stand? Drucksache 21/1506 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Nein. Siehe Vorbemerkung. 2. Wann wurde das erste Mal ein Projekt zur Errichtung eines „Mängelmelders “ in der Finanzbehörde eingesetzt und wie hoch sind die Gesamtkosten (Programmkosten und Personalkosten des Projektes) bis zum heutigen Stand? Das Projekt wurde am 1. April 2014 eingesetzt und hat bisher Gesamtkosten in Höhe von rund 720.000 Euro verursacht. 3. Wie lange dauerte die Entwicklungszeit des Programms bis zum Beginn der „stillen Erprobungsphase“? Acht Monate. 4. Wie kann eine „stille Erprobungsphase“ funktionieren, wenn niemand davon erfährt? Der Melde-Michel war über Suchfunktionen im Internet erreichbar und wurde damit einer für die Erprobungsphase ausreichenden Anzahl von Nutzern bekannt. 5. Wurden die Texte im Melde-Michel zusammen mit Bürgern entwickelt und erprobt, um die Verständlichkeit der Sprache zu optimieren? Handelt es sich dabei gar um Leichte Sprache? Wenn nein, warum wurden die Texte nicht auf Lesbarkeit und Verständlichkeit getestet? Nein. Die Texte wurden von in der Kommunikation mit Bürgerinnen und Bürgern erfahrenen Beschäftigten erstellt. 6. Wie viele Mängel wurden bisher von Bürgern gemeldet? Bis einschließlich 8. September 2015 sind insgesamt rund 1.400 Meldungen eingegangen . 7. Wie viele Mängel konnten aufgrund der Hinweise durch Bürger behoben werden? Eine gesonderte Statistik über die tatsächliche Erledigung – im Sinne der Abhilfe eines möglicherweise bestehenden Mangels – wird nicht geführt. Zur Beantwortung dieser Frage hätten insoweit alle zuständigen Stellen in und außerhalb der Verwaltung für die rund 1.400 erfolgten Meldungen befragt werden müssen. Dies ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht leistbar. 8. Gilt die Meldemöglichkeit für das gesamte Stadtgebiet inklusive des Hafens und auf Wasserflächen? Ja. 9. Besteht noch Programm- und Textänderungsbedarf nach den Erfahrungen aus der „stillen Erprobungsphase“? In der Erprobungsphase wurden bereits Anpassungen in technischer und redaktioneller Hinsicht vorgenommen, die der Verbesserung der Workflows innerhalb der Verwaltung und der Bürgerfreundlichkeit dienten. Das Verfahren soll nach den jeweils aktuellen Erkenntnissen und Möglichkeiten weiter optimiert werden. 10. Lief das selbst entwickelte Programm störungsfrei und ohne Betriebsunterbrechung ? Wenn nein, wann gab es wie lange Unterbrechungen? Ja. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/1506 3 11. Wann wird der (Telefonische) HamburgService seine Einstellungsprobleme gelöst haben beziehungsweise wann ist mit einem Echtbetrieb des Melde-Michels zu rechnen? Der Melde-Michel befand sich von Beginn an im Echtbetrieb. Im Übrigen siehe Vorbemerkung . 12. Wäre ein Einkauf bereits erprobter Software nach der Art des „Märker Brandenburgs“ zeitlich und preislich günstiger gewesen? Wenn nein, warum nicht? Wie wurde diese Fragestellung seitens der Behörde untersucht? Nein. Nach einer Markterkundung hat sich herausgestellt, dass die realisierte Lösung insgesamt die wirtschaftlichste war, weil sie auf bereits vorhandenen zentralen Infrastrukturkomponenten aufbaute. Jede andere marktgängige Software, wie zum Beispiel die des Maerkers Brandenburg oder des Mängelmelders, hätte zusätzliche Kosten für Schnittstellen zur städtischen Infrastruktur verursacht, um medienbruchfreie Prozesse zu ermöglichen. 13. In welchen Internet-Anwendungen konnten die „aufmerksamen“ Hamburger bisher Mängel im Internet melden? Über die sogenannte Online-Wegewarte der Bezirke. Meldungen werden seit Anfang August 2015 automatisch auf die Plattform des Melde-Michels geleitet. 14. Werden die eingehenden Mängel medienbruchfrei und mit Anhang an die zuständigen Stellen zur Abarbeitung weitergegeben? Ja. 15. Ist daran gedacht, die „Online-Wache“ der Polizei in das Meldesystem zu integrieren? Nein.