BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/15068 21. Wahlperiode 27.11.18 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Detlef Ehlebracht und Peter Lorkowski (AfD) vom 19.11.18 und Antwort des Senats Betr.: Führt Carsharing zu mehr Verkehr in Hamburg? Das „Hamburger Abendblatt“ berichtete am 12.11.2018, dass nach wie vor nicht abschließend geklärt sei, wie sich Carsharing-Angebote auf das Verkehrsaufkommen in Städten auswirken. Der Projektleiter und P3-Group-Partner Tobias Breithaupt, welcher in einer Studie testete, wie gut und effektiv die sogenannten Sharing-Angebote sind, sagte: „Es gibt Studien, die davon ausgehen, dass der Autoverkehr eher zunimmt, weil Menschen, die sonst Busse und Bahnen nutzen würden, nun plötzlich auch mal Carsharing nutzen.“1 Eine Berliner Studie kam zu einem ähnlichen Ergebnis: In einer groß angelegten Studie analysierte Stefan Weigele vom Berliner Unternehmen Civity mit anderen Experten die Nutzung der car2go- und DriveNow-Fahrzeuge in Berlin. Dabei kam heraus, dass die bequeme Form des Carsharing nicht unbedingt zu verminderten Autoverkehr führe, sondern eher das Gegenteil, diesen sogar fördere. Carsharing ist laut der Studie eine „motorisierte Bequemlichkeitsmobilität im Nahbereich.“ So waren der Untersuchung zufolge 50 Prozent aller zurückgelegten Fahrten kürzer als 5 Kilometer, 15 Prozent sogar kürzer als 2 Kilometer, also Fußweg -Entfernungen. Zudem fand der überwiegende Teil der Fahrten innerhalb des Berliner S-Bahn-Rings statt, und zwar vor allem zwischen den Bezirken Mitte, Prenzlauer Berg, Kreuzberg und Friedrichshain oder innerhalb von diesen. Diese Strecken haben die Nutzer vorher vermutlich per Bus, Straßenbahn oder mit dem Fahrrad bewältigt.“2 Demnach sprechen also neben vermeintlich ökologischen und verkehrstechnischen Gründen auch Sachverhalte gegen Carsharing-Angebote im Hamburger Stadtgebiet. Dies vorausgeschickt fragen wir den Senat: 1. Wie schätzt der Senat den Nutzten des Carsharings für eine Verminderung des Verkehrsaufkommens im Hamburger Stadtgebiet ein? a. Auf welchen wissenschaftlichen Studien, Analysen oder sonstigen Untersuchungen basiert seine Einschätzung? 1 https://www.abendblatt.de/hamburg/article215774625/Fuehrt-Carsharing-zu-noch-mehr- Verkehr-in-Hamburg.html. 2 https://www.zeit.de/2016/37/carsharing-daimler-bmw-car2go-staatliche-foerderung/seite-2. Drucksache 21/15068 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Der Senat sieht Carsharing als Bestandteil eines modernen und zeitgemäßen, großstädtischen Mobilitätsangebots. Carsharing kann den Stellplatzbedarf senken, die Elektromobilität voranbringen und eine Verlagerung des Verkehrs auf umweltfreundliche Verkehrsmittel bewirken. Dabei muss zwischen stationsbasiertem und dem sogenannten Free-Floating-Carsharing unterschieden werden: Nutzerinnen und Nutzer des stationsbasierten Carsharings nutzen häufiger den Umweltverbund und fahren deutlich weniger mit einem Kraftfahrzeug als Pkw- Besitzerinnen und -Besitzer. Gemäß den neuesten Untersuchungen des Bundesverbandes für Carsharing werden durch ein stationsbasiertes Carsharing-Fahrzeug zehn – 20 Privatfahrzeuge ersetzt. Die neueste Panel-Studie „Share“ zum Free-Floating-Carsharing (https://www.isoe.de/ wissenskommunikation/aktuelles/news-single/studie-share-mehrjaehrigeuntersuchung -zu-free-floating-carsharing-abgeschlossen/) kommt zu dem Ergebnis, dass das Free-Floating-Carsharing in Verbindung mit begleitenden Maßnahmen, die darauf zielen, die private Pkw-Nutzung zu reduzieren, eine wichtige Funktion für einen Wandel im Verkehrsverhalten hat. Dies zeigt auch die Auswertung der wissenschaftlichen Begleitung von Car2go in Hamburg. Demnach nutzen die Car2go-Kundinnen und Kunden gegenüber der Gesamtbevölkerung in der Region Hamburg die Verkehrsmittel multimodaler und sind zudem aufgeschlossener gegenüber dem öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Darüber hinaus nutzen sie einen Pkw seltener. b. Gibt es eine Studie über den Anteil der Carsharing-Angebote am Verkehrsaufkommen im Stadtgebiet Hamburgs? Im Rahmen der Studie „Mobilität in Deutschland 2017“ wurden Personen zu ihrem Mobilitätsverhalten befragt. Fahrten mit Carsharing-Fahrzeugen sind ebenfalls Bestandteil der Befragung. Der Anteil am Gesamtverkehrsaufkommen liegt jedoch unter 1 Prozent und ist damit von untergeordneter Bedeutung. 2. Wie viele Carsharing-Angebote gibt es in Hamburg? Bitte nach Anbieter und Anzahl der Fahrzeuge aufschlüsseln. Der zuständigen Behörde sind folgende Anbieter in Hamburg bekannt: Cambio Car2go DriveNow Flinkster Greenwheels Hertz 24/7 Miles (vorher Drive by) Oply Share a Starcar Ubeequo Zur jeweiligen Anzahl der Fahrzeuge siehe https://www.carsharing.de/sites/ default/files/uploads/rangliste_carsharing-staedteranking_2017.pdf. Weitere Erkenntnisse liegen der zuständigen Behörde nicht vor. 3. Wie hoch ist der Anteil an Carsharing-Angebote am Verkehrsaufkommen im Stadtgebiet? Bitte für die Jahre 2014 bis 2018 aufschlüsseln. 4. Wie hoch wird der Anteil an Carsharing-Angeboten am Verkehrsaufkommen im Stadtgebiet bis 2030 vom Senat eingeschätzt? Der zuständigen Behörde liegen hierzu keine belastbaren Erkenntnisse vor. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/15068 3 5. Werden die Carsharing-Angebote von der Stadt subventioniert? Wenn ja, in welcher Form und in welcher Höhe? Nein. 6. Welche vergleichbaren Carsharing-Angebote kennt der Senat im Ausland ? Bitte nennen Sie mindestens zwei Angebote in unterschiedlichen Ländern samt einer Beurteilung, wie er die Entwicklung und den Ausblick einschätzt. Eine Vergleichbarkeit ist aufgrund unterschiedlicher rechtlicher Rahmenbedingen im Ausland nicht valide ableitbar. Im Übrigen hat sich der Senat hiermit nicht befasst.