BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/15105 21. Wahlperiode 30.11.18 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Heike Sudmann (DIE LINKE) vom 22.11.18 und Antwort des Senats Betr.: City-Hof: Stand der Auswertung der UNESCO/ICOMOS-Beratungsmission und Interventionen des Senats Sehr zum Ärger des Senats musste aufgrund des starken Protests von Denkmal-Institutionen und der Bürgerschaftsopposition im Sommer 2018 eine Beratungsmission der UNESCO/ICOMOS zum Abriss des City-Hofs anberaumt werden. Um so schnell wie möglich grünes Licht von UNE- SCO/ICOMOS für einen Abriss zu erhalten strickte der Senat mit heißer Nadel einen Termin für den 30. August. Zur Erinnerung: Bei der Auswahl der Teilnehmenden an der Beratungsmission ging der Senat nach Gutsherrenart vor. Bei den Kritikern/-innen des City- Hof-Abrisses ließ er nur diejenigen zu, die sich schriftlich zu diesem Thema an die UNESCO/ICOMOS gewandt haben. Die Architektenkammer, die Freie Akademie der Künste, das Bündnis Stadtherz und andere wurden abgewiesen . Bei den Befürwortern/-innen lud der Senat auch diejenigen ein, die sich nicht schriftlich an UNESCO/ICOMOS gewandt habe, wie zum Beispiel die SPD- und die GRÜNEN-Bürgerschaftsfraktion oder das Bauunternehmen AUG. PRIEN. Das Ergebnis der Beratung ist der Öffentlichkeit noch nicht bekannt. Das bisherige Agieren des Senats lässt jedoch vermuten, dass es weiterhin einen sehr engen Kontakt und Austausch ‒ wenn nicht einseitige Einflussnahme ‒ mit UNESCO/ICOMOS gegeben hat und gibt. Dies vorausgeschickt frage ich den Senat: Im August 2018 hatten sich auf Einladung der Freien und Hansestadt Hamburg zwei Expertinnen von ICOMOS International in Hamburg über die Planungen am Klosterwall informiert. Im Anschluss an diese Beratungsmission hat ICOMOS International dem Welterbezentrum der UNESCO den Entwurf eines Berichts vorgelegt. Das Welterbezentrum hat diesen Berichtsentwurf mit der Bitte um Faktenprüfung und zur Kommentierung an die Bundesrepublik Deutschland übersandt. Dieser Bitte ist Hamburg , vermittelt über das Auswärtige Amt, am 2. November 2018 nachgekommen. Eine Bearbeitung dieser Ergebnisse durch ICOMOS ist noch nicht abgeschlossen, ICOMOS hat dem Senat bis dato keinen abschließenden Beratungsbericht vorgelegt. In Kenntnis des Berichtsentwurfs und auf der Grundlage aller zur Verfügung gestellten Informationen hat das Welterbezentrum am 27. November 2018 über das Auswärtige Amt mitgeteilt, dass das Welterbekomitee für die kommende Tagung keinen Bericht über den Erhaltungszustand gefordert hat und es allein im Ermessen des Vertragsstaats liegt, Entscheidungen zu treffen und Empfehlungen zu erlassen. Drucksache 21/15105 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 In der Mitteilung des Auswärtigen Amtes an die Freie und Hansestadt Hamburg heißt es wörtlich: „Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass in Kenntnis des Entwurfs des Berichts zur Beratungsmission, der anerkennt, dass der City-Hof nicht zum OUV (Outstanding Universal Value/außergewöhnlicher universeller Wert) der Welterbestätte beiträgt, das Welterbezentrum der Auffassung ist, dass die Planungen keine negativen Auswirkungen auf den außergewöhnlichen universellen Wert der Stätte selbst haben.“ Bereits deutlich vor 2015, dem Jahr der Eintragung der Speicherstadt und des Kontorhausviertels in die Welterbeliste, gab es einen intensiven Austausch mit UNES- CO/ICOMOS International zu den Planungen am Klosterwall. Schon in den Nominierungsunterlagen , im Managementplan und im Evaluierungsverfahren wurde über mögliche Veränderungen des innerhalb der Pufferzone gelegenen City-Hofs informiert, insbesondere auch, dass diese im Rahmen einer städtebaulichen Neuordnung dieses Bereichs eventuell mit Neubauten verbunden sein könnten. Um Rückfragen zu den Plänen am Klosterwall vor Ort zu klären, fand die Beratungsmission am 30. August 2018 statt. Eine solche „Advisory Mission“ ist nicht Teil der verpflichtenden UNESCO- Verfahren, sondern erfolgt im Auftrag des Vertragsstaats, hier der Freien und Hansestadt Hamburg. Anders als bei vergleichbaren Missionen üblich, wurden zur Klärung der Frage, ob die Planungen am Klosterwall Auswirkungen auf den außergewöhnlichen universellen Wert des Welterbes haben, auch Vertreterinnen und Vertreter zivilgesellschaftlicher Organisationen, die sich bei der UNESCO und dem Auswärtigen Amt zu dem Thema gemeldet haben, sowie weitere unmittelbar betroffene Akteure eingeladen, um einen offenen Austausch zu gewährleisten. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie ist der Stand der Auswertung der Beratungsmission? 2. Ist dem Senat bekannt, ob es eine Stellungnahme beziehungsweise ein Ergebnis von a. ICOMOS oder b. der UNESCO geben wird? 3. Ist dem Senat bekannt, wann das Ergebnis beziehungsweise die Stellungnahme veröffentlicht werden soll? 4. Ist dem Senat das Ergebnis beziehungsweise die Stellungnahme bereits in groben Zügen bekannt? Wenn ja, wie lautet das Ergebnis? Siehe Vorbemerkung. 5. Die an der Beratungsmission beteiligten Kritiker/-innen des Abrisses des City-Hofs haben bis heute weder Nachfragen noch einen Zwischenstand von ICOMOS/UNESCO erhalten. a. Sind beim Senat Nachfragen von ICOMOS/UNESCO im Zusammenhang mit der Beratungsmission eingegangen? b. Wenn ja, i. wann und um welche Inhalte oder Themen ging es dabei? ii. wo sind die Antworten des Senats einsehbar (im Transparenzportal , auf www.hamburg.de/welterbe/, auf www.welterbe. hamburg, auf https://whc.unesco.org/ oder anderswo)? Siehe Drs. 21/14954 und Vorbemerkung. Die Antworten sind Teil eines laufenden Verfahrens und eines Austauschs auf Fachebene, eine Veröffentlichung ist derzeit nicht vorgesehen. 6. Da der Senat schon in der Vergangenheit in einem engen Austausch mit ICOMOS/UNESCO stand: Welche Kontaktaufnahmen (schriftlich, mündlich , persönlich) hat es seitens des Senats nach der Beratungsmission am 30.8. 2018 mit ICOMOS/UNESCO gegeben Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/15105 3 a. auf Arbeitsebene, b. auf Leitungsebene, c. über die Bundesebene (Auswärtiges Amt et cetera)? Zum Austausch im Anschluss an die Beratungsmission siehe Drs. 21/14954. Am 6. November 2018 fand auf Initiative des Auswärtigen Amtes ein Gespräch mit dem UNESCO Welterbezentrum in Paris zur Klärung des weiteren Verfahrens statt, an dem neben der Beauftragten für die Koordination für Welterbe der Bundesrepublik Deutschland als Vertreterin des Vertragsstaates auch der Hamburger Welterbekoordinator teilnahm. Im Ergebnis wurde auf Wunsch des UNESCO Welterbezentrums vereinbart , eine gemeinsame Erklärung des UNESCO Welterbezentrums, ICOMOS und der Stadt Hamburg zu den Ergebnissen der Beratungsmission vorzubereiten. Für den 23. November 2018 wurde ein weiterer Termin mit ICOMOS zur Besprechung der weiteren Schritte ins Auge gefasst. Dieser Termin wurde am 22. November 2018 von der UNESCO abgesagt mit der Mitteilung, dass ICOMOS noch nicht für weitere Gespräche zur Verfügung stehen würde. Hamburg hat vereinbarungsgemäß parallel das UNESCO Welterbezentrum und das Auswärtige Amt bei der Erarbeitung eines Entwurfs einer gemeinsamen Erklärung unterstützt. Das weitere Vorgehen wird mit ICOMOS abgesprochen. 7. Eine besondere Rolle spielt in dem Verfahren der Welterbe-Koordinator, der in der Kulturbehörde Hamburg angesiedelt ist. a. Aus welchem Anlass und an welchem Datum jeweils war der Welterbe -Koordinator zu einem persönlichen Gespräch beim UNESCO- Welterbezentrum in Paris, bei dem es auch um den Abriss des City- Hofs ging? b. Aus welchem Anlass und an welchem Datum jeweils war der Welterbe -Koordinator zu einem persönlichen Gespräch bei/mit ICOM- OS? c. Wurde der Welterbe-Koordinator von ICOMOS/UNESCO seit dem 30.8.2018 um Stellungnahmen gebeten? Wenn ja, wann und zu welchen Inhalten? d. Hat der Welterbe-Koordinator ohne Aufforderung von ICOMOS/ UNESCO eigene Stellungnahmen, Informationen oder anderes an ICOMOS/UNESCO nach dem 30.8.18 weitergeleitet? Wenn ja, zu welchen Themen, aus welchem Anlass und mit welchem Ziel? e. Welche Kontaktaufnahmen (schriftlich, mündlich, persönlich) hat es seitens des Welterbe-Koordinators nach der Beratungsmission am 30.8. 2018 mit ICOMOS/UNESCO gegeben? f. Hat der Welterbe-Koordinator der Freien und Hansestadt Hamburg i. eigene (Text)Beiträge zu der Stellungnahme von ICOMOS/ UNESCO geliefert? ii. Entwürfe der Stellungnahme zur Einsicht und gegebenenfalls zur Bearbeitung erhalten iii. von sich aus beziehungsweise im Auftrag des Senats/der Behördenleitung um Entwürfe beziehungsweise den jeweiligen aktuellen Stand der Stellungnahme gebeten? Aufgabe des Welterbekoordinators ist es, mit dem Auswärtigen Amt, dem UNESCO Welterbezentrum und mit ICOMOS zu kommunizieren und die Beratungsmission zu begleiten. Die Gespräche und der Austausch finden zurzeit im wöchentlichen Rhythmus auf Arbeitsebene statt, die Kommunikation erfolgt förmlich über das Auswärtige Amt und das UNESCO Welterbezentrum. Nach § 172 der Durchführungsrichtlinien ist es Pflicht des Vertragsstaates, hier der Freien und Hansestadt Hamburg beziehungs- Drucksache 21/15105 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 weise ihres Welterbekoordinators, dem UNESCO Welterbezentrum zu berichten. Einer gesonderten Aufforderung der UNESCO bedarf es nicht. Im Übrigen siehe Antwort zu 6. Falls eine der Fragen bejaht wird: Der Senat respektive sein Welterbe- Koordinator vertreten im Streit um den Abriss beziehungsweise Nicht- Abriss des City-Hofs eine der beiden „gegnerischen Parteien“. ICOMOS ist eine unabhängige Institution, die eine Stellungnahme basierend auf den unterschiedlichen Argumentationen erarbeitet. Wie ist die Beteiligung des Senats mit der notwendigen Wahrung der Neutralität und Unabhängigkeit sowie der Chancengleichheit vereinbar? Die zuständige Behörde weist erneut darauf hin, dass die Beratungsmission eine spezifische Fragestellung im Rahmen der Welterbekonvention zu klären hatte, nämlich mögliche Auswirkungen auf den Status der Speicherstadt und des Kontorhausviertels als Welterbe. Ziel war nicht die Überprüfung einer denkmalrechtlichen Entscheidung: Die Frage, ob der Abbruch des City-Hofs nach Abwägung des öffentliches Interesses verlangt wird, wurde vom Senat im Februar 2018 gemäß § 9(2) Denkmalschutzgesetz beantwortet. Im Übrigen ist die Bundesrepublik Deutschland ein Vertragsstaat der UNESCO Welterbekonvention . Die Beratungsmission dient der Meinungsbildung der Freien und Hansestadt Hamburg. Hamburg ist Auftraggeberin der Beratungsmission und hat den Auftrag in einem Vertrag mit ICOMOS vereinbart. ICOMOS ist unabhängiger Berater, die Beurteilung der Ergebnisse der Beratungsmission liegt in der Entscheidungshoheit der Stadt Hamburg nach Beratung durch das UNESCO Welterbezentrum.