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kleineAnfragen
BÜRGERSCHAFT
DER FREIEN UND
HANSESTADT HAMBURG
Drucksache
21/1514
21. Wahlperiode
15.09.15
Schriftliche Kleine Anfrage
der Abgeordneten Inge Hannemann (DIE LINKE) vom 08.09.15
und
Antwort des Senats
Betr.: Fragen zum Projekt W.I.R. von
Sozialbehörde, Agentur für Arbeit Ham-
burg und Jobcenter team.arbeit.hamburg
Mit dem Projekt W.I.R. – work and int
egration for refugees – möchten die
Sozialbehörde, die Agentur für Arbeit, Jobcenter team.arbeit.hamburg und
Träger der Flüchtlingshilfe analog des Konzeptes der Jugendberufsagentur
Flüchtlinge schneller erfassen und in d
en Arbeitsmarkt integrieren. Dazu sol-
len die beruflichen Kenntniss
e systematisch erfasst werden. Individuelle För-
derprogramme sollen die Flüchtlinge „Fit für den Arbeitsmarkt machen“. Der
Start des Programmes ist für den 15. September 2015 geplant und soll in
einem gemeinsamen Büro am Millerntor 1 durchgeführt werden.
Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat:
In der Sitzung des Ausschusses für Sozial
es, Arbeit und Integration der Bürgerschaft
am 27.08.2015 hatte der Senat anlässlich der Beratungen von TOP 3 (Drs. 21/878,
Fachkräftemangel bekämpfen – Fachliche und berufliche Kompetenzen von Flüchtlin-
gen frühzeitig abfragen und Arbeitgebern zur
Verfügung stellen, Antrag CDU-Fraktion)
zugesagt, den Ausschuss zeitnah über das Vorhaben des Senats zu informieren,
Flüchtlinge schnell und nachhaltig in Ausbildung und Arbeit zu integrieren. Der Tages-
ordnungspunkt wurde auf Beschluss des Ausschusses auf die Sitzung vom 22. Sep-
tember 2015 vertagt.
Die zuständige Behörde steht in dieser Si
tzung auch für Fragen zu dem Projekt W.I.R.
zur Verfügung und hat mit Schreiben vom 8. September 2015 der Ausschussvorsit-
zenden eine schriftliche Information vorab übersendet.
Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf Grundlage von
Auskünften der Agentur für Arbeit Hamburg (AA) und des Jobcenters
team.arbeit.hamburg (Jobcenter) wie folgt:
1. Sind die Angaben zur Schul- oder Ausbildung sowie zu beruflichen Qua-
lifikationen der Flüchtlinge freiwillig?
2. Sind die Angaben zur eigenen gesundhe
itlichen Situation der Flüchtlinge
freiwillig?
3. Müssen die Angaben wie in Fragen 1. und 2., wenn zum jetzigen Zeit-
punkt vom Geflüchteten verwehrt, ab Meldung in der Agentur für Arbeit
oder Jobcenter zwingend angegeben werden?
Die Teilnahme an dem Projek
t W.I.R. ist freiwillig.
Sind Leistungen des Jobcenters nach dem SGB II zu erbringen, sind diese Angaben
für eine Beratung und Vermittlung in Arbeit oder Ausbildung unbedingt erforderlich.
Die Mitwirkungspflichten (und deren Grenzen)
richten sich in diesem Fall nach dem
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Ersten Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) und
gelten auch für Flüchtlinge, die Leistungen
nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch SGB II beantragen.
Sind Beratungsleistungen der AA im Rahmen
des SGB III zu erbringen, geschieht
dies in Bezug auf die Kundengruppe freiwillig. Die in der Fragestellung genannten
Angaben sind für die Beratung und Vermittlung in Ausbildung und/oder Arbeit erfor-
derlich sowie zielführend.
4. Ab welchem Zeitpunkt nach ih
rer Ankunft und nach welchen Kriterien
werden die Flüchtlinge in der Agentur für Arbeit oder Jobcenter regis-
triert? Bitte Ablauf beschreiben.
Die Zuständigkeit des Jobcenters beginnt mit der Antragstellung auf Leistungen nach
dem SGB II. Die Zuständigkeit im Rahmen des
SGB III beginnt nach drei Monaten, mit
dem Anspruch auf eine Arbeitsmarktberatung.
Die Beratung ist freiwillig. Eine Regist-
rierung erfolgt somit erst mit Vorsprache beziehungsweise Terminvergabe bei der AA.
5. Ist eine Abgabe an den regional zuständigen Standort geplant?
Wenn ja, in welchem Zeitraum?
Die Abgabe an den regionalen Standort ist für SGB-II-Leistungsberechtigte nach der
Durchführung des arbeitsmarktlichen Erstpr
ofilings, dem Abschluss der arbeitsmarktli-
chen Erstberatung und der gemeinsamen Fallb
esprechung mit den beteiligten Institu-
tionen nach Erstellung des gemeinsamen Maßnahmeplans geplant.
Die Abgabe an die Geschäftsstellen der AA und somit Überleitung in das Regelsystem
SGB III erfolgt ebenfalls nach der gemeinsame
n Fallbesprechung, sofern es sich zu
dem Zeitpunkt noch um eine Kundi
n oder einen Kunden des SGB III handelt.
6. Wie verteilen sich die angesetzten 1,5 Millionen Euro? Bitte aufteilen in
einzelne Summen pro Posten und Zeitraum.
Die zuständige Behörde geht von jährlichen
Kosten von rund 1,5 Millionen Euro für
Personal- und Sachkosten an dem gemeins
amen Standort aus, die von der Freien
und Hansestadt Hamburg (FHH) zu tragen sind. Diese entfallen insbesondere auf
Personalkosten der FHH, auf Personalkost
en der Maßnahmenträger, auf Mietzahlun-
gen und sonstige Sachkosten. Eine genaue Aufstellung ist derzeit nicht möglich, weil
die personalrechtlichen und zuwendungs
rechtlichen Verfahren noch nicht abge-
schlossen sind.
Die AA und Jobcenter tragen die Kosten für ihr Personal und die von ihnen einge-
brachten sächlichen Ressourcen sowie für Eingliederungsleistungen nach dem SGB II
und dem SGB III.
7. In welchem Zeitraum erhalten die Flüchtlinge nach ihrer Ankunft durch
die BAMF einen Sprachkurs?
Flüchtlinge haben Zugang zu den Integrationskursen des BAMF, sobald ein dauerhaf-
ter Aufenthalt nachgewiesen ist (siehe § 44 Absatz 1 AufenthG).
Darüber hinaus können Asylsuchende und Geduldete mit guter Bleibeperspektive am
landesfinanzierten Programm „Deutschkurse für Flüchtlinge“ teilnehmen. Gefördert
werden Sprachkurse mit 300 Unterrichtsstun
den. Von einer guten Bleibeperspektive
wird in diesem Zusammenhang regelhaft ausgegangen bei Flüchtlingen und Gedulde-
ten, die über eine Aufenthaltsgestattung oder eine Duldung mit einer Geltungsdauer
von mindestens sechs Monaten oder eine Au
fenthaltserlaubnis mit einer Geltungs-
dauer von nicht mehr als einem Jahr verfügen.
Schließlich besteht für Asylsuchende mit Bleibeperspektive die Möglichkeit, an den mit
ESF- und Bundesmitteln geförderten berufsbezogenen Sprachkursen teilzunehmen.
Ein Kurs dauert vier bis sechs Monate mi
t circa 30 Unterrichtsstunden in der Woche.
8. Sind Deutschsprachkurse auch via Trainingsmaßnahmen oder FbW-
Maßnahmen über die Agentur für Arbeit oder Jobcenter geplant?
Wenn ja, in welcher Höhe sind dafür Eingliederungsmittel reserviert?
Wenn nein, warum nicht?
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Das SGB II und SGB III sehen keine Förderung
reiner Deutschkurse vor. Gefördert
werden nur arbeitsmarktpolitische Maßnahmen, die einen Anteil von Deutschunterricht
enthalten können.
9. Wie viele Personalstellen sind gesamt für den Standort am Millerntor 1
geplant? Bitte aufschlüsseln nach Art der Tätigkeit und Entgeltgruppe.
10. Wer ist der jeweilige Kostenträger
der Personalstellen? Bitte aufschlüs-
seln nach Anzahl der Mitarbeiter/-innen und Kostenträger.
Seitens der FHH werden zum gegenwärtigen Stand aufwachsend insgesamt zehn
Mitarbeiterkapazitäten für Beratungstätig
keiten bei Maßnahmeträgern/Projekten zur
Verfügung gestellt (Aufstocku
ng), die bereits heute im Bereich der beruflichen und
sonstigen Integration von Flüchtlingen beziehungsweise Zuwanderern tätig sind.
Sechs Mitarbeiterkapazitäten (MAK) entfallen auf die „Flüchtlingszentrum Hamburg –
Zentrale Information und Beratung für Flüchtlinge gGmbH“, eine MAK auf „FLUCHTort
Hamburg“, eine MAK auf die „Zentrale Anlauf
stelle Anerkennung“, eine MAK auf „Mis-
sion Zukunft“ und eine MAK auf „Make it in
Hamburg!“. Die Eingruppierung entspricht
grundsätzlich der Entgeltgruppe (E) 9 des
TV-L. Die Finanzierung der Stellen bei den
Maßnahmeträgern ist befristet bis einschließ
lich 31. Dezember 2017. Kostenträger ist
die Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und
Integration (BASFI).
Diese bringt nach
dem gegenwärtigen Stand auch 1 MAK für die Projektkoordination (E 13) und 1 MAK
für die Sachbearbeitung zu Fragen de
s Aufenthalts- und Melderechts ein.
Das Jobcenter stellt drei Arbeitsvermittl
erinnen beziehungsweise Arbeitsvermittler –
Tätigkeitsebene (TE) IV sowie eine Fachassistentin beziehungsweise einen Fachas-
sisstenten – TE V.
Die AA stellt fünf Arbeitsvermittlerinnen bez
iehungsweise -vermittler – Tätigkeitsebene
(TE) IV.
Jobcenter ist Kostenträger für drei Integrationsfachkräfte (TE IV) der Bundesagentur
für Arbeit (BA) und einer Fachassistenz (TE V) die zur Hälfte von der BA und zur Hälf-
te von der FHH finanziert wird. Die BA ist Kostenträger der fünf Arbeitsvermittlerinnen
beziehungsweise Arbeitsvermittler der AA.
11. Werden die zu besetzten Personal
stellen extern ausgeschrieben?
Wenn ja, wo?
Wenn nein, warum nicht?
Die Personalgewinnung erfolgt im Wesentlichen aus dem Bestand, da einschlägige
Erfahrungskompetenz im Umgang mit der Zielgruppe und den Aufgaben erforderlich
ist. Sofern Personal nachrekrutiert wird,
erfolgt dies grundsätzlich im Ausschrei-
bungswege und kann auf den üblichen Stellenportalen nachvollzogen werden.
Für die Stellen der Integrationsfachkräfte erfolgte ein Jobcenter internes Interessen-
bekundungsverfahren. Die Stelle der Fachassistenz ist derzeit noch nicht ausgewählt.
Voraussichtlich erfolgt ebenfalls ein Inte
ressenbekundungsverfahren. Eine Besetzung
könnte gegebenenfalls mit einer Berufsrückkehrerin erfolgen.
Die zu besetzenden Stellen der AA wurden extern ausgeschrieben. Das Stellenange-
bot war in der Jobbörse der BA zu finden.
12. Wird Personal aus den derzeitigen Jobcentern oder Agenturen für Arbeit
abgezogen?
Wenn ja, bitte aufschlüsseln nach Standort und jeweiliger Anzahl.
Nein. Die Kräfte aus den Standorten von Jobcenter werden dort nachbesetzt.
Bei der
AA handelt es sich um neu geschaffene Stellen.
13. Sind die zu besetzten Stellen am M
illerntor befristet oder unbefristet?
Bitte aufschlüsseln nach unbefristet
en und befristeten Arbeitsplätzen.
Alle vier Kräfte von Jobcenter sind unbefr
istet beschäftigt, das gilt auch für die/den
noch zu benennende Fachassistenten/in. Die f
ünf Arbeitskräfte, die im Rahmen des
Vorhabens für die AA eingesetzt werden, sind bis zum 31. August 2016 befristet.
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14. Stehen vor Ort, am Millerntor 1, und in den einzelnen Agenturen für
Arbeit und Jobcenter Dolmetscher zur Verfügung, um bei der Antragstel-
lung auf Leistungen nach den SGB II und III sowie Sprachkursen Hilfe zu
leisten?
Wenn ja, wie hoch belaufen sich die Kosten und wer ist der Kostenträ-
ger?
In den gemeinsamen Standort W.I.R. (Millernto
rplatz) bringen die in der Antwort zu
Frage 10. aufgeführten Projekte eine hohe Sprachkompetenz (Mehrsprachigkeit) ein.
Es besteht die Möglichkeit, im Bedarfsfalle Dolmetscher hinzuzuziehen. Kostenträger
ist nach Rechtskreiszugehörigkeit und Kundenanliegen sowie unter Beachtung der
gesetzlichen Regelungen der SGB-II- bezi
ehungsweise SGB-III-Bereich. Soweit im
Rahmen der kommunalen Leistungen am St
andort Dolmetscherdienste erforderlich
sind, wird die BASFI die Kosten tragen. Ei
ne Bezifferung ist zum
gegenwärtigen Zeit-
punkt nicht möglich, weil noch keine Erfahrungen im Kundenbetrieb für das Projekt
vorliegen.
Im Übrigen siehe Vorbemerkung.