BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/15141 21. Wahlperiode 04.12.18 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Stephan Gamm (CDU) vom 27.11.18 und Antwort des Senats Betr.: Drückt sich die Umweltbehörde vor Kontrollen in den Hamburger Kleingartenvereinen ? Die Hamburger Kleingärten sind wichtige Orte der Erholung und Lebensqualität in der Großstadt. In der Novemberausgabe des Verbandsorgans „Der Gartenfreund“ des Landesverbunds der Gartenfreunde Hamburg e.V. wurde eine Fragenbogenaktion in den Hamburger Kleingartenvereinen angekündigt. Diese hat zum Ziel, mögliche Abwassermissstände auf den Parzellen und Gartenlauben der Kleingartenanlagen aufzudecken. Die Angaben sollen von den Vorständen der jeweiligen Vereine kontrolliert werden. Dies ist jedoch nur durch eine Überprüfung jeder einzelnen Parzelle möglich. Eine Aufgabe, die eigentlich der zuständigen Behörde für Umwelt und Energie obliegt und die diese in der Vergangenheit auch durchgeführt hat. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die Verantwortung für die ordnungs- und satzungsgemäße Nutzung von Kleingärten obliegt gemäß den Pachtverträgen dem Landesverbund der Gartenfreunde Hamburg e.V. (LGH) durch Hauptpachtvertrag, den Vereinen durch Zwischenpachtvertrag sowie jedem einzelnen Pächter durch Einzelpachtvertrag. Die Gartenordnung – als Teil der Satzung der im LGH organisierten Kleingartenvereine sowie Bestandteil des Einzelpachtvertrages – regelt, dass Wasseranschlüsse innerhalb der Laube sowie die Installation von Spültoiletten, Bädern, Duschen oder Handwasch- oder Spülbecken innerhalb der Laube verboten sind. Dieses Verbot dient dazu, dass Abwassermissstände gar nicht erst entstehen können. Die BUE führt im Rahmen des Wasser- und Abwasserrechts anlassbezogene Überprüfungen durch, wenn es begründete Hinweise auf bestehende Abwassermissstände in einzelnen Parzellen gibt. Bei den bisherigen Überprüfungen hat sich gezeigt, dass sich die Abwassermissstände nicht nur auf Einzelfälle beschränken. Um dem zu begegnen, haben sich der LGH und die BUE darauf verständigt, dass als Präventivmaßnahme der Selbstverwaltung die Herstellung einer ordnungsgemäßen Abwassersituation zusätzlich durch eine verstärkte Eigenkontrolle des LGH sichergestellt werden soll. Dazu haben die BUE und der LGH gemeinsam ein Verfahren der Selbstauskunft unter Verwendung eines Fragebogens entwickelt. Die Kontrolltätigkeit der BUE wird anlassbezogen fortgesetzt. Durch die Selbstauskunft wird die Behörde in die Lage versetzt, die Überprüfungen gezielt dort durchzuführen, wo voraussichtlich die größten Handlungsbedarfe bestehen. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften des LGH wie folgt: Drucksache 21/15141 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 1. Wie viele und welche Hamburger Kleingärten wurden seit 2015 auf Abwassermissstände kontrolliert, wer hat diese Kontrollen durchgeführt und zu welchen Ergebnissen haben diese Kontrollen jeweils geführt? Bitte nach Jahren und Bezirken aufgegliedert angeben. Die Daten werden in erfragter Form nicht erfasst und können aufgrund der hohen Anzahl kontrollierter Parzellen auch nicht in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit aufbereitet werden. Folgende Kontrollen auf Abwassermissstände wurden durch die Behörde für Umwelt und Energie – unter Einbeziehung des LGH und der Vereine – anlassbezogen durchgeführt : kontrollierte Parzellen 2015 1.768 2016 2.149 2017 916 2018, bisher 592 Im Ergebnis wurde eine hohe Anzahl an Abwassermissständen festgestellt. Der Anteil der gefundenen Mängel ist seither deutlich gesunken. Jedoch sind nach den gemachten Erfahrungen die Kontrollen weiterhin erforderlich, um sicherzustellen, dass die Pächter sich an die vorgegebenen Regeln halten. 2. Wie genau soll die angekündigte Fragebogenaktion in den Hamburger Kleingartenvereinen ablaufen? Jeder Pächter erhält einen Fragebogen, auf dem er die in seiner Laube vorhandenen abwassererzeugenden Einrichtungen ankreuzt. Die kenntlich gemachten unzulässigen Einrichtungen sind zu entfernen. Die Richtigkeit der Angaben wird nach Abgabe des Fragebogens durch ein Vorstandsmitglied oder durch andere, vom Vorstand beauftragte Mitglieder des Vereins, wie zum Beispiel Wertermittler, Schlichter und Obleute bestätigt. Die Fragebögen werden dann dem LGH zugesandt. Dieser ermittelt und erinnert diejenigen, die den Fragebogen innerhalb der gesetzten Frist noch nicht abgegeben haben. Nach Ablauf einer weiteren Frist werden die noch nicht vom Verein kontrollierten Pächter sukzessive durch die BUE überprüft, da die mangelnde Bereitschaft als konkreter Hinweis auf mögliche Abwassermissstände gewertet wird. a) Sind die Angaben auf dem Fragebogen freiwillig? Nein, die Auskünfte sind im Rahmen der Schaffung einer ordnungsgemäßen Nutzung erforderlich. Rechtlich ergibt sich die Mitwirkungspflicht aus dem Bundeskleingartengesetz (BKleingG) in Verbindung mit dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), siehe dazu auch Antwort zu 5. b) Werden diese Angaben anonymisiert oder personifiziert abgegeben ? Die Angaben werden bezogen auf die Parzellen abgegeben. Dabei werden Angaben zu Pächtern sowie Kontaktdaten für Rückfragen und die Kontaktaufnahme durch die BUE bei nicht vom Verein kontrollierten Parzellen erhoben. c) Was geschieht, wenn ein Pächter den Fragebogen nicht ausfüllt? Der LGH fordert die Auskunft ein und weist auf die rechtlichen Konsequenzen hin. Bei fortgesetzter Rückgabeverweigerung wird der Fall an die BUE zur Überwachung abgegeben, siehe dazu auch Antwort zu 2. d) Wer ist für die abschließende Kontrolle der Fragebögen zuständig und warum? Die Vereinsvorstände sind im Rahmen ihrer vertraglichen Verantwortlichkeit für die Herstellung ordnungsgemäßer Nutzungsverhältnisse zuständig und führen die Kontrolle der Fragebögen durch. 3. Wer hat wann und warum entschieden, dass das Kontrollverfahren der Parzellen und Gartenlauben wie oben genannt geändert wird? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/15141 3 Das behördliche Kontrollverfahren wurde nicht geändert, sondern ergänzt, siehe dazu auch Vorbemerkung. 4. Wie viele Mitarbeiter waren bisher für die Kontrollen zuständig und welche Aufgaben nehmen diese zukünftig stattdessen wahr? Die Aufgabe Prüfung von Abwassermissständen wurde bisher von circa zwei Stellen wahrgenommen. Dies wird nach derzeitigen Planungen bis 2020 aufrechterhalten. 5. Auf welcher Rechtsgrundlage werden das oben genannte Verfahren eingeführt und die Zuständigkeit für die Kontrollen von der zuständigen Fachbehörde an die Vorstände der Kleingartenvereine ausgelagert? Das Verfahren wird nicht ausgelagert sondern ergänzt, siehe dazu auch Vorbemerkung . Aus dem Kleingartenpachtverhältnis in Verbindung mit § 242 BGB ergeben sich Nebenpflichten der Pächter. Dazu zählt auch eine Mitwirkungspflicht hinsichtlich der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung der Kleingartenanlage durch den Kleingartenverein (KGV) als Zwischenpächter gemäß § 4 BKleingG. Im Rahmen der Pflicht des KGV, eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung zu gewährleisten, ist die Befragung der Pächter und die verpflichtende Erteilung der Auskunft über kleingartenrechtlich relevante Einrichtungen in der Laube notwendige Grundlage. 6. Waren der Landesverbund der Gartenfreunde in Hamburg e.V. und die Hamburger Kleingartenvereine in die Entscheidung über die Verfahrensänderung eingebunden? Wenn ja, wie, wann und wer genau? Wenn nein, warum nicht? Das ergänzende Verfahren der Selbstauskunft ist gemeinsam vom LGH und der BUE entwickelt worden, siehe dazu auch Vorbemerkung. Bei der Informationsweitergabe handelt sich um ein mehrstufiges System. Ansprechpartner der Behörde ist der LGH, mit dem regelhaft ein kontinuierlicher Austausch stattfindet. In der Frage der Unterstützung bei der Schaffung ordnungsgemäßer Abwasserverhältnisse finden seit 2015 regelmäßige Gespräche statt, zuletzt am 8.November 2018. Die Vereine werden durch den LGH in verschiedenen Versammlungen und durch Anschreiben unterrichtet. Die Pächter erhalten ihre Informationen von ihren gewählten Vertretern in den Gremien des Dachverbandes sowie aus der Mitgliederzeitschrift „Der Gartenfreund“. Hier wurde die Abwasserthematik seit 2010 mehrfach dargestellt.