BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/1518 21. Wahlperiode 15.09.15 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Richard Seelmaecker (CDU) vom 08.09.15 und Antwort des Senats Betr.: Sparky, Tinka und Nico – Ausbildung von Blindenhunden in der JVA Hahnöfersand In Deutschland werden pro Jahr rund 250 bis 300 neue Führhunde benötigt, die blinde und sehbehinderte Menschen in ihrem Alltag unterstützen und ihnen Mobilität und Flexibilität sichern. Einen Blindenhund auszubilden kostet Zeit, Geld, Geduld und Zuneigung. Medienberichten zufolge findet in der Teilanstalt für Frauen der JVA Hahnöfersand ein Projekt statt, in dem weibliche Strafgefangene Patinnen von zwölf Wochen alten Welpen werden, die sie unter Anleitung professioneller Hundetrainer zu Führhunden ausbilden. Davon sollen beide Seiten profitieren: Die Hunde, denen viel Zeit und Aufmerksamkeit von den Insassinnen geschenkt wird und die Frauen, die dadurch im Rahmen ihrer Resozialisierung verstärkt Empathie, Verantwortung und Selbstwirksamkeit erlernen. Das Projekt wird von einer Psychologin begleitet, die die Entwicklung der emotionalen Kompetenz der Insassinnen beobachtet. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Wann ist das Projekt „Hundebande“ in der Teilanstalt für Frauen der JVA Hahnöfersand gestartet worden und unter wessen Verantwortung wird es durchgeführt? 2. Wer hat das Projekt wann initiiert? Hinter dem Projekt „Hundebande“ steht der Verein Hundebande e.V. als Initiator. Das Projekt wurde erstmalig in den Jahren 2010 und 2011 als Pilotprojekt über den Zeitraum eines Jahres in der Teilanstalt für Frauen der JVA Hahnöfersand (TAF) erprobt. Im März 2015 wurde mit dem aktuellen Projekt gestartet. Nach einer Vorbereitungsphase wurden die Hunde im April 2015 an ihre Patinnen in der TAF übergeben. Die Verantwortung für die Ausbildung der Hunde liegt bei der teilnehmenden Führhundschule , in deren Eigentum sich die Hunde befinden. Die Führhundschule, deren Leiterin Tierärztin ist, kontrolliert zudem die Unterbringungsbedingungen der Hunde in der Justizvollzugsanstalt. Die TAF hat die Verantwortung für die Gefangenen, deren Behandlung und Betreuung sowie für die Sicherheit und die Organisation des Projekts im Vollzug. 3. Wie viele Strafgefangene nehmen an dem Projekt teil? Am laufenden Projekt nehmen aktuell vier weibliche Strafgefangene als Hundepatinnen teil. Drucksache 21/1518 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 4. Wie läuft das Projekt im Detail ab? Die Patinnen sind für die Versorgung und Betreuung des Hundes zuständig. Der Hund ist auf dem Haftraum der jeweiligen Patin untergebracht. Er begleitet die Patinnen in den Arbeitsbereich und in die Freizeit. Zudem haben die Hunde mit ihren Patinnen ausreichend Freilauf und Trainingsmöglichkeiten auf dem Außengelände. Zweimal in der Woche findet das Training mit den Trainerinnen der Führhundschule statt. Die Patinnen werden entsprechend angeleitet und der Lernstand der Hunde wird überprüft . Monatlich werden Teamsitzungen mit allen Beteiligten durchgeführt. Zur notwendigen Außenorientierung haben die Hunde externe Außenpaten, die mit den Hunden zweimal in der Woche außerhalb des Vollzuges arbeiten. Das Projekt wird nach circa einem Jahr mit der ersten Gehorsamsprüfung durch einen unabhängigen Prüfer und einem großen Gesundheitscheck beim Tierarzt enden. Nur Hunde, die keinerlei gesundheitliche Einschränkungen haben, werden abschließend zum Blindenführhund ausgebildet. 5. Welche Kosten werden durch das Projekt verursacht? Kosten entstehen für die Versorgung (Futter, Tierarzt, Versicherung und so weiter) und das Training der Tiere. Die Kosten für die Versorgung werden von der Führhundschule übernommen. Die Trainings- und dazugehörigen Fahrtkosten trägt der Verein Hundebande e.V. Für die zuständige Behörde entstehen keine Kosten. 6. Welche Erkenntnisse liegen der zuständigen Behörde über Akzeptanz und Erfolg des Projekts vor? Das Pilotprojekt wurde mit allen Beteiligten ausgewertet. In der TAF wurde festgestellt , dass die Teilnehmerinnen des Pilotprojektes durchgängig von der Teilnahme profitiert haben. Auch das aktuelle Projekt wird von den Gefangenen und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der TAF vollständig akzeptiert. Alle in der Anstalt Beschäftigten waren von Beginn an an den Überlegungen und der Planung des Projektes beteiligt. Auch bei den nicht am Projekt beteiligten Gefangenen in der TAF trifft das Projekt auf gute Resonanz. a. Welche Erkenntnisse liegen der zuständigen Behörde im Hinblick auf die Resozialisierung und Entwicklung emotionaler Kompetenzen der Strafgefangenen vor? Die zuständige Behörde geht davon aus, dass die Stärkung der sozialen und emotionalen Kompetenzen von Strafgefangenen diese darin unterstützen kann, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen. In der Behandlungsarbeit mit Strafgefangenen geht es unter anderem um das Reflektieren und Verstehen von Lebenszusammenhängen und damit von der eigenen Straffälligkeit. Das Behandlungsangebot der TAF wird durch das Projekt erweitert. Das Projekt gibt den Patinnen die Möglichkeit, am Erfolg zu lernen, Motivation aufzubauen und zu halten, Frustrationstoleranz zu entwickeln und Anerkennung zu erfahren. Das Training mit den Hunden , angeleitet von den externen Trainerinnen, arbeitet ausschließlich mit positiver Verstärkung und nicht mit Strafe. Positive Verstärkung als Grundlage für die Arbeit kann den Teilnehmerinnen vermitteln, dass Wertschätzung und Respekt im Umgang mit den Hunden und damit auch mit den Mitmenschen positives Verhalten verstärkt. Die Teilnehmerinnen beziehungsweise Patinnen des Pilotprojektes 2010/2011 konnten alle vorzeitig entlassen werden. Drei von ihnen haben eine Ausbildung abgeschlossen und gehen einer beruflichen Tätigkeit nach. b. Wie und in welchem Zeitrahmen wird das Projekt von wem wissenschaftlich evaluiert? Das laufende Projekt wird auf Initiative des Trägers Hundebande e.V. seit dem 1. April 2015 von einer externen Diplom-Psychologin wissenschaftlich begleitet. Die Evaluation soll voraussichtlich im Februar 2016 enden. Die Kosten hierfür trägt der Verein. c. Wann werden der zuständigen Behörde die Ergebnisse der Evaluation voraussichtlich vorliegen und inwiefern sollen diese veröffentlicht werden? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/1518 3 Die Justizbehörde ist nicht Auftraggeberin der Studie, sodass sie keinen Einfluss auf den Zeitpunkt und die Art der Veröffentlichung der Evaluationsergebnisse nehmen kann. Es wird davon ausgegangen, dass zum Herbst des Jahres 2016 eine Auswertung vorliegt, die der Verein Hundebande e.V. veröffentlichen wird. d. Wurden bereits Blindenhunde „fertig“ ausgebildet? Falls ja, wie gingen die Strafgefangenen damit um, die Hunde nach Beendigung der Ausbildung wieder abgeben zu müssen? Nein, es wurden noch keine Führhunde abschließend ausgebildet. Die Hunde des Pilotprojektes wurden laut Auskunft der Leiterin der Führhundschule hinsichtlich der Wesensentwicklung alle optimal ausgebildet. Zwei Hunde hatten jedoch gesundheitliche Einschränkungen und der dritte Hund arbeitet aufgrund der festgestellten besonderen Fähigkeiten als Rettungshund in einer Staffel beim Arbeiter-Samariter-Bund (ASB). Die Hundepatinnen werden von Beginn an auf den notwendigen Abschluss der Ausbildung und damit auf die Trennung vom Hund vorbereitet. Dabei hilft ihnen auch der Kontakt zu Menschen, die aufgrund ihrer Sehbehinderung die Unterstützung eines Blindenführhundes nutzen. Der Kontakt wird über den Verein vermittelt. Es gibt Besuche und Gespräche in der TAF, sodass die Patinnen unmittelbar erleben können, wie wichtig eine gute Ausbildung des Hundes ist und welche zusätzliche Mobilität durch die Führhunde möglich ist. 7. Bis wann läuft das Projekt und inwiefern plant die zuständige Behörde eine Verlängerung beziehungsweise Ausweitung auf andere Justizvollzugsanstalten ? Das aktuelle Projekt „Hundebande“ in der TAF läuft bis Januar 2016. Derzeit plant die zuständige Behörde keine Verlängerung beziehungsweise ein neues Projekt mit neuen Hunden und auch keine Ausweitung auf andere Justizvollzugsanstalten.