BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/1530 21. Wahlperiode 15.09.15 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dennis Thering (CDU) vom 09.09.15 und Antwort des Senats Betr.: Flüchtlingsunterkunft am Ohlstedter Platz Seit dem 13.08.2015 ist der Ohlstedter Platz zu einer Unterkunft für Flüchtlinge geworden. Letzten Zahlen zufolge sind nach zwei Einzugswellen nun bis zu 420 Menschen in Zelten untergebracht worden. Die damalige viel zu kurzfristige Informationspolitik des rot-grünen Senats den Bürgerinnen und Bürgern gegenüber war eine Katastrophe und hat zu viel Unmut in der Bevölkerung geführt. Mit Glück wurde man lediglich durch einen Handzettel informiert, alternativ wurde auf einer vollkommen überlaufenen Informationsveranstaltung einen Tag vor Einzug der ersten 150 Flüchtlinge lediglich um Nachsicht gebeten. Viele Fragen nach medizinischer Versorgung, Beschäftigung oder auch der hohen Zahl von 420 Flüchtlingen an diesem Standort konnten oder wollten die Vertreter der Stadt nicht beantworten. In einem Punkt allerdings wurden sie verbindlich, die provisorischen Zelte sollen bis Ende November wieder abgebaut werden. So begrüßenswert die Hilfsbereitschaft vieler Bürgerinnen und Bürger in Ohlstedt ist, so muss der Senat aber auch auf die Sorgen und Fragen der direkten Anwohnerinnen und Anwohner eingehen. Dies gehört zu einer friedlichen Entwicklung der Flüchtlingsdebatte in Hamburg dazu. Der rot-grüne Senat versäumt leider in dieser Frage, betroffene Bürgerinnen und Bürger vollumfänglich zu informieren. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Wie viele Flüchtlinge sind aktuell am Ohlstedter Platz untergebracht und aus welchen Herkunftsländern kommen diese genau? Die Angaben sind der folgenden Übersicht des für das Belegungsmanagement zuständigen Betreibers f & w fördern und wohnen AöR (f & w) zu entnehmen (Stand: 31. August 2015): Herkunftsland Zahl der Personen Afghanistan 87 Albanien 79 Eritrea 19 Irak 12 Iran 2 Kosovo 7 Somalia 5 Sonst. Asiatische 3 Syrien 95 Drucksache 21/1530 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Herkunftsland Zahl der Personen ungeklärt 8 Summe: 317 2. Wie viele Flüchtlinge im Alter von null – zehn und elf – 17 befinden sich aktuell in der Erstaufnahmeeinrichtung am Ohlstedter Platz? Die Angaben sind der folgenden Übersicht zu entnehmen (Stand: 31. August 2015; Quelle f& w): Altersgruppe in Jahren Zahl der Personen bis 10 44 11 bis 17 35 Summe: 79 3. Wie hoch ist die durchschnittliche Verweildauer der Flüchtlinge in der Erstaufnahmeeinrichtung am Ohlstedter Platz? Asylbewerber sind nach § 47 Absatz 1 Asylverfahrensgesetz verpflichtet, längstens bis zu drei Monaten in einer Erstaufnahmeeinrichtung zu wohnen. Da diese Einrichtung erst im August 2015 in Betrieb genommen wurde, ist dieser Zeitraum noch bei keinem Bewohner verstrichen. 4. Wurde die ursprünglich vorgesehene Flüchtlingszahl angehoben? Wenn ja, warum und auf welche Anzahl? 5. Ist es vorgesehen, die aktuelle Kapazität weiter zu erhöhen? Nein. 6. Wie viel Sicherheitspersonal ist aktuell ständig vor Ort? Musste dies seit der Eröffnung erhöht werden? Wenn ja, warum? Nein, pro Schicht sind zurzeit zehn Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes in der Unterkunft eingeteilt. 7. Wie viel medizinisches Personal ist aktuell ständig vor Ort? Musste dies seit der Eröffnung erhöht werden? Wenn ja, warum? Regelmäßig sind von Montag bis Sonntag zwischen 9.30 und 18 Uhr ein Arzt und ein Rettungssanitäter vor Ort. Am Wochenende werden je nach Verfügbarkeit und Bedarf weitere Ärzte kurzfristig eingeteilt. 8. Wie viele Beschwerden seitens der Anlieger gab es seit der Eröffnung der Unterbringung am Ohlstedter Platz und welche Gründe hatten diese jeweils? Es gibt sehr wenige Beschwerden seitens der Anwohner. Dem Betreiber sind folgende Beschwerden bekannt: 1. Ruhestörung auf dem Fußballplatz durch Bewohner vor 22 Uhr 2. Post für die Unterkunft, die versehentlich an eine Nachbarin zugestellt wurde 9. Wie viele Polizeieinsätze gab es seit der Eröffnung der Unterbringung am Ohlstedter Platz? Bitte für jeden einzelnen Fall den Tag, die Uhrzeit und den Grund angeben. Polizeieinsätze werden im Hamburger Einsatzleitsystem (HELS) der Polizeieinsatzzentrale dokumentiert und können grundsätzlich mit einer vorhandenen Software bezüglich der dort hinterlegten Örtlichkeiten recherchiert beziehungsweise ausgewertet werden*. Aufgrund eines Defektes und der damit verbundenen zurzeit stattfinden- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/1530 3 den Reparatur der Software ist eine automatisierte Recherche beziehungsweise Auswertung der Einsätze in HELS aktuell nicht möglich. Für die Beantwortung der Fragestellung erfolgte eine manuelle Sichtung und Auswertung aller in dem erfragten Zeitraum bis zum Stichtag 9. September 2015 in HELS registrierten Einsätze zum Einsatzort Ohlstedter Platz. Daraus ergaben sich die nachstehend in der Tabelle dargestellten 14 Polizeieinsätze: Datum/Uhrzeit Anlassart 14.08.15, 19:36 Unterstützung bei der Aufnahme einer größeren Personengruppe 18.08.15, 17:58 Verkehrsunfall 20.08.15, 09:48 Verkehrsbehinderung 21.08.15, 23:54 Ruhestörung 22.08.15, 14:12 Streit 26.08.15, 18:16 Hausfriedensbruch 28.08.15, 16:36 Verkehrsbehinderung 02.09.15, 17:01 Randalierer 03.09.15, 18:25 Verkehrsbehinderung 03.09.15, 22:59 Hausfriedensbruch 06.09.15, 12:58 zugelaufener Hund 08.09.15, 10:10 Betäubungsmitteldelikt 08.09.15, 11:25 Betäubungsmitteldelikt 08.09.15, 18:05 Drogendealer wiedererkannt * Zur generellen Aussagekraft von HELS-Daten wird auf Folgendes hingewiesen: Jedes Jahr werden rund 500.000 Anrufe in der Polizeieinsatzzentrale erfasst, die in der weit überwiegenden Zahl zu polizeilichen Einsätzen führen. Jeder Anruf wird mit einem Stichwort (Rubrum) versehen, der die Angaben des Anrufers zusammenfasst. Ob dieses Stichwort den Sachverhalt nach Abklärung vor Ort ergibt, zutreffend, verzerrt oder falsch beschreibt, bleibt offen. Im Verlauf der Abklärung des Sachverhalts, kann sich ein anderes Bild ergeben, sodass ein Rückschluss vom Einsatzrubrum auf das tatsächliche Geschehen, wie zum Beispiel begangene Straftaten beziehungsweise daraus resultierende Anzeigenfertigung, nicht gezogen werden kann. Es ergibt sich daraus auch nicht, ob der Einsatz in einem Objekt oder außerhalb wahrzunehmen war. Hierzu bedürfte es einer Auswertung der nach dem Einsatz gefertigten Berichte. Die Ermittlung der Ergebnisse der Einsatzanlässe ist im Gegensatz zu den im Hamburger Einsatzleitsystem der Polizeieinsatzzentrale hinterlegten Rubren nicht auswertbar. Sie würde die händische Durchsicht aller Einzelanlässe erfordern. Dieses ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich, vergleiche auch Drs. 21/1348. 10. Kürzlich wurden Generatoren auf dem Ohlstedter Platz in Betrieb genommen. Wie viele Generatoren gibt es, welchen Zweck haben diese, in welchen Zeitfenstern werden diese betrieben und wie laut sind diese? Bitte in Dezibel angeben. Auf dem Ohlstedter Platz wurden insgesamt 16 Warmlufterzeugergeräte aufgestellt. Diese werden nach Bedarf betrieben. Eine Lautstärkemessung ist nicht durchgeführt worden, da keine Lärmbelästigung zu erwarten ist. 11. Wurde auf dem Ohlstedter Platz ein Quarantäne-Zelt, oder etwas Vergleichbares errichtet? Wenn ja, welche Krankheiten werden dort behandelt? Wie viele Menschen sind aktuell oder waren in diesem Quarantäne-Zelt für wie lange untergebracht? Kann der Senat ausschließen, dass sich die dort aufgetretenen Krankheiten weiter ausbreiten? Der Standort verfügt über eine Isoliermöglichkeit. Bewohner können dort im Bedarfsfall vom Sozialmanagement gemäß den Empfehlungen der Gesundheitsämter isoliert werden. Am Ohlstedter Platz gab es bisher einen Fall eines Bewohners, der aufgrund von Skabies für eine Woche isoliert wurde. Im Übrigen siehe Drs. 21/1259. Drucksache 21/1530 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 12. In der Informationsveranstaltung hat sowohl der Vertreter des Bezirksamtes Wandsbek als auch der Vertreter der Innenbehörde versichert, dass es sich bei den Zelten nur um ein kurzfristiges Provisorium handelt und diese bis Ende November wieder abgebaut werden. Steht der Senat weiterhin zu seinen Zusagen und wann genau werden die Zelte abgebaut ? In der Veranstaltung wurde darauf hingewiesen, dass es grundsätzliches Ziel ist, die Zeltunterbringung bis zum Beginn des Winters zu beenden, dass ein konkreter Zeitpunkt für die Beendigung der Unterbringung aufgrund der bisher gemachten Erfahrungen aber ausdrücklich nicht benannt wird. Erklärt wurde, dass am Ohlstedter Platz kein Tausch der Zelte gegen Wohncontainer vorgesehen ist. 13. Außerdem wurde versichert, dass die Fläche nach Abbau der Zelte wieder instand gesetzt wird. Wann wird mit der Instandsetzung der Fläche begonnen werden? Ist gewährleistet, dass insbesondere die Renaturierung vor Beginn des Winters geleistet wird? Zu welchen Kosten soll dies geschehen und wer trägt diese? Siehe Drs. 21/1241. 14. Rund um die Unterkunft wurde ein massiver Zaun errichtet, der entsprechend im Boden verankert ist. Welche Kosten sind durch den Bau des Zauns entstanden, wann wird dieser zu welchen Kosten wieder abgerissen und wer trägt diese Kosten? Die Kosten für die Errichtung des Zauns belaufen sich auf 59.880,80 Euro und werden von der zuständigen Fachbehörde getragen. Wann ein Rückbau des Zaunes erfolgen wird, hängt von der Nutzungsdauer des Standortes ab. Über die Kosten, die ebenfalls von der zuständigen Fachbehörde zu tragen sein werden, können zum jetzigen Zeitpunkt keine Angaben gemacht werden. 15. Plant der Senat in Wohldorf/Ohlstedt eine weitere Unterbringung für Flüchtlinge zu erreichten? Wenn ja, wann, wo, welche Art der Unterbringung und für welche Dauer ? Die zuständigen Behörden prüfen weiterhin alle in Betracht kommenden Flächen auf ihre Eignung als Unterbringungsstandorte. Das gilt auch für Wohldorf-Ohlstedt. Die Bezirke sind laufend in diese Prüfungen einbezogen. Die Abwägung verschiedener Nutzungsinteressen hinsichtlich einzelner Flächen erfolgt zwischen den betroffenen Behörden im Einzelfall, gegebenenfalls in der Lenkungsgruppe „Integration örU und ZEA in die gesamtstädtische Flächenverwertung und Planung“. Der Senat sieht in ständiger Praxis davon ab, zu einzelnen Prüfungsschritten Auskunft zu erteilen, sofern es sich um ergebnisoffene Prüfungen handelt. Über beschlossene, kurzfristig erforderliche Sofortmaßnahmen zur Unterbringung von Flüchtlingen informieren die Behörden auf www.hamburg.de/sofortmassnahmen. Das Umfeld solcher Standorte wird per Handzettel, über Medien und über den Twitter-Account der zuständigen Behörde (www.twitter.com/hh_basfi) informiert.