BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/1533 21. Wahlperiode 15.09.15 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dennis Gladiator (CDU) vom 09.09.15 und Antwort des Senats Betr.: Massenschlägerei unter minderjährigen unbegleiteten Flüchtlingen in der Billwerder Straße Am Abend des 3. September 2015 soll es zu einer Massenschlägerei in der Flüchtlingsunterkunft Billwerder Straße gekommen sein. In der dortigen Unterkunft halten sich Medienberichten zufolge derzeit 99 minderjährige unbegleitete Flüchtlinge auf, für die lediglich fünf Betreuer zuständig sind, während der Betreuungsschlüssel einem Betreuer nur drei Flüchtlinge zuordne. Bei dem Vorfall seien acht Jugendliche im Alter zwischen 15 und 17 Jahren sowie eine Betreuerin verletzt worden. Zuvor sei es zu einer Auseinandersetzung zwischen einem Eritreer und einem Syrer gekommen, die darin ausartete, dass sich ihnen 55 andere sowohl mit Gabeln und Messern als auch mit Ästen und Mobiliar bewaffnete Minderjährige anschlossen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Wie stellt sich der Sachverhalt des Vorfalls nach derzeitigen Erkenntnissen der Polizei im Einzelnen dar? Nach den bisherigen Erkenntnissen der Polizei kam es während des Abendessens in der Küche der Unterkunft zu einer verbalen Auseinandersetzung zwischen zwei von der Polizei derzeit noch nicht identifizierten jugendlichen Bewohnern. In der Folge eskalierte der Streit und verlagerte sich auf eine Fläche außerhalb des Unterkunftsgebäudes . An der Auseinandersetzung im Freien beteiligten sich circa 50 Personen; die Beteiligten setzten dabei auch gefährliche Gegenstände (Stöcke, Messer, Gabeln) ein. Beim Eintreffen der Polizei hatte sich die Lage vor Ort bereits wieder beruhigt. Nach den derzeitigen Erkenntnissen der Polizei wurden bei der Auseinandersetzung acht Personen leicht verletzt, von denen sechs Personen einem Krankenhaus zugeführt wurden. Im Übrigen sind die kriminalpolizeilichen Ermittlungen zum genauen Geschehensablauf derzeit noch nicht abgeschlossen. Um den Ermittlungserfolg nicht zu gefährden, wird daher von weiteren Angaben abgesehen. 2. Auf wessen Veranlassung kam es zu dem Polizeieinsatz? Die Polizei erhielt über die Notrufnummer insgesamt fünf Anrufe; ein Notruf erfolgte durch einen Mitarbeiter des in der Unterkunft eingesetzten Sicherheitsunternehmens. 3. Wie viele Polizeibeamte waren im Einsatz? Es waren im Einsatzverlauf bis zu 25 Polizeibeamtinnen und -beamte eingesetzt. 4. Liegen der Polizei Erkenntnisse über die Täter vor? Waren insbesondere der Eritreer sowie der Syrer der Polizei bereits durch andere Delikte oder mit ihnen in Verbindung stehende Zusammenhänge bekannt? Drucksache 21/1533 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Über die derzeit in dem Ermittlungsvorgang als beschuldigt geführten Personen liegen der Polizei Erkenntnisse im Sinne der Fragestellungen nicht vor; im Übrigen siehe Antwort zu 1. 5. Wurden Ermittlungsverfahren gegen die Minderjährigen eingeleitet? Wenn ja, wegen welcher Delikte? Wenn nein, warum nicht? Ja, es wurde ein Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der gefährlichen Körperverletzung eingeleitet, im Übrigen siehe Antwort zu 1. 6. Wurden Maßnahmen seitens der Behörde ergriffen, um solche Auseinandersetzungen künftig zu vermeiden? Wenn ja, wie sehen diese aus? Wenn nein, warum nicht? Die Einrichtungsleitung hat mit den Betreuten vor Ort das Ereignis thematisiert und verdeutlicht, dass Gewalt inakzeptabel ist und in Deutschland Toleranz gegenüber persönlichen Orientierungen erwartet wird. Damit wurde die Einhaltung der ohnehin geltenden Regeln des Zusammenlebens in der Einrichtung betont. Der Streit konnte geschlichtet werden. Am darauf folgenden Wochenende haben die Gruppen ihre Freizeit friedlich und in guter Stimmung miteinander verbracht. Im pädagogischen Alltag werden vom Betreuungspersonal zudem bei Konflikten gewaltfreie Lösungswege eingeübt , um entsprechende Auseinandersetzungen möglichst weitestgehend zu vermeiden . 7. Ist es korrekt, dass ein Betreuungsschlüssel von eins zu drei angestrebt wird? Wenn nein, welcher Schlüssel wird stattdessen angestrebt? Ja. 8. Besteht vor dem Hintergrund des Betreuungsschlüssels ein personeller Engpass unter den Betreuern? Wenn ja, wie gedenkt der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde dem entgegenzuwirken? Wenn nein, warum nicht? Der Landesbetrieb für Erziehung und Beratung (LEB) hat den Platzbestand in der Erstaufnahme und Erstversorgung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen von April 2015 mit 390 Plätzen auf aktuell 823 Plätze ausgebaut und wird im Dezember voraussichtlich 1.100 Plätze zur Verfügung haben. Über diese Soll-Kapazitäten hinaus müssen die Einrichtungen wegen des außerordentlich hohen Zugangs an jungen Flüchtlingen überbelegt werden, indem zum Beispiel Betten zugestellt und Funktionsräume zu Schlafräumen umfunktioniert werden. Die Personalbeschaffung konnte mit diesem Ausbau und dem daraus resultierenden Fachkräftebedarf nicht Schritt halten, da Ausschreibungs- und Auswahlverfahren eine Mindestzeit erfordern, der Arbeitsmarkt nicht zu jeder Zeit entsprechend qualifizierte Bewerberinnen und Bewerber bietet und sich viele ausgewählte Fachkräfte erst von ihrem bisherigen Arbeitgeber lösen müssen. Dennoch gelang es, jeden Monat Neueinstellungen vorzunehmen, für September 2015 beispielsweise 33. Zusätzlich wurden Zeitarbeitnehmer rekrutiert.