BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/15469 21. Wahlperiode 14.12.18 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Carola Ensslen (DIE LINKE) vom 06.12.18 und Antwort des Senats Betr.: Hamburg – (K)ein sicherer Hafen? (VIII) – f & w fördern und wohnen AöR (f & w) – Hygienische Bedingungen in Erstaufnahme-einrichtungen und Wohnunterkünften Video- und Bildmaterial von Parasiten in Unterkünften des Betreibers f & w zeigen, dass etwa Cimex lectularius (Bettwanzen) in den Schlafräumen der Bewohner/-innen leben sowie Blattella germanica (Deutsche Schabe) in Gemeinschaftsduschen, den Wohnräumen und in den Küchen herumlaufen. Insbesondere Bettwanzen gelten als Zivilisationsfolger, das heißt, sie reisen gerne und werden durch die zunehmende Mobilität der Menschen über den ganzen Globus verteilt. Dabei sind sie nicht wählerisch in Bezug auf das Transportmittel, sondern nutzen Gepäckstücke, alte Bücher, Frachtgut, antike Möbel oder Flugzeugsitze gleichermaßen gerne. Bettwanzen sind am weitesten in Nordamerika und Europa verbreitet. Ihr Vorkommen ist in aller Regel kein Zeichen für mangelnde Hygiene. Da sie sich jedoch in schwer zugänglichen Bereichen ansiedeln (Steckdosen, Polstermöbel) und schnell vermehren (bis zu 300 Nachkommen pro Weibchen im Monat), müssen entschiedene Maßnahmen für eine vollständige Beseitigung der Populationen unternommen werden. Bettwanzen ernähren sich vom Blut meist schlafender Menschen, ihre Bisse können massiven Juckreiz verursachen. Eine erfolgreiche Bekämpfung setzt eine umfangreiche Ermittlung des tatsächlichen Befalls voraus. Die Deutsche Schabe, aber auch die Gemeine Küchenschabe verursachen ernst zu nehmende gesundheitliche Probleme und gelten dementsprechend als Gesundheitsschädlinge. Die mit ihrem Kot kontaminierten Lebensmittel können zum Beispiel Milzbrand, Salmonellose und Tuberkulose auslösen. Auch asthmatische Symptome können auftreten. Schaben sind Allesfresser, äußerst widerstandsfähig und nur schwer zu bekämpfen. Sie kommen in Großküchen, Gaststätten, warmen Kellerräumen und beheizten Wohnräumen auch in den gemäßigten Breiten Mitteleuropas vor. Meistens werden sie mit gebrauchten Gegenständen in das häusliche Wohnumfeld eingeschleppt. Grundsätzlich problematisch ist die Nicht-Bekämpfung von Schädlingen und Parasiten in öffentlichen Unterkünften, weil die beengten Wohnverhältnisse zu einer rasanten Ausbreitung der Plage führen können. Es gibt jedoch Anlass zu der Annahmen, dass das Unterkunfts- und Sozialmanagement einzelner Unterkünfte nicht immer unverzüglich handelt. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Drucksache 21/15469 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Die zuständigen Behörden haben grundsätzlich den Anspruch, dass alle Einrichtungen zur Unterbringung von Personen, unabhängig ob es Erstaufnahmeeinrichtungen oder öffentlich-rechtliche Unterkünfte sind, sauber, ordentlich und hygienisch einwandfrei sind. Dazu werden unter anderem in den Einrichtungen die entsprechenden baulichen Rahmenbedingungen geschaffen (zum Beispiel leicht zu reinigende Fußböden und Flächen), Reinigungsunternehmen eingesetzt und die zeitgerechte Müllentsorgung geregelt. Ein Befall des Menschen oder seiner Unterkunft mit Ungeziefer beziehungsweise Schädlingen ist grundsätzlich zu vermeiden, bedeutet jedoch nicht zwingend , dass damit gesundheitliche Risiken für den oder die Betroffenen verbunden sein müssen. Vielmehr kommt es darauf an, ob der Schädling als Überträger für Infektionskrankheiten Gesundheitsschädling im Sinne des § 2 Nummer 12 Infektionsschutzgesetz (IfSG) ist oder ob er besondere parasitäre Eigenschaften besitzt und dadurch eine negative Wirkung auf die menschliche Gesundheit hat. Zwingend für die Eigenschaft als Gesundheitsschädling ist, dass ein für den Menschen schädlicher Erreger übertragen wird. Schaben können lediglich als passive Vektoren fungieren, indem sie mechanisch Lebensmittel mit Erregern kontaminieren, nachdem sie vorher Kontakt zum Beispiel zu Fäkalien oder anderen erregerhaltigen Substanzen hatten. Erst dann können sie auch gemäß IfSG als Gesundheitsschädlinge gelten. Bettwanzen sind Lästlinge und keine Gesundheitsschädlinge im Sinne des (IfSG), da sie keine Erreger auf den Menschen übertragen. Bei beiden Befallen sollte eine professionelle Schädlingsbekämpfung erfolgen. Deshalb gilt für alle Bewohnerinnen und Bewohner bei f & w fördern und wohnen AöR (f & w) eine einheitliche Hausordnung, die unter anderem die Sauberkeit und Ordnung auch zum Zwecke der Vermeidung von Schädlingen in den Einrichtungen sowohl der Erstaufnahme (EA) als auch der öffentlich-rechtlichen Unterbringung für Zuwanderer und Wohnungslose (örU) regelt. Die Einrichtungen der EA und der örU werden von Vertragsunternehmen nach einem festgelegten Reinigungsplan regelmäßig gereinigt, siehe Drs. 21/4328 und Drs. 21/2095. In der örU sind die untergebrachten Haushalte für die Reinigung der ausschließlich durch sie genutzten Räume (Wohneinheiten oder Zimmer in den Gemeinschaftsunterkünften ) selbst zuständig. Siehe hierzu Drs. 21/4328. Laut Hausordnung ist ein eventueller Schädlingsbefall von den Unternehmen sowie den Bewohnerinnen und Bewohnern unverzüglich an die Unterkunftsleitung zu melden . Bei der Meldung eines Schädlingsbefalls wird nach einem festgelegten Verfahren zu unverzüglichen Bekämpfung vorgegangen. Mit dem Institut für Hygiene und Umwelt der Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz (Hygieneinstitut) gibt es einen Kooperationsvertrag, aufgrund dessen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von f & w bei Bekanntwerden eines Schädlingsbefalls über ein Standardformular das Hygieneinstitut informieren. Das Hygieneinstitut beauftragt ein professionelles Schädlingsbekämpfungsunternehmen . Bei Bedarf werden die Hygienebeauftragten von f & w zur Unterstützung und Begleitung der Maßnahmen hinzugezogen. Die konkreten Maßnahmen und Wirkungsweisen obliegen dem beauftragten Unternehmen und den zuständigen Stellen mit der Maßgabe der zuständigen Behörden, den Schädlingsbefall vollständig zu beseitigen. Sofern sich daraus Einschränkungen für die Bewohnerschaft ergeben, zum Beispiel das Nicht-Betreten von Räumen im Anschluss an eine Entwesung, werden diese von f & w mitgeteilt. Die Bewohner und Bewohnerinnen werden sowohl mündlich als auch schriftlich umfassend über ihre Pflichten, die notwendigen Verhaltensweisen im Falle einer Entwesung sowie über eventuell bestehende Risiken aufgeklärt, da deren Mitwirkung für den Erfolg der Entwesung und für den Gesundheitsschutz der Betroffenen sowie die Nachhaltigkeit der Entwesung zwingend erforderlich ist. Falls es notwendig ist, werden hierfür Sprachmittler hinzugezogen. Betroffene Bewohner/-innen können sich für Informationen, Hinweise oder Beschwerden jederzeit an das Unterkunft- und Sozialmanagement, das Gesundheitsamt, den Zentralen Koordinierungsstab Flüchtlinge (ZKF) oder auch die Ombudsstelle wenden. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/15469 3 Der Befall von Schädlingen wird bei f & w nicht statistisch erfasst. In den Erstaufnahmeeinrichtungen sind aktuell keine entsprechenden Fälle bekannt. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften von f & w wie folgt: 1. Laut Haus- und Benutzerordnung für Unterkünfte des Betreibers f & w, Abschnitt IV, Unterpunkt 7 (anhängig zur Drs. 21/14668) ist das Unterkunftsmanagement sofort zu informieren, wenn Ungeziefer festgestellt wird. a) In welchen Einrichtungen von f & w wurden in den Jahren 2015, 2016, 2017 und 2018 (Stichtag 6.12.2018) Parasiten, Schädlinge oder sonstiges Ungeziefer gemeldet? b) Welche Standorte der Erstaufnahmen oder Folgeunterkünfte von f & w sind dem Senat beziehungsweise der zuständigen Behörde aktuell bekannt, in denen Parasiten, Schädlinge oder sonstiges Ungeziefer vorkommen? c) Um welche Parasiten oder Schädlinge handelte es sich jeweils? Bitte die Antworten zu den Fragen 1. a) bis 1. c) tabellarisch darstellen. Da f & w keine statistische Erfassung des Schädlingsbefalls in ihren Unterkünften vornimmt, wäre eine Einzelabfrage aller 126 Unterkünfte über den abgefragten Zeitraum (vier Jahre) hinweg erforderlich. Dies ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 2. Die sogenannte Entwesung von Räumlichkeiten erfordert mitunter verschiedene Maßnahmen. a) Wer ist für die Entwesung von Gemeinschaftsküchen, Gemeinschaftsbädern , Waschküchen, Kellern und Gemeinschaftsräumen verantwortlich? b) Welche Maßnahmen werden innerhalb welches Zeitraumes und in welcher Reihenfolge ergriffen, wenn dem Unterkunftsmanagement gemeldet wird, dass Schaben oder anderes Ungeziefer im häuslichen Wohnumfeld der Bewohner/-innen öffentlich-rechtlicher Unterkünfte gesichtet wurde? c) Arbeitet der Betreiber f & w mit Unternehmen der Schädlingsbekämpfung , also mit sogenannten Kammerjägern zusammen? aa) Wenn ja, mit welchen? bb) Wenn nein, wer übernimmt die Entwesung dann? Zu den Zuständigkeiten und dem Verfahren siehe Vorbemerkung. 3. Insbesondere Bettwanzen lassen sich nur sehr schwer bekämpfen. Häufig sind mehrmalige Einsätze zur vollständigen Entwesung erforderlich. a) Welche Maßnahmen werden angewendet, um Bettwanzenbefall in der öffentlichen Unterbringung erfolgreich zu bekämpfen? b) Kommen auch chemische, also insektizide Spritzmittel zum Einsatz ? aa) Wenn ja, welche genau? bb) Wenn ja, wie lange sind die behandelten Räume dann unbewohnbar ? c) In wie vielen Fällen mussten Bewohner/-innen öffentlicher Unterbringung die Einrichtung wechseln, weil ihre Räumlichkeiten von Schädlingen und Parasiten befallen waren? Die durch das Hygieneinstitut beauftragten Unternehmen bestimmen – je nach Ausmaß des Befalles – die erforderlichen Maßnahmen. Im Falle der Behandlung gegen Drucksache 21/15469 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Bettwanzen dürfen die bewohnten Räume erst zwei Stunden nach Abschluss der Entwesung wieder betreten werden. Bei Schabenbefall ist dies eine halbe Stunde nach Abschluss der Arbeiten ohne gesundheitliche Beeinträchtigungen möglich. Hierüber werden die betroffenen Haushalte sowohl mündlich als auch schriftlich über ein Informationsblatt aufgeklärt. Im Übrigen siehe Antwort zu 1. a) bis c). 4. Das Unterkunftsmanagement von f & w soll trotz mehrmaliger Meldung von Parasiten und Schädlingen in einzelnen Unterkünften nicht tätig geworden sein. Das vorliegende Bild- und Videomaterial zeugt davon, dass sich im Abstand von einigen Wochen der Schädlingsbefall nicht dezimiert hat. a) Seit wann ist dem Betreiber f & w bekannt, dass in den unter 1. b) genannten Einrichtungen Parasiten oder Schädlinge vorkommen? b) Welche Maßnahmen wurden seitdem ergriffen? Bitte ausführlich darstellen. c) Welche Beschwerdewege stehen Bewohnern/-innen offen, wenn das Unterkunftsmanagement trotz Meldung keine Maßnahmen ergreift? Das Unterkunfts- und Sozialmanagement ist gehalten, bei Schädlingsbefall, wie in der Vorbemerkung beschrieben, sofort zu reagieren. Sollte das Unterkunftsmanagement nicht umgehend reagieren, können die betroffenen Haushalte das f&w-interne Beschwerdemanagement in Anspruch nehmen (Unterkunfts-/Teamleitungen, Bereichsleitungen, Geschäftsbereichsleitungen, Geschäftsführung). Darüber hinaus siehe Vorbemerkung.