BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/15498 21. Wahlperiode 18.12.18 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Alexander Wolf und Detlef Ehlebracht (AfD) vom 10.12.18 und Antwort des Senats Betr.: Denunziations-Broschüre der Amadeu Antonio Stiftung in Hamburger Kitas und Schulen Die aus öffentlichen Mitteln geförderte und von der ehemaligen inoffiziellen Mitarbeiterin der Staatssicherheit der DDR, Anetta Kahane, geleitete Amadeu Antonio Stiftung hat kürzlich die Broschüre „Ene, mene, muh – und raus bist du! Ungleichwertigkeit und frühkindliche Pädagogik“ veröffentlicht.1 Das MfS führte Kahane von 1974 bis 1982 als IM Victoria und setzte sie vor allem auf Westdeutsche und in der DDR lebende Ausländer an. Nach Angaben ihres Führungsoffiziers habe sie mündlich in den Anfangsmonaten auch „belastend“ über Freunde und Studienkollegen berichtet. Nach einem Artikel von Uwe Müller in der Zeitung „ Die Welt“ gehe aus der 800 Seiten umfassenden IM-Akte hervor, dass sie Dutzende Personen aus ihrem Umfeld bespitzelt habe, darunter Künstler, einen ZDF-Reporter und westberliner Studenten der FU. Die Brüder Thomas und Klaus Brasch soll sie 1976 als „Feinde der DDR“ bezeichnet haben. Ihre ahnungslosen Bekannten horchte sie im privaten Rahmen aus, zum Beispiel während einer Faschingsfeier, eines Konzerts oder eines Stadtbummels – und selbst vor einer Hochzeit schreckte sie nicht zurück. Für ihre treuen Spitzeldienste erhielt sie von der Stasi Geschenke und Geld.2 Angebliche „rechtspopulistische Auseinandersetzungen“ in Kitas und Schulen Im Grußwort der Broschüre behauptet der Geschäftsführer der Amadeu Antonio Stiftung, Timo Reinfrank, dass „Kitas und Schulen mittlerweile im Zentrum der politischen Auseinandersetzung durch Rechtspopulist*innen“3 stünden; an mehreren Stellen wird von „Kindertagesbetreuung in Zeiten rechtspopulistischer Mobilisierungen“4 gesprochen. Bereits in den Kindereinrichtungen würden „Vorstellungen von Ungleichwertigkeit“ eine Rolle spielen, die „von glasklaren rassistischen Abwertungen bis hin zu Äußerungen, die angeblich nur „falsch verstanden wurden“ (…), reichen. Sie seien „als „Sorge“ getarnt, mit populistischen Sprüchen gegen „die da oben“ verbunden oder (würden) mit zunächst harmlos klingenden Wörtern zum Ausdruck gebracht, die aber aus dem Jargon der Neuen (oder alten) Rechten stammen 1 https://www.amadeu-antonio-stiftung.de/w/files/pdfs/kita_internet_2018.pdf (abgerufen am 29.11.2018). 2 https://www.welt.de/politik/deutschland/article1212415/Birthler-Behoerde-liess-Stasi-Spitzeleinladen .html?fbclid=IwAR1EyiVAJJoLpa29-y2snnfbdvDoOC84AwXXe- K5IanfUC5i2AkS3A92o-I (abgerufen am 03.12.2018). 3 Ebenda, Seite 3. 4 Ebenda, Seite 4. Drucksache 21/15498 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 und denen eine zutiefst menschenverachtende Haltung zugrunde“ läge.5 Als „gegenwärtige Problemlagen“, die in der Beratungspraxis angeblich eine große Rolle spielen würden, führt die AA-Stiftung unter anderem den Bereich „Kita und rechtspopulistische Akteur*innen“ an und verweist darauf, dass zum bundesweiten Vorlesetag auch Vertreter der AfD aufgefordert wurden, zu lesen.6 In der Broschüre wird ferner behauptet, die AfD treibe in der „Bildungs - und Erziehungsarbeit“ eine „Normalisierung rassistischer, antisemitischer und antifeministischer Positionen“ voran. Die AfD würde, so die AA- Stiftung, „die Arbeit von Kitas grundsätzlich in Frage (stellen)“ und die Träger der Kitas sowie das Kita-Team müssten „vor Ort“ „eine Haltung zu menschenfeindlichen und extrem rechten Inhalten und deren parteipolitischen Vertreter*innen in der eigenen Region (aus dem Kontext geht hervor, dass die AA-Stiftung damit gezielt Vertreter der AfD meint) erarbeiten“.7 Eltern brächten „ihre (…) menschenfeindlichen Positionen vehementer ein als noch vor wenigen Jahren“, behauptet die AA-Stiftung. Und Fachkräfte berichteten angeblich „von einer Zunahme von Konflikten mit Eltern, von einer Verschärfung der Tonlage, von Bedrängen bis hin zu Bedrohungen“.8 Kinder mit Migrationshintergrund würden abwertend als „Asylantenkinder“ bezeichnet.9 Die AA-Stiftung problematisiert in der Broschüre „Kinder“ aus sogenannten völkischen Elternhäusern oder an anderer Stelle synonym „Kinder, die in autoritären, disziplinierenden Kontexten aufwachsen“. Dazu erläutert die Stiftung : „Völkische Erziehungsstile sind in der Gegenwart – wie bereits im Nationalsozialismus – stark darauf ausgerichtet, Kinder zu Gehorsam und Unterordnung in eine völkische Gemeinschaft zu erziehen. Die Erziehung in den Familien ist dabei sehr auf die Ausbildung klassischer Geschlechterrollen bedacht. Es geht darum, ein „richtiger Junge“ und ein „richtiges Mädchen“ zu sein und um die Perspektive, dass aus Mädchen „deutsche Mütter“ werden und aus Jungen „politische Kämpfer“.“10 Zu den Erkennungsmerkmalen von Kindern aus sogenannten völkischen Elternhäusern führt die Stiftung aus: „Das Mädchen trägt Kleider und Zöpfe, es wird zu Hause zu Haus- und Handarbeiten angeleitet, der Junge wird stark körperlich gefordert und gedrillt. Beide kommen häufig am Morgen in die Einrichtung, nachdem sie bereits einen 1,5-km-Lauf absolviert haben.“11 Eltern sollen in die Kitas eingeladen werden, um darüber aufzuklären, dass „geschlechterstereotype Erziehungsstile die vielfältigen Möglichkeiten von Kindern einschränken und Entwicklungen erschweren“ würden.12 In der Broschüre wird auch gefordert, die Profile und Kommentare von Kolleginnen aus dem Kita-Bereich im Auge zu behalten, Belege für „rassistische“ Aussagen zu sammeln, um eine angestrebte Kündigung juristisch durchsetzen zu können. Als ein Beispiel für solch eine „rassistische“ „menschenfeindliche“ Aussage wird in der Broschüre der Satz genannt: „Unsere Einrichtung zerfällt aber für Die ist Geld da“. Es wird darauf verwiesen, von solchen Kommentaren Screenshots anzufertigen, um sie für spätere arbeitsrechtliche Auseinandersetzungen verwenden zu können. Auch persönlich nicht bekannte Mitarbeiter, die im Internet durch solche Äußerungen auffallen und einen Bezug zu einer Kinderbetreuungseinrichtung aufweisen, sollen dem Arbeitgeber gemeldet werden.13 Des Weiteren wird in der Broschüre behauptet, dass in der Kita-Praxis „Positionen viel 5 Ebenda. 6 Ebenda, Seite 6. 7 Ebenda, Seite 7. 8 Ebenda, Seite 9. 9 Ebenda, Seite 10. 10 Ebenda, Seite 12 folgende. 11 Ebenda. 12 Ebenda, Seite 14. 13 Ebenda, Seiten 26 – 27. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/15498 3 stärker auftreten, die sich abwertend gegenüber geflüchteten Kindern oder gleichgeschlechtlich lebenden Eltern äußern“.14 Auch würden „rechte Positionen “ „in Teams (Kita-Teams) selbst lauter und häufiger geäußert“.15 In der Broschüre wird dargelegt, dass Kinder bereits „sehr früh mit antijüdischen Ressentiments in Berührung kommen“, ohne genauer auf die Ursachen dieser antisemitischen Bedrohungen einzugehen. Abbild von Vielfalt in der pädagogischen Ausstattung Die AA-Stiftung empfiehlt in der Broschüre: „Für eine primärpräventive Arbeit bzw. eine Arbeit für Vielfalt und Demokratie ist es wichtig, dass sich Repräsentationen von Vielfalt in pädagogischen Materialien und in der Einrichtungsgestaltung widerspiegeln. Gibt es zum Beispiel eine Barbie als Naturwissenschaftlerin und ist sie Schwarz? Ist die Figur im Rennauto von Lego schwul? Gibt es Hautfarbenstifte und Bücher über außergewöhnliche Frauen ? Das betrifft also verwendetes Spielmaterial, Bilder oder Aushänge sowie Ansprachen von Kindern und Eltern. Ein zugewandter und wertschätzender Umgang mit Vielfalt sollte unterschiedliche kulturelle, soziale oder religiöse Hintergründe und vielfältige Lebensweisen auf Augenhöhe einbeziehen.“16 Sexualpädagogik Im Bereich der „Sexualpädagogik“ fordert die AA-Stiftung eine „Vielfaltspädagogik “, die „zentral“ sei, „um Diskriminierung aufgrund des Geschlechts oder der sexuellen Orientierung zu verhindern und um inter- und transgeschlechtliche Kinder zu empowern“.17 Und weiter: „Die Annahme, Jungen würden sich nicht die Fingernägel lackieren, verweist auf geschlechtsspezifische , gesellschaftliche Zuschreibungen. Aus Perspektive von Kinderrechten, des Kinder- und Jugendhilfegesetzes und weiteren fachlichen Einschätzungen werden mit geschlechtsstereotypen Interventionen Bedürfnisse und Bedarfe des einzelnen Kindes nicht angemessen wahrgenommen. Kindern werden individuelle Entwicklungsmöglichkeiten abgeschnitten, sie verlieren „unpassende“ Ausdrucksmöglichkeiten, werden auf „typisches“ festgelegt – kurz: Sie werden beschränkt“.18 Die Stiftung behauptet, solche „stereotypen Geschlechtervorstellungen“ hätten eine „Brückenfunktion an rechtsextreme Ideologie“.19 Eltern, die Worte wie „Gender-Quatsch“, „Frühsexualisierung“, „richtiger Mann“ benutzten, gäben „Grund zu der Annahme, dass diese sich im Kontext (neu-)rechter oder fundamentalistischer Ideologien verorte(n) oder bewegt(en)“.20 Der AA-Stiftung schwebt eine Erziehung zu geschlechtsneutralen Identitäten vor: „Die fachliche Auseinandersetzung darum, dass Geschlecht sozial konstruiert und erlernt wird und Geschlechterrollen veränderbar und je nach Zeit und Kontext anders verstanden werden, beugt vor, Kinder nach Geschlechtern zu sortieren und danach zu bewerten. Das befreit die Kinder von Einschränkungen („Lisa, lass das, das ist nichts für Mädchen“) und baut zugleich Vorurteile ab, z.B. gegenüber Homosexualität („der Junge spielt wie ein Mädchen, der ist bestimmt schwul“). Es ermöglicht allen Kindern eine freie Entwicklung ihres Selbst, öffnet den Blick auf transsexuelle und intergeschlechtliche Kinder und signalisiert „Regenbogenfamilien“, dass sie in der Kita willkommen sind.“21 Ferner wird in der Broschüre behauptet, dass „fundamental-christliche“ Gruppen oder Parteien wie die AfD auf jede Veränderungsbestrebung in den Kitas mit Widerstand reagieren würden – 14 Ebenda, Seite 48. 15 Ebenda. 16 Ebenda, Seite 29. 17 Ebenda, Seite 8. 18 Ebenda, Seite 19. 19 Ebenda. 20 Ebenda, Seite 20. 21 Ebenda, Seite 30. Drucksache 21/15498 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 „allein wenn angemerkt wird, dass Kinderbücher, in denen meist ‚heile Familien ‘ zu sehen sind, vielleicht auch mal eine Single-Mutter zeigen sollten“.22 In der Broschüre wird behauptet, „Kinder“ hätten „durchaus ein Interesse an geschlechtlicher Vielfalt und Sexualität und wollen dazu etwas wissen“.23 Reaktionen Der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Rainer Wendt, äußert sich wie folgt zu der umstrittenen Broschüre: „Wenn besondere sportliche Fitness Dich heutzutage unter Nazi-Verdacht bringt, bin ich definitiv raus. Und Zöpfe gehen bei mir auch nicht. Man will es gerne einfach als Balla-Balla abtun, was da aus unserem Familienministerium abgesegnet und sogar noch mit öffentlichen Mitteln gefördert wurde, aber so einfach ist das nicht. Es passt einfach in die heutige Zeit, in der Sprech- und Denkverbote üblich geworden sind und lächerlichste Indizien mit dem Bann des Rassismus belegt werden. Dabei steht nicht weniger als unsere Freiheit auf dem Spiel, die von vielen Seiten bedroht ist. Die Freiheit der Meinungsäußerung, des Denkens und Handelns im Rahmen bestehenden Rechts, alles das wird unter den Vorbehalt eines willkürlich definierten „Kampf gegen Rechts“ gestellt, mit dem nicht nur öffentliche Verunglimpfung, Herabwürdigung und nicht selten sogar Gewalt gerechtfertigt wird. Und mit einer ominösen Stiftung wird ein paralleljustitielles Instrument geschaffen, das dem Rechtsstaat nicht dient, sondern Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit gefährdet.“24 Auch die CDU-Bundestagsabgeordnete Sylvia Pantel kritisiert die Broschüre der AA-Stiftung als „Gesinnungsschnüffelei“. Pantel: „Wenn aber Erzieherinnen und Erzieher unter dem Vorwand des Kindeswohls zu Überwachern und zum Korrektiv der elterlichen Gesinnung werden sollen, überschreitet das Grenzen“, und weiter: Das Heft möge gut gemeint sein, „aber eine quasi Handlungsanweisung für Erzieherinnen und Erzieher zur Elternspionage und Elternerziehung passt nicht zu unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung “.25 Der sächsische Kultusminister, Christian Piwarz (CDU), warnt eindringlich vor der Broschüre: „Es sei inakzeptabel vom Äußeren der Kinder auf die politische Einstellung der Eltern zu schließen. „Wir leben in einem freien Land. Da kann es nicht sein, daß Erzieherinnen die politische Gesinnung von Eltern überprüfen und korrigieren sollen.““26 Der stellvertretende Bürgermeister des Berliner Bezirks Neukölln, Falko Liecke (CDU), empfiehlt allen Kitas in seinem Zuständigkeitsbereich, die Broschüre nicht zu verwenden, weil sie Vorurteile fördere. Es sei nicht Aufgabe von Erziehern, die politische Gesinnung der Eltern zu überprüfen.27 Die Union im Bundestag kritisiert die Broschüre scharf. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Nadine Schön (CDU) forderte, die Handreichung „Ene, mene, muh – und raus bist du!“ sofort einzustampfen. „Die Broschüre enthält absurde Fallbeispiele und Vorschläge. So wird erklärt, woran „gefährdete“ Kinder aus „völkischen Familien“ erkannt werden können. Zum Beispiel daran, daß Mädchen Zöpfe und Kleider tragen und daheim zu Haus- und Handarbeiten angeleitet werden“, sagte die CDU-Abgeordnete. „Eine Bro- 22 Ebenda, Seite 36. 23 Ebenda, Seite 47. 24 Facebook-Eintrag von Rainer Wendt (30.11.2018). 25 https://www.die-tagespost.de/politik/CDU-Abgeordnete-Pantel-kritisiert-umstrittene-Kita- Broschuere;art4685,194074 (abgerufen am 08.12.2018). 26 https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2018/sachsens-kultusminister-kritisiert-amadeuantonio -stiftung/ (abgerufen am 08.12.2018). 27 Ebenda. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/15498 5 schüre, die Vorurteile bekämpfen will, vermittelt selbst welche.“ Zudem fixiere sich die Handreichung einseitig nur auf rechtsextremistische oder rechtsradikale Elternhäuser. Dass auch von linksextremistischen Eltern Gefahren ausgehen könnten, komme den Verfassern hingegen nicht in den Sinn. Das Heft sei quasi eine staatliche Handlungsanweisung zur Elternspionage und passe nicht zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Schön forderte daher: „Bitte sofort einstampfen!“28 Die vorgetragenen Handlungsanweisungen der Broschüre geben Anlass zu der Sorge, dass hier der biografische Einfluss der ehemaligen IM der Staatssicherheit der DDR und heutigen Vorstandsvorsitzenden der Amadeu Antonio Stiftung, Anetta Kahane, maßgeblich auf Diktion und Inhalt der Broschüre eingewirkt hat und die von Kahane bei der Staatssicherheit der DDR verinnerlichte Methodik des Ausspähens und Denunzierens heute in den Kitas weiter praktizieren werden solle. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Die Strategie des Senats zum Umgang mit Rechtsextremismus und Ideologien der Ungleichwertigkeit sowie gegen jede Form von Menschenverachtung ist dem Landesprogramm zur Förderung demokratischer Kultur, Vorbeugung und Bekämpfung von Rechtsextremismus „Hamburg – Stadt mit Courage“ (Drs. 20/9849) zu entnehmen. Das Landesprogramm setzt mit seinem konzeptionellen Rahmen am gesellschaftlichen Nährboden des Rechtsextremismus an. Jeglichen Angriffen auf Demokratie, Freiheit und Rechtstaatlichkeit soll etwas entgegengesetzt werden – Fördermaßnahmen zielen darauf ab, diesen Phänomenen entgegenzuwirken. Das Landesprogramm wird derzeit aktualisiert und weiterentwickelt. Die Publikation „Eene mehne muh – und raus bist du – Ungleichwertigkeit und frühkindliche Pädagogik“ der Amadeu Antonio Stiftung (AAS) wurde durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert. Auch die förderrechtlich erforderliche Freigabe zur Veröffentlichung oblag dem zuständigen Bundesministerium (siehe auch Antwort der Bundesregierung auf die Schriftliche Kleine Anfrage der Fraktion der AfD – siehe BT.-Drs. 19/5232 vom 20.11.2018). Die Handreichung will unterschiedliche fachliche Perspektiven der frühkindlichen Bildung und Elternarbeit und der Demokratiepädagogik und rassismuskritischen Perspektiven zusammenführen und Fachkräften wissenschaftlich basierte Handlungshinweise und Hilfsangebote geben. Auf die Resonanz zur Broschüre ist die AAS ausführlich eingegangen, siehe https://www.amadeu-antonio-stiftung.de/aktuelles/2018/klarstellung-es-geht-um-daskindeswohl -und-nicht-um-blonde-zoepfe/. Für die pädagogische Arbeit in allen Hamburger Kindertageseinrichtungen stellen die Hamburger Bildungsempfehlungen für die Bildung und Erziehung von Kindern in Tageseinrichtungen der zuständigen Behörde den verbindlichen Orientierungsrahmen dar. Sie wurden unter Einbeziehung ausgewiesener Fachleute für den Bereich der frühkindlichen Bildung und Betreuung auf wissenschaftlicher Basis erstellt. Den Bildungsempfehlungen liegt ein inklusives Bildungsverständnis zugrunde, nach dem jedes Kind unabhängig von seinem Geschlecht, der sozialen und ökonomischen Situation seiner Familie, seiner ethnisch-kulturellen Zugehörigkeit oder irgendeiner Form von Beeinträchtigung bestmöglich in seiner Entwicklung gefördert werden soll. Jedes Kind soll die Chance erhalten, sich mit seinen Fähigkeiten, Ideen und Bedürfnissen in die Gemeinschaft einzubringen. Zu den Werten, die in den Hamburger Kindertageseinrichtungen vermittelt werden, gehören Respekt vor der eigenen Person und die Freiheit, eine eigene Meinung zu haben, ebenso wie Wertschätzung gegenüber anderen Religionen, Kulturen und Weltanschauungen. Mit den Eltern wird eine Bildungsund Erziehungspartnerschaft angestrebt, die auf wechselseitiger Anerkennung basiert. 28 https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2018/union-fordert-anti-rechts-broschuereeinzustampfen / (abgerufen am 08.12.2018). Drucksache 21/15498 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 6 Unterschiedliche Erziehungsstile als Bestandteil verschiedener Familienkulturen werden berücksichtigt. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: I. Verbreitung der Broschüre in Hamburger Kita-Einrichtungen und Schulen 1. In welchen Hamburger Kinderbetreuungseinrichtungen ist die Broschüre der AA-Stiftung in gedruckter oder digitaler Form verbreitet, verteilt, ausgelegt oder beworben worden? Bitte hierzu sämtliche von der BASFI beaufsichtigte Kita-Einrichtungen abfragen. Die für Kindertagesbetreuung zuständige Behörde verfügt nicht über die zur Beantwortung der Frage erforderlichen Informationen. Sie hat deshalb die Vertragspartner des Landesrahmenvertrages „Kinderbetreuung in Tageseinrichtungen“ (Arbeiterwohlfahrt Landesverband Hamburg e.V.; Caritasverband für Hamburg e.V.; Deutsches Rotes Kreuz Landesverband Hamburg; Der PARITÄTISCHE Wohlfahrtsverband Hamburg e.V. Landesverband Hamburg; Diakonisches Werk Hamburg e.V., Kindermitte e.V. – Bündnis für soziales Unternehmertum und Qualität in der Kindertagesbetreuung e.V.; SOAL – Alternativer Wohlfahrtsverband e.V. Landesverband Hamburg, Elbkinder – Vereinigung Hamburger Kitas gGmbH) und die nicht verbandlich organisierten Träger von Kindertageseinrichtungen gebeten, die entsprechenden Auskünfte zu erteilen. In der für die Beantwortung dieser Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit hat die für Kindertagesbetreuung zuständige Behörde vom Träger Elbkinder und einem weiteren Kitaträger Antworten erhalten. Beim Träger Elbkinder – Vereinigung Hamburger Kindertagesstätten gGmbH (Elbkinder ) ist die Broschüre bekannt. Die zentralen Stellen prüfen die Broschüre gerade daraufhin, ob der Träger die Inhalte teilt und die Broschüre im Betrieb verbreiten und empfehlen will. Ob einzelne Kitas des Trägers die Broschüre über andere Kanäle schon erhalten haben und wie sie dann damit umgegangen sind, war in der Kürze der Zeit nicht zu ermitteln. Die eingeholten Rückmeldungen deuten darauf hin, dass die Broschüre in den Kitas der Elbkinder nicht vorliegt. In der Kita des Trägers „La petite maison gGmbH“ wurde die Broschüre nicht verbreitet , verteilt, ausgelegt oder beworben. 2. In welchen Diensträumen der BASFI ist die Broschüre der AA-Stiftung in gedruckter oder digitaler Form verbreitet, verteilt, ausgelegt oder beworben worden? Die Broschüre wurde in den Diensträumen der Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration (BASFI) nicht verteilt, ausgelegt oder beworben. 3. In welchen Hamburger Schulen ist die Broschüre der AA-Stiftung in gedruckter oder digitaler Form verbreitet, verteilt, ausgelegt oder beworben worden? Bitte hierzu sämtliche unter staatlicher Aufsicht stehenden Schulen abfragen. Die erfragten Daten werden von der zuständigen Behörde nicht erfasst. Daher wurde eine Schulabfrage durchgeführt. 316 allgemeinbildende Schulen haben in der für eine Parlamentarische Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit geantwortet. 311 Schulen haben Fehlanzeige gemeldet. Eine Schule hat die Broschüre in gedruckter Form ausgelegt oder verteilt. Alle staatlichen berufsbildenden Schulen melden Fehlanzeige. Vier der 20 nichtstaatlichen berufsbildenden Schulen unter staatlicher Aufsicht haben ebenfalls Fehlanzeige gemeldet. Von 16 liegen keine Informationen vor. 4. In welchen Diensträumen der Behörde für Schule und Berufsbildung ist die Broschüre der AA-Stiftung in gedruckter oder digitaler Form verbreitet , verteilt, ausgelegt oder beworben worden? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/15498 7 Die Broschüre wurde in den Diensträumen der für Bildung zuständigen Behörde nicht verteilt, ausgelegt oder beworben. 5. In welchen weiteren Diensträumen anderer Hamburger Behörden ist die Broschüre der AA-Stiftung in gedruckter oder digitaler Form verbreitet, verteilt, ausgelegt oder beworben worden? Die Broschüre wurde in den Diensträumen anderer Hamburger Behörden nicht verteilt , ausgelegt oder beworben. 6. In welchen Einrichtungen der öffentlich geförderten Mitglieder des Landesjugendrings Hamburg ist die Broschüre der AA-Stiftung in gedruckter oder digitaler Form verbreitet, verteilt, ausgelegt oder beworben worden? Die zuständige Behörde hat dazu die öffentlich geförderten Mitglieder des Landesjugendrings Hamburg befragt. Nicht alle Befragten haben in der zur Beantwortung der Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit Auskunft gegeben. Kein Mitglied hat angegeben, die Broschüre in der erfragten Weise verwendet zu haben. II. Angebliche „rechtspopulistische Auseinandersetzungen“ in Kitas und Schulen 7. Welche konkreten Erkenntnisse liegen der Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration (BASFI) und der Behörde für Schule und Berufsbildung (BSB) darüber vor, dass Hamburger „Kitas und Schulen mittlerweile im Zentrum der politischen Auseinandersetzung durch Rechtspopulist *innen“ stünden? Bitte umfassend für den Zeitraum ab 2015 darlegen . Bitte in diesem Zusammenhang auch erläutern, was die BASFI und die BSB unter „Rechtspopulisten“ verstehen, die dazu herangezogenen politikwissenschaftlichen Konzepte und Quellen benennen und angeben, welche Organisationen/Parteien von der BASFI und der BSB derzeit als „rechtspopulistisch“ eingestuft werden. Der für Kindertagesbetreuung zuständigen Behörde und der für Bildung zuständigen Behörde liegen keine Erkenntnisse vor, dass Hamburger Kitas oder Schulen mittlerweile im Zentrum der politischen Auseinandersetzung durch Rechtspopulistinnen beziehungsweise Rechtspopulisten stünden. Einen Überblick über die politikwissenschaftliche Einordnungen des „Rechtspopulismus “ bietet zum Beispiel das Dossier der Bundeszentrale für politische Bildung, siehe http://www.bpb.de/politik/extremismus/rechtspopulismus/. Es ist nicht Aufgabe der genannten Behörden, einzelne Parteien politisch einzuordnen . Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 8. Welche konkreten Erkenntnisse liegen der BASFI über „Vorstellungen von Ungleichwertigkeit“ in Hamburger Kitas vor, die sich in folgenden Handlungen, wie sie von der AA-Stiftung angeblich verstärkt wahrgenommen würden, ausdrücken: a) „glasklare rassistische Abwertungen“, b) Äußerungen, die „falsch verstanden“ wurden, c) Äußerungen, die als „kritisch daherkommen“, d) Äußerungen, mit denen „gegen Andere gehetzt“ werde? 9. Welche konkreten Erkenntnisse liegen der BASFI darüber vor, dass die in Frage 8. dargelegten Handlungen als „Sorge“ „getarnt“ würden, „mit populistischen Sprüchen gegen „die da oben“ verbunden“ seien und „aus dem Jargon der Neuen (oder alten) Rechten stammen“ würden, denen eine „zutiefst menschenverachtende Haltung“ zugrunde läge? Drucksache 21/15498 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 8 10. Welche konkreten Erkenntnisse liegen der BASFI zu von der AA-Stiftung behaupteten „menschenfeindlichen Argumentationen oder rassistischen, antisemitischen und vielfaltsfeindlichen Einstellungen und Handlungen rechtspopulistischer Akteur*innen im (Hamburger) Kita-Alltag“ vor? Der für Kindertagesbetreuung zuständigen Behörde liegen keine Erkenntnisse im Sinne der Fragestellungen vor. 11. Nahmen Hamburger Kita-Einrichtungen am „bundesweiten Vorlesetag“ am 17. November teil und wurden hierzu auch Vertreter der AfD eingeladen ? Die für Kindertagesbetreuung zuständige Behörde verfügt nicht über die zur Beantwortung der Frage erforderlichen Informationen. Sie hat deshalb die Vertragspartner des Landesrahmenvertrages „Kinderbetreuung in Tageseinrichtungen“ (Arbeiterwohlfahrt Landesverband Hamburg e.V.; Caritasverband für Hamburg e.V.; Deutsches Rotes Kreuz Landesverband Hamburg; Der PARITÄTISCHE Wohlfahrtsverband Hamburg e.V. Landesverband Hamburg; Diakonisches Werk Hamburg e.V., Kindermitte e.V. – Bündnis für soziales Unternehmertum und Qualität in der Kindertagesbetreuung e.V.; SOAL – Alternativer Wohlfahrtsverband e.V. Landesverband Hamburg, Elbkinder – Vereinigung Hamburger Kitas gGmbH) und die nicht verbandlich organisierten Träger von Kindertageseinrichtungen gebeten, die entsprechenden Auskünfte zu erteilen. In der für die Beantwortung dieser Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit hat die für Kindertagesbetreuung zuständige Behörde vom Träger Elbkinder und einem weiteren Kitaträger erhalten. Einige Kitas des Trägers Elbkinder haben rückgemeldet, dass sie am „bundesweiten Vorlesetag“ am 17. November teilgenommen haben. In der Kita Wagnerstraße war zu diesem Anlass Frau Senatorin Dr. Leonhard zu Gast. Die Kita des Trägers „la petite maison gGmbH“ hat nicht am „bundesweiten Vorlesetag “ am 17. November teilgenommen. Dem Senat liegen keine Informationen darüber vor, ob zum „bundesweiten Vorlesetag “ am 17. November auch Vertreterinnen und Vertreter des AfD eingeladen wurden. 12. Welche konkreten Erkenntnisse liegen der BASFI und der BSB zu einer von der AA-Stiftung behaupteten „Normalisierung rassistischer, antisemitischer und antifeministischer Positionen“ durch die AfD in Hamburger Kita-Einrichtungen und in den Hamburger Schulen vor? Bitte umfassend für den Zeitraum ab 2015 darlegen. Der für Kindertagesbetreuung zuständigen Behörde und der für Bildung zuständigen Behörde liegen keine Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung vor. 13. Welche konkreten Erkenntnisse liegen der BASFI darüber vor, inwieweit die AfD „die Arbeit von Kitas grundsätzlich in Frage stelle“, wie es die AA-Stiftung behauptet? 14. Welche konkreten Erkenntnisse liegen der BASFI darüber vor, inwieweit Eltern „ihre (…) menschenfeindlichen Positionen vehementer als noch vor wenigen Jahren“ an Hamburger Kita-Einrichtungen einbrächten? 15. Welche konkreten Erkenntnisse liegen der BASFI über eine „Zunahme von Konflikten mit Eltern, von einer Verschärfung der Tonlage, von Bedrängen bis hin zu Bedrohungen“ im Kontext „menschenfeindlicher Äußerungen“ in den Hamburger Kita-Einrichtungen vor? 16. Welche konkreten Erkenntnisse liegen der BASFI über eine abwertende, unreflektierte Benutzung des Wortes „Asylantenkinder“ in den Hamburger Kita-Einrichtungen vor? 17. Welche konkreten Erkenntnisse liegen der BASFI über Kinder aus sogenannten völkischen Elternhäusern, über Kinder, die eine sogenannte völkische Primärsozialisation erfahren haben oder über Kinder, „die in Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/15498 9 autoritären, disziplinierenden Kontexten aufwachsen“, in den Hamburger Kita-Einrichtungen vor? Bitte konkrete Fallzahlen für den Zeitraum ab 2015 darlegen. Der BASFI liegen keine Erkenntnisse im Sinne der Fragestellungen vor. 18. Welche Merkmale gelten nach den Kriterien der BASFI für Kinder a) aus sogenannten völkischen Elternhäusern, b) mit „völkischer Primärsozialisation“, c) die in „autoritären, disziplinierenden Kontexten aufwachsen“? Keine. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 19. Welche wissenschaftlichen Erkenntnisse gibt es nach Kenntnislage der BASFI, dass „geschlechterstereotype Erziehungsstile die vielfältigen Möglichkeiten von Kindern einschränken und Entwicklungen erschweren “ würden, wie es die AA-Stiftung behauptet? In den „Hamburger Bildungsempfehlungen für die Bildung und Erziehung von Kindern in Tageseinrichtungen“ wird davon ausgegangen, dass geschlechterstereotype Botschaften Bildungsprozesse behindern, indem sie Jungen und Mädchen auf bestimmte Verhaltensweisen, Vorlieben und Eigenschaften festlegen und darauf reduzieren. Die Bedeutung einer vielfältigen und anregungsreichen Lernumgebung für eine förderliche allgemeine, kognitive, sprachliche und motorische Entwicklung von Kindern ist hinreichend erforscht worden. 20. Welche konkreten Erkenntnisse liegen der BASFI über die Verwendung „sprachlicher Differenzkonstruktionen“, wie sie laut der AA-Stiftung typisch für Frauen aus rechtsextremen Kontexten seien, an Hamburger Kita-Einrichtungen vor? 21. Welche konkreten Erkenntnisse liegen der BASFI über „Geflüchtetenfeindlichkeit “ in den Hamburger Kitas vor? 22. Welche konkreten Erkenntnisse liegen der BASFI über „unreflektierte, aber dennoch rassistische, sexistische oder homofeindliche Alltagshandlungen “ in den Hamburger Kita-Einrichtungen vor, die nach Einschätzung der AA-Stiftung „weit verbreitet“ seien? Bitte auch darlegen, von welchen Kindern welcher kultureller Gruppen überdurchschnittlich häufig solche rassistischen, sexistischen oder homofeindlichen Alltagshandlungen ausgehen. 23. Die AA-Stiftung behauptet in ihrer Broschüre, dass „Rassismus“ im Bereich der frühkindlichen Bildung ebenso vielfältig (aufträte) wie in allen anderen Bereichen unserer Gesellschaft“. Welche konkreten Erkenntnisse liegen der BASFI über rassistische Handlungen in Hamburger Kitas vor? Bitte für den Zeitraum ab 2015 anhand tatsächlich stattgefundener Fälle erläutern. Der für Kindertagesbetreuung zuständigen Behörde liegen keine Erkenntnisse im Sinne der Fragestellungen vor. 24. Die AA-Stiftung behauptet in ihrer Broschüre, dass Kinder durch sogenannte Leerstellen lernen, „dass es Menschen gibt, die nicht dazugehören , die anders sind, die nicht Teil unserer Gesellschaft sind“, was dazu führen könne, dass diese Kinder selbst diskriminierend handeln könnten. Welche wissenschaftlichen Kenntnisse liegen der BASFI vor, die diese These belegen? Der Senat geht in seinem Integrationskonzept davon aus, dass „Begegnung, Austausch und Dialog helfen, gegenseitige Vorurteile und Verunsicherung ab- und Vertrauen und Zugehörigkeitsgefühl aufzubauen.“ (siehe Drs. 21/10281)). Dieser Annahme liegt die sogenannte Kontakthypothese zugrunde, die in zahlreichen Studien wissenschaftlich belegt wurde. Siehe hierzu beispielhaft: Drucksache 21/15498 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 10 - Eick, Gianna Maria 2015: Vorurteile und Kontakt. Eine Datenanalyse im Rahmen der Studie „Zusammenleben in Hamburg“ für die Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration der Freien und Hansestadt Hamburg. Universität Hamburg. - Pettigrew, Thomas F./Tropp, Linda R./Wagner, Ulrich/Christ, Oliver 2011: Recent Advances in Intergroup Contact Theory, in: International Journal of Intercultural Relations, 35: 3, 271–280. 25. Welche konkreten Erkenntnisse liegen der BASFI darüber vor, inwieweit in Hamburger Kita-Einrichtungen heutzutage „Positionen viel stärker auftreten (würden), die sich abwertend gegenüber geflüchteten Kindern oder gleichgeschlechtlich lebenden Eltern äußer(te)n“, wie in der Broschüre der AA-Stiftung behauptet wird? Bitte die Anzahl solcher stattgefundenen Fälle/Handlungen in einer Verlaufsentwicklung ab dem Jahr 2010 darlegen. 26. Welche konkreten Erkenntnisse liegen der BASFI darüber vor, dass „rechte Positionen“ auch in Kita-Teams selbst lauter und häufiger geäußert würden? 27. Welche konkreten Erkenntnisse liegen der BASFI darüber vor, dass Kinder in Hamburger Kita-Einrichtungen bereits „sehr früh mit antijüdischen Ressentiments in Berührung kommen“ und was weiß die BASFI über das Ausmaß der verschiedenen Formen dieser antijüdischen Ressentiments (muslimischer, linker, rechter Antisemitismus)? Der für Kindertagesbetreuung zuständigen Behörde liegen keine Erkenntnisse im Sinne der Fragestellungen vor. III. Abbildung von Vielfalt in der pädagogischen Ausstattung 28. Welche Hamburger Kita-Einrichtungen verfügen über folgende von der AA-Stiftung empfohlenen Spielzeuge: a) schwarze Barbiepuppen, die Naturwissenschaftlerinnen darstellen, b) schwule Figuren in Lego-Rennautos, c) Bücher über außergewöhnliche Frauen, d) Kinderbücher mit schwarzen Protagonisten/-innen, e) schwarze Puppen, f) Puppen der Firma Persona Dolls®? 29. Welche Hamburger Kita-Einrichtungen verwenden noch Spiele wie „Wer hat Angst vorm Schwarzen Mann?“ oder „Schwarzer Peter“, die von der AA-Stiftung als „problematisch“ angesehen werden, weil „damit das Verständnis von schwarz als schlecht, böse und bedrohlich vermittelt“ würde . 30. Welche Hamburger Kitas verwenden noch Hautfarbenstifte? Die für Kindertagesbetreuung zuständige Behörde verfügt nicht über die zur Beantwortung der Fragen 28. – 30. erforderlichen Informationen. Sie hat deshalb die Vertragspartner des Landesrahmenvertrages „Kinderbetreuung in Tageseinrichtungen“ (Arbeiterwohlfahrt Landesverband Hamburg e.V.; Caritasverband für Hamburg e.V.; Deutsches Rotes Kreuz Landesverband Hamburg; Der PARITÄTISCHE Wohlfahrtsverband Hamburg e.V. Landesverband Hamburg; Diakonisches Werk Hamburg e.V., Kindermitte e.V. – Bündnis für soziales Unternehmertum und Qualität in der Kindertagesbetreuung e.V.; SOAL – Alternativer Wohlfahrtsverband e.V. Landesverband Hamburg, Elbkinder – Vereinigung Hamburger Kitas gGmbH) und die nicht verbandlich organisierten Träger von Kindertageseinrichtungen gebeten, die entsprechenden Auskünfte zu erteilen. In der für die Beantwortung dieser Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit hat die für Kindertagesbetreuung zuständige Behörde vom Träger Elbkinder und einem weiteren Kitaträger Antworten erhalten. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/15498 11 Die Empfehlungen der AAS entsprechen in den Grundorientierungen der inklusiven Haltung des Trägers Elbkinder. Von dieser geleitet beobachten die Fachkräfte des Trägers ihre Gruppen und suchen situationsbezogen und in Absprache mit dem Leitungsteam Spielzeug aus. Deshalb findet man in fast allen Elbkinder-Kitas Puppen mit unterschiedlichen Hautfarben und auch Bücher, in denen es um Menschen aus verschiedenen Kulturen geht. Es wird darauf geachtet, dass die Bücher jede Form des Zusammenlebens (Patchwork, gleichgeschlechtliche Eltern, Singles und so weiter), geschlechtliche Vielfalt, Sexualität und Frauen in nicht typischen Frauenberufen abbilden. Die Nutzung von Persona Dolls wird vom Träger Elbkinder grundsätzlich begrüßt. Da dazu eine spezifische Qualifikation erforderlich ist, wird aber keine generelle Empfehlung dafür ausgesprochen. Eine Kita hat das Vorhandensein von Persona Dolls rückgemeldet. Das Spiel „Schwarzer Peter“ ist in einer Kita des Trägers Elbkinder als Gesellschaftsspiel vorhanden, allerdings geht es da um einen Schornsteinfeger. Ansonsten hat keine Kita zurückgemeldet, dass diese Spiele in der Einrichtung gespielt werden. In den Kitas des Trägers Elbkinder werden unterschiedlichste Farben zum Malen angeboten . Kinder suchen selbstständig die Farbe aus, mit der sie malen möchten. Spezielle Hautfarbenstifte werden in den Kitas, von denen Rückmeldungen vorliegen, nicht verwendet. In der Kita des Trägers „la petite Maison gGmbH“ sind Kinderbücher mit schwarzen Protagonistinnen und Protagonisten und schwarze Puppen vorhanden. Über die übrigen in der Fragestellung aufgeführten Spielzeuge verfügt die Einrichtung nicht. Die Spiele „Wer hat Angst vorm Schwarzen Mann?“ oder „Schwarzer Peter“ werden in der Kita nicht gespielt. Die Kita des Trägers „la petite Maison gGmbH“ verwendet keine Hautfarbenstifte. IV. Prävention gegenüber Linksextremismus, Rechtsextremismus religiösem Extremismus In Drs. 21/12345 gibt der Senat auf AfD-Anfrage Auskunft über die aktuelle Entwicklung politisch motivierter Straftaten in Hamburg in den Jahren 2016 und 2017. Linksextreme Gewalttaten, die sich gegen das Leben richteten, verdoppelten sich von 82 (2016) auf 192 (2017). Linksextreme Gewalttaten gegen Sachgüter stiegen um das Zwanzigfache – von 65 (2016) auf 1278 (2017) – an. Linksextreme Gewalttaten gegen Einrichtungen der Sicherheitsbehörden stiegen fast um das Zehnfache – von 101 (2016) auf 916 (2017) – an. Im Vergleich dazu halbierten sich rechtsextrem motivierte Straftaten zum Vorjahreszeitraum und entwickelten sich auch im Langfristtrend weiter rückläufig . Rechtsextreme Gewalttaten, die sich gegen das Leben richteten, gingen von 27 (2016) auf 13 (2017) zurück. Rechtsextreme Gewalttaten gegen Sachgüter nahmen von 18 (2016) auf zehn (2017) ab. Rechtsextreme Gewalttaten gegen Einrichtungen der Sicherheitsbehörden halbierten sich von zehn (2016) auf fünf (2017). Im absoluten Vergleich von links- und rechtsextrem motivierten Straftaten fallen die Deliktzahlen in den abgefragten Bereichen im Bereich der linksextrem motivierten Straftaten um den Faktor 15 (Straftaten gegen Leib und Leben), den Faktor 128 (Straftaten gegen Sachgüter) und den Faktor 183 (Straftaten gegen Einrichtungen der Sicherheitsbehörden) höher aus als im Bereich linksextrem motivierter Straftaten. Der strukturelle Unterschied in den Dimensionen des Links- und Rechtsextremismus drückt sich auch in den Personenpotenzialen aus. Das Landesamt für Verfassungsschutz zählt im Bericht 2016 insgesamt 1 100 Linksextremisten , davon 650 gewaltorientiert. Für das Jahr 2017 wird die Anzahl mit 1 220, davon 770 gewaltorientiert, angegeben. Demgegenüber umfasst das Personenpotenzial von Rechtsextremisten in Hamburg in den Jahren 2016 und 2017 laut den Berichten jeweils insgesamt 320 Personen, davon 140 gewalt- Drucksache 21/15498 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 12 orientiert. Das linksextremistische Personenpotential übersteigt das des rechtsextremistischen um den Faktor 4 bei der Gesamtzahl und um den Faktor 5,5 bei den gewaltorientierten Extremisten.29 31. Welche Inhalte hat die öffentlich geförderte AA-Stiftung in den letzten fünf Jahren zur Prävention und Intervention gegenüber Linksextremismus vermittelt? Hierzu liegen dem Senat keine Erkenntnisse vor. 32. Über welche Präventions- und Interventionskonzepte verfügt die BASFI für den Bereich des Linksextremismus und wie werden diese in den Hamburger Kita-Einrichtungen vermittelt? In Umsetzung der Bürgerschaftlichen Ersuchen zu den Konsequenzen aus der Aufarbeitung der gewalttätigen Ausschreitungen rund um den G20-Gipfel wird aktuell ein behördenübergreifendes Konzept zur Stärkung der Extremismus- und Gewaltprävention erarbeitet (siehe Drs. 21/14470 und Drs. 21/14466). Darüber hinaus hat die BAS- FI zum 1.12.2018 ein neues Referat „Protestbewegungen“ mit zwei Personen eingerichtet . Das Referat nimmt konzeptionelle Aufgaben in den Themenbereichen Prävention von linker Militanz und Prävention gewaltbereiter und distanzloser Jugendlicher und Jungerwachsener wahr. Im Übrigen sind die Planungen noch nicht abgeschlossen . 33. Wie viele und welche Fortbildungsangebote wurden durch die BASFI in den vergangenen fünf Jahren (schwerpunktmäßig) im Bereich des Linksextremismus angeboten? Bitte nach Datum und Titel der Veranstaltung aufschlüsseln. Zum Themenbereich Linksextremismus wurden in den vergangenen fünf Jahren vom Sozialpädagogischen Fortbildungszentrum der BASFI (SPFZ) keine Fortbildungsveranstaltung angeboten. 34. Wie viele und welche Fortbildungsangebote wurden durch die BASFI in den vergangenen fünf Jahren (schwerpunktmäßig) im Bereich des Rechtsextremismus angeboten? Bitte nach Datum und Titel der Veranstaltung aufschlüsseln. Zum Themenbereich Rechtsextremismus wurde durch das SPFZ in den vergangenen fünf Jahren keine spezielle Fortbildungsveranstaltung angeboten. Einzig zum Thema „Hate Speech“ im Internet wurde vom 21. – 22.Juni 2018 eine Fortbildung angeboten: „Hetz mich nicht! – Hate Speech ist keine Meinungsfreiheit“, in der unter anderem auch rechtsextremistische Motive thematisiert wurden (siehe auch Antwort zu 35.). 35. Wie viele und welche Fortbildungsangebote wurden durch die BASFI in den vergangenen fünf Jahren (schwerpunktmäßig) im Bereich des religiösen Extremismus angeboten? Bitte nach Datum und Titel der Veranstaltung aufschlüsseln. Zum Themenbereich religiöser Extremismus wurden in den vergangenen fünf Jahren neun Veranstaltungen vom SPFZ angeboten: Jahr/Datum Fortbildungsangebote 2014 keine 2015 20.-21.04. 10.-11.03. „Junge Muslime zwischen Islam und Islamismus“ „Islamismus – ein Thema für den Kinderschutz und in der Erziehungsberatung “ 29 https://www.hamburg.de/contentblob/8873924/38b7f14ba1da5dd3693b6b1a833d9c43/data/ verfassungsschutzbericht-2016-lfv-hh.pdf (abgerufen am 04.08.2018); https://www.hamburg.de/contentblob/11448332/ffb33a5af30a49a6547d5f5470477e85/data/vs b-2017-pressefassung.pdf (abgerufen am 04.08.2018). Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/15498 13 Jahr/Datum Fortbildungsangebote 2016 14.-15.03. 22.-23.03. „Junge Muslime zwischen Islam und Islamismus“ „Weltanschauliche und kulturelle Vielfalt in der Kinder- und Jugendarbeit “ 2017 16.-17.03. 11.-12.05. 28.-29.03. „Junge Muslime zwischen Islam und Islamismus“ „Mädchen und junge Frauen und ihre Rolle im Dschihadismus“ „Umgang mit religiös gefärbten Konflikten in Jugendeinrichtungen“ 2018 05.-06.03. 21.-22.06. „Junge Muslime zwischen Islam und Islamismus“ „Hetz mich nicht – Hate Speech ist keine Meinungsfreiheit“ V. Forderungen der AA-Stiftung zur Frühsexualisierung von Kindern 36. Welche Vorgaben/Regelungen der BASFI gelten für Hamburger Kita- Einrichtungen hinsichtlich einer „Vielfaltspädagogik“ und spezifisch hinsichtlich einer Erziehung zu vielfältigen Geschlechtsidentitäten, wie sie von der AA-Stiftung postuliert wird? 37. Ist seitens der BASFI vorgesehen, „inter- und transgeschlechtliche Kinder zu empowern“, wie es die AA-Stiftung in ihrer Broschüre fordert, und was ist konkret mit dem „Empowern“ von inter- und transgeschlechtlichen Kindern“ gemeint und ab welchen Altersstufen soll ein „Empowern“ erfolgen? In den „Hamburger Bildungsempfehlungen für die Bildung und Erziehung von Kindern in Tageseinrichtungen“ wird Bezug genommen auf das Konzept der vorurteilsbewussten Bildung und Erziehung. Ziel ist, Kinder von Anfang an in ihren Identitäten zu bestärken, ihnen Erfahrungen mit Unterschieden zu ermöglichen, das kritische Denken über Einseitigkeiten und Ungerechtigkeiten anzuregen und Kinder zu ermutigen, dagegen aktiv zu werden. Dies schließt auch die Auseinandersetzung mit der eigenen Geschlechtsidentität mit ein. Die Bildungsempfehlungen werden ergänzt um die Leitlinien für eine geschlechtsbewusste Jungenarbeit und eine geschlechterbewusste Jungenpädagogik sowie die Leitlinien für die Mädchenarbeit und Mädchenpädagogik, welche ebenfalls fachliche Orientierung für die Konzeption und Umsetzung geschlechterreflektierter Pädagogik bieten. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 38. Welche konkreten Erkenntnisse liegen der BASFI über „stereotype Geschlechtervorstellungen“ unter Hamburger Kita-Eltern vor und welche wissenschaftlichen Kenntnisse hat die BASFI, inwieweit solche Vorstellungen eine „Brückenfunktion an (die) rechtsextreme Ideologie“ einnehmen können? 39. Welche konkreten Erkenntnisse liegen der BASFI darüber vor, dass Eltern Hamburger Kita-Einrichtungen, die Wörter wie „Genderquatsch“, „Frühsexualisierung“ und „richtiger Mann“ äußerten, sich „im Kontext (neu-)rechter oder fundamentalistischer Ideologien“ bewegten, wie von der AA-Stiftung behauptet? Der für Kindertageseinrichtungen zuständigen Behörde liegen keine Erkenntnisse im Sinne der Fragestellungen vor. 40. Ab welchem Alter soll in den Hamburger Kita-Einrichtungen „der Blick auf transsexuelle und intergeschlechtliche Kinder“ gerichtet werden, um deren freie Geschlechtsentwicklung zu fördern, wie es die AA-Stiftung propagiert? Siehe Antwort zu 36. und 37. 41. Welche konkreten Erkenntnisse liegen der BASFI darüber vor, dass die AfD in Hamburger Kita-Einrichtungen mit Widerstand reagiere, wenn in einem Kinderbuch anstatt einer klassischen Mutter-Vater-Kind-Familie Drucksache 21/15498 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 14 auch mal eine Singlemutter gezeigt werde? Bitte fallbezogen für den Zeitraum von 2013 bis heute erläutern. Der für Kindertageseinrichtungen zuständigen Behörde liegen keine Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung vor. 42. Welche konkreten wissenschaftlichen Erkenntnisse liegen der BASFI darüber vor, dass „Kinder“ in Hamburger Kita-Einrichtungen „ein Interesse an geschlechtlicher Vielfalt und Sexualität (hätten) und dazu etwas wissen (wollten)“, wie in der Broschüre der AA-Stiftung behauptet wird. Die Hamburger Bildungsempfehlungen gehen davon aus, dass die Wahrnehmung, Erforschung und Beschäftigung mit dem eigenen Körper sowie die sexuelle Neugier zu einer gesunden physischen und psychischen Entwicklung gehören. Insofern sind der Umgang mit Sexualität und geschlechtlicher Vielfalt auch für die pädagogische Arbeit in Kindertageseinrichtungen relevant.